[Bastion – Sith Orden – Trainingsraum – Torryn,(Tier), Iouna, Ian]
Liebe war eine Lüge. Wenngleich Torryn diese Erkenntnis noch nicht erlangt hatte, vielleicht niemals bergriefen würde, der Warrior wusste es genau. Sie war eine zerbrechliche Lüge. Zerbrechlicher als eine Vase. Heimtückischer als jedes Wesen in der Galaxie. Und genau das machte sie zu einer großen Gefahr. Liebe machte blind und dumm. Einmal in ihren Fesseln gefangen –nichts anderes als Fesseln, war die Liebe- war es schwer, sich je wieder daraus zu lösen. Die Liebe war Gift, die den Körper übermannte, in jede Nische eindrang und es so nur noch schwerer machte, sich aus ihren Fängen wieder zu befreien. Ja, die Liebe war verabscheuungswürdig und böse. Gaukelte einem Dinge vor, ließ zur Unvorsicht geleiten. Tatsachen, die Ian schon längst verinnerlicht hatte. Fehler, die er begangen, für die er bezahlt hatte. Einst hatte er dieser Lüge aufgesessen...
***
Die Sonne strahlte und umgab ganz Telos mit einer wundervollen Wärme. Nicht eine Wolke zierte den Himmel. Das strahlende Blau schien sich mit der Wärme zu verbinden und den Planeten zu dem schönsten Ort zu machen, den Ian jemals gesehen hatte. Ausgerechnet Telos…
Er fühlte sich wohl, beinahe so, als hätte es nie auch nur den geringsten Anlass zur Sorge gegeben. Zart spürte er die Hand Tahiris in der seinen und es war das erste Mal in seinem Leben, das er sich sicher fühlte. Geborgen. Dabei war er es doch, der ihre Hand hielt. Doch sie strahlte Sicherheit aus, strahlte in ihm, ging in Konkurrenz zur Sonne und ließ diese nahezu jämmerlich blass erscheinen. Zuvor hatte der junge Mann nie etwas kennengelernt, was auch nur im Ansatz mit dem zu vergleichen war, dass er jetzt spürte. Leichtigkeit. Geborgenheit. Sicherheit. Liebe.
Dabei war er so unbedacht und ungelenk. Nie wusste er, die richtigen Worte zu sagen, nie, wie er sich richtig verhalten sollte. Wann nahm man jemanden in seine Arme? Wann und wie sagte man freundliche Worte? Tahiri war sein Engel. Mit so viel Geduld. Niemals wurde sie müde, ihm zu zeigen. Ihm zu erklären. Kein Wort des Zorns war je über ihre Lippen gekommen. Kein Wort der Ungeduld. Er spürte ihre warme Wange an seiner Schulter. Hörte ihren zarten Atem. Der Himmel auf Erden. Niemals würde dieses Gefühl verschwinden.
***
Die Liebe war eine Lüge?
War dies eine Erinnerung die ihn dazu veranlasste, zu akzeptieren, seinen Schüler gewähren zu lassen? War die Liebe zu Tahiri überhaupt eine Lüge gewesen? Hatte sie dem Menschen nicht etwas bedeutet? Was auch immer es gewesen sein mochte, es war zu Ende, denn Tahiri gab es nicht mehr! Sie war tot. Tot, wie jedes Gefühl von Liebe, das je in Ian geschlummert hatte. Was war die kurze Zeit mit ihr gewesen? Was schon, hatte sie bewirkt? Sie war verronnen. Nichtig. Und doch, ließ diese Erinnerung an Tahiri, die er so lange vergessen, an die er seit Alisah so lange nicht mehr gedacht hatte, einen winzigen Wehmutstropfen zurück. Ein kurzes, dumpfes Gefühl, in seinem Herzen. Abgeschwächt, dazu verdammt, in Vergessenheit zu geraten. Sein Herz nicht zu erwärmen, seine Augen nicht zu erreichen. Liebe war eine Lüge. Sie gaukelte nur vor. Der Tod hatte verhindert, dies auch dort zu erkennen. Was Ian hingegen nciht entging war das, was sich in diesem Raum abspielte.
