Coruscant

- Coruscant - City - Wingston Tower - Penthouse - Gästezimmer -

Wasser perlte von den Wänden der Nasszelle ab. Dampf stieg zur Zimmerdecke empor. Giselle hatte ihren Kopf in den Nacken gelegt, die Lippen leicht geöffnet. Sie atmete tief ein: Wärme, Wasser und Leben. Mit beiden Händen massierte sie sich die Kopfhaut, wo sich Schaum zwischen ihren Fingern zu bilden begann, während der Duschkopf weiter auf sie herab regnen ließ. Sie hatte die Augen geschlossen. Wenn sie sich nur weit genug fort wünschte, konnte sie die Vögel singen hören. Sie hörte das Zirpen der Grillen im Gras, roch den modrigen Geruch feuchter Erde und das, was auf ihrer Haut sanft prickelte, war warmer Sommerregen. Giselle dachte sich zurück ins Paradies, wenn auch nur für ein paar Minuten. Es genügte nicht, um zu vergessen wo sie wirklich war, aber es reichte aus, um ihren Traum aufrecht zu erhalten. Sie würde wieder auf grünen Wiesen wandern, in natürlichen Seen schwimmen und dem blauen Himmel über sich zuwinken. Noch war Coruscant zwar nicht überwunden, doch sie würde den Planeten wieder verlassen und dorthin zurück kehren, wohin sie gehörte, zurück in die Natur. Die Mahlzeit, die Exodus ihr gebracht hatte, war sehr lecker gewesen. Giselle hatte alles gegessen und fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig satt. Nach der Dusche wickelte sie sich in eines der weissen Handtücher und streckte sich auf dem Bett aus. Ein wenig schien ihr Magen anlässlich der unerwarteten Menge zu rebellieren - gut möglich, dass sie auch einfach etwas mehr gegessen hatte als nötig gewesen wäre - doch das würde sich legen. Giselle gähnte. Sie war müde, immer noch oder schon wieder, doch morgen würde sie wieder Energie haben. Morgen ganz bestimmt. Sie schlief ein, ohne das Licht gelöscht oder sich zugedeckt zu haben und erwachte eine Stunde später, leicht fröstelnd. Das Handtuch war ihr vom Kopf gerutscht und ihre Haare waren noch feucht. Für einen kurzen Moment orientierungslos setzte Giselle sich auf. Exodus war vorhin gegangen ohne ihr zu widersprechen. Er befand sich jetzt auf der anderen Seite des Korridors, nur ein Zimmer weiter. Wenn sie wollte, könnte sie einfach durch die beiden Türen schlüpfen, die sie voneinander trennten, und ihn wecken. Sie konnte zu ihm unter die Decke kriechen, ihn küssen und sich an ihm reiben, oder einfach neben ihm liegen und mit ihm reden. Giselle wusste, dass sie nichts davon tun würde, während sie im Bad ihre Haare trocknete. Es waren nur Gedankenspiele, mögliche Szenarien die sie sich ausdachte und die sich gut anfühlten, so lange sie nur in ihrem Kopf existierten. Exodus zu berühren würde sich auch in Wirklichkeit gut anfühlen, doch immer nur für eine kurze Zeit.

Als sie das nächste Mal erwachte, war es bereits Morgen. Dämmerlicht blinzelte zwischen der Abdunkelung vor ihrem Fenster hindurch. Giselle Givenchy wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere. In ihrem Traum war sie wieder gestürzt. Sie hatte auf einer großen Bühne getanzt, in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal. Alle Augen waren auf sie gerichtet, doch dann waren ihr die eigenen Füße im Weg gewesen. Sie lag auf dem Boden, ihr Körper schmerzte und plötzlich stand Exodus über ihr. "Exodus!" Sie rief seinen Namen, doch das Rauschen der Wellen übertönte sie. Um sie herum loderten Flammen, Feuer wohin das Auge reichte und Giselle konnte nicht aufstehen. Der Saal und die Bühne waren fort und stattdessen war das Meer überall um sie herum. Sie war eingeklemmt, ein schwerer Deckenbalken war auf sie herab gestürzt. Sein Gewicht presste die Luft aus ihren Lungen, hinterließ ihre Rippen zerschmettert. Sie sah sich panisch um. "EXODUUUS!" Dann wachte sie auf. Ihr war schlecht, sehr schlecht, und schon im nächsten Moment kam es ihr hoch. In aller letzter Sekunde schaffte es Giselle zur Toilette. Erschöpft wischte sie sich den Mund ab. Ihr war wieder schwindelig. Immer wieder drohte ihre Sicht zu verschwinden. Warum war sie nicht ausgeruht? Müsste es ihr nicht längst besser gehen? Sie saß auf den kalten Steinfliesen im Bad, mit dem Rücken zur Wand. Sie hatte alles getan, das Exodus von ihr verlangt hatte. Sie hatte gegessen, viel getrunken und sich hinreichend geruht. Es gab nur eine Sache, die sie nicht getan hatte: sie war nicht ins Krankenhaus gegangen. Angst kroch erneut in ihr hoch. Sie konnte die Diagnosen vor sich sehen, die möglichen Krankheiten, langwierig oder unheilbar. Vor allem unheilbar. Ängstlich zog Giselle die Knie an und legte ihre Stirn darauf ab. Über ihrem Kopf legte sie ihre Handflächen übereinander.


"Bitte nicht."

Betete sie leise.

"Habt Erbarmen. Ich würde alles tun, das Ihr verlangt."

Im Antlitz der Feuergöttin war Giselle als Sünderin gebrandmarkt. Sie hatte es nie geleugnet. Manchmal war sie so weit gegangen, Vahl heraus zu fordern. Sie war von hohen Klippen gesprungen, hatte sich ungezähmten Raubtieren genähert. Die Göttin hatte sie stets beschützt. Giselle war ihre Dienerin. Sollte sie jetzt ein Schicksal erleiden, das Vahl selbst für sie ausgesucht hatte?

"Habt Erbarmen."

Wiederholte Giselle mit dünner Stimme. Die Hände über ihrem Kopf zitterten unkontrolliert. Sie dachte an das schmutzige Wasser, das sie getrunken hatte, an die unhygienischen Zustände, in denen sie gehaust hatte. Toilette und Bett waren bei Shak nie sauber gewesen, das Essen nur Reste von dem, das andere übrig gelassen hatten. Und dann waren da die Krankheiten, die sich in den Unteren Ebenen ausbreiteten wie Unkraut in einem verwilderten Blumenbeet.

"Diese Sünderin bereut ihren Ungehorsam mit jedem Sonnenaufgang, seit dem Tag an dem sie ihre Treue gebrochen hat. Lasst mich weiter Buße tun."

Das leere Gefühl in ihrem Magen blieb. Giselle schluckte verzweifelt, versuchte das Unwohlsein ihres Körpers durch bloße Willenskraft zu vertreiben.

"Findet einen Zweck für mich, Mutter Göttin. Ich bin noch immer Eure Dienerin. Lasst mich leben und ich werde alles wieder gut machen. Ich verspreche es."

Sie übergab sich ein zweites Mal. Etwas stimmte nicht mit ihr. Mit letzter Kraft warf sich Giselle ihr schwarzes Kleid über. Barfuß trat sie hinaus in den Korridor. Wenn die Göttin sie nicht erhörte hatte sie keine andere Wahl. Sie lehnte an der Wand, klopfte nur schwach an seine Tür.

"Exodus."

Sagte sie, als er ihr öffnete. Sie sah ihn aus stumpfen Augen heraus an.

"Ich glaube, ich brauche einen Arzt."

Entweder das, oder Vahls Segen.

- Coruscant - City - Wingston Tower - Penthouse - Mit Exodus -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse – Exodus‘ Zimmer | allein ]

Der Abend war ereignislos zu Ende gegangen. Eine ganze Weile hatte Exodus noch dem unermüdlichen Lebensstrom von Coruscant zugesehen, ohne jedoch einen echten Stern am Himmel zu entdecken. Dann war er ins Penthouse zurückgekehrt, hatte kurzen Smalltalk mit Miku geführt und war schließlich zu Bett gegangen. Von Giselle war nichts mehr zu hören gewesen. Angesichts ihres Zustandes am Abend war das aber auch nicht verwunderlich. Exodus war nicht sofort eingeschlafen, doch irgendwann hatte ihn der Tag von düsteren Gedanken begleitet in die Traumwelt entlassen.
Das schwache Klopfen an seiner Tür weckte ihn aus dem unruhigen Schlaf. Seine Machtsinne waren augenblicklick nach Giselle gerichtet – in seinen Träumen spielte sie ohnehin stets die Hauptrolle – und so wusste er schon bevor er die Augen aufschlug, wer vor seiner Tür stand. Ob sie noch einmal Lebewohl sagen wollte? Sie hatte gestern angekündigt so früh wie möglich zu verschwinden, um seinem Vater nicht noch einmal unter die Augen zu kommen – und vermutlich auch um mit Exodus selbst möglichst wenig Zeit verbringen zu müssen. Als Exodus die Decke zurückschlug, wurde ihm bewusst, dass er nur Shorts trug, doch angesichts ihres bevorstehenden und unwiderruflichen Abschieds spielte das wohl auch keine große Rolle mehr. Müde schwang er die Beine vom Bett und tappte gähnend zur Tür. Er erwartete eine vollständig angekleidete, zur Abreise bereite Giselle, die ihn mit gefasstem, ernstem Blick ansehen und nur wenig sagen würde. Doch wie so oft, schaffte es die Vahla auch dieses Mal ihn zu überraschen.
Die sich zur Seite schiebende Tür offenbarte eine kränklich aussehende Frau, die barfuß und nur mit einem locker übergeworfenen Kleid an der Wand lehnt. Und sie bat um seine Hilfe.


„Giselle.“

Mehr konnte er in seiner ersten Überraschung nicht hervorbringen.

„Einen Arzt?“

wiederholte er ihre Worte fragend, für einen Augenblick eine Falle vermutend. Sie hatte ihm gesagt, sie wolle nicht zum Krankenhaus und er hatte sich erst nach längerem Widerstand ihrem Wunsch gefügt. Prüfte sie jetzt seine Standhaftigkeit? Nein, ein Blick auf die Vahla verriet, dass es ihr wirklich schlecht ging.

„Natürlich, einen Arzt!“

Hektisch wandte sich Exodus zu seinem Nachttisch um und griff nach seinem Comlink. Das Kontaktverzeichnis des kleinen Geräts schien unendlich lang, bis er endlich die Nummer seines Hausarztes zwischen all den anderen Namen fand. Mit einer Hand hielt er das Com an sein Ohr, während er Giselle prüfend ansah. Es dauerte nur Sekunden, bis das Gespräch angenommen wurde.

„Hallo Doctor Forlin. Entschuldigen Sie die frühe Störung. Können Sie vorbei kommen? Wir haben hier einen kleinen Notfall.“

Der Doctor stellte eine, für Giselle nicht hörbare, Nachfrage.

„Keiner aus der Familie, nein. Eine … Freundin von mir.“

Wieder fragte Dr. Forlin am anderen Ende etwas und unwillkürlich streckte Exodus seine Hand nach Giselles Stirn aus. Seine flache Hand legte sich auf ihre Stirn, ohne dass er weiter darüber nachdenken konnte, ob sie dies für unangebracht hielt.

„Sie hat erhöhte Temperatur.“

Als er seine Hand wieder wegzog, spürte er ihre kalten Schweißperlen auf seiner Haut. Es ging ihr wirklich nicht gut, ganz und gar nicht gut. Er hatte mit seiner Rettungsaktion also doch Recht behalten und auch damit, sie zu einem Krankenhaus zu bringen. Es schien fast, als hätte die Nacht im Penthouse alles nur noch verschlimmert, obwohl er sich genau an das gehalten hatte, was sie von ihm verlangte. Doch für rechthaberische Gesten war jetzt keine Zeit. Der Doktor bestätigte ihm, dass er kommen würde und gab Exodus eine kurze Handlungsanweisung, ehe er das Gespräch beendete.

„Du sollst dich hinlegen, sagt mein Arzt.“

Trotz ihres kläglichen Zustandes musste er dem Impuls widerstehen, sie einfach auf beiden Armen zum Bett zu tragen. Stattdessen trat er aus seinem Zimmer heraus und hielt ihr den angewinkelten Arm hin. Er würde ihr eine Stütze sein, wenn sie dies wollte. Doch was Giselle wollte, hatte er gestern auch nach stundenlangem Grübeln nicht entschlüsseln können.

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse – vor Exodus‘ Zimmer | mit Giselle ]
 
[Core Worlds | Corusca-Sektor | Coruscant-System | im Anflug auf Coruscant (Höhe Stentat) || Coruscant-Kampfgruppe | [MC90] „Prometheus || Deck Eins | Brücke (vorderer Bereich)] Commodore Navara Ven; im Hintergrund die Brückenbesatzung

In dem Augenblick als die riesige „Prometheus“ gemeinsam mit ihren Begleitschiffen in den realen Raum zurückkehrte – und damit endlich das wohlbekannte Coruscant-System erreichte – setzte bei Navara tatsächlich kurzzeitig der Herzschlag aus. Gebannt starrte er durch das Panoramafenster auf das spektakuläre Szenario, das sich nun vor ihm entfaltete. Hier lag die Wiege der intergalaktischen Zivilisation. Hier hatte die Republik einst ihren Ursprung genommen. Obwohl der hochgewachsene Twi'lek eigentlich keine ausgeprägte sentimentale Seite besaß, begriff er erst in diesem Moment die richtige Tragweite dieser Operation zu verstehen. Unwillkürlich versteinerte sich seine Miene noch mehr als sonst, während sich seine beiden Lekku kringelten. Erhaben holte er tief Luft, verschränkte die Arme auf dem Rücken und ließ die gesamte Szenerie auf sich wirken.

Im Hintergrund stolzierten der wachhabende Offizier sowie der Schiffskommandant von Station zu Station, holten Berichte ein und gaben anschließend diverse Befehle zurück. Gleichzeitig formierte sich draußen die Kampfgruppe pflichtbewusst um den tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzer der massigen Neunziger-Klasse. Derweil sein Blick starr auf den sechsten Planeten im System gerichtet war und sich die republikanische Einheit diesem Punkt weiterhin unaufhaltsam näherte, schlug das Herz in seiner Brust immer schneller. Weil er sich im Bezug auf die ihm unterstellte Einheit eher als Fels in der Brandung sah, durfte er allein aus diesem Grundsatz heraus nicht die Nervosität zeigen, die zu diesem Zeitpunkt in ihm wohnte. Somit war er tatsächlich auf sich allein gestellt – und genau durch diese Erkenntnis lastete die Bürde noch ein bisschen schwerer auf seinen Schultern.

