Coruscant – Jedi-Tempel, Krankenstation, mit Alisah
Immerhin wies Alisah sie nicht sofort ab und antwortete, dass es eine Sache zwischen ihr und Ian war. Nein, im Gegenteil... sie berichtete sogar relativ detailliert, was da vor ein paar Stunden vorgefallen war. Sie beide kamen aus der gleichen Dunkelheit... das hatte sie vorhin gemeint. Ian und Alisah teilten ein Verständnis, das sie niemals haben würde. Zum Glück, wohl... aber sie würde nie ganz verstehen können, was Ians Vergangenheit bedeutete, so sehr sie es auch versuchte. Alisah kam dem vermutlich schon ein wenig näher, auch wenn Eowyn so gut wie nichts über die junge Frau wusste. Immerhin hatten sie dem gleichen Orden angehört... das war mehr, als Eowyn von sich behaupten konnte. Doch Ian sah das nicht so? Wegen seiner Morde? Wegen des Virus? Aus anderen Gründen? Was der Auslöser für all das gewesen war, das verstand Eowyn allerdings leider immer noch nicht. Irgendwie hatte sie gehofft, Alisah könnte ihr Zugang zu dem verschaffen, was ihr verwehrt war, sie hatte gehofft, sie könnte ihr beim Verstehen und Nachvollziehen von Ians Gedanken und Taten helfen. Er war so fern, so fern... Aber in diesem Punkt war sie ihr keine große Hilfe.
Schon wieder jemand, der Alisah hatte vor Ian "beschützen" wollen - jetzt erinnerte sich Eowyn auch, dass Ian das erwähnt hatte. Es war zermürbend, auf Dauer. Das war wohl klar - dennoch, konnte man es den anderen vorwerfen? Weder die eine, noch die andere Seite hatte es leicht.
Doch was Alisah als letztes sagte war das, was sie auch am meisten interessierte, und Eowyn versuchte, sie nicht allzu sehr anzustarren.
Es war kryptisch, zugegeben. Aber mit den anderen Dingen, die Ian gesagt hatte... Sein Wunsch, nicht geboren zu sein. Der Gedanke, das Virus in sich zu testen. Und nicht zuletzt sein riskanter Einsatz bei Kyran. Das alles machte ihr immer, immer mehr Angst. Ihr Gefühl hatte sie nicht getrogen, das, das da draußen auf den Straßen begonnen hatte. Noch hatte sie es so halbwegs unter Kontrolle, doch... es würde nicht lange funktionieren. Stunden, vielleicht Tage. Aber irgendwann... Sie musste mit Ian reden. Es noch einmal versuchen.
Oh, weil das ja so wunderbar geklappt hatte, da draußen auf den Straßen! Weil er ja so wunderbar verstanden hatte, was sie hatte sagen wollen!
Vielleicht hatte er nachgedacht? Sie hatte auch ihre Zeit gebraucht. Sie brauchte auch immer wieder neue Anstöße. Vielleicht... ging es Ian ebenso? Oder auch nicht. Aber wenn er sich immer weiter entfernte, musste sie dann nicht erst Recht mit ihm reden, bevor es zu spät war? Noch einmal, sie brauchte Hilfe. Doch wen sollte Eowyn schon bitten? Das gleiche Problem, sie war nicht schlauer geworden. Aber sie schaffte das nicht alleine. Sie verstand ihn einfach nicht... all das. Diese Sache mit Kyran, seine Worte... Er liebte sie, sie löste aus, dass jeder Tag sich lohnte? Und gleichzeitig - so etwas? Auf welchem Planeten machte das Sinn?
Bisher hatte sie gedacht, gehofft, sie bilde sich das ein. Doch Alisah hatte den gleichen Eindruck - ja, sie konnten sich noch immer beide täuschen. Doch der Gedanke war jetzt präsenter, alles wahrscheinlicher. Deutlich genug, dass sie dem nachgehen musste, sonst würde sie sich das nie verzeihen. Sie hatte Ian an Bord der Nightmare darum gebeten, dass er auf sich aufpassen sollte - und er hatte gesagt, er würde auf sich acht geben. War das Vergangenheit? Oder irrte sie komplett? Er hatte gebeten, dass sie ihm half, sich nicht zu verlieren. Hatte er so etwas geahnt? Hatte er so etwas gemeint? Ebenso wie... ihr Traum.
Siedendheiß fiel ihr ihr Traum ein, der Traum, in dem sie Ian gesucht hatte, ihn nicht gefunden hatte, ihn verloren hatte.
Stop. Fort damit. Es war nur ein Traum gewesen, nicht im Ansatz eine Vision!
Danke, dass Ihr so offen seid, antwortete Eowyn, die Gedanken beiseite schiebend, später - darin war sie mittlerweile immerhin eine Meisterin. Und danke noch einmal, dass Ihr mir Bescheid gesagt habt. Doch ganz sicher würde sie Alisah nicht aufbürden, was ihr eigener Verdacht war. Das wäre nicht in Ians Sinne, sollte sie falsch liegen, und Alisah... Alisah brauchte Ruhe. Und Kraft.
Ich verstehe die Befürchtung... aber vielleicht... vielleicht hat er es anders gemeint. Vielleicht war er nur aufgebracht... ich hatte noch nicht viel Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Aber das hole ich nach, ganz bestimmt. Keine Sorge.
Sie blickte Alisah an, die eindeutig jüngere Frau, von der sie noch immer nicht wusste, was sie von ihr halten sollte. Ians Ehemalige. Die, die Ian dazu gebracht hatte, nicht mehr an die Liebe zu glauben, die, die glaubte, Ian würde sie umbringen wollen - und gleichzeitig die, die er so sehr hatte retten wollen, für deren Kind er sich selbst geopfert hätte. Was machte sie so besonders? Was hatte sie an sich, dass Ian so dachte, so reagierte? Was war damals geschehen?
