[Bastion :||: Center :||: Appartement von Lortan Toral :||: Arbeitszimmer] Lortan Toral
Bastion war ein Widerspruch in sich. Ähnlich wie der Firmensitz von Toral Engineering, Muunilinst, war die imperiale Thronwelt ein Teil des äußeren Randes und somit eigentlich in der Region der Galaxis verortet, die allgemein als hinterwäldlerisch und rückständig verschrien war. Zumindest waren die Kernweltler dieser Meinung und wer lange Zeit im Kern der Galaxis verbracht hatte, konnte teilweise diese Sicht verstehen. Die Kernwelten pulsierten vor Leben und – was noch viel wichtiger war – vor Geschichte und Tradition. Corellia, Alderaan, Coruscant, das waren nur drei Beispiele kultureller Hochburgen menschlicher Größe. Die Geschichte und Traditionen dieser Welten, gepaart mit der relativen Nähe zum inneren Kern und damit einem vergleichsweise viel intensiver leuchtenden Nachthimmel, sorgten für das typische Überlegenheitsgefühl der Bewohner des galaktischen Kerns. Bastion und Muunlinst standen der Kultur dieser Welten in nichts nach, dennoch würden sie nie die Glorie dieser Perlen der Menschheit erreichen können. Und genau das schätzte der alte Mann an diesen beiden Welten. Bastion und Muunilinst mussten sich immer stärker Anstrengen als andere Welten. Härter arbeiten, mehr leisten und das führte zwangsläufig dazu, dass diese Welten auch die Kernwelten übertrumpften, da diese Welten des Imperialen Kerns, die Vorzüge einer Kernwelt mit dem Pioniergeist, dem Fleiß und dem Einfallsreichtum einer Welt des Äußeren Randes kombinierten. Nur einige Stunden Flugzeit und man war von Bastion aus im Wilden Raum, wer mutig genug war, sogar in den unbekannten Regionen und diese Mischung von zivilisatorischen Wohlstand mit dem Hauch von Abenteuer, diese Mischung war es, die die Kernweltler den Bewohnern des Imperialen Kerns neideten.
„Und zu was? Zu Recht!“, murmelte Lortan vor sich her, als er sich wieder über einen arroganten Kernwelter aufregte und seinem Ärger kurz Luft machen musste. Aber genau diese Arroganz und Überheblichkeit der Kernweltler hatte erst zum Aufstieg der Torals geführt, weil niemand im Kern die Chancen im Outer Rim erkannte hatte und immer noch nicht erkennt. Nun zumindest einige im Imperium erkannten die Chance, sonst wäre die Thronwelt nicht hierher verlegt worden – und dass es die Thronwelt des Galaktischen Imperiums ist, das demonstrierte die für heute angesetzte Parade zum Tag des Imperiums. Es war eine ideale Gelegenheit seinen Neffen Mile hierher zu ordern – was zwar nicht leicht gewesen war, allerdings duldete die arrangierte Ehe zwischen Treeya Reed und seinem Neffen keinen Aufschub mehr. Lortan musste seinen Neffen stärker dazu drängen sich auf diese Sache einzulassen – und er, Lortan Toral, würde dafür sorgen, dass sich sein Neffe den Interessen der Familie beugte.
„Ihr Neffe ist so eben eingetroffen“, vermeldete sein treuer Sekretär, der Chiss Kainan, über das Interkom mit elektronisch verzehrter Stimme. Lortan drückte mit seiner Rechten den Antwortknopf und meinte nur: „Schicken Sie ihn herein“. Erwartungsvoll richtete Lortan seine Aufmerksamkeit auf die Tür seines Büros und vermisste unwillkürlich sein großes Büro auf Muunilinst, bei dem all seine Bitt ... Besucher etwas länger brauchten, um bei ihm am Schreibtisch anzukommen. Doch den kurzen Blick, den Lortan auf seinen Neffen werfen konnte verriet ihm, dass dieser immer noch eine stattliche Person war. Treeya Reed würde begeistert sein. Diese Galauniform, der Ziersäbel an seiner Seite. All dies würde Frauenherzen höher schlagen lassen. „Und wenn nicht, nun dann ist es nicht mein Problem“, fügte der alte Patriarch in Gedanken hinzu.