Leise räusperte sich der bothanische Sekretär, den man ihm unterstellt hat, nachdem er schweigend die Brücke betreten und sich zu dem Commodore gesellt hatte. Während Utric Fey'lya dem Offizier ein aktives Datapad reichte, sagte er:
„Sir, hier ist ein Dossier über die derzeitigen Strukturen, die in der hiesigen Verwaltung herrschen. Ich habe mir erlaubt die Unterlagen um ein paar Dokumente des Geheimdienstes zu erweitern, die Ecthelion Veran, den amtierenden Moff des Corusca-Sektors, und dessen Stab betreffen.“ Beiläufig zupfte er an seinem Bart, bevor er weitersprach: „Zudem habe ich Zugang zu Dokumenten bekommen, die den örtlichen Widerstand betreffen. Offenbar arbeitete in den letzten Monaten eine Widerstandszelle eng mit den Jedi zusammen, was das Diplomatische Korps als 'wichtige Information' einstuft. Solange Sie Coruscants Übergabe überwachen, sollen Sie offiziellen Kontakt zu den führenden Persönlichkeiten aufnehmen.“

Navara musterte misstrauisch das brummende Gerät. „Defender“ – Hatte man diese Gruppierung in den letzten Monaten schon einmal irgendwann in seinem Umfeld erwähnt? Seine tätowierten Lekku räkelten sich unruhig, während er angestrengt nachdachte. Coruscant – und all seine Geschehnisse – war stets so fern der vordersten Frontlinie gewesen, weshalb der Nichtmensch nicht glaubte, dass er in diesem Punkt möglicherweise irgendwelche Vorkenntnisse besaß. Doch nun musste er sich damit beschäftigen. Erneut wanderte sein Blick in Richtung des berühmten Stadtplaneten. Im Laufe seiner bisherigen Karriere – vor allem aufgrund seiner rangniederen Position innerhalb der Flotte – hatten politische Spielereien keine große Rolle gespielt, aber nun war er Commodore. Er musste sich also anpassen. Schleunigst! Deshalb kehrte sein Blick zurück zum Datapad. Für einen Augenblick wirkte seine Miene noch ein wenig misslauniger.

„Dankeschön, Mr Fey'lya
, brummte der Twi'lek, nachdem er einige Zeilen eher lustlos überflogen hatte. Dennoch behielt er das laufende Gerät in seiner Hand. „Jedoch halte ich es für sinnvoller, erst einmal die militärische Lage in diesem System zu sichern, bevor ich mich der Politik widme.“

Natürlich schnaubte der Bothaner bei dieser Entscheidung, behielt jegliche Widerworte aber für sich und trat stattdessen schweigend ab. Somit stand der nichtmenschliche Commodore wieder allein am Panoramafenster. Er musste sich nun auf die aktuellen Situation konzentrieren. Einen kleineren Teil der Befehle, die für die Einheit bestimmt waren, hatte in der Zwischenzeit Captain Roosh gegeben, nachdem man sich auf dem Sprung gut fünf Stunden darüber unterhalten hatte. Der Rodianer diente zwar erst seit ein paar Wochen unter dem Kommando des Twi'lek, dennoch konnte Navara bei ihm mehr oder weniger eine ähnliche Anspannung erkennen. Dieser Einsatz konnte entscheidend für den künftigen Verlauf der Karriere sein. Denn Prestige konnte sowohl Fluch als auch Segen sein. Einige Sekunden beobachtete er noch ganz aufmerksam den ehemaligen Ersten, dann löste er sich endlich von seiner einsamen Position und kehrte in das Geschehen auf der Brücke zurück. Schließlich hatte die Kampfgruppe weitere Anweisungen zu erhalten. Vor allem nachdem man die Anwesenheit einer imperialen Sektorflotte bemerkt hatte.

„Mr. Roosh, geben Sie der 'Massive' jetzt das Zeichen zum Ausschwärmen seiner Abfangeinheiten“, befahl der Commodore. „Wir brauchen Aufklärer da draußen...“

Bevor der Captain überhaupt irgendwie reagieren konnte, meldete sich auf einmal Thal Ph'ton, der momentane Kommunikationsoffizier, zu Wort. „Mit Verlaub, Sir, aber Captain Agoch bittet um eine private Unterredung via Holo mit Ihnen.“

Einen Moment bedachte Navara den Bith mit einem überraschten Blick. Der Jedi wünschte wirklich ein Gespräch? Eigentlich hatte der Nichtmensch darauf gehofft, dass er den Funkverkehr zwischen ihnen auf ein Minimum reduzieren könnte, um dem Feind das „Mithören“ zu erschweren. Doch bei einem Gespräch via Holo-Projektor waren die Signale so stark, dass das den Imperialen mit großer Sicherheit auffiel, was am Ende unweigerlich zu einem Wettstreit zwischen Kodieren und Entziffern führte. Lehnte Navara auf der anderen Seite aber diese Bitte ab, dann konnte das eventuell den Jedi verstimmen – und das wirkte sich negativ auf die Kooperation der Einheit aus. Demnach hatte der grünhäutige Commodore also keine Wahl. Er musste das Gespräch mit Agoch führen. 'Vielleicht ist der Zeitpunkt dazu gar nicht so schlecht...', dachte er als er innerlich „kapitulierte“.

„Lieutenant, geben Sie der 'Massive' grünes Licht“, entschied er am Ende. „Jedoch soll man auf die Cresh-Verschlüsselung zurückgreifen. Legen Sie die Verbindung anschließend auf meinen Projektor im hinteren Teil der Brücke...“ Einen Moment hielt der Twi'lek inne. „Ach, und senden Sie den Jedi ein Zeichen, dass Sie sich noch ein wenig gedulden müssen. Wir sollten vermeiden die Imperialen zu sehr zu provozieren. Bestimmt verstehen diese Herren und Damen das.“

Dann wandte er sich doch von der Kommunikationsstation ab. Was der menschliche Jedi-Offizier in diesem Augenblick von ihm wollte, konnte Navara nicht erraten. Er hatte tatsächlich keine Ahnung, empfand es sogar ein wenig störend. Jedoch hatte er sich entschieden. Trotzdem gab er Roosh noch schnell ein paar Anweisungen für die Kampfgruppe. So sollten die „Marksman“ und die „Halycon“ eine führende Position einnehmen und insbesondere die passiven Sensoren bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit treiben. Ausreichend Rückendeckung sollten sie dabei sowohl von der „Genesis“ und der „Mon Reve“ erhalten, die sich schnell zwischen ihnen, dem Mon Calamari-Sternenkreuzer der Neunziger-Klasse sowie den Liberator Transportkreuzer in Stellung bringen sollten. Die „Massive“ sah der Commodore eher als Dreh- und Angelpunkt für eine reibungslose Koordination der mitgebrachten Sternjägereinheiten an, weshalb er sie momentan lieber etwas im Hintergrund sehen wollte – ebenso wie die „Prometheus“. Schlusslicht der Einheit bildeten – wie schon beim Manöver im Wukkar-System – die Abfangfregatte „Jaminere“, das recht harmlose Hospitalschiff „Sanctuary“ und der Truppentransporter „Caluula“. Während man sich um das Umsetzen dieser Befehle kümmerte, trat der Twi'lek währenddessen vor den Holo-Projektor, wo schon eine lebensgroße Darstellung von Bru-Th Agoch auf ihn wartete.

„Nun, Captain, Sie wollten mich sprechen...“, begann Navara im höchst offiziellen Ton das Gespräch. „... und hier bin ich. Was kann ich für Sie tun?“

[Core Worlds | Corusca-Sektor | Coruscant-System | im Anflug auf Coruscant (Höhe Stentat) || Coruscant-Kampfgruppe | [MC90] „Prometheus || Deck Eins | Brücke (hinterer Bereich)] Commodore Navara Ven und eine Projektion von Captain Agoch
 
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- Coruscant – City – Wingston Tower – Gästezimmer – Mit Exodus -

Er half ihr zurück zu ihrem Bett und Giselle stützte sich auf ihn, obwohl sie es hasste, sich von ihm helfen zu lassen. Alle Irrationalität musste jedoch zurück stehen. In diesem Moment brauchte sie Exodus und er war da, ohne viele Worte. Giselle legte sich hin und rollte sich auf eine Seite. Einen Moment stand Exodus noch über ihr und sah auf sie herunter, wie in ihrem Traum. Dann ließ er sie allein, um den Arzt zu empfangen, sobald er kam. Sie schloss die Augen. So elend hatte sie sich noch nie gefühlt und dennoch konnte sie von Glück reden, dass sie hier in Exodus' Gästezimmer war und nicht alleine in Shaks Bar, wo niemand wäre der ihr hätte helfen können. Vielleicht konnte es ja dieser Arzt. Als sie Schritte hörte, öffnete Giselle die Augen und drehte sich auf den Rücken. Die Bettdecke hatte sie weit über sich gezogen, obwohl ihr nicht kalt war. Sie sah zuerst Exodus, dann einen Mann in seinen Vierzigern. Er trug keinen weißen Kittel, wie man es sich manchmal vorstellte, sondern ganz normale Alltagskleidung, hatte dunkle, fast schwarze Haare mit ausgeprägten Geheimratsecken und ein kantiges, eckiges Kinn. Sein Lächeln war freundlich, als er den Raum betrat. Er war nahezu so groß wie Exodus.

„Giselle, das ist Doctor Forlin.“

Stellte Exodus den Arzt vor. Giselle lächelte den Mann schwach an. Sie mochte ihn auf Anhieb.

“Guten Tag, Doctor.“

Flüsterte sie, plötzlich heiser. Sie räusperte sich, um ihre Stimme zurück zu erlangen, während sich Exodus zurück zog und die Tür von außen schloss. Der Arzt schob einen der Stühle näher an das Bett heran. Sie waren jetzt alleine.

„Miss Givengi, richtig?“

Fragte er sie. Exodus hatte ihm ihren Namen bereits mitgeteilt.

“Givenchy.“

Korrigierte Giselle seine Aussprache lächelnd. Dass sie dazu noch die Kraft hatte, überraschte sie selbst.

“Mit einem weichen Ende und Betonung auf dem Y.“

„Givenchy.“

“Genau. Perfekt.“

„Was genau fehlt Ihnen?“

Wenn sie das nur wüsste. Es ging ihr schon seit einigen Tagen nicht mehr richtig gut. Da waren die Kopfschmerzen gewesen, die Kraftlosigkeit, die plötzlichen Schwindelanfälle und nicht zuletzt natürlich die Übelkeit. Die war jedoch noch nie so schlimm gewesen wie heute. Sie erzählte ihm alles, von Anfang an, so weit sie sich erinnerte. Alea hatte noch geglaubt, Giselle hätte lediglich eine Migräne, doch diese Diagnose schien inzwischen weit gefehlt.

“Ich habe mich heute morgen zweimal übergeben.“

Schloss Giselle die Beschreibung ihres Zustandes. Doctor Forlin hatte seinen Koffer geöffnet, während sie gesprochen hatte, und einige Utensilien heraus geholt. Er war dabei zwischenzeitlich aufgestanden. Jetzt saß er wieder neben ihrem Bett.

„Haben Sie auch Schmerzen im Bauchbereich? Ein Ziehen, oder ein ungewohnter Druck vielleicht?“

Sie schüttelte den Kopf.

“Nein, eigentlich nicht... nur ein ziemlich flaues Gefühl.“

Er nickte und Giselle entschied, dass zumindest das ein positives Zeichen sein musste. Keine Schmerzen zu haben war gut, oder nicht? Es konnte gewiss nichts Schlimmes sein, wenn es nicht weh tat. Sie realisierte, wie das leere Gefühl in ihrem Bauch auch von ihrer Angst kam und versuchte sich selbst zu beruhigen. Doctor Forlin hatte begonnen, eine neue Spritze aus der Folie auszupacken, in die sie eingeschweißt war, und eine lange Nadel darauf zu stecken.

„Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal Probleme dieser Art gehabt? Besondere organische Vorkommnisse, von denen ich wissen sollte?“

Sie schüttelte den Kopf. Giselle war nie krank gewesen, abgesehen von erkältungstypischen Erscheinungen und dem ein oder anderen Virus, den man sich einfing, der jedoch von selbst nach wenigen Tagen wieder verschwand.

“Nein.“

„Können Sie die Möglichkeit einer Schwangerschaft ausschließen?“

Wollte er wissen. Perplex sah Giselle ihn an. Eine Schwangerschaft? Nun, sie hatte nicht... sie hatte zuletzt mit Exodus... sie öffnete den Mund. Tausend Gedanken schossen durch ihren Kopf. Sie hatte an alles gedacht, aber nicht daran. Sie spürte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg.

“Ich... ich hatte ungeschützten Verkehr.“

Gab sie zu, ohne ihn anzusehen.

„Wir werden alle Möglichkeiten überprüfen, in Ordnung? Ich sage Ihnen, was wir machen.“

Fuhr er im Plauderton fort.

„Wir machen einen Blut- und einen Urintest, um die ganze Palette abzudecken. Wir schauen uns die Werte sämtlicher relevanter Organe an, um Bauchspeicheldrüse, Nierenfunktion etc. zu überprüfen und ich werfe außerdem einen Blick auf Ihren Hormon- und Blutzuckerspiegel.“

“Einen Bluttest?“

Falls überhaupt möglich, wurde Giselle noch bleicher. Alles was sie sah, war die lange Nadel. Der Arzt bemerkte ihren Blick.

„Angst vor Nadeln?“

“Vor Blut, meinem eigenen.“

Doctor Forlin lächelte beruhigend.

„Dann dürfen Sie die Augen zu machen. Geben Sie mir Ihren linken Arm, bitte. Einmal ausstrecken.“

Er schob einen schmalen Gurt ihren Oberarm hinauf und zog diesen fest.

„Und eine Faust machen.“

Giselle wandte den Kopf in die andere Richtung. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und geflüchtet. Sie versuchte sich vorzustellen, dass sie ganz woanders war, versuchte sich zurück nach Fingers Mark zu versetzen, zurück nach Alderaan und zurück an Bord eines Sternenkreuzers. Allein der Gedanke an die tiefdunkle Farbe ihres roten Blutes sorgte dafür, dass sich ihr Magen einmal mehr herum drehte. Sie legte die freie rechte Hand über ihre Augen. Den Schmerz des Einstichs spürte sie nur kurz.

„Ganz ruhig. Sie haben es gleich überstanden.“

Ihr Herzschlag hatte sich verschnellert, stellte sie fest, und das obwohl eigentlich gar nichts passiert war. Sie stellte sich an und ärgerte sich über sich selbst, als sie sich darüber bewusst wurde.

„So, können Sie hier fest drücken, bitte?“

Der Arzt presste einen dicken Wattebausch in die Innenseite ihres Ellbogens und Giselle legte Mittel- und Zeigefinger darauf. Sie konnte ihm ihren Blick noch nicht wieder zuwenden, so lange sie fürchtete, dass er die Ampulle mit ihrem Blut noch in der Hand hielt. Als nächstes ließ sie ihn ihre Temperatur im Ohr messen. Er benutzte dazu ein Gerät, wie sie es noch nie gesehen hatte und hatte innerhalb von einer einzigen Sekunde ein Ergebnis, das ihm durch ein digitales Display angezeigt wurde.

„Leicht erhöht, aber kein Grund zur Sorge, vermutlich eine Reaktion Ihres Körpers auf den Stress.“

Urteilte er, ersetzte den Wattebausch an ihrem Arm durch ein kräftiges Pflaster und drückte Giselle schließlich einen Becher in die Hand, um auch noch die Urinprobe von ihr zu bekommen.

„Machen Sie den Becher so voll es geht, aus dem Mittelstrahl heraus.“

Gehorsam nickte Giselle und warf einen vorsichtigen Blick zu ihm herüber, während sie die Decke zurück schlug und sich aufsetzte. Der Arzt hatte die Ampulle mit ihrem Blut bereits weg geräumt. Sie fühlte sich zumindest ein bisschen entspannen.

“Jetzt beim Aufstehen wird mir wieder komisch.“

Informierte sie ihn, als ihre Füße Boden gefunden hatten und sie sich hoch drückte.

