[Imperial City – Oberste Ebenen – Ruinen des Tempel' der Jedi – riesige Halle – Obere Etage] – mit Ario
Einige Jahre hatte er auf Coruscant gelebt, bevor er zu den Sith gekommen war. Jahre, in denen er von der Welt die sich ihm in den letzten paar Tagen gezeigt hatte, nie viel außer Nachrichten erlebt hatte. Die Tatsache das er ebenso wenig vom Tempel der Jedi mitbekommen hatte, machte es noch schwerer an diese Erinnerungen von einst zu gelangen. Verschwommen und ausgeblasst waberten sie in seinem Geist umher, aber fühlten sich nicht mehr so an, als wären sie die seinen. Er schüttelte die Gedanken an diese scheinbar Jahrhunderte zurückliegenden Tage ab, als würde es sich um Nebelschwaden handeln, die er mit der Hand vertreiben konnte. Schüler und Meister hatten indessen die ehemalige Bibliothek des Ordens erreicht, nachdem er der erbärmlichen Präsenzen der Gefangenen überdrüssig geworden war. Einem Schwamm gleich hatte er ihr Leid in sich aufgesogen. Fett und träge war er sich vorgekommen. Überfüllt. Und während sie durch die Gänge gewandert waren, hatte er seiner Präsenz ausufernden Raum gewährt. Die Stimme die gefährlich nahe war und versuchte in seine Gedanken einzudringen, alle Zeit vorbereitet erwartend. Er stieß das was er so eben aufgenommen hatte wieder aus. Ja, er hatte sich daran durchaus erfreut, aber es war nur auf sein Wort hin geschehen. Nicht durch sein tatsächliches Einschreiten. In der Gegenwart der hier vorhandenen Abdrücke einstiger Präsenzen. Der noch immer vorhandenen Aura des Lichts die sich hier spiegelte, kam es einem schwarzen Schiff gleich, das sich durch die ruhige See pflügte. Aus schwarzem, kantigem Metall geformt. Mit Dornen, sägezahnartigen Streben und Stacheln versehen. Der Vorbote. Der Verpester. Sie waren die Saat der Dunklen Seite, die in diesen Hallen wandelte und das, was auch immer noch verblieben war von Licht, Ruhe und Frieden mit seinem Werk verderben würden. Der Orden würde nicht dieser trotzige Ruhepol bleiben, der er für ihn immer noch war.
Abwesend betrachtete er eine rissige Büste, die zu seinen Füßen lag. Staub und Schutt verdeckte sie zum Teil, aber das Antlitz eines ehemaligen Jedi war noch immer teilweise zu erkennen. Genauso wie die kleine Tafel aus poliertem Durastahl. Ein Name und ein noch wenige beschreibende Worte waren eingraviert. Verdammt zur Bedeutungslosigkeit war sie hier liegen gelassen. Bei ihrem Raubzug hier im Tempel und dessen anschließender Ausschlachtung war sie bewusst hier liegen geblieben. Der glatzköpfige Sith machte sich nicht die Mühe sich zu bücken und alles zu lesen. Dieser Jedi war längst tot. Geschichte. Unbedeutende Geschichte. Zu Staub zertreten und unwichtig. Nergal nutzte die Macht und riss das Namensschild der Büste ab, zermalmte es und gab ihm einen kleinen mentalen Stoß, worauf es irgendwo im Geröll verschwand. In Vergessenheit zu geraten war ebenso eine Schwäche, die zwar erst posthum eintrat, aber nicht erstrebenswert war. Und in diesen Zeiten machten sich viele diese Schwäche zu eigen... Eine Woge der Arroganz schwappte aus seiner Präsenz. Spülte die verweichlichten Strahlen des Lichts hin fort und tränkte seine Umgebung in einer überraschenden Kälte. Seiner Meinung nach war dieser Tempel nur aus einem Grund stehen gelassen worden: Schwäche. Coruscant gehörte dem Imperium, also sollte es dies auch zeigen. Hätte etwas anderes aus diesem Gebäude machen sollen. Ein Monument errichten aus dem Stein und dem Stahl der hier verbaut war. Oder die Sith in ihrer Dreistigkeit hätten sich hier niederlassen müssen. Stattdessen jedoch war er einfach verrottet und liegen gelassen worden. Abgesehen von ein oder zwei Hundertschaften an imperialen Truppen die hier patrouillierten gab es nichts, was sich hier drinnen rührte. Zumindest nichts, was über die Größe von Insekten und Nagetieren hinausging.