Mit ausgebreiteten Armen stand Lortan hinter seinem Schreibtisch und schenkte Mile ein herzliches Lachen, „Mile, mein Junge. Es tut gut, dich nach all der langen Zeit mal wieder zu sehen, was verschlägt dich nach Bastion? Ich dachte du wärst mit der Befriedung irgendwelcher Wilder beschäftigt“, tat er überrascht. Sein Neffe quittierte diese Aussage nur mit einer gerunzelten Stirn und einem skeptischen Gesichtsausdruck: „Ich bin nicht freiwillig hier, Onkel. Aber sicherlich weißt du das“, er machte eine Pause, ehe er mit scharfem Unterton weitersprach, „aber so gut wie du informiert bist, kannst du mir doch sicherlich sagen, was ich hier mache.“ Miles Augen funkelten bedrohlich, aber Lortan hob nur beschwichtigend die Arme, „Mile, mein Junge, Mile ... Ich bin nur ein ehrlicher Geschäftsmann, der viele Freunde hat, ich weiß weder was das Imperium als nächstes plant, noch habe ich einen Einfluss darauf.“ Ein verschmitztes Lächeln auf seinen Lippen unterstrich seine Aussage, auf die sein Neffe nichts mehr entgegnete. Natürlich hatte Lortan Toral sich dafür stark gemacht, dass Mile aus diesem Schlachthof, der sich Koornacht Sternenhaufen nannte, zurückkam. Selbstverständlich erst, nachdem sich sein Neffe einige weitere Auszeichnungen verdient hatte, aber aktuell konnte er kein weiteres Risiko eingehen. Zu viel hing davon ab. Treeya Reed war naiv und beeinflussbar genug, um sie auf seine Seite zu ziehen. Den Keil ,den er begonnen hatte zwischen sie und ihre Mutter zu treiben würde mit der Zeit das Zerwürfnis vergrößern, um schlussendlich dann mit Treeya zusammen seinen Einfluss auf das Firmenimperium der Reeds zu vergrößern.
Seine Gestik und sein Gesichtsausdruck wurden ernster, als Lortan auf das zu sprechen kam, wegen dem er Mile tatsächlich hergebeten hatte.
„Tatsächlich spielt es mir aber gut in die Karten, dass du hier bist, Mile. Eine gute Fügung des Schicksals“, er wartete keine Reaktion seines Neffens ab und fuhr einfach fort, „ich wollte mit dir unsere Abmachung besprechen, die wir per Hologramm getroffen haben“, auch hier gab Lortan dem Flottenoffizier keine Gelegenheit zu Widerworten, der wie es sich gehörte keine Miene verzog und doch kannte Lortan den Jungen, gut genug, um zu wissen was in ihm vor ging.
„Moment“, kam es aus dem Mund seines Neffens, „ich kann mich an keine Verabredung erinnern. Hilfe mir bitte auf die Sprünge, Onkel“
Lortan seufzte theatralisch, ehe er wieder zu einer Erklärung ansetzte:
„Ich habe eine echt tolle, junge Frau für dich gefunden Mile. Sie kommt aus gutem Hause, ist intelligent, nett anzusehen und das beste ist ... sie hat auf jeden Fall eingewilligt eine Ehe mit dir einzugehen!“ Er blickte Mile siegessicher an. Immerhin hatte sein Neffe damals schon zugesagt und warum sollte er sich auch sträuben. Es war doch alles nur halb so wild und für das Wohl der Familie, für das Wohl von Toral Engineering.
„Nein“, kam es nach kurzer Pause aus dem Munde seines Neffens. Der alte Toral blickte ihn verdutzt an. Bitte, was?! „Kannst du das bitte wiederholen?“, fragte Lortan freundlich, aber ungläubig. Er brauchte noch kurz, um die Antwort zu verdauen. Warum musste sich Mile gerade jetzt quer stellen.
„Nein, ich werde mich nicht zwangsverheiraten lassen. Schlimm genug, dass das arme Mädchen auf deine Taschenspielertricks reingefallen ist. Ich werde das ganz sicher nicht, geschweige denn zu einem Ng‘ok in deinen Intrigen werden“, wiederholte Mile nun nachdrücklicher seinen Standpunkt.
„Mile“, begann Lortan nun mit einer Stimme, die ein Erwachsener gegenüber einem revoltierendem Jugendlichen nutzte, denn sicherlich verstand der Commodore nur nicht die Tragweite seiner Entscheidung – und überschätze die damit verbundenen negativen Veränderungen in seinem bisherigen Leben maßlos „wir hatten uns doch schon geeinigt. Du warst doch damals ganz angetan. Es ist doch nichts mit dabei. Du heiratest ein hübsches, junges Ding. Feierst eine schöne Hochzeit, genießt den Extra-Urlaub in deinen Flitterwochen, kassierst die zusätzlichen Bezüge“, Lortan zwinkerte ihm zu, „und dann geht jeder seiner Wege. Die Ehe wird doch nur auf dem Papier bestehen“, beendete der alte Herr seine Ausführungen sanft. Aber auch das schien seinen Neffen nicht zu überzeugen.
„Wenn das so ist, warum heiratest du sie dann nicht? Oder Korlen?“
„Also bitte Mile“, entrüstete sich Lortan, „ich bin doch viel zu alt für so etwas. Wie sähe das denn aus. Ich mit jemandem, der jünger als meine Tochter ist. Das Holonet würde sich darüber das Maul zerreißen. Und über Korlen weißt du ganz genau Bescheid“, Auch wenn er skrupellos war, er würde niemals eine Frau aus so gutem Hause mit jemanden wie seinem Sohn verheiraten. Es gab Grenzen und Lortan Toral war ein Mann mit Anstand und Prinzipien.