„Das ist der Kreislauf. Kommen Sie zurecht?“

“Ja, das geht schon.“

Zweifellos sah er jetzt auch, wie dünn sie war. In Ihrem Kopf hörte sie bereits seine Schelte, doch vorerst blieb sie aus. Giselle ging alleine ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Es war schwer, ihre Gedanken zur Ruhe zu bringen. Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht und klappte den Deckel der Toilette hoch. Es konnten ihre Organe sein hatte er gesagt, oder vielleicht war es auch doch einfach nur ein Virus, einer von der hartnäckigen Sorte, der im Grunde aber harmlos war - unangenehm aber harmlos und übermorgen schon wieder vorbei. Das hatte sie schon gestern gehofft und es war lediglich schlimmer geworden. Oder sie war schwanger. War es das, was ihr Körper ihr mitzuteilen versuchte? Giselle fing ihr Urin auf und der Becher in ihrer Hand wurde augenblicklich warm. Für die meisten Frauen wäre dies von allen Möglichkeiten die wohl angenehmste. Vor dem Spiegel hob sie ihr Kleid, drehte sich zur Seite und strich über ihren flachen Bauch. Sie konnte optisch keine Veränderung feststellen, noch nicht.

“Wie lange dauert es, bis Sie Ergebnisse haben, Doctor?“

Fragte sie, als sie ins Schlafzimmer zurück kehrte.

„Lediglich ein paar Minuten.“

Er hatte einige Analysegeräte ausgepackt. Giselle reichte ihm den Becher und kroch zurück ins Bett.

“Ich glaube, ich bin schwanger.“

Sie sprach die Worte vorsichtig aus. Sie lagen fremd und ungewohnt auf ihrer Zunge. Giselle spürte, wie nervös sie war. Unter der Bettdecke zitterten ihre Hände. Noch vor einer Stunde hatte sie befüchtet, sie sei sterbenskrank. Doctor Forlin schaute sie an.

„Was macht Sie so sicher?“

Auf diese Frage hatte sie keine Antwort. Es war ein plötzliches Gefühl, das sie hatte. Sie wusste es einfach.

- Coruscant – City – Wingston Tower – Gästezimmer – Mit Doctor Forlin -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse ]

Die Tür vom Gästezimmer schloss sich und Giselle befand sich nun in alleiniger Gesellschaft von Doctor Forlin. Exodus musste draußen warten und obwohl die beiden sich streng genommen in das Zimmer zurückgezogen hatten, fühlte es sich an als wäre er selbst ausgeschlossen worden. Ausgeschlossen in einem riesigen Penthouse, in dem er nichts mit sich anzufangen wüsste, bis sich die Tür wieder öffnen und der Doctor eine Prognose äußern würde.
Exodus tat, was er üblicherweise als erstes tat, an einem normalen Morgen jedenfalls: Er ging zur Küche, füllte sich ein großes Glas mit Wasser, nahm sich eine Frucht aus dem Kühlschrank und setzte sich auf einen der Barhocker, die an der Kombination aus Tresen und Arbeitsfläche der Küche standen. Was passierte jetzt wohl in ihrem Gästezimmer? Forlin würde eine übliche Untersuchung starten, so wie er es bei Exodus immer tat, natürlich. Der Mann war Hausarzt, kein Spezialist für tödliche Viren, die man sich in den unteren Ebenen einfangen konnte. Aber was war, wenn Giselle sich tatsächlich so etwas eingefangen hatte? Die Medizin der oberen Ebenen war hervorragend, keine Frage. Hier gab es bessere Möglichkeiten, als es sie auf Fresia oder den meisten anderen Planeten gegeben hätte. Und trotzdem …

Die unteren Ebenen von Coruscant waren ein Schmelztiegel für Krankheiten, Seuchen und Viren, befeuert durch den Dreck, das mangelnde Sonnenlicht und die schlechte Luft. Außerdem herrschte dort unten eine Friss-oder-Stirb-Mentalität, die einer geschwächten Person den Rest geben konnte. So wunderbar wie die oberen Ebenen hinsichtlich medizinischer Versorgung waren, so gefährlich war ein längerer Aufenthalt am Bodensatz des Planeten. Giselle war nicht lange dort unten gewesen, hatte er sich bei ihrem Flug zum Krankenhaus noch gedacht, seine Rettungsaktion war gerade rechtzeitig gekommen, hatte er sich gesagt. Aber was, wenn nicht? Was, wenn er zu spät gekommen war? Was war, wenn der Doctor gleich mit besorgtem Gesicht heraustreten und ihm sagen würde, dass er nichts mehr für Giselle tun konnte, dass es schlichtweg zu spät war?


„Guten Morgen.“

Die Stimme seines Vaters hinter ihm riss Exodus aus den Gedanken. Er rutschte auf dem Hocker herum und sah Alad offen an. Sein Vater war schon komplett angekleidet und kam offenbar aus dem Büro. Er würde ein Arbeitstier bleiben, bis zu seinen letzten Tagen, ein Umstand, den Exodus stets bewundernswert gefunden hatte. Die Worte des Präsidenten klangen nicht so freundlich, wie er es gewohnt war, aber auch nicht so feindselig, wie er erwartet hätte.

„Morgen.“

Es war kein guter Morgen.

„Ich habe Doctor Forlin ins Gebäude kommen sehen. Geht es Miku nicht gut?“

Miku? Exodus zog irritiert die Augenbrauen zusammen und stützte die rechte Hand in seine Hüfte. Natürlich, sein Vater dachte gar nicht mehr an Giselle oder gab zumindest vor, es nicht mehr zu tun. Oder ihm kam nicht der Gedanke, dass Exodus für diese Frau, die er aus den unteren Ebenen mitgebracht hatte, tatsächlich ihren persönlichen Hausarzt her beorderte. Da sein Sohn hier gesund und munter saß, war Alad wohl schlicht per Ausschlussverfahren auf Miku gekommen …

„Ich habe Miku noch nicht gesehen.“

Das war keine direkte Antwort auf die Frage, aber gab seinem Vater doch die Information, die er brauchte, um sich den Rest zusammen zu reimen. Exodus beschloss, ihm trotzdem auf die Sprünge zu helfen.

„Doctor Forlin ist wegen Giselle hier. Es geht ihr nicht gut.“

Und das war noch untertrieben. Sie hatte kaum stehen können, genau wie gestern Abend schon. Sie war blass und der kalte Schweiß hatte ihr auf der Stirn gestanden, dazu dieser stumpfe Blick …

„Sie sind im Gästezimmer.“

Der Mund seines Vaters formte sich zu einem dünnen Strich und die Falte zwischen seinen Augenbrauen wurde zu einem tiefen Graben. Ihm gefiel das nicht, natürlich nicht. Aber auch Alad Wingston sah ein, wenn er etwas für den Moment nicht ändern konnte.

„Wann wird sie wieder gehen?“

Eine baldige Lösung des „Problems“ hatte er hingegen noch nicht ausgeschlossen.

„Wenn sie wieder fit ist.“

antwortete Exodus kühl und trank einen Schluck aus seinem Wasserglas. Sein Vater funkelte ihn einen Augenblick lang an, dann wandte er sich schließlich mit laut vernehmbarem Grummeln ab. Exodus schob diesen Umstand darauf, dass sein Vater zu so früher Stunde noch nicht streiten wollte, vielleicht insbesondere nicht, wenn die Gefahr bestand, von Doctor Forlin gehört zu werden. Aber der Streit würde kommen, dessen war er sich sicher. Alad Wingston würde sich nicht mit dem Umstand abfinden, die Frau lange in seinem Heim zu bewirten, genauso wenig wie Exodus sich mit dem Umstand abgefunden hatte, Giselle zu verlieren. Um sie zurückzubekommen hatte er alles getan, was notwendig gewesen war – oder was ihm notwendig erschienen war. Jetzt hatte er sie zurück und stand gleichzeitig doch wieder kurz davor sie zu verlieren. Diese ganze Sache mit Shak war zu viel des Guten gewesen, zumal Giselles Geist auch vor dieser Prüfung nicht gebrochen war. Nur ihr Körper. Ihr kleiner, zarter Körper, der ihm bei jedem Anblick den Atem raubte.
Exodus Wingston hatte nicht häufig Angst, doch vor den Worten des Arztes fürchtete er sich. Er hatte es übertrieben, war zu tief in das Spiel versunken, hatte den Überblick über richtig und falsch verloren. Wenn der Doctor mit einer schlechten Prognose aus dem Zimmer käme und Exodus irgendeine Schuld daran trug – er würde es sich nicht verzeihen können.


[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse ]
 
- Coruscant – City – Wingston Tower – Gästezimmer – Mit Doctor Forlin -

Das Display des Datapads, das Doctor Forlin in seiner Hand hielt, konnte Giselle nicht erkennen, wohl aber konnte sie einiges aus seinem Gesicht lesen. Er war nicht ganz zufrieden mit den Testergebnissen, schien aber auch einige Dinge bestätigt zu finden, die er vermutet hatte. Wie gut oder schlecht das war wusste Giselle zwar nicht, sein gelegentliches Nicken wertete sie jedoch als positiv und die leicht in Falten gelegte Stirn sah zumindest nicht tödlich alarmierend aus. Giselles Angst vor einer schlimmen Krankheit hatte sich verflüchtigt. Geduldig wartete sie darauf, dass er bereit war zu sprechen.

"Ihr Gefühl erweist sich als sehr verlässlich, Miss Givenchy."

Er blickte von seinem Datapad auf.

"Sowohl in Ihrem Blut als auch im Urin lassen sich hohe Mengen Beta-HCG nachweisen. Sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich schwanger, gratuliere."

Giselles Blick ging an ihm vorbei, starr gerade aus. Sie wusste nicht, ob sie diese Bestätigung erhofft oder befürchtet hatte. Sicher, es war besser als todkrank zu sein, doch es veränderte alles, ihre Situation, ihre Pläne, ihre Möglichkeiten. Alles würde komplizierter werden, und schwieriger. Und Exodus...

"Beta... wie auch immer, was ist das?"

Wollte sie wissen, äußerlich ruhig.

"Beta-Humanes Choriongonadotropin, kurz Beta-HCG, ein Schwangerschaftshormon das direkt nach einer erfolgreichen Befruchtung produziert wird."

Erklärte der Arzt. Giselle nickte, als verstünde sie. Über solche Dinge hatte sie nie etwas gelernt. Sie atmete tief ein.

"Was noch? Was sagen die anderen Ergebnisse?"

Falls er ihre Reaktion befremdlich fand, ließ sich Doctor Forlin nichts anmerken. Er schielte wieder auf sein Datapad. Für Giselle war es einfacher, sich auf die wesentlichen Dingen und auf die Fakten zu konzentrieren, statt sich mit dem Strudel an Emotionen auseinander zu setzen, der sich in ihr bildete.

"Organisch ist alles bestens, Ihre Blutzuckerwerte sind auch in Ordnung. Sie haben erheblichen Eisenmangel, den Sie in den Griff bekommen sollten. Dieser könnte auch für Ihre andauernde Müdigkeit verantwortlich sein, die allerdings ebenso eine normale Begleiterscheinung der Schwangerschaft ist."

"Eisenmangel? Ist das schlimm? Was muss ich tun um das in den Griff zu bekommen?"

"In erster Linie eine ausgewogene Ernährung beachten. Ich werde Ihnen zusätzlich für ein Präparat verschreiben. Miss Givenchy, darf ich offen sprechen?"

Der Arzt legte das Datapad bei Seite und schlug die Beine übereinander. Er hatte sich leicht vor gebeugt und wartete auf Giselles Bestätigung.

"Bitte."

Forderte sie ihn auf. Die Augen des Arztes bohrten sich in ihren Blick.

"Sie sind extrem unterernährt."

Feuerte er die Wahrheit mit brutaler Kraft auf Giselle ab.

"Bei Ihrer Körpergröße von... wie groß sind Sie? 1,70 m? 1,75 m? Bei Ihrer Größe sollten Sie mindestens ein gesundes Gewicht von 60 kg halten. Mindestens! Davon sind Sie Welten entfernt. In Ihrem jetzigen Zustand fürchte ich, ist die Gefahr sehr groß, das Kind zu verlieren."

Alles Blut wich aus Giselles Wangen. Das Geschoss hatte sie mit der Zielgenauigkeit eines Blasterkarabiners getroffen. Der Einschuss war genau in ihre Brust gegangen, mitten hinein in ihr Herz. Egal wie kompliziert ihr Leben werden würde, egal wie fordernd, sie durfte dieses Kind nicht verlieren! Ihre Hände hatten sich selbstständig gemacht, legten sich schützend auf ihren Bauch, dort wo noch nichts zu spüren war. Sie würde alles tun, alles was nötig war, um ihr Kind zu schützen.

"Vereinbaren Sie einen Termin bei dem Gynäkologen Ihres Vertrauens."

Doctor Forlin erhob sich und begann seine Tasche zu packen.

"Ich bin nicht direkt vom Fach, doch ihre andauernde Übelkeit sollte sich bald von selbst erledigen. Essen Sie dreimal täglich, gesund und ausgewogen."

Giselle nickte bestätigend.

"Ich... hätte nie gedacht, dass es so schlimm ist, mit der Übelkeit."

Sagte sie zweifelnd. Sie wusste so wenig darüber. Niemand hatte ihr solche Dinge erzählt. Die Frauen in ihrem Clan nicht, weil Giselle zu jung und außerdem als Beschwörerin der Vahl nie dazu bestimmt gewesen war, Mutter zu werden, und auch später war dies nie ein Thema gewesen. In ihrem ganzen Leben als Erwachsene hatte Giselle keine Frau gekannt, die ein Kind erwartete. Auf Alderaan waren sie alle junge Mädchen gewesen, die ihren ganzen Fokus auf ihre Tanzausbildung hatten legen müssen. Später hatte Giselle nie wieder wirklich enge Freundinnen gehabt.

"Keine zwei Schwangerschaften sind gleich und der Begriff Morgenübelkeit ist durchaus irreführend."

Doctor Forlin lächelte milde.

"Bei unserem Erstgeborenen war meine Frau das blühende Leben. Ein Jahr später war sie mit unserer Tochter schwanger und konnte in den ersten Wochen so gut wie gar nichts bei sich behalten. Mittags und abends war es besonders schlimm. Haben Sie Geduld und achten Sie auf sich."

"Das werde ich, versprochen."

Feuchtigkeit hatte sich in Giselles Augen geschlichen. Sie erwartete ein Kind! Es war das größte, fantastischste Wunder dieser Galaxis. Es war ein Geschenk. Sie wünschte nur, die Umstände wären anders, dass ihr Kind einen Vater hätte und Giselle einen Mann, der sich um sie kümmerte. Sie aber hatte nur Exodus und der liebte sie nicht.

"Doctor, Sie unterliegen einer Schweigepflicht, nicht wahr?"

Der Gedanke kam ihr plötzlich. Einen langen Moment blickte der Arzt sie schweigend an und Giselle konnte sehen, welche Fragen er sich selbst in seinem Kopf stellte. Schließlich aber nickte er und kurz darauf war Giselle wieder allein. Sie legte den Kopf zurück, schloss die Augen und konnte ihre Tränen nicht länger zurück halten.

