[Bastion - Sith Orden – Gänge – Torryn, (Tier), Iouna]
Ian hatte vor ihnen die Krankenstation verlassen. Torryn und Iouna waren tatsächlich allein. Sie warteten einen Moment, bevor sie dann auch die Medi-Droiden verließen, die es in kürzester Zeit geschafft hatten, Iounas Brüche zu versorgen und zu heilen. Sein Meister hatte sie wirklich nicht töten wollen, aber es definitiv gekonnt. Ein Fakt, dessen sich Torryn immer wieder bewusst sein musste. Noch war Torryn abhängig von ihm und fügte sich.
Nebeneinander schritten Torryn und Iouna die spärlich beleuchteten Gänge des Ordens entlang, um zu ihr Quartier zu gehen, so wie sie es besprochen hatten. Torryn tastete an seinen Gürtel. Das Vibroschwert steckte dort. Er hatte es nicht vergessen, aber noch war nicht die Zeit, es ihr zurück zugeben. Er lächelte, als er sie kurz ansah und an ihre Art dachte, diese antiquierte Waffe zu führen, die sie mit dem Verkauf von Glitteryll auf Tattoine hatten erwerben können. Ein Gedanke, der ihn davon ablenkte, in welcher Gefahr sie sich eigentlich befanden, sie beide und ihre Gefühle füreinander. Sie durften nicht auffallen.
Torryn und Iouna kamen an einer Reihe von archaischen Statuen vorbei, die mächtige, vergangene Sith darstellten. Sie blieben kurz stehen, um diese Abbilder aus alter Zeit genauer zu betrachten. Diese uralten Figuren waren nicht nur imposant in ihrer Ansicht, sondern hatten auch eine mächtige, fühlbare Präsenz inne. Ehrfurcht gebietend. Torryn zuckte kurz zusammen. Es war nicht die dunkle Aura der in Stein gehauenen Sith, sondern eine mentale Nachricht von ihm, seinem Meister, Ian. Alleine solle Torryn in dessen Quartier kommen. Alleine. Wie sollte er diese Order Iouna mitteilen? Gerade jetzt, wo sie füreinander gekämpft und gelitten hatten. Beide zusammen. Aber er konnte sich nicht verweigern, durfte nicht, konnte diese Botschaft nicht verdrängen. Keine Option. Ian hatte Torryn gezeigt, was durch die Macht möglich war. Iouna war in Gefahr, wenn Torryn nicht gehorchte.
Sie war ein Stück von ihm weggegangen und hatte sich in die Betrachtung bildhauerischer Kunst der Sith vertieft. Torryn stellte sich neben sie. Nicht zu nah. Nicht auffallen. Er hatte das Gefühl, das die toten, kalten Augen der Skulpturen ihn anstarrten, beobachtend, was er nun tun würde. Er drehte sich zu ihr und sie schaute vertrauensvoll zu ihm, in sein ausdruckloses Gesicht.
„Ian, mein Meister, hat mich zu sich gerufen.“ sagte Torryn mit gedämpfter Stimme und ergänzte mit den Worten, von denen er wusste, dass sie irgendeine Reaktion bei Iouna hervorrufen würden, denn bei ihm hatten sie es bereits getan, „und ich soll zu ihm kommen. Allein.“ Da war es, das Wort: Allein.
Iouna erstarrte. Torryn verringerte die Distanz zu ihr, wollte ihre Nähe, spürte plötzlich, wie sie sich innerlich von ihm entfernte, ob dieser Nachricht. Als er ihr nahe war, sie berühren wollte, schrie sie ihn an. Unmittelbar nach ihren Worten hob sie ihre rechte Hand und verpasste Torryn eine schallende Ohrfeige. Ihre Reaktion, verständlich, aber so heftig? Unverwandt sah er sie an. Seine Stimme bebte und er hatte Mühe die Lautstärke zu kontrollieren. Er war unbeherrscht.
„Verdammt noch mal, was soll das? Glaubst Du etwa, dass ich das gerne tue, zu meinem Meister, Ian Dice zu gehen, allein. Gerade jetzt? Er hat uns doch gezeigt, zu was er fähig sein kann und ich will dich nicht in Gefahr bringen.“
Torryn war nicht wütend oder zornig auf sie. Er konnte ihre Reaktion verstehen. Iouna wollte nicht allein sein, nicht den Gefahren ausgeliefert sein, die hier herrschten. Er musste so handeln, musste gehen, allein. Das Gefühl des Verlustes wurde gegenwärtig, allmächtig. Torryn packte ihre beiden Oberarme und drückte ihren Körper gewaltsam zwischen zwei Statuen, wo er sie förmlich einkeilte, immobilisierte. Dann drückte er sich gegen sie und seine Lippen auf ihre. Nein, sie war auch nicht zornig auf ihn, sondern erwiderte sogar seine aggressive Annäherung. Hungrig. Beide wollte sie mehr.