Neben dem Blick, den Iouna dem Warrior zugeworfen hatte, sah dieser, wie Torryn Iouna ansah. Wurde Zeuge des Nickens, sah das Lächeln, spürte in jener Sekunde die Welle der Zuneigung, die vom ihm zu ihr herüber schwappte. Oh, wie sie seinen Zorn erweckte. Wie sie etwas in ihm nährte! Das in ihm entstehende Gefühl, dass kein Hass war, sondern etwas andres, das Ian nicht zu benennen mochte, nährte ihn, gab ihm Kraft. Kaum, dass Torryn davon sprach zu beginnen, startete der Warrior seine erste Attacke, einen mächtigen Machtstoß. Dieser sollte Torryn von ihm entfernen und dieses Gefühl, welches von ihm ausgegangen war. Dieses seltsam vertraute, aber doch so fremde Gefühl, dass ihn schon seit Ewigkeiten nicht mehr berührt hatte. Seit Telos.
Sein Schüler, nicht mit dieser Attacke rechnend, fiel zu Boden, verharrte dort einen Augenblick, der ihn in einem ernsten Kampf vielleicht das Leben gekostet hätte. Ein Beweis mehr für die Gefahr der Liebe.
Ian hechtete seinerseits auf seinen Schüler zu, um direkt vor ihm zum Stehen zu kommen. Seine Waffe funktionierte besser in der Distanz. Weshalb also einen Vorteil erlauben? Torryn gelang es, mit einem galanten Sprung, zurück auf seine Beine zu kommen. Die rote Klinge seiner Lichtpeitsche wickelte sich um die silberne Klinge des Meisters. Ein Manöver, das ihn entwaffnen sollte. Ian hingegen ahnte, was sein Schüler vorhatte, als er eine ruckartige Bewegung ausführte, um seinerseits seinen Schüler zu entwaffnen. Die Peitsche zog sich stramm und es war deutlich zu erkennen, dass es einen großen Kraftaufwand benötigte, weiterhin mit nur einer Hand, die Waffe umklammert zu halten, sie nicht zu verlieren. Gut.
Ein Sprung des Schülers half, um seine Waffe zu befreien und besser agieren zu können. Aber einen offensiven Angriff konnte Torryn in diesem Moment schwerlich durchführen. Der perfekte Moment, ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Mithilfe der Macht, warf Ian eines seiner Schwerter direkt auf Torryn zu, dessen Sinne geschärft genug waren um das Katar in die Höhe zu reißen. Zwar gelang es dem Schüler die Waffe abzuwehren, aber nicht gänzlich, unberührt zu bleiben. Das Lichtschwert traf den Oberarm Endrals, um dort eine, nach verbanntem Fleisch riechende, rauchende Wunde, zu hinterlassen. Als der Warrior das Schwert zurück in seine Hand rief, duckte sich Torryn darunter hinweg, entging somit instinktiv schlimmeren Verlegungen.
„Ist das etwa alles, zu dem du in der Lage bist?“ Der Warrior gab seiner Stimme einen provozierenden Unterton, als er die Entfernung zu seinem Schüler wieder vergrößerte, lauernd in die Defensive ging, keinen weiteren Angriff startete. Dies war kein lächerlicher Kampf mit Trainingsrobotern, die schnell und effektiv zu besiegen waren. Begriff Torryn dies? Nein, dieses Training sollte Torryn mehr abverlangen. Viel mehr. Schließlich ging es hier nicht allein um einen Kampf, sondern mehr noch, um eine Lektion, die zu erteilen, die Zeit langsam überreif wurde.
Torryns Zorn wurde spürbar und auch Ian verband sich mehr und mehr mit der Macht der Dunkelheit. Die Zeit war gekommen.
„Wirst du mich enttäuschen, weil du deine Zeit anderweitig verwendet hast, als ich es dir geboten habe?“
Der Blick des Warriors glitt zu Iouna, die den Trainingsraum nicht verlassen hatte. Ihren Ungehorsam hatte er längst schon bemerkt. Aber mit ihrer Anwesenheit im Raum, bot sie die einmalige Gelegenheit, als Trainingseinheit zu dienen. Ja, diese Lektion sollte zeigen, wie es um Torryn stand. Um seine Gefühle und um seine Loyalität. Sie würde zeigen, wie tückisch die Liebe war, wie sie verblendete und vergiftete. Wie sie zum Ungehorsam verleitete.
„Sagte ich ihr nicht, sie solle den Raum verlassen?“, wandte sich Ian, weiter in defensiver Haltung an seinen Schüler.