- Coruscant – City – Wingston Tower – Gästezimmer –
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse ]

Seine Finger trommelten unruhig auf der Arbeitsfläche der Küche. Das Wasserglas war längst zwei Mal geleert und die Frucht verspeist. Großen Appetit verspürte er nicht, also beließ er es bei diesem mageren Frühstück. Exodus hasste es zu warten – doch heute war er auch froh um jede Minute, die ihm vor dem Unvermeidlichen blieb. Je länger er auf dem Barhocker saß, reglos, atemlos, doch mit rasenden Gedanken, desto sicherer wurde er, dass es schlimm werden würde. Doctor Forlin würde mit ernstem Gesicht aus dem Zimmer treten, zu Boden blicken und den Kopf schütteln. Dann würde er Exodus die Hand auf den Rücken legen und seine vernichtende Prognose äußern. Und danach müsste sich der ehemalige Sith einmal mehr in seinem Leben mit all den Fehlern konfrontieren, die er so leichtfertig begangen hatte. Das Drängen, sein Drohen, das Manipulieren. Einzig, was konnte er für die Anziehungskraft, die Giselle in ihm auslöste, für diesen magischen, verbotenen, dunklen Kern, den sie in sich trug? Ein Teil von ihm wollte sie auch jetzt – obwohl sie blass und krank im Gästezimmer lag – wollte sie niemals wieder hergeben, wollte alles tun, um sie zu bekommen. Doch diesen Teil hatte er zu lange über seine Handlungen bestimmen lassen und nun würde er die Quittung dafür bekommen. Ein weiterer Punkt auf der langen Liste von Exodus Wingstons Fehlern.
Die Nervosität machte es schwer ruhig sitzen zu bleiben und so tigerte Exodus zum Wohnbereich. Nach einigen Runden um den Wohnzimmertisch ließ er sich auf die Couch fallen, konnte dann doch nicht entspannt sitzen bleiben und zog sich wieder auf seinen Hocker zurück. Gut, dass ihn niemand so sah. Zwar hatte er sich noch angezogen, bevor Forlin gekommen war, einen souveränen Anblick bot er mit seinem nervös wippenden Bein, den zerzausten Haaren und den Bartstoppeln aber nicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit vernahm er Geräusche aus seinen Privaträumlichkeiten. Doctor Forlin verließ allein, ohne Giselle, das Gästezimmer und trat seinen Rückweg durch den großzügigen Wohnraum an. Exodus rutschte von seinem Hocker und knetete unruhig seine Hände. Seine Galgenfrist war beendet. Mit großen Schritten ging er auf den Arzt zu, der bei seinem Anblick stehen blieb.


„Und?“

fragte Exodus mit einem kläglichen Krächzen und räusperte sich. Die Gesichtszüge des Arztes waren unlesbar. Er sah nicht besonders glücklich aus, aber echte Sorgenfalten standen ebenfalls nicht auf seine Stirn.

„Also …“

„Ja?“

Jetzt war es Forlin sich zu räuspern.

„Sie sind mit dem Konzept der ärztlichen Schweigepflicht vertraut?

Exodus kniff die Augen zusammen und mahlte mit dem Unterkiefer, ehe er gedehnt antwortete:

„Jaaah.“

Der Arzt lächelte milde.

„Ich kann daher leider nicht ins Detail gehen. Aber machen sie sich keine Sorgen.“

Etwas an seinem Gesichtsausdruck verriet Exodus, dass nicht alles gut war. Er schluckte unsicher, während seine Augen zur Tür seines Privatbereichs wanderten, in dem sich Giselle noch immer befand. Wenn er sich keine Sorgen machen musste, wieso war sie dann noch nicht auf den Beinen, wieso stand nur der Doktor hier, wieso sagte er nichts? Es gab etwas zu verschweigen, also konnte doch gar nicht alles in Ordnung sein!

„Miss Givenchy braucht Ruhe.“

erklärte Forlin, der Exodus‘ Seitenblick bemerkt hatte. Dann streckte er dem Geschäftsmann die Hand entgegen, bereit zum Abschied, ohne Erklärung, ohne Ratschlag, ohne irgendetwas, mit dem Exodus' Sorgen um Giselle ernsthaft beruhigt worden wären.

„Auf Wiedersehen.“

Exodus ergriff die angebotene Hand perplex, obwohl er noch tausend Fragen gehabt hätte, die der Arzt nicht bereit war zu beantworten. Ärztliche Schweigepflicht! Giselle war gestern Abend zusammen gebrochen und heute Morgen erneut kurz davor gewesen, und Forlin erzählte ihm was von der Schweigepflicht! Hätte er den Mann nicht so sehr respektiert, hätte er seinem Unmut ordentlich Luft gemacht. Doch so konnte er den Abschiedsgruß nur zerknirscht erwidern.

„Auf Wiedersehen. Und danke, dass sie gekommen sind.“

„Gern geschehen.“

Der Arzt nickte ihm noch einmal zu, ohne jedoch das strahlende Lächeln zu zeigen, das Exodus normalerweise zu sehen bekam und verließ schließlich das Penthouse. Exodus ließ die Schultern sinken und stierte unzufrieden auf den Boden. Was war hier gerade passiert?! Der Arzt war gekommen, hatte sich eine ganze Weile mit Giselle beschäftigt und konnte nun nichts konkretes zu ihrem Zustand sagen? Ein Zustand, der laut eigener Aussage nicht ganz so bedrohlich war, aber trotzdem schlimm genug um verschwiegen zu werden? Exodus drückte den Rücken durch und kratzte sich ratlos am Kopf. Dann schloss er mit großen Schritten zum Gästezimmer auf, wo er sich zunächst zwang seinen Puls zu beruhigen. Giselle brauchte Ruhe, hatte Forlin gesagt. Statt die Tür selbst zu öffnen und die Information, die ihm vorenthalten worden war, einfach zu verlangen, ließ er ein höfliches Klopfen folgen.

„Giselle? Ist alles in Ordnung bei dir?“

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse ]
 
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[Coruscant | Untere Ebenen | Ebene 1138 | Straße] CS-410, zwei Verdächtige

Voller Spannung wartete Darkey auf die Ankunft seines Vorgesetzten. Noch immer freute er sich über seine erste Verhaftung, doch allein würde er es nicht schaffen, beide Verdächtigen mitzunehmen. Dort lag wohl ein Nachteil gegenüber anderen Lebewesen oder Droiden mit Gliedmaßen. Aber solange er die beiden festhalten konnte, bis Operative Huntz kam, war ja alles in Ordnung.

Moment! Dem Droiden fiel schlagartig ein, dass er die beiden Flüchtigen gar nicht wirklich fluchtunfähig gemacht hatte, er hatte sie lediglich kurz aufgehalten! Bei dem einen Menschen, der scheinbar bewusstlos am Boden lag, erübrigte sich das, aber dem anderen ging es sicher noch blendend. Doch gerade, als Darkey sich rasch herumdrehte, um dieses Versäumnis nachzuholen und ein paar nicht-tödliche Blasterladungen abzufeuern, traf etwas hartes, metallisches mit hoher Geschwindigkeit seine Hülle, und begleitet von einem schrillen Piepen seiner Alarmsysteme stürzte der Droide ab und prallte auf den Boden.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis CS-410 sich wieder berappelt und mit einem wütenden Summen wieder in die Luft begeben hatte, doch diese Zeit hatte der Mann genutzt, um sich durch die Menschenmenge zu kämpfen und die Flucht zu ergreifen, ungeachtet seiner noch immer reglos daliegenden Komplizin. Wie ärgerlich! Dass ihm ausgerechnet jetzt so ein dämlicher Fehler passieren musste! Wahrscheinlich durfte er sich gleich etwas von Nek Huntz anhören, der gerade auf ihn zugerannt kam.

Doch stattdessen blickte der Trandoshaner dem Flüchtenden nur kurz kopfschüttelnd hinterher und fragte dann, ob Darkey irgendwelche Schäden erlitten hatte. Dieser prüfte kurz alle seine Systeme durch und sagte dann

"Nein, alles in bester Ordnung. So schnell bekommt man mich nicht kaputt."

Für den Operative schien die Sache damit erledigt, denn er nickte kurz und erkundigte sich, ob er denn auch als Verhördroide geeignet wäre.
Diese Frage überraschte Darkey vorerst. Doch nach kurzem Überlegen kam er auch zu dem Schluss, dass es nur logisch wäre, die Frau zu verhören, um den Standort ihrer Mitverschwörer herauszufinden. Er überlegte. Vom Aussehen her unterschieden sich Verhör- und Spionagedroiden nur unwesentlich, jedoch waren letztere mit allerlei fiesen Geräten und Werkzeugen ausgestattet, um die Wahrheit aus jedem noch so widerstandsfähigen Verdächtigen herauszukitzeln.

So ein Droide war er zwar nicht, jedoch konnte er seinen eingebauten Blaster beispielsweise auch als Elektroschock-Pistole benutzen. Außerdem würde vielleicht die bloße Androhung von Gewalt einen Gegenüber kooperativer stimmen. Und ein Droide, der sowieso die Fähigkeit hatte, keinerlei Gemütsregung zu zeigen, würde vielleicht auch einschüchternd wirken.
Daher antwortete Darkey


"Naja, ich habe zwar noch nie jemanden verhören müssen, aber ich denke, das würde ich hinbekommen."

und hoffte, diese Antwort würde den Operative zufriedenstellen. Er hatte das Gefühl, er hatte etwas vom Respekt seines Vorgesetzten verloren, weil er so einen dummen Fehler gemacht hatte.
Sofern vorher überhaupt Respekt vorhanden war, fügte CS-410 seinen Gedanken hinzu.


Jedenfalls mussten sie jetzt erst einmal auf einen Transport zum Hauptquartier warten. Währenddessen ließ Darkey den Blick nicht von der am Boden Liegenden, bereit, im Notfall ganze Salven von Betäubungsstrahlen auf sie abzuschießen, damit die einzige Spur, die sie jetzt hatten, nicht auch noch entwischte.

[Coruscant | Untere Ebenen | Ebene 1138 | Straße] CS-410, eine Verdächtige, Senior Operative Nek Huntz

 
- Coruscant – City – Wingston Tower – Gästezimmer –

Bis Exodus an die Tür klopfte, verging nicht viel Zeit. Giselle fuhr im Bett hoch, wie von einem gemeinen Insekt gestochen.

"Einen Moment, bitte!"

Sie stützte sich auf einen Ellbogen, ihre Wangen waren tränennass. Mit einem Zipfel der Bettdecke wischte sie sich über das Gesicht.
Wenn sie gestern Abend noch halbwegs präsentabel ausgesehen hatte, so musste sie jetzt wie ein Wrack wirken. Und warum auch nicht? Sie war ein Wrack. Sie war schwanger, körperlich angeschlagen und hatte weder Geld noch eine feste Wohnung. Sie hatte praktisch nichts, und doch besaß sie alles. Dieses ungeborene Kind, der namenlose Embryo, bedeutete bereits jetzt die Welt für sie.


"Komm rein."

Bat sie durch die geschlossene Tür. Sie hatte sich das Kopfkissen in den Rücken gestopft und sich halb aufgerichtet. Unter der Decke zu sitzen gab ihr das Gefühl, einen Schutzwall um sich herum zu haben. Doch brauchte sie Schutz, vor Exodus? Er war wie ein Fremder, als er den Raum betrat, nur für einen Moment, und das nicht etwa weil er anders ausgesehen hätte. Giselle sah ihn zum ersten Mal mit Augen, die nicht ihre eigenen waren, in jener ersten Sekunde als er die Tür öffnete. Er war der Vater ihres Kindes. Tief in ihr drin drohten ihre Gefühle sie zu zerreißen. Sie war kurz davor, erneut zu weinen.

"Hallo."

Und trotz allem schaffte sie es, zu lächeln - gequält, traurig, tapfer, doch es war ein Lächeln. Wie sehr sie diesen Mann liebte...

"Danke, dass du den Arzt hast kommen lassen. Es geht mir etwas besser."

Sie wusste nicht, woher die Worte kamen. Es überraschte Giselle selbst, wie vernünftig und klar sie sprechen konnte - noch.

"Ich habe eine Bitte."

Egal wie sie es formulieren würde, es würde immer ein Hilferuf sein. Vielleicht konnte sie es anders ausdrücken, doch der Sinn würde der gleiche bleiben und Exodus war klug genug, genau das zu erkennen. Giselle konnte nicht länger davon laufen, sie brauchte seine Hilfe, ob sie wollte oder nicht. Es ging nicht mehr nur um sie. Eines stand fest, sie konnte nicht zurück zu Shak. Sie war in keiner Verfassung in der Bar zu tanzen und die Bleibe, die sie dort kurzzeitig gefunden hatte, war nicht der richtige Ort für eine werdende Mutter, erst recht nicht so schwach und labil wie Giselle es war. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als der Wahrheit, die Doctor Forlin ihr vor die Füße gelegt hatte, ins Auge zu sehen. Sie musste auf sich aufpassen, wieder zu Kräften kommen und dazu war sie auf Exodus angewiesen.

"Kann ich für eine Weile hier bleiben?"

Ihre Finger malten das zarte Muster der Bettdecke nach.

"Ich weiss, ich habe gesagt, ich wollte so schnell wie möglich wieder weg, aber..."

Ihre Stimme verließ sie, Giselle holte tief Luft und ihr Atem begann zu zittern. Sie trug sein Kind in sich, Exodus' Kind! Es war genau das, das sie sich für eine mögliche Zukunft mit ihm ausgemalt hätte, nur dass diese mögliche Variante längst nicht mehr existierte. Wie perfekt hätte ihr Leben sein können, wären sie nur diesen einen anderen Weg gegangen? Giselle verdeckte ihr Gesicht mit einer Hand, wollte nicht, dass er sie so sah und fühlte sich mit einem Mal nackt, als wäre die unsichtbare Mauer um sie herum in sich zerfallen.

"Nur so lange bis ich etwas anderes gefunden habe. Bis ich wieder auf die Beine komme."

Sie atmete tief ein und aus. Dann hob sie den Blick.

"Und da ist noch etwas."

Sie sah Exodus an. Es führte kein Weg daran vorbei, es ihm zu sagen, doch dafür würde sie allen Mut benötigen, den sie aufbringen konnte.

- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse - Gästezimmer ]

Giselle ließ ihn nicht lange warten. Zwar bat sie um einen Moment Zeit, rief ihn schließlich aber herein. Es war nicht unbedingt das, was Exodus erwartet hatte. Nach ihrem bisherigen Verhalten ihm gegenüber wäre ebenfalls denkbar gewesen, dass sie ihm nur ein kurzes „Alles in Ordnung“ durch die Tür zurief und ihn wieder wegschickte. Stattdessen beantwortete sie seine Frage überhaupt nicht, weder positiv noch negativ. Exodus konnte nicht sagen, ob das gut war.
Es fiel ihm schwer, die Situation überhaupt irgendwie einzuschätzen. Nach dem Besuch von Doctor Forlin und mit der Art, wie die Vahla im Bett saß, bekam das Gästezimmer plötzlich einen Hauch von Krankenzimmer. Giselle sah nicht gut aus, in Exodus‘ Augen auch nicht unbedingt besser als noch vor einer Stunde. Doch sie behauptete, genau wie Doctor Forlin mit seiner Entwarnung, das Gegenteil. Gleichzeitig wirkte sie … verändert, auch wenn er nicht sagen konnte, in welcher Hinsicht. Vielleicht war es das sanfte Lächeln, das sie ihm schenkte, vielleicht die Nachdenklichkeit mit der sie ihr Finger über das Muster der Bettdecke kreisen ließ, oder die Tatsache, dass sie sich erneut für seine Hilfe bedankte. Konnte er ihr wirklich glauben, dass es ihr besser ging? Forlin und Giselle schienen sich in dieser Hinsicht einig, obwohl ihm niemand sagte, was eigentlich los war.