Meister und Schüler ließen die Bibliothek letztendlich hinter sich. Durchstreiften die Gänge weiter. Und Nergal konnte sich nicht helfen, als zu seiner für ihn ansprechenden Metapher des schwarzen Schiffs zurück zu kehren. Der Vorbote. So theatralisch, wie auch zutreffend. Hier drinnen war die Präsenz vermutlich einzig am Tage der Eroberung und während der Kämpfe aufgewühlt. Aber danach? Jahrtausende hatten die Jedi hier in Hundertschaften gelebt, trainiert und die ihnen nachfolgende Generation ausgebildet. Alles schien wieder beim alten. Allerdings war der Tempel wiederum derart riesig, das hier nicht überall Kämpfe getobt haben mussten. Mit einem trotzigen Gedanken spülte eine weitere Welle aus tiefschwarzem transzendentem Wasser durch den Gang und vertrieb so gut es ging, das was an seinen Nerven nagte. Dieser ständige Eindruck von Ruhe. Gelassenheit. Frieden. Widerwärtig. Er wusste wie sich die Aura eines Jedi anfühlte und er konnte es so wenig leiden, wie die Ansichten und Dogmen dieses irrgeleiteten Ordens. Aber das hier zu spüren? Als Sith musste man für seine Macht kämpfen. Musste etwas tun... man musste sich durchsetzen, musste sich beweisen. Wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und... das, was auch immer hier geschah war die totale Pervertierung jeglichen Gesetzes der Natur. Es war absolut widernatürlich. Als würde man durch eine ewige Sommerlandschaft wandern, die niemals endete, die niemals zu drückend wurde, die immer genug von allem bereit stellte. Es war abartig. Nergal war dieses Gefühl so fremd und so zuwider das sich jede Unze seiner Emotionen auf seinem Gesicht widerspiegelte. Und als sie ihren Weg zum Ratssaal anstrebten, da wurde das nicht besser. Mehr und mehr drängte er die Dunkelheit in seinem Innern um sich. Schutz und Erlösung zugleich. Zart begann es in seinem Hinterkopf zu flüstern und zu tuscheln...
„Der Gedanke eines imperialen Verwalters... kein Anhänger der Dunklen Seite hätte so entschieden. Dieser Ort ist eine Perversion. Eine Abscheulichkeit die nicht mit dem Auge zu erkennen ist. Wider jede Natur.“
Deutlich war die Abneigung zu hören die in seiner Stimme lag. Alles was sich gesammelt hatte seit sie hier waren, suchte sich einen Weg nach draußen. In Wellen die von dem Sith-Inquisitor ausgingen breiteten sich aus, trugen die dickste, zähe Dunkelheit seines Innern in die Welt um ihn herum, während der Turbolift, nachdem sie weite Teile des Tempels durchquert hatten, sie nunmehr den Turm hinauf zum Ratssaal brachte. Die Augen des Sith hatten das Gebäude unter ihnen fixiert.
„Das Symbol das dieses Gebäude bedeutet ist vollkommen wertlos, verglichen mit dem, was das bedeutet hätte, was hier hätte getan werden können....und was wir tun werden. Was nützt es dem Imperium und der Dunklen Bruderschaft, wenn Jedi die sich in der Galaxis verstecken wissen das ihr Tempel in unserer Hand ist und wir doch nichts damit tun? Alles was er ist, ist eine Schwäche. Unsere Schwäche. Denn ihnen gibt er Hoffnung. Etwas woran sie sich klammern können. Und uns?“ Mit einem Laut, der mehr wie das knurren einer Bestie aus Tausend Albträumen klang, wand sich sein Blick ab und glitt über die Häuser Coruscants hinweg. „Deswegen habe ich diesen Ort gewählt. Darum sind wir hier. Wenn ich könnte würde ich diesen verdammten Tempel Stein für Stein einreißen. Jedes noch so kleine Stück zu Staub zermalmen und in die Sonne des Systems schießen.“
Dann wurde die Liftkabine langsamer. Hielt schlussendlich an und öffnete sich. Meister und Schüler traten in das Vorzimmer der Ratskammer. Mit einer knappen Handbewegung öffnete Nergal die Tür und schon standen sie im ehemaligen Herz des Ordens der Jedi. Mehrmals drehte er sich um seine eigene Achse. Nahm alles in sich auf und versuchte nicht ob dessen, was hier zu spüren war, durchzudrehen. Auf eine gewisse Art und Weise schmerzte es ihn. Erst hier erkannte er, das das, was einstmals Veyd'r ausgemacht hatte noch tief genug in ihm verankert war. Der unbändige Hass auf die Jedi. Aber war das wirklich das Echo, dass ihm von jenem vergangenen Alter Ego blieb? War es nichts weiter