„Mile, du bist das beste Keffi im Stall, dass ich habe. Du bist unser Vorzeigenachfolger!“, appellierte Lortan nun an das Ego von Mile und er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als Mile ihn fragte: „Was springt für mich dabei raus?“
„Du meinst, zusätzlich zu einer tollen, intelligenten und wunderschönen Frau? Nun...“, er tat so, als ob er lange und gründlich überlegen würde, aber er hatte schon im Vorfeld seine Möglichkeiten abgesteckt, „... wie wäre es mit einem Kommando über einen Imperial-II Sternenzerstörer, kürzlich ...“ er konnte nur erahnen, ob sein Neffe nach so einem Kommando gierte und er lächelte zufrieden, weil er sicher war, dass er ihn doch noch leicht um den Finger wickeln konnte, aber auch dieses Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war,
„Ich dachte du hast keinen Einfluss auf das Oberkommando“, meinte Mile trocken, „und das glaube ich dir, ich glaube also nicht, dass du mir so ein gutes Angebot erfüllen kannst. Ich mag es nicht, wenn du versuchst mich zum Narren halten zu können, Onkel“, presste er die letzten Worte streng hervor, „ich habe deine Scharade und deine Spielchen satt.“
„Mile, das ist doch kein Spiel. Es ist nur zu deinem Besten! Überleg doch mal, du würdest damit in der Familienhierarchie deutlich aufsteigen, wenn du mit so einer guten Partie verheiratet bist. Es würde deine Stellung im gesamten Imperium enorm steigern, nicht nur bei uns im Unternehmen ...“, versuchte es der alte Toral immer noch, ganz der Gönner, auf die gute Art, seinen störrischen Neffen zu überzeugen. Aber so langsam bröckelte auch seine Geduld, er ist nicht soweit gekommen, nur damit so ein kurzsichtiges und störrisches Familienmitglied seine Planung über den Haufen schmiss. Aber sein fehlgeleiteter Neffe wollte nicht auf die Weisheit des Alters hören, stand auf und erteilte seinen Plänen und Vorschlägen erneut eine Abfuhr.
„Mile“, nun stand auch Lortan auf und versuchte es ein letztes Mal, „denk doch nur was du dir damit antust. Du bist alleine, ohne Frau, was denken denn die anderen darüber? Die Leute auf Bastion tratschen schon ... Solltest du in die Admiralität aufsteigen, wird es hässlich mit der Politik, du kannst dir so eine Schwachstelle nicht leisten ...“
Sein Neffe atmete tief durch und entgegnete mit ruhiger Stimme: „Es mir ganz neu, dass du um mein Liebesleben besorgt bist, Onkel. Es hat früher keine Rolle gespielt und für eine Karriere im Militär spielt es auch keine.“
„Mein lieber Junge“, meinte Lortan mit der Güte des Alters und nutzte die Zeit, um um den Tisch herum zu gehen, „ich mach mir Sorgen um dich, wann warst du das letzte Mal in Gesellschaft mit einer Dame. Erinnere dich nur an den Festakt damals hier auf Bastion. Du bist dort ganz allein aufgetaucht, obwohl du eine Begleitung angekündigt hattest“, er schwieg kurz, als er selbst merkte, dass er zu schwimmen anfing, „denk an deine Mutter ...“
Sein Neffe hob aber nur eine Augenbraue: „wir sind jetzt also schon an diesem Punkt in der Diskussion angelangt. Zuerst appellierst du an mein Ego, dann versuchst du es über die Karriere beim Militär und jetzt packst du die Moralkeule aus? Ich bitte dich, für wie unfähig hältst du mich eigentlich?“ Mile wartete kurz ab und Lortan wusste, dass seinem Neffen mit Vernunft nicht beizukommen war. Er entschied sich also dazu ihn gehen zu lassen und Plan B in Angriff gehen zu lassen.
„Mile ich verstehe, dass du aktuell unter enormer Anspannung stehst“, meinte Lortan weiterhin gönnerhaft, als er Mile langsam in Richtung Tür begleitete, „ich will dich auch nicht weiter unter Druck setzen. Mein Angebot steht, genieß die Parade, hab‘ ein paar schöne Tage auf Bastion und überleg es dir doch nocheinmal. Wir sehen uns!“, beendete Lortan das Gespräch nach seinen Bedingungen und ließ seinen Neffen das Büro verlassen. Anschließend setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und öffnete eine Holo-Verbindung. Es dauerte eine Zeit, aber schlussendlich konnte er die Abbildung eines imperialen Offiziers in beige-weißer Uniform erkennen.
„Ah, Sival, mein Freund“, begrüßte Lortan den Offizier, der ihm noch einiges schuldete, „sag, studiert dein Junge immer noch Geotechnik?“ Nicht sonderlich verwundert, dass der alte Toral so schnell zum Punkt kam, verneinte der Offizier die Frage nur und erwähnte, dass sein Sohn sogar schon fertig sei mit Studium.
„Das ist ja ausgezeichnet, mein lieber Sival! Vorzügliche Nachrichten. Wie es der Zufall so will, ist gerade eine Stelle frei geworden, die wie maßgeschneidert für deinen Jungen ist ...“
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