„Das freut mich.“

murmelte er und erwiderte ihr Lächeln. Wie er das vermisst hatte! Seit dem schicksalhaften Alateen-Empfang hatten sie sich nicht wieder lächelnd angesehen. Auch vorher hatten sie gestritten, schon auf Fingers Mark waren sie sich nicht immer einig gewesen. Doch bis zu einem Lächeln war es nie weit gewesen, irgendwie hatten sie immer wieder Situationen geschaffen, in denen sie dem anderen ein Schmunzeln hatten entlocken können. Nach ihrem Zerwürfnis war ihm das schon fast wie eine Unmöglichkeit vorgekommen. Zu seiner eigenen Überraschung schwand sein Lächeln allerdings schnell, als Giselle ihm eine Bitte vortrug: Sie wollte bleiben. Exodus blinzelte verwirrt, ehe er antworten konnte. Sie wollte bleiben? Nachdem er sie so sehr versucht hatte, sie dazu zu bewegen, den Wingston Tower – und damit ihn – nicht zu verlassen, hatte er sich am gestrigen Abend endlich damit abgefunden, dass er die Vahla nicht zwanghaft an sich binden konnte. Und jetzt wollte sie bleiben. Jetzt. Wieso jetzt?

„Also … na klar. Du kannst solange bleiben, wie du möchtest.“

Es gelang ihm in seiner Überraschung nicht, ein Lächeln aufzusetzen. Es war ein Sieg, das wusste er, und trotzdem fühlte es sich nicht so an. Es konnte sich gar nicht so anfühlen, nicht wegen des Gedankens an seinen Vater, der ganz sicher nicht begeistert davon wäre – sondern wegen Giselle selbst. Wenn er betrachtete wie sie dort lag, noch immer blass, vermutlich krank, und mit einer Aura von Traurigkeit, dann konnte es kein Sieg sein. Sie gestand ein, bis vor kurzem noch andere Pläne verfolgt zu haben – nämlich so schnell wie möglich zu verschwinden – doch nun wollte sie sich die Zeit nehmen, wieder auf die Beine zu kommen. Er sollte sich keine Sorgen machen, es ging ihr besser, das hatten Doctor Forlin und Giselle beide gesagt. Aber wieso musste sie dann hier bleiben? Und wieso wurde er das Gefühl nicht los, dass sie trotz des schwachen Lächelns nicht glücklich darüber war? Innerlich schüttelte er den Kopf über sich selbst. Das war doch verrückt! Er bekam was er wollte, sein Plan war aufgegangen – er sollte sich freuen, statt darüber nachzugrübeln. Doch bevor er es schaffen konnte, die trüben Gedanken zu vertreiben, ergriff Giselle wieder das Wort. Es gab da noch etwas, sagte sie. Es gab noch etwas.

„Ja?“

Exodus straffte die Schultern und spürte aufkommende Nervosität. Es ging ihr besser, er musste sich keine Sorgen machen, hatten sie gesagt. Doch er glaubte es nicht. Er machte sich verdammt nochmal Sorgen! Sein Blick traf Giselles und für einen Augenblick hielt die Zeit an. Was hatte der Arzt ihr gesagt? Was hatte sich verändert?

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse - Gästezimmer ]
 
[Coruscant System | in der Nähe von Muscave | KG "Jela" | LTK "Massive" | Deck 2 | Konferenzraum eins] Cpt. Bru-Th Agoch


Während Bru-Th eiligen Schrittes und in höchstem Maße entschlossen, diesen Twi'lek zur Rede zu stellen, seine Brücke verließ, drang noch so eben eine Nachricht von der Prometheus an sein Ohr, die inhaltlich besagte, dass man mit dem Ausschwärmen der Abfangeinheiten, also der A-Wing und E-Wings, beginnen solle. Einen zähen Augenblick lang verharrte der hochgewachsene Jedi Meister in der Tür, unschlüssig, ob er die so eilends abgegebene Führung des Schiffes im Kontext der beginnenden Militäroperation wieder an sich reißen sollte oder nicht. Er vertraute Lt. Cmdr. Saris, doch ihn ließ das Gefühl nicht unbehelligt, dass es seine amtsmäßige Pflicht war, in einem wegweisenden Moment die Brücke nicht zu verlassen. Und doch ging Bru-Th.

"Schalten Sie den Cresh-Zerhacker in die Leitung, Lt. Hemor, dann instruieren Sie den Major, dass er grünes Licht hat, Operation 'Einauge' zu starten. Mr Tuum, öffnen Sie die Hangartore eins und zwei und bereiten Sie die Bugschilde zum Ausschleusen von Raumjägern vor",

hörte er die rothaarige XO bestimmt anordnend, dann schloss sich die Drucktür und damit legten sich seine Zweifel vollends. Bru-Th gestattete sich einen lautlosen Seufzer und strich sich durch das leicht feuchte Haar. Er spürte, dass Saris ebenso zuversichtlich, wie entschlossen war, ihre Aufgabe nach bestem Können anzugehen, was konnte er mehr wollen. Der einzige Turbolift, der die verhältnismäßig kleine Brücke der Massive ansteuerte, beförderte ihn ohne Umschweife nach Deck zwei. Leicht humpelnd betrat er den kleineren der beiden Konferenzräume und erklärte dem ihn eskortierenden Marineinfanteristen knapp, dass er vor der Tür Stellung beziehen solle. Bru-Th hatte in der Zwischenzeit aufgegeben, sich der Streitkräftetradition, in Krisenzeiten den Kommandanten mit einer Leibwache zu schützen, entziehen zu können. Er hatte angebracht, dass er als Jedi Meister sich durchaus zu wehren wisse und ohnehin stets bewaffnet sei, doch Lt. Tuum schien in dieser Hinsicht ein außerordentliches Maß an Starrsinn zu besitzen, und zu Bru-Ths Leidwesen auch profunde Kenntnisse des Flottenrechts.

Der Konferenzraum eins war funktional eingerichtet und bot im Allgemeinen Platz für acht Personen, meist Offiziere, die sich in dem für Kriegsschiffe weitläufigen Raum um einen rundlichen Tisch drapieren konnten, in dessen Mitte ein republikanischer Holoprojektor Mark IV im Standby-Betrieb wartete. Ohne sich weiter vorzubereiten, trat der blondhaarige Captain in den Empfangsbereich des Gerätes und forderte es mit einer unscheinbaren Bewegung seiner rechten Hand auf, sein Holobild aufzuzeichnen und in Echtzeit hinüber zum MC90 Prometheus zu senden. Dann wartete Bru-Th, das Kreuz durchgedrückt, die Miene ernst.


"Sir, das ist richtig",

entgegnete er knapp und salutierte, während vor ihm auf dem Holotisch jener grünhäutige Twi'lek beinahe lebensgroß projiziert wurde, der noch vor kurzem als Beobachter außerhalb der Befehlskette auf der Massive fungiert hatte. Die Flapsigkeit der Begrüßung nährte den Wunsch in Bru-Th, Commodore Ven mit seiner Unzufriedenheit in Bezug auf dessen Informationspolitik direkt und schonungslos zu konfrontieren. Die bereits ernste Miene gewann an Schärfe und es lag eine Spur Bitterkeit in seiner Stimme, als er nichts desto trotz beherrscht meinte:

"Ich störe Sie nur ungern, Commodore, doch um ehrlich zu sein, ist es meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie mir entscheidende Informationen vorenthalten. Informationen, die ich für das Führen meines Schiffes und darüber hinaus benötige."

Einen kurzen Moment ließ er seinen Panzer aus Selbstsicherheit fallen und man sah, wie Bru-Ths Zähne unter der Fassade mahlten.

"Gut, die Massive soll Abfangeinheiten starten und tut dies auch, wie befohlen, doch wie genau sehen die Einsatzparameter aus, welches Vorgehen ist geplant, und so weiter." Der große Mann hob fragend die Arme und zog seine Augenbrauen nach oben. "Sie lassen mich auflaufen, Commodore",

stellte Bru-Th mit dem nötigen Respekt nüchtern fest und öffnete wieder den Mund, um seiner Beschwerde noch einige Punkte hinzuzufügen, doch brachte er sie nicht heraus, und so schloss er ihn wieder, wohl wissend, dass er sich zügeln musste, immerhin stand er einem höherrangigen Offizier gegenüber, und sogar einem, dem er vermutlich ein Dorn im Auge war. Die Frage, "Ist es, weil ich ein Jedi bin?", lag dem padawanlosen Meister quälend lang auf der Zunge, doch Ven mit einem derartigen Vorwurf zu konfrontieren, der deutliche Züge einer nicht zu haltenden Unterstellung enthielt, grenzte an Insubordination, und dennoch. Hinter seiner professionellen Maske ärgerte er sich, war er doch nicht nur irgendein Captain, sondern ein erfahrener Jedi Meister und falls Navara Ven ihn dazu zwang, würde er ihm dies sehr deutlich machen. Es gab Zeiten, dachte Bru-Th, da genügte seitens eines Jedi Meisters nur eine Andeutung, und man tat, warum man gebeten wurde. ... Er musste wissen, wie sich der Commodore die Operation vorstellte, und zwar jetzt.


[Coruscant System | in der Nähe von Muscave | KG "Jela" | LTK "Massive" | Deck 2 | Konferenzraum eins] Cpt. Bru-Th Agoch


 
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- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus –

Mit jeder verstreichenden Sekunde wurde Giselle nervöser, und die Luft im Raum dünner. Exodus sah sie an, erwartungsvoll. Er hatte ihr zugesagt, dass sie bleiben konnte und damit die erste große Last von ihren Schultern genommen. Das Schwierigste stand ihr jedoch noch bevor. Im Vergleich dazu war es ein leichtes gewesen, ihren eigenen Stolz hintenan zu stelle und ihn um Hilfe zu bitten. Unruhig legte sie ihre Hände zusammen, löste sie wieder voneinander. Wie sollte sie es ihm am besten sagen? Wie fand sie die richtigen Worte? Sie versuchte, sich Exodus‘ Reaktion vorzustellen, zu erraten was er tun würde. Es war nicht schwierig. Doch welche Konsequenzen zog sie daraus? Giselle schluckte ihre Angst hinunter, öffnete den Mund.

“Ich…“

Sie musste es ihm sagen. Sie musste. Er war der Vater. Er hatte ein Recht darauf, es zu wissen! Giselles Augen füllten sich mit Tränen. Sie konnte es nicht. Exodus zu sagen, dass sie ein Kind von ihm erwartete, wäre das Schwierigste gewesen, das sie sich vorstellen konnte. Es nicht zu tun, war es ebenso. Er starrte sie an und musste sich fragen, was zur Hölle sie ihm erzählen wollte, warum sie so lange brauchte und warum sie nicht einfach mit der Sprache herausrückte. Ungeduld flackerte in seinen Augen. Giselles Gesichtsausdruck war leer. Sie musste etwas sagen, irgendetwas…

“Ich… habe mir etwas eingefangen. Eine Infektion.“

Stammelte sie das erste, das ihr einfiel. Schwach deutete ihre rechte Hand nach unten. Es war eine Lüge, ein dreister, verzweifelter Versuch, ihr Geheimnis zu wahren und ihr Kind zu schützen. Giselles Herz brach, für Exodus, aber auch für sich selbst. Sollte er erfahren, dass sie ein Kind von ihm erwartete, er würde alles dafür tun, sie beide zu halten, mehr noch als zuvor. Er würde sie niemals wieder gehen lassen und niemals akzeptieren, dass sie ihr Kind ohne ihn großziehen wollte, denn genau das musste Giselle tun, wurde ihr in diesem Augenblick klar. Sie konnte nicht bei ihm bleiben. Mit einem Mann, der sie nicht liebte, war es ihr unmöglich eine Familie gründen. Was hätte sie bei ihm, außer Luxus und Annehmlichkeiten? Exodus würde sie zu seiner Mätresse machen wollen, sie weiter an sich binden und erwarten, dass sie ihm dankbar war. Er würde sie belehren, wenn sie etwas falsch machte, sie tadeln, wenn er nicht seinen Willen bekam. Das hatte er schon zuvor getan. Exodus Wingston wollte sie nicht lieben, er wollte sie besitzen, schon die ganze Zeit. Es war das erste Mal, dass Giselle dies realisierte. Die Erkenntnis hinterließ einen schalen Geschmack auf ihrer Zunge.

“Vermutlich habe ich es auf einer öffentlichen Toilette bekommen, in Shaks Bar oder sonst wo.“

Sie wich seinem Blick aus, ließ ihren eigenen im Raum umher irren. Wie ein Tier auf der Flucht.

“Aber es kann sein, dass ich es auch vorher schon hatte. Ich weiss es nicht. Es ist möglich, dass du...“

Sie gestikulierte mit einer Hand, hoffte für einen Moment, dass sie es nicht aussprechen musste, doch es würde echter wirken, wenn sie es tat. Die Situation war unangenehm, auch wenn sie lediglich erfunden war. Doch das wusste er nicht.

“Wir haben miteinander geschlafen. Du könntest dich bei mir angesteckt haben.“

Sagte sie berechnend.

“Es wäre besser, wenn du dich untersuchen lassen würdest, nur für alle Fälle.“

Sein Arzt würde nichts finden, doch das würde nur bedeuten, dass Exodus gesund war. Es war eine Tarnung für die Wahrheit, die sie ihm im entscheidenden Moment doch nicht hatte offenbaren können, eine Ausrede für etwas, das sie erst angekündigt und dann doch verschwiegen hatte. Irgendetwas hatte sie ihm sagen müssen, oder er wäre misstrauisch geworden. Giselle wandte den Blick wieder von ihm ab. Mit etwas Glück würde er glauben, sie könne ihn nicht ansehen, weil sie sich schämte und in gewisser Weise stimmte das sogar. Sie fühlte sich schlecht, weil sie ihn belügen musste. Hieß es nicht, dass man immer eine Wahl hatte? Sie glaubte sich zu erinnern, dass sie Exodus einmal etwas ganz ähnliches gesagt hatte, aber vielleicht hatte sie ja auch Unrecht gehabt. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihre mögliche Zukunft mit ihm, nicht die, die sie sich wünschte, sondern die, die sie fürchtete. Sie sah sich und das Kind auf Coruscant, Jahr um Jahr in dieser Stadt aus Beton und Metall. Es war kein Ort für das Volk der Vahla. So lange Exodus hier lebte und arbeitete, würde er sie zwingen hier zu bleiben, hier in seiner Heimat zwischen Abgasen und Lärm, die er liebte und die Giselle so sehr hasste. Das konnte sie nicht zulassen. Giselle Givenchy war frei und so war das neue Leben, das unter ihrem Herzen wuchs.

- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus –
 
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Eine Infektion. Exodus verlagerte sein Gewicht unschlüssig vom einen auf das andere Bein. Eine Infektion konnte vieles bedeuten. Eine Infektion konnte lebensgefährlich sein – oder nach wenigen Tagen ausgestanden. Er versuchte ruhig zu bleiben und setzte sich deshalb auf den freien Stuhl an der Wand, während Giselle weitererzählte. Eine öffentliche Toilette war vielleicht der Ursprung dieser Infektion gewesen, erklärte sie. Vielleicht bei Shak. Vielleicht auch vorher schon. Sie hatten miteinander … geschlafen. Exodus machte große Augen und lehnte sich auf dem Stuhl nach vorne. Er könnte sich angesteckt haben?!

„Aber ich habe keine Symptome!“

widersprach er ihr, etwas zu vehement. Sprach sie da wirklich von einer Geschlechtskrankheit? Mit der rechten Hand umklammerte er Halt suchend die vordere Seite der Tischplatte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt!