als eine Note der Vergangenheit die ihn nicht loslassen wollte? Oder doch viel mehr die Dunkle Seite die sich in ihm befand. Die er formte und über die er gebieten konnte? War es die Dunkelheit in ihm die sich manifestierte, seinen Zorn und seinen Hass anfeuerte, weil es schlicht und einfach gegen jegliches Naturgesetz des Universums und damit allem voran gegen die Prinzipien der Dunklen Seite war? Aber wie sollte man einer Galaxis begreiflich machen das diejenigen, die seit mehr als zwanzig Jahrtausenden als die Hüter des Friedens bekannt geworden waren und agiert hatten, eigentlich die schlimmsten Verräter des Lebens waren? Des Inquisitors Gedanken rasten dahin. Nein. Man würde nicht mehr so weit gehen können und auch nur darauf hoffen mit einer Anschuldigung, die Jedi zu negieren. Aber man konnte das wahre Antlitz enthüllen. Denn in jedem Lebewesen waren das, wonach Ario und er lebten tief verankert. Es war ein unumstößlicher Fakt. Und der Beweis dafür, das die Jedi niemals die Dunkle Seite besiegen würden. Zivilisationen vergingen. Imperien zerfielen. Sterne brannten aus. Aber die Dunkelheit war ewig. Die Jedi allerdings... eines Tages würde ihr wahrhaftiges Ende kommen. Jemand wie er... jemand der die Sache verstand. Der die Dunkelheit verstand würde es vollbringen. Eines Tages. Eines Tages würde ihre Flamme vergehen. Einem Impuls folgend ließ sich der Inquisitor genau in dem Sitz nieder, der gegenüber der Tür war, die in den Ratssaal führte. Das Bild, als Tal'shia und der Präfekt eintrafen, musste eine amüsante, aber irgendwie herrlich unpassende Note zugleich haben.
„Lady Tal'shia. Präfekt. Wie ich sehen konnte, waren die Früchte unseres Vorhabens bereits sehr ertragreich.“ Der Hauch einer Frage lag darin. Mit einem kurzen, aber knappen ziehen innerhalb der Macht, verstärkte er da Verlangen in dem Präfekten mehr zu sagen als nur „Ja.“.
„Das Netzwerk das sich ob des Denunziantentums gebildet hat, hat uns weit mehr Meldungen und potenzielle... Kandidaten geliefert, als wir in den ersten Tagen überhaupt bewältigen konnten. Zugleich offenbarte es aber auch einige Stellen die bisher den militärischen und polizeilichen Instanzen entgangen waren.“
„Geld war schon immer ein Mittel mit dem man den Pöbel leicht verführen konnte. Und... Angst.“ Schmunzelte der Sith Lord dahin. Wohl weißlich welches Unbehagen der Mensch empfinden musste. In seiner direkten Nähe, die vollen Auswirkungen seiner Präsenz spüren. Aber vielleicht linderte die Aura dieses Raumes es ja ein wenig. „Für die geplante Hinrichtung der Kollaborateure und Sympathisanten, werden wir allerdings noch mehr brauchen. Wenn ich mich recht entsinne haben wir jetzt in etwa Achtzig. Wir brauchen mehr. Vier oder fünf mal so viele. Die Galaxis und allem voran Coruscants erlauchte Obere Schichten werden sich kaum um diese paar Dutzend verwahrloste Gestalten scheren.“
„Das... hatten wir vermutet, Mylord. Und wie bereits gesagt, wir erhielten weitaus mehr Meldungen als bewerkstelligt werden konnten. Und es treffen täglich neue Berichte ein. Aber.. wenn ich so kühn sein darf, Mylord, wo sie es schon ansprechen?“ Nergal nickte. Er genoss es, wie er diesen Menschen allein durch seine Anwesenheit und sein Dasein in der Hand hielt. „Die Etagen die weiter oben liegen, waren ebenfalls Verstecke von jenen, die den Widerstand aktiv und in tertiären Instanzen unterstützt und versorgt haben.“
„Wunderbar.“ Sprach er und grinste. Was jedoch mehr mit einem Dämon gemein hatte, der sich auf sein Festmahl freute. „In den Berichten und Logs steht, das einige Garnisonskommandanten ihre Unterstützung mit einigen Insassen untermauert haben. Das könnte ein Problem werden, sollte das publik werden.“
„Darum wurde sich gekümmert. Mein Lord. Die Gefangenen wurden mit modifizierten Akteneinträgen versehen. Potenzielle Gefahren durch bekannte und Verwandtschaft wurden ebenfalls als Ziele für ihr Vorhaben markiert.“
Man konnte vom Administratorum Regionatum halten was man wollte, aber wenn es darum ging andere Personen für ihre Zwecke zu benutzen, wie auch immer, dann gingen sie über viele Leichen. Sehr viele.