***
Sie hatte ihn geschlagen. Zornig war sie gewesen, ohnmächtig, verzweifelt und durchzogen von der dunklen Seite der Macht. Es verwunderte mich nicht nach den vorangegangenen Geschehnissen. Ein Affekt. Aber eigentlich wollte sie ihm etwas damit zeigen. Ihre Zugehörigkeit zu ihm. Ich drückte meine Präsenz in Torryns Bewusstsein, damit er verstand, denn er war doch überrascht gewesen von ihrer Reaktion. Er hatte ihr gesagt, dass er allein zum Meister gehen müsse, da dieser ihn gerufen hätte, erklärte ihr, warum er es tat. Ihr Geruch war so intensiv gewesen, wuchs mit jedem seiner Worte. Ich übertrug meine Eindrücke auf ihn und er verstand. Ließ mich, ließ uns den Trieb ausleben, der uns mit ihr verband, der sie zu einem Teil unserer Welt gemacht hatte und der auch für mich ungeahnte Energie freisetzte. Wie wir beide vor wenigen Stunden im Kampf mit dem Meister erfahren hatten.
Sie küssten sich innig, leidenschaftlich und ich ließ die beiden dabei gewähren, einfache Zärtlichkeiten austauschen, bevor ich meine Präsenz weiter verstärkte und ausdehnte, um sie zu dem zu drängen, was nicht nur ich wollte. Sie waren bereit, genauso, wie ich es vorausgesehen hatte. Mehr noch. Es war nicht nur die reine Lust, die die beiden verband. Die neue Emotion ritt auf dieser Welle mit, sie war mit ihr verbunden. Eine Zusammensetzung, die mir immer noch fremd erschien, seltsam, aber die mich nicht daran hinderte, das auszuleben, was ich mit vorgestellt hatte. Sie gaben sich einander vollkommen hin, geprägt durch Vertrauen. Lauter positive Auswüchse von Emotionen, die ich normalerweise verdrängte. Aber die Energie, die sie erzeugten, entschädigte für diese Dissonanz, die als Liebe bezeichnet wurde.
Er ließ sich von mir steuern, genauso, wie wir es einst für solche Momente vereinbart hatten. Ich war der Trieb und ich packte Iouna fest an der Taille und drückte sie an die Statue aus dunklem Granit. Dann hob ich ihr rechtes Bein und klemmte es unter meinen Arm. Ich öffnete sie für uns. Ihre Atemfrequenz und ihr Duft nach Pheromonen zeigten mir, wie sehr sie es genoss, die kalten Unebenheiten des steinernen Körpers im Rücken zu spüren. Er war immer noch präsent in mir und war getrieben von der Gier nach ihrem Körper, genauso wie ich.
Ihr Körper war so leicht, als wir ihn leicht vom Boden hoben. Unsere Atemgeräusche wurden lauter, fordernder. Verhüllender Stoff riss einfach ein, als ich die Macht, meine Essenz, meine Energie benutzte, um die Körperstellen freizulegen, die wir suchten. Sie krallte sich in unseren Rücken. Ihr Körper barg etwas, das wie ich war. In meiner Gegenwart begannen es zu erwachen, das in ihr noch dämmerte, nur um von mir geweckt zu werden, dessen Manifestation ich war und die Torryn für mich gewählt hatte, weil er mich so begriff.
Die machtvolle Energie, der dunklen Seite wuchs, ausgelöst durch Leidenschaft und Lust. Ich durchdrang sie nun beide, bahnte mir einen Weg durch ihre Organismen, um die anderen zu finden, die in ihr waren, um mich mit ihnen zu vereinigen, um mit ihnen noch machtvoller zu werden. Wäre der Meister hier gewesen, wäre ich nicht so weit gegangen, wie jetzt, aber er war nicht hier. Er erwartete uns in seinem Quartier. Ein Umstand, der mich veranlasste, meine Bewegungen noch heftiger werden zu lassen, so dass ihr Körper rhythmisch erbebte. Was hatten wir auf den jetzigen Moment gewartet. Und wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil. Das Dunkel in uns war gewachsen. Viele waren wir nun. Viele, die ihre eigenen Ziele verfolgten. Erhaltung. Erschaffung. Erweiterung.
Ihre eindeutigen Körperbewegungen waren der Teil, der sich auf der physischen Ebene abspielte, lustvoll zwar, aber nicht zu vergleichen mit dem, war wir boten, was ich war. Ihre Lust und ihr Trieb waren der Katalysator für uns, obwohl das Andere sich hineingedrängt hatte. Das Andere, das mich irritierte und das ich mittlerweile tolerierte, weil es Macht versprach, wenn auch anders. Aber ich lernte, es für mich zu nutzen und zu gebrauchen.