„Was genau ist das für eine Infektion?“

bohrte er jetzt und sorgte sich für den Moment mindestens so sehr um sich selbst wie um Giselle. Obwohl er bloß ein T-Shirt trug, wurde ihm heiß.

„Wie gefährlich ist das?“

Im Grunde lag die Antwort auf diese Frage direkt vor ihm, mit blassem Teint und unter einer Decke vergraben. Würde es ihm in den nächsten Tagen genauso ergehen wie Giselle jetzt? Oder erst in ein paar Wochen, brach er dann ganz plötzlich während einer Konferenz oder einer Präsentation zusammen? Er schüttelte den Kopf und sah zu Boden. Noch ging es ihm doch gut. Er fühlte nichts, außer einem leichten Kratzen im Hals und der aufkeimenden Hitze, die vermutlich eine Panikreaktion war.

„Es hilft ja nichts. Ich werde mich untersuchen lassen.“

Am besten direkt heute oder morgen. So schlimm stand es um ihn zwar nicht, vor allem nicht im Vergleich zu seiner ehemaligen Assistentin, aber die Sicherheit brauchte er trotzdem. Jetzt wo er darüber nachdachte, irritierte ihn allerdings, dass Doctor Forlin selbst nichts gesagt, sondern stattdessen auf die ärztliche Schweigepflicht verwiesen hatte. Wenn es nicht nur um Giselle ging, dann hätte er doch ein Recht darauf gehabt, zu erfahren, um was für eine Krankheit es sich handelte! Setzte in solchen Fällen die Schweigepflicht nicht aus? Wieder schüttelte Exodus den Kopf. Es spielte für den Moment keine Rolle. Doctor Forlin hatte gesagt, er solle sich keine Sorgen machen und angesichts seines Wissenstandes musste Exodus davon ausgehen, dass der Arzt ihn damit genauso eingeschlossen hatte wie die Vahla. Der Geschäftsmann atmete durch, immer noch unsicher ob wirklich der Moment zum Durchatmen war. Dann hob er den Blick, sah zu Giselle und konzentrierte sich damit wieder auf die eigentliche Patientin. Er räusperte sich.

„Wie geht es mit dir jetzt weiter? Welche Behandlung hat Doctor Forlin mit dir geplant?“

Exodus musterte Giselle eingängig und versagte doch bei dem Versuch ihre Stimmung einzuschätzen. Im einen Moment wirkten ihre Augen wässrig und sie kurz davor in Tränen auszubrechen, doch im nächsten war sie ganz gefasst. Erst schenkte sie ihm ein schwaches Lächeln, dann wich sie seinem Blick aus. Es kam ihm vor, als wüsste sie selbst nicht, was sie empfinden sollte. Exodus sank in seinem Stuhl nach hinten. Auf Fresia hatte er versucht alle Geheimnisse der Vahla zu entschlüsseln und war zumindest bei einem Rätsel erfolgreich gewesen. Doch ein Teil von Giselle, das spürte er in diesem Moment ganz besonders, würde ihm immer verborgen bleiben.

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse - Gästezimmer ]
 
- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus –

Es wäre zu einfach gewesen, hätte Exodus keine Fragen gehabt. Giselle geriet ins Schwimmen und bereute ihre Lüge sofort. Sie hätte wissen müssen, dass das so leicht nicht funktionierte. Sie konfrontierte Exodus mit der Möglichkeit, dass er sich eine Geschlechtskrankheit zugezogen hatte und erwartete, dass er dies einfach so schluckte? Das war naiv gewesen. Natürlich hatte er Fragen. Jeder bei Verstand hätte die!

“Ich weiß nicht mehr genau, wie die Krankheit heißt… es war ein komplizierter Begriff.“

Rettete sich Giselle zuerst einmal wieder ins halbwegs Trockene. Sie konnte keinen Namen für eine Infektion erfinden, das würde Exodus zu schnell durchschauen. Besser war es, gar nichts zu sagen, denn das konnte zumindest nicht falsch sein. Dennoch merkte sie selbst, dass ihre Erklärung nicht so viel Hand und Fuß hatte, wie sie zunächst gehofft hatte. Einen Weg zurück gab es allerdings nicht. Sie musste das Schiff bis in den Hangar fliegen.

“Die Symptome sind auch nicht offensichtlich.“

Stellte sie klar, als Exodus aufzeigte, dass er bisher keine aufwies. Sie hatte nicht andeuten wollen, dass es ihr so schlecht ging, weil sie eine Infektion im Intimbereich hatte. Sie hatte lediglich eine Lüge gebraucht, die bedeutend genug war um ihre eigentliche Ankündigung zu ersetzen und ihn mit etwas anderem zu beschäftigen. Jetzt fürchtete er vermutlich, dass es ihm bald genau so gehen könnte wie ihr. Das hatte sie so nicht gewollt. Sie hatte ihm keine Angst machen wollen, nur…

“Dass ich hier liege kommt noch von etwas anderem.“

Sie seufzte. Besser als zu lügen wäre gewesen, einfach gar nichts zu sagen, erkannte sie jetzt. Doch dafür war es leider zu spät.

“Ich habe mehrere Sachen: eine Infektion, einen harmlosen Virus, Mangelerscheinungen an Eisen und Vitaminen und ganz allgemein zu wenig Fleisch auf den Knochen. Doctor Forlin hat mir eine ganze Reihe von Dingen erzählt, die ich beachten soll.“

Giselles Stimme klang jetzt eher ungehalten. Sie befand sich im Verteidigungsmodus. Alles, was die Aufmerksamkeit von der Wahrheit ablenkte, war ihr recht. Sie schlug die Bettdecke zurück. Sie fühlte sich jetzt tatsächlich ein wenig besser und hatte auch wieder Hunger. Drei Mahlzeiten täglich, erinnerte sie sich an die Worte des Arztes. Daran würde sie sich halten. Bevor sie irgendetwas anderes machte, würde sie ein Frühstück zu sich nehmen, dann einen Gynäkologen aufsuchen und zu guter Letzt die Präparate besorgen, die Forlin ihr empfohlen hatte. Sie stellte ihre Füße auf den Boden und stand auf, betont langsam, um ihren Kreislauf nicht heraus zu fordern.

“Er hat außerdem gesagt, dass ich einen Facharzt aufsuchen soll und das werde ich gleich tun.“

Jetzt, wo sie stand, fiel ihr auf, dass sie noch immer das schwarze Kleid vorm Vorabend trug, das einzige Kleidungsstück überhaupt, dass sie bei sich hatte. Sie würde also auch bei Shak vorbei fahren müssen, um ihre Sachen zu holen. Sie sah Exodus an.

“Mach dir keine Sorgen.“

Sagte sie, weil sie sich verpflichtet fühlte, ihn irgendwie zu beruhigen. Das war alles nicht so gelaufen, wie sie gedacht hatte. Sie hätte mehr Zeit gebraucht, alles besser zu durchdenken.

“Man kann das behandeln, mit Salben oder Tabletten oder…“

Je weniger sie sagte, desto besser, erinnerte sie sich.

“Wie auch immer.“

Giselle hatte begonnen, in ihre Sandalen zu schlüpfen, entschied sich dann jedoch um. Barfuß zu laufen war angenehmer, so lange sie noch hier im Penthouse war. Wie viel Zeit blieb ihr hier wohl, fragte sie sich. Wie lange konnte sie hier bei Exodus bleiben, bevor man ihrem Körper eine Veränderung ansehen würde oder bevor er misstrauisch wurde, weil sie seiner Einschätzung nach genesen aber noch immer bei ihm war? Würde er es nicht seltsam finden, wenn sie länger als nötig blieb? Es waren noch viele Fragen offen, dachte sie, zu viele.

- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus –
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse – Gästezimmer | mit Giselle ]

„Mach dir keine Sorgen.“ Wieso sagten ihm das immer alle? Wieso durfte er sich keine Sorgen machen, wenn er sich vermutlich eine Geschlechtskrankheit eingefangen hatte und Giselle neben dieser Infektion noch eine ganze Palette an weiteren Gesundheitsproblemen mit sich herumgeschleppte? Für ihn klang das alarmierend und noch mehr, weil die Vahla offenbar wenig Ahnung davon hatte, was für eine Infektion genau sie da befallen hatte – oder wie man siewegbekommen konnte. Mit Salben oder Tabletten, sagte sie, doch das ließ Exodus nur stutzen. War Doctor Forlin wirklich so unfähig, ihr keine genaueren Angaben gemacht zu haben oder hatte sie es sich schlichtweg nicht gemerkt? Er tippte auf letzteres. Giselle schien ein wenig durch den Wind, vermutlich hatte sie einfach nicht genau aufgepasst. Um weder ihr noch dem Arzt direkt die Schuld für diese mangelnden Informationen zuschieben zu müssen, sagte er bloß diplomatisch:

„Okay. Klingt ja seltsam.“

Grübelnd sah er ihr dabei zu, wie sie die Decke zurückschlug. Sie wollte einen Facharzt aufsuchen, hatte sie erklärt, doch Exodus fragte sich, ob sie angesichts ihres ansonsten dünnen Kenntnisstandes zu der Krankheit überhaupt wusste, was für einen Spezialisten sie brauchte. Der Geschäftsmann strich sich über das unrasierte Kinn.

„Soll ich dir helfen? Bei der Suche der Arztes, meine ich.“

Vielleicht würde er auch noch einmal bei Doctor Forlin anrufen müssen. Schweigepflicht hin oder her, was für einen Arzt Giselle aufsuchen musste, das würde er ihr wohl sagen können! Es sei denn, die Vahla konnte über diesen Punkt selbst Auskunft geben.

„Du solltest das alles nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

resümierte er nach ihren Ausführungen. Vielleicht stimmte es und er brauchte sich keine Sorgen machen, weder um sich selbst noch um sie. Aber wie sollte er das verdammt nochmal genau wissen, wenn er keine konkreten Informationen bekam?! Giselle war aufgestanden und machte Anstalten das Gästezimmer zu verlassen. Behutsam erhob er sich ebenfalls und machte einen Schritt auf sie zu. Er hielt es für keine gute Idee, ihren Kreislauf direkt auf so eine harte Probe zu stellen. Vorhin hatte sie kaum gerade stehen können und auch jetzt schien sie noch wacklig auf den Beinen.

„Willst du etwas essen? Ich kann dir auch Frühstück ans Bett bringen.“

Sie sollte sich bloß nicht direkt überanstrengen. Die Farbe kehrte zwar allmählich in ihr Gesicht zurück, aber bei dieser ominösen Krankheit konnte man nicht vorsichtig genug sein. Unglücklicherweise konnte er nicht den ganzen Tag an ihrer Seite verbringen. Früher oder später würde er ins Büro müssen. Coruscant, die Wingston Corporation und deren Kunden standen nicht still, nur weil Giselle Givenchy sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen hatte. Oder Exodus Wingston selbst. Verdammt! Seine eigene Untersuchung würde er ebenfalls noch im Terminkalender unterbringen müssen, auch wenn die Symptome nicht offensichtlich waren, wie Giselle sagte. Aber eins nach dem anderen.

„Ich muss nachher noch ins Büro.“

warnte er sie entsprechend vor, ehe ihm ein weiterer Gedanke kam.

„Meine Halbschwester Miku hat heute ihren freien Tag, du hast sie ja gestern kennengelernt. Gut möglich, dass sie im Penthouse ist. Wenn es ein Problem gibt, kannst du dich an sie wenden – oder kurz auf meinem Komm durchklingeln.“

Exodus straffte die Schultern und musterte Giselle in ihrem schwarzen Kleid, das sie am Abend zuvor noch beim Auftritt in Shaks Bar getragen hatte. Sie würde mittlerweile das starke Bedürfnis haben, sich etwas Frisches anzuziehen. Davon abgesehen, war das Kleid vielleicht nicht das beste Outfit für einen Arztbesuch …

„Ich bin schlecht darin, Kleidergrößen zu schätzen, aber … du wirst von Miku sicherlich auch einige halbwegs passende frische Klamotten bekommen können.“

Abermals kratzte er sich nachdenklich das Kinn. Eventuell waren sogar noch irgendwo alte Kleidungsstücke von Yuna zu finden. Doch die wollte er Giselle nicht unbedingt tragen lassen – und vermutlich wäre auch die Vahla wenig begeistert davon, in ihm die Assoziation seiner Ex-Frau hervorzurufen.

„Aber bis ich weg bin, kümmere ich mich noch um alles. Also … Frühstück? Und dann kann ich dir einen Arzt kontaktieren. Mein Chauffeur kann dich dort hin bringen, ich werde ihm gleich Bescheid sagen.“

Das war das Gute an den oberen Ebenen von Coruscant: Es gab für jedes Problem einen Experten, für jede Aufgabe eine Person, die sie erledigen konnte. Wenn man genügend Credits besaß, konnte man sich sehr viele Stolpersteine des alltäglichen und weniger alltäglichen Lebens aus dem Weg schaffen. In den unteren Ebenen machte man sich mit viel Geld eher noch zur Zielscheibe der kriminellen Banden und Kleingauner. Exodus war froh, dass Giselle nicht mehr dort unten war, auch wenn sie keine Credits besessen hatte. Hier oben, und das hatte seine ehemalige Assistentin indirekt durch ihre Bitte bleiben zu dürfen angedeutet, würde sie genesen können. Und wenn sie wieder fit war, konnte man weitersehen. Bis dahin blieb sie in seiner Obhut – und hatte seine Anwesenheit vielleicht sogar wieder etwas mehr zu schätzen gelernt.

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse – Gästezimmer | mit Giselle ]
 
- Coruscant - City - Wingston Tower - Gästezimmer - Mit Exodus –

Da war sie schon wieder, die Bevormundung. Exodus wollte, dass Giselle die Sache ernst nahm. Er wollte sich um alles kümmern, ihr einen Arzt suchen, ihr Frühstück machen.

"Ich schaffe das schon selbst."

Erwiderte sie, auf nichts bestimmtes bezogen, und meinte alles damit. Man konnte es als nettes Hilfsangebot werten, das er ihr machte und vielleicht war es das sogar, doch Giselle hatte so viel von Exodus erlebt, dass es ihr schwer fiel zu glauben, dass es nur das sein sollte. Er wollte die Kontrolle nicht abgeben, auch wenn es nicht seine zu behalten war. Giselle aber brauchte sie dringend zurück und davon abgesehen fühlte sie sich wirklich in der Lage, sich selbst Frühstück zu machen und sich zu bewegen. Sie ging voraus ins in den Flur und von dort aus in die große, moderne Küche, in der sich zu ihrer Erleichterung niemand anderes aufhielt. Exodus folgte ihr aufmerksam, als befürchtete er, Giselle würde umfallen und er sie auffangen müssen. Sie öffnete die große Kühleinheit und spähte über ihre Schulter zu ihm.

"Dein Chaffeur wäre allerdings eine große Hilfe. Wenn ich ihn für den Tag haben könnte, das wäre sehr nett."

Sagte sie. Die Vorteile überwogen deutlich. Sie konnte das Geld für ein Robotaxi zu sparen und würde es um einiges bequemer haben. Dass der Chauffeur Exodus' Angestellter war und ihm später haarklein berichten würde, wo er Giselle genau hin gebracht hatte, spielte dabei keine Rolle. Nichts davon war ein Geheimnis. Ihre erste Station würde Shaks Bar sein. Giselle wollte keine Kleidung von Exodus' Halbschwester leihen. Sie kannte Miku nicht, wusste nicht auf wessen Seite sie stand. Es war besser, sie genau so zu meiden wie Exodus' Vater. Giselle nahm die erstbesten Dinge aus der Kühleinheit, die sie sah, sie war nicht sonderlich wählerisch, und Exodus zeigte ihr die Schränke, in denen sich noch weitere Lebensmittel befanden, die nicht kühl gelagert werden mussten. Mit etwas Milch, Ceralien und körnigen Samen mischte sich Giselle eine breiige Paste zusammen und schnitt etwas Obst hinein. Sie aß schweigend. Exodus hatte Kaf gemacht und ihnen beiden eine Tasse ausgeschenkt. Giselle nahm das heisse Getränk dankend entgegen, musste jedoch leicht das Gesicht verziehen, als sie davon trank. Der Kaf schmeckte genau so furchtbar wie in Shaks Bar. Der selbe widerliche, metallische Geschmack.