„War es nicht ein Lächeln, dass du ihr zugeworfen hast?“ Dabei hatte Iouna wieder ihren Ungehorsam an den Tag gelegt. Weder sie, noch Torryn schienen zu begreifen, dass dies absolut töricht, ja unentschuldbar war. Dieses Mal aber, würde Iounas Ungehorsam ihm verhelfen. Allein deshalb hatte er sie verschont. „Bestrafe ich sie, bestrafe ich dich. Bestrafe ich dich, bestrafe ich sie.“
Ein Lächeln ließ aus dem Gesicht des Warriors, eine unheimliche Fratze entstehen. Dann sammelte er die Macht in sich, forderte seine gesamte Konzentration. „Vielleicht hilft das, um dich kämpfen zu lassen, wie einen Sith?“
Abermals wandte er seinen Kopf zu Iouna, um sie mithilfe der Macht in die Höhe zu heben. Ihren dünnen, zerbrechlichen Körper. „Ich verlangte von dir lediglich, dich nicht gegen mich zu stellen und zu Lernen. Nichts von dem, hast du getan.“
Nein, Iouna verharrte noch in diesem Raum, war nicht gegangen, obwohl dieser Befehl an sie gerichtet worden war. Torryn hatte gelächelt, trotz ihres Ungehorsams gegen seinen Meister. Hatte ihren Ungehorsam geduldet. So wie Ian ihren Ungehorsam geduldet hatte. Noch etwas höher hob Ian die störrische Steinchenwerferin, um sie dann, mit all seiner Kraft, gegen eine der Wände zu schleudern. Kraft, die ihr das Rückgrat brechen, sie zum Krüppel machen würde, genau so, wie er es bei seinem Bruder auf Telos getan hatte. Torryn selbst war Zeuge davon geworden. Hatte diese Prozedur mit eigenen Augen gesehen. Das Knacken gehört. Dieses Mal hingegen, war es nicht der Körper des Bruders, der an einen Baum gelehnt, auf die Ewigkeit mit Bewegungsunfähigkeit gestraft da lag, sondern Iouna. Iouna, die lebte. Aber sich nie erholen würde, egal wie viel Bacta man verwenden würde. Heute aber, war es nicht der Körper eines Dices, der verdreht am Boden lag.
Oh nein, dieses Mal war es der Körper seiner Feindin. Seiner Wiedersacherin. Die Telosianerin. Das Mahnmal. Die letzte überlebende. Ihr Leben war die größte Strafe. Ihr Tot nutzlos. Genauso nutzlos, wie sie von nun an sein würde?
All das kostete ihn Anstrengung, viel Anstrengung, war er doch so ungeübt darin.
Denn das, was hier offenbar geschah, war etwas anderes als das, was sich tatsächlich ereignete. Es kostete den Warrior viel Konzentration, diese Illusion entstehen zu lassen, dabei war alles denkbar einfach. Bis zu dem Punkt, als er Iouna in die Höhe levitiert und sie an die Wand geschleudert hatte, war alles Wirklichkeit gewesen, pure Realität. Aber weder der Aufprall oder dessen Stärke, noch ihr verdrehter Körper entsprachen der Wahrheit und dem, was sich daher tatsächlich zugetragen hatte. Sie waren lediglich eine Illusion. Kurz bevor sie eigentlich an der Wand hätte landen müssen, hatte Ian sie, beinahe zärtlich, auf den Boden levitiert. Das Knacken hingegen, das den Raum erfüllte, war echt. Handelte es sich aber lediglich um die Bearbeitung ihres ohnehin schon gebrochenen Armes, der ihr hoffentlich einen schmerzerfüllten Schrei entlocken würde...
Nun würde sich Torryns Loyalität zeigen. Würde er seinen Meister angreifen, unbedacht, voller Zorn, mit der Absicht ihn nun zu vernichten, sich gegen ihn wendend, weil der Meister seine Liebe augenscheinlich zum Krüppel gemacht hatte? Würde er der Dunkelheit nachgeben, sich in ihr verlieren? Die Illusion um Iounas geschundenen Körper hielt der Warrior weiter aufrecht, als er tiefer aus seinem eigenen Hass schöpfte. Ein Lichtschwert deaktivierend, zurück an den Gürtel hängend, stießen winzige, bläuliche Blitze aus seiner, nun freien Hand hervor.
Der Schweiß trat ihm, zwecks der Anstrengung auf die Stirn.
„Was ist?“, wandte er sich nun abermals provokant an Torryn, starrte abermals zu Iouna, um seinem Schüler bewusst zu machen, dass die nächste Attacke abermals ihr galt. Wie angreifbar ein Sith doch war, wenn er liebte. Würde Torryn auch das begreifen?
[Bastion – Sith Orden – Trainingsraum – Torryn,(Tier), Iouna, Ian]