Während sich ihre Körper obsessiv gegeneinander drückten, tauchte ich weiter hinab in das Dunkel, das unsere Erfüllung war und das sie mit ihrer Energie füllten. Ein Teil seiner Energie strömte zu ihr, in sie hinein. Meine Atemgeräusche wuchsen immer noch in ihrer Intensität, als sie zitterte, zuckte und sich mit jeder unserer Bewegungen noch tiefer an uns fest krallte. Krallen. Ich fühlte, wie sich ihre Fingernägel in meine, unsere, Haut drückten, was eine unfassbare Welle des Dunkels in mir auslöste. Wie unter einem Zwang handelnd, tat ich es ihr gleich. Ihre Haut bot keinen großen Widerstand, als ich in sie hinein schnitt und sie zeichnete, markierte. Sie als meinen Besitz beanspruchte.
***
Torryns Schritttempo hatte sich beschleunigt. Zurückgelassen hatte er Iouna mit blutigen Striemen auf der Haut nachdem sie sich geliebt hatten. Sie markiert. Iouna gehörte zu ihm, gehörte ihm. Das kurze Glücksgefühl war gewichen, als er sich von ihr lösen musste, sich trennen, um zu seinem Meister zu gehen. Er fühlte sich zerrissen, uneins. Aber er musste so handeln. Es war eine Art Zäsur eingetreten, wie Torryn empfand. Dinge waren anders geworden und veränderten sich weiter. Nicht nur er, nicht nur Iouna, auch sein Meister waren diesem Wandel unterworfen. Unberechenbar. Variabel. Der junge Adept hasste diesen Zustand. Er brauchte Gewissheiten, wie bei Iouna. Er war sich gewiss, was er für sie empfand, gewiss, dass er sie liebte und sie deshalb auch schützen musste, weil sie ihm einen neuen Boden bereitet hatte, auf dem etwas Neues wuchs, das Schwäche und Stärke vereinte, dessen musste er sich immer bewusst sein. Sich zu sorgen um jemanden, wurde unter den Sith als eine Verwerflichkeit angesehen, aber Torryn war mittlerweile anderer Ansicht, denn er hatte gefühlt, wie sich die Macht der dunklen Seite in ihm hervordrückte, als sein Meister die Person verletzte, die Torryn liebte und um die er sich sorgte. Iouna. Er war in Raserei geraten, hatte Tier in sich entfesselt, seine Macht für sich benutzt und damit mehr Stärke entwickelt, als er selbst geglaubt hatte. Eine wichtige Erfahrung. Lektion? Was plante Ian nun mit ihm, dem Schüler. Eine neue Lektion? Was würde es diesmal sein?
Eines hatte Torryn bereits verinnerlicht: Schütze deine Gedanken. Er würde die Mauer weiter aufbauen, so weit, wie es seine mentale Stärke mittlerweile vermochte. Sein Meister würde es spüren und sehen, dass sein Schüler sich nicht nur mit der Liebe beschäftigte. Torryn dachte an die Mauer in seinem Kopf. Mauern boten Schutz. Mit jedem Schritt durch das Gebäude durfte er nicht vergessen, wo er war. Dort, wo überall Missgunst und Falschheit lauerten, wo man intrigierte und manipulierte, um die Gunst eines Meisters zu erlangen. Hatte man dies erreicht, hatte man die unterste Stufe der Ordenshierarchie verlassen, so wie er selbst. Tatsächlich war es einfacher geworden, die Abschirmung aufzubauen oder die Macht zu erspüren, die sich innerhalb und außerhalb dieser Struktur aus kaltem Beton befand, die die Vergangenheit und Gegenwart der Sith beherbergte. Über die Zukunft wollte er sich keine Gedanken machen, wenn, dann nur seine eigene und die war nicht mehr geprägt von dem Dasein als egoistischer Einzelkämpfer. Iouna war Teil dieser Zukunft. Schutz der eigenen Gedanken war die erste Lektion seines Meisters gewesen und Torryn verstand. Der Schüler hatte doch etwas gelernt.
Unbehelligt ging Torryn die verwinkelten Gänge entlang. Das Dämmerlicht und die grauen Wände verstärkten den düsteren Eindruck dieses Ortes. Er ignorierte die Jünger, denen er auf dem Weg zum Quartier seines Meisters begegnete. Es war gar nicht so lange her, dass er einer von ihnen gewesen war, einer von vielen, aber lange genug, dass er etwas über die Macht lernen konnte, dessen Zugang ihnen noch verwehrt war, was ihn von ihnen abhob. Eine andere Macht, die nicht nur mit seinem Status als Adept verbunden war.
Torryn stand vor der Tür zum Quartier seines Meisters und klopfte an. Lange hatte er ihn nicht warten lassen, obwohl inzwischen noch einiges passiert war. Instinkte regten sich in ihm. Tier war da. Dunkle Seite. Schwarze Mauer. Gedanken an Iouna. Er war nicht allein und sie auch nicht mehr.
[Bastion - Sith Orden – Gänge – Torryn, (Tier),]