"Oh, heiss."

Bemerkte sie, um ihre Abneigung zu übertünschen und stellte die Tasse wieder ab. Sacht fuhr sie mit ihrer Zunge über ihre Lippen. War das wirklich der Kaf, oder war sie das? Als Exodus sein Komlink in die Hand nahm, vermutlich um seinen Fahrer zu kontaktieren, stand Giselle auf.

"Ich hole kurz meine Schuhe."

Sagte sie und ging zurück ins Gästezimmer, wo ihre Sandalen noch neben dem Bett standen. Als sie zurück kam, aß sie den Rest ihres Frühstücks. Sie fühlte sich gestärkt. Die Übelkeit würde zurück kommen, was das anging brauchte sie sich keine Illusionen zu machen, doch für den Moment fühlte sie sich wieder halbwegs in Ordnung.

- Coruscant - City - Wingston Tower - Küche - Mit Exodus –
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower – Penthouse – Gästezimmer | mit Giselle ]

Ganz so weit waren sie dann also doch noch nicht. Giselle nahm seine Hilfe zwar in Anspruch, wenn es für sie absolut notwendig war, ansonsten aber demonstrierte sie Stärke und Unabhängigkeit. Exodus blieb nichts anderes übrig als ihr hinterher zu trotten, darauf zu achten, dass sie sich nicht übernahm und ihr die Dinge zu erklären, die für sie wichtig wären, wenn sie allein im Penthouse blieb. Giselle gab sich dabei höflich aber distanziert. Er konnte nicht sagen, woher das Gefühl kam, aber während er ihr hinterher lief, wirkte sie plötzlich wieder sehr aktiv und umtriebig. Selbst ihren Kaf schlürfte sie so eifrig, dass sie sich an der heißen Brühe verbrannte. War sie doch aufgekratzter und nervöser wegen der Infektion, als sie ihm bisher hatte Glauben machen wollen? Nein, das war Entschlossenheit. Diese Frau wirkte, als hätte sie einen Plan. Aber da Exodus nicht Teil dieses Plans war, konnte er sich nur zurückziehen und sie machen lassen.

„Ich werde dann jetzt ins Büro gehen.“

erklärte er noch einmal, einfach nur um überhaupt etwas sagen zu können, während er am Tresen in der Küche wartete. Ihr einziger Wunsch war es gewesen, die Dienste seines Chauffeurs für den Tag nutzen zu dürfen. Da er dieses Angebot überhaupt erst gemacht hatte, war es unsinnig es noch einmal zu bestätigen, aber Exodus tat es dennoch.

„Und meinem Chauffeur sage ich Bescheid. Er wird gleich klingeln, du kannst ihm dann einfach aufmachen.“

Und damit war auch schon alles gesagt. Giselle sagte, sie schaffe das schon und Exodus konnte nichts anderes tun als abzuwarten. Wenn sie seine Hilfe brauchte, wäre er da. Ob sie das Angebot sich jederzeit bei ihm melden zu können, nutzen würde, konnte er schwer einschätzen. Sie lehnte seine Hilfe nicht mehr vollkommen ab, das war immerhin ein Fortschritt. Aber ihr Vertrauen hatte er noch nicht zurück erlangt. Nun, wie auch? Erst gestern war seine Spionageaktivität aufgeflogen und die Rettungsaktion von Giselle schien sie zunächst als Entführung eingestuft zu haben.

„Wir sehen uns dann später.“

erklärte Exodus noch und verließ das Penthouse mit dem merkwürdigen Gefühl von Zurückweisung. Giselle war jetzt bei ihm – und dann auch wieder nicht. Zwar hatte sie zunächst den Anschein erweckt, durchaus zu planen länger zu bleiben, aber irgendwie wurde er den Eindruck nicht los, dass sie verschwand, sobald es ihr möglich war. Was auch immer das hieß. Gestern Nacht war es ihr noch deutlich schlechter gegangen und doch wäre sie nach seiner unerwünschten Rettungsaktion auch in halb bewusstlosem Zustand am liebsten wieder von ihm verschwunden. Jetzt also blieb sie. Wieso genau, das verstand er nicht und würde es auch nicht verstehen, ehe er genauere Informationen über Doctor Forlins kurzen Besuch bei Giselle bekam. Etwas war in diesen Minuten im Gästezimmer passiert, das spürte er. Nur was?

Er kam zu spät zur Arbeit, doch niemand machte viel Aufheben darum. In seinem Büro wartete bereits sein Vater. Für heute hatten sie eine Holo-Konferenz mit ihrem neuen Mann auf Fresia geplant. Sie wollten die bisherigen Ziele und weitere Meilensteile des Projekts besprechen. Eine Arbeit, die Exodus stets an die Zeit mit Giselle erinnerte, in der die Dinge noch besser standen als heute. Eine Arbeit, die ihn aber auch an seine Fehler erinnerte, die schließlich zu seinem persönlichen Scheitern geführt hatten. Sein Vater begrüßte ihn nur mit einem ausdruckslosen Nicken – sie hatten sich schließlich schon während Forlins Besuch einen Guten Morgen gewünscht.


„Wie geht es ihr?“

Alad Wingston zog fragend eine seiner buschigen Augenbrauen hoch. Exodus ließ sich auf einen der schwarzen Ledersessel an dem kleinen Konferenztisch fallen. Für einen Moment erlag er der Illusion, sein Vater könnte sich tatsächlich für Giselles Wohlbefinden interessieren. Entsprechend ehrlich antwortete er:

„Besser. Es geht ihr besser.“

Er setzte ein Lächeln auf, das sein Vater nicht erwiderte.

„Also ist sie wieder weg?“

Darum ging es ihm, natürlich. Exodus‘ Lächeln verzog sich zu einem spöttischen Grinsen.

„Nein. Das ist sie nicht.“

Die Sekretärin seines Vaters steckte den Kopf durch die Tür und unterbrach damit das Privatgespräch. Ob die beiden einen Kaf wünschten, für das möglicherweise länger dauernde Gespräch, wollte sie wissen. Beide Wingstons lehnten ab, ehe zwischen ihnen das blaue Bild des Holoprojektors aufflackerte. Es würde in den nächsten Tagen noch zu einer Konfrontation kommen, das spürte Exodus. Und dann musste er seinem Vater all die Dinge erklären, die der alte Mann nicht verstand: Dass Giselle nicht Yunas Platz einnehmen würde oder wollte. Dass die Vahla nicht auf sein Geld aus war, anders als die Frauen von Coruscant, die sich Exodus schon als Liebhaberinnen angeboten hatten. Und dass sie nur hier war, weil Exodus sie nicht hatte gehen lassen wollen.
Aber wann sie gehen würde – darauf hatte er keinen Einfluss. Nicht er und nicht sein Vater. Das lag allein in Giselles Hand.


[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Tower | mit Alad ]
 
[Core Worlds | Corusca-Sektor | Coruscant-System | im Anflug auf Coruscant (Höhe Stentat) || Coruscant-Kampfgruppe | [MC90] „Prometheus || Deck Eins | Brücke (hinterer Bereich)] Commodore Navara Ven und eine Projektion von Captain Agoch

Unaufhaltsam näherten sich die neun republikanischen Kriegsschiffe mit einer Geschwindigkeit von exakt dreißig MGLT dem berühmtesten Planeten der Galaxie: Coruscant. Dabei hatte man sich ganz bewusst für einen Kurs entschieden, der ausreichend Distanz zum zivilen Verkehr ließ, der trotz der bekannt gemachten Übergabe kaum abgenommen zu haben schien. In mehreren geordneten Bahnen strebten unzählige Frachter, Passagierschiffe und Transporter auf die urbane Welt zu, während eine größere Zahl an flinken Zollschiffen in der Zwischenzeit schnell hin und her flitzten, um sporadisch Kontrollen durchzuführen. Unübersichtlich, chaotisch, fast schon eine Nummer zu groß mutete das ganze Szenario an, suchte man den direkten Vergleich zum nahen Wukkar-System. Dennoch schien sich die republikanische Kampfgruppe, die in ihrer Mitte die „Prometheus“, einen tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzer der Neunziger-Klasse beherbergte, auf ihrem Kurs nicht beirren.

Bedingt durch die ungewohnte Situation, die nun einmal der unerwartete Frieden mit dem einstigen Erzfeind mit sich brachte, – sowie der Anwesenheit der imperialen Sektorflotten –, herrschte nun an Bord aller Schiffe ein hohes Maß an wachsamer Alarmbereitschaft. Unter Umständen konnte dieses Handeln von der Gegenseite zwar als Provokation gewertet werden, aber keiner der teilnehmenden Kommandanten wollte „blind“ in eine Falle tappen – vor allem der Befehlshaber, Commodore Ven, nicht. Deshalb betrachtete der hochgewachsene Twi'lek in diesem Augenblick eher widerwillig die lebensgroße Projektion von Bru-Th Agoch anstelle eines taktischen Hologramms, das die derzeitige Lage akkurat darstellte. Mit grimmiger Miene lauschte der ranghöhere Offizier dem Corellianer als dieser nach mehr Einzelheiten verlangte.


„Captain, Sie haben sowohl dem Briefing unter Admiral Gar Stazi beigewohnt als auch an meinem Manöver teilgenommen...“, brummte der uniformierte Nichtmensch und mit einem kalten, giftigen Blick musterte er die flimmernde Projektion. „Trotz der vier Sternzerstörer sehe ich zur Zeit keinen Grund, weshalb wir vom ursprünglichen, durchexerzierten Plan abweichen sollten.“

Kurz ließ er die Finger seiner rechten Hand über das Bedienfeld gleiten, um eine zweite Projektion – dieses Mal das gewünschte Lagehologramm – darstellen zu lassen. Dadurch „schrumpfte“ Bru-Th Agoch sofort auf die Hälfte seiner bisherigen Größe und links von ihm erschien im Gegenzug dafür eine minimalistische, aber dennoch dreidimensionale Karte. Rote Dreiecke zeigten die Teilverbände der Imperialen, die entweder zur System- oder zur Sektorverteidigung gehörten. Einen Augenblick ruhte Navaras analysierender Blick auf dieser Darstellung. Natürlich barg das sture Durchführen der bisherigen Planung seine Risiken. So schwächte er zum Beispiel durch das Aufteilen der Einheit vor allem die eigene Seite. Doch was sollte er sonst tun? Ihre Marines mussten so schnell wie möglich die Kontrolle über die Golan-Stationen in Coruscants Orbit übernehmen, wollte man überhaupt eine Art Gleichgewicht haben. Sein Blick kehrte sichtlich zu dem menschlichen Captain zurück.

„Ihnen dürfte klar sein, dass wir zum einen eine solide Datengrundlage über die Vorgänge in diesem System brauchen und zum anderen nur wenig Zeit verlieren dürfen, um mit den Imperialen vor Ort gleichzuziehen“, fuhr der Commodore mit ruhiger, aber strenger Stimme fort. „Ich brauche hier also Ihre Expertise im Umgang mit den Raumjägern, weshalb ich Ihnen – sollten Sie sich das zutrauen – die indirekte Führung sämtlicher Sternjägereinheiten dieser Kampfgruppe überlassen möchte.“ Kein Muskel in seinem Gesicht bewegte sich. Trotz seiner Vorbehalte gegenüber den Jedi im Dienste der Streitkräfte, machte er hier einen Schritt auf den dunkelblonden Corellianer zu. „Zudem möchte ich, dass Sie – wie schon im Manöver bei Wukkar– auf mein Zeichen ausscheren, um 'Wächter Drei' zu isolieren und mit unseren Leuten zu bemannen. Danach kümmern Sie sich um 'Wächter Zwei'.“

Navara musste an dieser Stelle nicht sagen, dass er hier wirklich auf die Kooperation der Imperialen hoffen musste. Stellte sich die schlagkräftige Sektorflotte quer, würde der Twi'lek ohne Zweifel die ihm unterstellte Einheit in den Tod führen. Gegen vier echte Sternzerstörer und die gleiche Anzahl an schweren Golan-III-Plattformen konnten sie nicht viel – eigentlich gar nichts – ausrichten. Doch hatte er eine andere Wahl? Zur Übergabe hatte die Neue Republik allem Anschein nach bloß diese neun Schiffe entbehren können. Kurzzeitig flimmerte im Bewusstsein des Commodore die ziemlich unheimliche Erkenntnis auf, dass das Militär fast an der eigenen Leistungsgrenze angelangt war. Sie brauchten diesen Frieden genauso sehr wie das Galaktische Imperium. In diesem Moment lief ihm unwillkürlich ein eiskalter Schauder über den Rücken. Beide Seiten balancierten am Abgrund – und nur mit Mühe und Not hatte man Halt gefunden. Staubtrocken fühlte sich sein Mund an. Mit einem Mal lastete die Bürde noch schwerer auf seinen breiten Schultern.

„Ich muss mich auf Sie verlassen können, Captain“, sprach der Nichtmensch weiter, wobei er nicht auf die notwendige Dringlichkeit in der Stimme verzichtete. „So nah kommen wir dem Coruscant-System nie wieder ohne enorme Verluste. Führen Sie wie schon im Manöver zuvor ihre 'Massive', die 'Genesis' und die 'Halycon' zwischen den Planeten und den Hauptkern der Systemflotte, derweil die 'Prometheus' die Sektorflotte im Auge behält.“ Eher zufällig bemerkte er im Augenwinkel, dass sein haariger Sekretär Fey'lya ihm ein Zeichen gab. „Sie entschuldigen mich, Captain. Ich muss mit der örtlichen Administration in Kontakt treten, wenn wir dieses System gemäß allen Formalitäten in die Republik integrieren wollen...“ Zackig salutierte der Twi'lek. Ven Ende.“

Dann ließ er die verschlüsselte Verbindung zum nahen Liberator Transportkreuzer beenden, winkte den Bothaner zu sich und bereitete sich währenddessen mental auf das Gespräch mit den imperialen Verwaltern vor, die Coruscant in ihrem eisernen Griff hatten. Die Dokumente, die ihm sein Sekretär ausgehändigt hatte, hatte der Commodore bisher noch nicht gelesen. Doch war das wichtig? Sollten beide Seiten ihre Wunden lecken und zu neuen Kräften kommen wollen, mussten sie hier eindeutig ihre Kooperationsbereitschaft zeigen. Etikette konnte demnach also gar nicht so wichtig sein wie es die Politik immer propagierte. Darauf hoffte Navara jedenfalls – und redete sich im selben Atemzug die eigene Unwissenheit – jedenfalls ein bisschen – schön. Dennoch verspürte er kurz darauf einen Kloß im Hals. Zweifel und Versagensängste ließen sich anscheinend nicht so leicht abschütteln wie viele andere Dinge. Unruhig bewegten sich die Lekku als die Kommunikationsstationen rasch einen Kanal zur örtlichen Verwaltung aufbaute.