„Und wenn sie uns schon auf diese Art ihre Unterstützung zugesichert haben, vielleicht lässt sich noch etwas mehr aus ihnen heraus bekommen. Zusätzliche Soldaten? Unterstützung bei den Festnahmen und hier in den Lagern?“
„Das müssten wir erfragen, aber die Genehmigung des Gouverneurs liegt vor. Es handelt sich um einen Teil der Internen Säuberungsaktionen. Nach einer erneuten Verifizierung durch die entsprechenden Instanzen, würde dem nichts mehr im Wege stehen.“
Indessen hatten sich einige Schweißperlen auf der Stirn des Präfekten gebildeten. Aber seine Körperhaltung verriet nichts von dem, was sich in seinem Inneren abspielte. Die empathische Begabung des Sith Inquisitors machte die Unterhaltung mit dem Verwalter dadurch nur noch exquisiter. Die Twi'lek hatte sich schon vor Beginn des Gesprächs von dem Menschen entfernt. Sie stand reglos an einem der Fenster. Hörte nur zu und informierte sich. Bisher hatte er sie nur in die nötigsten Dinge eingeweiht.
„Ich vertraue darauf, dass sie die entsprechenden Vorkehrungen treffen werden, um alles in die entsprechenden Bahnen zu leiten, Präfekt.“ Der deutlich über zwei Meter große Hüne erhob sich aus dem niedrigen Jedi-Sessel und machte ein paar Schritte auf den Verwalter zu, ehe er sich – über Coruscants Dach blickend – um sich selbst drehte und stehen blieb, als er dem Präfekten den Rücken zukehrte. „Um die Beteiligten der Dunklen Bruderschaft werde ich mich kümmern. Tatsächlich wird sich mit, der ehrenwerten Lady Tal'shia und meinem Schüler Ario noch ein weiterer Sith anschließen. Vielleicht haben sie ihn unlängst bemerkt... Darth Draconis?“
„In der Tat, Mylord.“ Der Präfekt schluckte. Offenbar wusste er mehr als ihm lieb war? Doch dann überraschte ihn der Mensch... „Aber was, wenn ich so kühn sein darf Mylord? Was ist mit der wehrten Inquisitorin Kezia, Lord?“
Der Sith drehte sich um. Musterte den Mann der vor ihm stand. Das volle schwarze Haar, die leicht gehetzt wirkenden, tief braunen Augen und die vom Schweiß mittlerweile nasse Stirn. Die Finger seiner Hand bewegten sich nur wenig. Aber dafür unablässig. Seine Uniform wies jedoch im Gegensatz zu ihm, keinen Makel auf. Nicht das er abgrundtief hässlich war, aber ansehnlich war er nun wirklich nicht. Nergals stechender Blick legte sich direkt auf den des Mannes, der ihm gegenüber stand. Er hatte nicht erwartet das der Präfekt diese Frage stellte. Nicht weil er sie nicht beantworten wollte, schlicht weil er ihn für weniger stark eingeschätzt hatte. Aber er konnte auch genauso gut spüren, dass er nicht wirklich glücklich mit seiner gestellten Frage war. Und darüber hinaus wusste er, oder nahm vermutlich sehr stark an, dass er zu weit gegangen war.
„Wie ich bereits sagte... Ich werde mich um die weiteren Beteiligten kümmern. Und Lady Kezia wird in jedem Fall anwesend sein. Das kann ich ihnen versichern, Präfekt.
Da er am liebsten schon direkt nach dem stellen seiner letzten Frage verschwunden wäre, tat er es nun. Verbeugte sich kurz und trat dann durch die Tür in den Turbolift. Stille kehrte ein im Ratssaal...
[Imperial City – Oberste Ebenen – Ruinen des Tempel' der Jedi – riesige Halle – Obere Etage] – mit Ario & Tal'shia