„Hier spricht Commodore Navar'aven, im Namen der freien Völker der Neuen Republik, dem Senat der Neuen Republik und der amtierenden Regierung unter Kanzler Aeskar Quún bin ich beauftragt worden, dieses System – gemäß dem Vereinbarungen des kürzlich geschlossenen 'Friedensvertrages von Umbara – in die Gemeinschaft zu integrieren“, sagte der Twi'lek mit erhabener Stimme zu einer imaginären Person. „Diese Integration bedeutet, dass nun schrittweise die Kontrolle von Ihnen, der Imperialen Verwaltung, an mich, als Vertreter der Republik, übergeben wird. Bis zu Ihrem Abzug ist meine Einheit ermächtigt sämtliche Aufgaben einer Systemflotte zu übernehmen. Daneben liegt es auch in meiner Obhut einen provisorischen Rat zu bilden, der Ihre Amtsgeschäfte übernimmt und nach Abzug sämtlicher Imperialen freie Wahlen für Coruscants Bürger organisiert.“ Kurz pausierte der Commodore. Sein Herz schlug wild, Schweiß zeigte sich vereinzelt auf seinem haarlosen Kopf. „Laut den Befehlen, die man mir gab, haben Sie ab jetzt drei Standardmonate Zeit.“

Coruscant besaß einen gewaltigen Verwaltungsapparat. Gut eine Billion registriere Personen lebten allein auf dieser Welt – und gerechnet auf den ganzen Sektor kam mindestens noch einmal die selbe Zahl locker hinzu. Drei Standardmonate waren demnach nicht zu viel, sondern vielleicht sogar eher zu wenig Zeit. Jedoch reichte das vorhandene Vertrauen der republikanischen Politikerkaste einfach nicht für eine größere Karenzzeit. In diesem bevölkerungsreichen Teil der Core Worlds wollte man so schnell wie nur möglich Fuß fassen. Vielleicht ließ sich dadurch sogar ein kräftiger Aufschwung bei den Rekrutierungszahlen ermöglichen – so dachte jedenfalls der Twi'lek als Offizier. Gerade als er eine Antwort seitens der Verwaltung erhielt, meldete die Sensorik auf einmal, dass sich drei der vier Sternzerstörer – samt ihrer Begleitschiffe – zurückzogen. Erste Berechnungen ließen auf einen Kurs in Richtung eines Sprungpunktes schließen. Navara wusste in diesem Moment nicht, ob er nun aufatmen sollte oder nicht. Bevor er diesen Moment jedoch sinnlos verstreichen ließ, gab er beinah automatisch die nächsten Befehle.

„Captain Roosh, geben Sie der 'Massive' das verabredete Zeichen zum Ausscheren...“, wies er den anwesenden Rodianer umgehend an. „Und im Anschluss lassen Sie unsere Sternjäger sowie unsere Enterboote starten. Ziel ist die vierte Golan-III-Station.“ Kurz hielt er inne, um seine Gedanken ein bisschen zu ordnen. „Sobald wir weitestgehend den Orbit kontrollieren, können die 'Caluula', unsere regulären Bodentruppen und die Jedi sich auf den Weg zur Oberfläche machen. Bis dahin sollen sie sich aber alle noch gedulden...“

[Core Worlds | Corusca-Sektor | Coruscant-System | im Anflug auf Coruscant (Höhe Muscave) || Coruscant-Kampfgruppe | [MC90] „Prometheus || Deck Eins | Brücke (hinterer Bereich)] Commodore Navara Ven, Sekretär Fey'lya und Captain Roosh; im Hintergrund die Brückenbesatzung
 
[Core Worlds | Coruscant-System | Hyperraum | MC30 Halcyon, Brücke | Aldor Garnik und Brückencrew]


Aldor glaubte eigentlich, sich schon zu den Raumfahrern zu zählen, die schon so viele Hyperraumfahrten und die Rückkehr in den Normalraum erlebt hatten, dass sie es für nichts mehr besonderes hielten. Dennoch war es gerade anders. Die gesamte Brückencrew klebte mehr oder weniger an den Durastahlfenstern der Brücke und blickte in den Weltraum, wo die vielen durch den Hyperraum langgezogenen blauen Sterne langsam wieder zu runden Punkten wurden.

Dann sah man es in der Ferne des Systems. Das Herz dieser Galaxis - Coruscant. Braun und vulkanisch pulsierte es inmitten von Schiffsrouten, die wie Adern zum Planeten oder von ihm weg führten.

Aldor zitterte vor Aufregung und Respekt wurde aber auch von Nervosität durchzogen. Er hatte Coruscant noch nie gesehen, aber er hatte wirklich nicht zu viel gehört. Der Verkehr im System war immens, obwohl sie noch nicht einmal eine genaue Analyse gemacht hatten. Dennoch war der Sprungpunkt von Commodore Ven gut gewählt worden, denn er führte den Verband mit relativem Abstand an der Perlemianischen Handelsstraße vorbei, um allzu große Tuchfühlung mit nervösen Händlern fürs erste zu vermeiden.

"Lieutenant Amon, führen sie einen Scan des gesamten Systems nach Militärischen Schiffen und Einrichtungen durch und versuchen sie möglichst genau die ungefähre Zahl der zivilen Schiffe im System zu bestimmen", riss sich Aldor von seiner Faszination los und kam wieder zum Alltag des Schiffes und ihrer Mission zurück.

Dann drehte sich Aldor zu seinem Holotisch um und aktivierte eine grobe Planetenkarte des Systems, die noch keine Raumschiffe zeigte.

"Sir, die Prometheus befiehlt uns, und mit der Marksman an die Spitze des Verbandes zu setzen und unsere Passiven Sensoren auf maximale Leistung zu bringen", meldete sich Lieutenant-Commander Rehal.

"Dann werden wir diesen Befehl ausführen, Lieutenant-Commander, bringen sie uns auf Kurs. Wie sieht es mit dem Scan der Schiffe aus?", Antwortete Aldor.

"Gerade abgeschlossen, Sir!", meldete sich Lieutenant Amon. "Im System befinden sich vier Sternenzerstörer der Imperial-Klasse, weiterhin befinden sich in Coruscants Orbit vier Verteidigungsstationen und auf zwei Monden Jägerbasen. Kleinere militärische Einheiten sind sechs CR90s, fünf Carrack-Kreuzer, vier Vindicator, drei Dreadnoughts, drei Strike-Kreuzer, zwei Marauders und zwei Eskortträger. Ich lade die Positionen der Kriegsschiffe auf ihren Holotisch in die Planetenkarte, Sir", begann der Lieutenant die Ergebnisse des Scans vorzutragen. "Die zivilen Schiffe und Systemeigene Patrouillenboote belaufen sich auf einige hunderttausend", fügte er noch an.

Aldor gefror das Blut in den Adern. Allein die vier Sternenzerstörer würden vermutlich ausreichen um ihren gesamten Verband zu vernichten. Und dann noch über einhundert tausend zivile Schiffe. Wie sollte man so etwas denn kontrollieren können? Aldor kam so schnell nicht auf eine Lösung des Problems und hoffte, das bald genauere Befehle von der Prometheus eintreffen würden.

Zwar hatten sie das alles im Manöver einigermaßen durchexerziert. Doch die Realität, das durfte jeder Mann hier wissen, sah immer ein wenig anders aus. Man musste nur einen der Kommandanten der Sternenzerstörer auf dem falschen Fuß erwischen und schon gab es hier ein Gemetzel unter den Schiffen der Republik, die heillos unterlegen waren.

Aldor stellte sich die Frage, wieso eine Militärmacht wie das Imperium, die hier ganz offensichtlich nur einen Bruchteil der eigentlichen Sektorflotte zurückgelassen hatte einfach so ein Kernsystem aufgab. Das ganze mochte noch so gut für die Republik sein, aber es schien irgendwie irrational.

"Wann wird wohl deine Falle zuschnappen, Coruscant?", murmelte Aldor laut denkend vor sich hin.

Dann kam der Befehl der Massive, sich wie im Manöver zu formieren und gemeinsam mit der Genesis zwischen den imperialen Verband und Coruscant zu fliegen.

Aldor schluckte hörbar. Wenn die Falle des Imperiums jetzt zuschnappen sollte, wären ihre Schiffe die ersten, die komplett vernichtet würden. Immerhin würden sie vermutlich schnell vernichtet sein, stellte er mit Galgenhumor fest, während die Halcyon an der Steuerbordseite der Massive in Richtung Coruscant glitt.

Wie auch alle anderen an Bord seines Schiffes klebte Aldor förmlich an dem Ausblick aus den Fenstern, denn sie kamen bereits Coruscant so nah wie nie zuvor. Vielleicht gab es einige in seiner Crew oder im Geschwader, die Coruscant schon einmal besucht hatten. Ein Großteil, Aldor eingeschlossen hatte das aber definitiv noch nicht getan.

Die Sternenzerstörer waren jetzt nur noch Kilometer entfernt. Aldor wurde es abwechselnd heiß und wieder kalt und dabei schwitzte er wie nie zuvor.

"Alle Verteidigungssysteme bereithalten. Schilde aufladen, aber noch nicht aktivieren. Alle Mann auf höchste Alarmbereitschaft", gab Aldor seit langem mal wieder wirkliche Befehle.

Manch ein Kommandant würde Aldor jetzt kritisieren, dafür, dass er erst jetzt die Schilde hatte aktivieren lassen, aber Aldor wollte so wenig wie möglich provozieren und jetzt hatte er die Schilde mehr aus Respekt und Angst vor den grauen Ungetümen, als aus wirklich Bedrohung aufladen lassen.


[Core Worlds | Coruscant-System | Zwischen dem Imperialen Verband und Coruscant | MC30 Halcyon, Brücke | Aldor Garnik und Brückencrew]
 
- Coruscant - Untere Ebenen - Shaks Bar - Giselles Kammer -

Jede Minute hier war eine weitere Minute zuviel. Giselle Givenchy verschwendete keine Zeit. Sie raffte ihre Sachen zusammen, packte alles das ihr gehörte: Kleider, Gebrauchsgegenstände, Drogerieartikel. Sie machte sich nicht die Mühe, Koffer und Tasche ordentlich einzuräumen. Obwohl es keinen Grund gab, hatte sie das Gefühl, sich auf der Flucht zu befinden, auf der Flucht vor den Unteren Ebenen vielleicht. Wenn sie nicht schnell genug war, holten sie sie wieder ein und sie würde es niemals schaffen, ihnen zu entfliehen. Sie zog ihr schwarzes Kleid aus und tauschte es gegen etwas wärmeres, verstaute die Sandalen im restlichen Gepäck und zog bequeme Halbschuhe an. Als sie ihre Sachen nach unten brachte, hörte sie lustvolle Freudenschreie aus Aleas Zimmer. Für einen kurzen Moment blieb die Vahla am oberen Treppenabsatz stehen und dachte daran, sich zu verabschieden. Ihr ging sogar durch den Kopf, Alea dazu zu überreden, mit ihr zu kommen, raus aus Shaks Bar und dem Leben, das keines war. Doch was glaubte sie, für die andere Frau tun zu können? Sie war ja selbst von Exodus abhängig. Sie ging nach unten. Shak hörte ihre Schritte und stürmte aus seinem Büro.

"Du schuldest mir mindestens noch einen Abend ohne Vergütung, um den Verlust von gestern wett zu machen!"

Zeterte er. Giselle lief an ihm vorbei nach draussen.

"Du schuldest mir die Bezahlung für einen halben Abend."

Konterte sie. Sie stellte ihren Koffer draussen ab, kam zurück und ging wieder nach oben, um ihre Taschen zu holen. Sie hatten die Diskussion bereits begonnen, als sie hier angekommen war. Shak sah sich als Opfer, behauptete, ihm wären Erträge verloren gegangen, weil sie nicht die ganze Nacht getanzt hätte und die Kunden unzufrieden gewesen wären.

"Eine meiner Tänzerinnen fällt auf der Bühne um, das ist schlecht für's Image. Du hast nicht auf dich aufgepasst und meinem Geschäft damit geschadet."

Sie kam wieder nach unten.

"Dann hättest du vielleicht bessere Bedingungen schaffen müssen."

Sagte sie ruhig und starrte ihn an. Ein Gedanke pflanzte sich in ihrem Kopf. Sie würde von Shak kein Geld mehr sehen, aber vielleicht konnte sie den anderen Frauen helfen, die für ihn arbeiteten.

"Durch bessere Bezahlung zum Beispiel. Alea und Asshai verdienen mehr für das, was die tun. Zahl ihnen mehr."

Doch wenn es um's Geld ging, verstand der Arkanier keinen Spaß, auch wenn er jetzt widerwärtig grinste.

"Warum sollte ich? Sie machen auch so, was ich will."

Damit hatte er Recht, leider. Er war kein Mann, an dessen Gewissen man appellieren konnte. Ihm ging es nur um's Geschäft, alles andere war ihm egal. Giselle drehte sich um. Hatte sie zu schnell aufgegeben? Sie spürte, wie ihre Kraft sie verließ.

"Wir werden uns nicht wiedersehen."

Sie trat durch die Tür.

"Das ist noch nicht vorbei!"

Versprach Shak.

"Du schuldest mir noch was."

Sie war froh, als sie die Unteren Ebenen endlich wieder verließen. Es gab nur wenige Orte in der Galaxis, an die Giselle niemals zurück kehren wollte. Dies war einer davon. Als Exodus' Fahrer den Gleiter an die Oberfläche der Stadt zurück schraubte, griff Giselle auf der Rückbank mach ihrem Komlink und begann einen Text zu schreiben.

"Sheila? Ich bin's, Giselle."

Sie hätte nicht gedacht, jemals noch mal mit der Togruta zu sprechen, doch jetzt benötigte sie noch einmal ihre Hilfe, ein letztes Mal. Sheila hatte ein Kind.

"Kannst du mir die Adresse deines Arztes geben? Ich brauche einen Gynäkologen."

Sie konnte nicht sagen, warum. Wenn Sheila den Grund erriet und direkt danach fragte, würde Giselle es bejahen, doch sie konnte die Worte nicht aussprechen, so lange einer von Exodus' Angestellten mithörte. Später, als sie die Praxis erreicht hatten, bat sie ihn zu warten. Es mochte keine besonders gute Adresse sein, keine zu der Exodus sie gebracht hätte, doch was Giselle sah, genügte ihr. Das Wartezimmer war geräumig, gemütlich eingerichtet und knapp sie Hälfte der Stühle war mit wartenden Patienten besetzt. Die Toiletten waren sauber und die Sprechstundenhilfe freundlich. Sie versprach Giselle, sie zwischen zwei bestehende Termine zu schieben, als sie ihre Situation schilderte und von ihrem Schwächeanfall erzählte und kam sogar relativ zügig an die Reihe. Der Arzt war ein Quarren, Doctor She'nak. Er erinnerte Giselle an jemanden, doch ihr fiel nicht ein an wen.

Sie fühlte sich müde, als sie zum Wingston Tower zurück kehrte, zurück in den goldenen Käfig. Es war ungerecht, so zu denken. Exodus hatte sie nicht gezwungen, bei ihm zu bleiben. Aber hätte er es getan, wenn sie nicht freiwillig geblieben wäre? Giselle sah ihn nicht mehr an diesem Tag. Sie ging früh zu Bett, hatte sich etwas zu essen auf ihr Zimmer mitgenommen und was auch immer er tat oder dachte, er ließ ihr ihre Ruhe. Zumindest dafür war sie ihm dankbar.


- Coruscant - City - Wingston Tower - Penthouse - Gästezimmer -
 
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