Oh Ian, verzweifelte Eowyn stumm. Du hättest mir ruhig sagen können, wer und was mich hier erwartet... Wie war sie überhaupt in diese Situation gekommen, hier jetzt mit Alisah zu stehen?
Sie erwartete keine Lebensgeschichte oder dergleichen... doch woran war sie? Ian hatte natürlich nicht den geringsten Gedanken daran verschwendet, wie sie sich fühlen würde, wenn sie auf Alisah traf. Natürlich nicht - sie ja genausowenig, sie dachten, Alisah liege im Sterben, und so war es auch gewesen. Da waren wichtigere Dinge zu klären gewesen, doch jetzt... Eowyn wusste Dinge über Tahiri, doch über die, die nun vor ihr stand hatte Ian beinahe nur geschwiegen. Und sie hatte ihn nicht ausgefragt, traute sich ohnehin nur selten, Ian nach seiner Vergangenheit zu fragen, waren da doch zu viele Wunden, zu viele Möglichkeiten, etwas falsch zu machen...
Doch die Frau vor sich, sie wirkte nicht wie die, die sie sich im Inneren zugegeben ein wenig ausgemalt hatte. Die "bescheuerte" Alisah, die, die Ian nicht wertzuschätzen gewusst hatte, Alisah, vor der Ian sie sogar gewarnt hatte - sie quasi gebeten hatte, ihre Worte zu bedenken. Doch genau die hatte bisher nicht ein negatives Wort über Ian verloren, nicht seit der Geburt zumindest. Hatte Ian sie falsch eingeschätzt? Oder hatte die Geburt alles verändert?
Die Alisah, die sich jetzt sogar Vorwürfe machte, an Ians Verzweiflung schuld zu sein.
Müde schüttelte Eowyn den Kopf.
Diese Begegenung war so verdreht! Sie versuchte, Alisah ihr Schuldgefühl zu nehmen. Diese sah so unsicher aus, wie sie da in ihrem Stuhl saß, nicht wissend, was sie mit ihren Händen tun sollte... Sie war jung. Oder zumindest unerfahren... hier sah man es so deutlich... Andererseits, war sie selbst anders?
Erst Eowyns Entschuldigung, dann Alisahs Dank, jetzt deren Sorge. So hatte sie sich ihre Begegnung mit Ians Ehemaliger nie ausgemalt. Einfach nur verrückt. Endete dieser Tag eigentlich nie?
Ihr seid definitiv nicht Schuld daran. Wenn jemand schuld ist, dann... Nein. Nein nein nein, sie fing jetzt nicht mit so etwas an. Nur, weil sie nicht zu Ian durchkam, nur, weil sie ihn nicht verstand und ihm nicht beistehen konnte, da hieß es noch lange nicht, dass sie schuld war - jetzt hörte aber langsam alles auf! Das war Blödsinn.
Niemand ist Schuld daran. Außer Allegious, wenn man so wollte. Allegious, bei dem Eowyn wirklich niemals, niemals nur den Ansatz einer Möglichkeit haben sollte, ihm über den Weg zu laufen.
Es ist... die Gesamtsituation, die alles so schwer macht, und die Ereignisse der letzten Zeit. Ihr seid ganz sicher nicht Schuld daran, versteht Ihr? Es war eine gute Idee, ihn zum Reden zu bitten, ich... ich bin nicht immer eine gute Wahl für alles.
Sie war verrückt. Sie redete mit Alisah, Alisah, die sie überhaupt nicht kannte, und sagte so etwas. Das... Sie war hilflos. Das war es, ganz einfach. Was hatte sie noch zu verlieren? Sie hatte nur etwas zu verlieren, wenn sie nichts tat.
Es wäre gut gewesen, wenn er sich darauf eingelassen hätte... aber dass er es nicht getan hat heißt nicht, dass die Idee schlecht war.
Und die andere Geschichte... Oh ja, das wäre er.
Kurz blickte Eowyn über Alisahs Kopf hinweg, blinzelte zur Abwehr, als ungefragt wieder diese Bilder auftauchten. Oh ja. Das wäre er... Wenn schon keine eigenen Kinder, wäre diese Sache nicht ein möglicher Kompromiss? Sicher, die Gründe blieben... dennoch. Er wäre ein wunderbarer Patenonkel, könnte so vieles mitgeben, mit so viel Freude anstecken, für so viel Liebe und Vertrautheit sorgen. Gerade er, der wusste, welche Fehler man machen konnte, gerade er hätte dafür sorgen können, dass Kyran diese Fehler nicht machte. Er war... so seltsam das klingen mochte, so wenig irgendjemand Eowyn verstehen würde, Ian am wenigsten - er war einfach ein guter Mensch. Kyran hätte sich glücklich schätzen können, ihn an seiner Seite zu wissen, doch Eowyn bezweifelte nach Ians Ausbruch draußen äußerst stark, dass Ian es sich jemals anders überlegen würde. Und ewig würde Kyran nicht auf ihn warten können.
So eine Verschwendung... Und so traurig. So traurig, weil Eowyn genau wusste, wie gut Ian diese Sache würde machen können. Er wäre ein großartiger Patenonkel, einer der besten, die man sich nur wünschen konnte.
Doch Alisah verstand, warum Ian nicht wollte? Sie wusste nichts vom Virus. Daran konnte es nicht liegen. Es lag... an der Vergangenheit? Also doch? Wieso sprach jeder andauernd nur in Rätseln? Andeutungen, keine klaren Worte. Wie sollte sie da nur irgendetwas verstehen?
Unwillig schüttelte Eowyn den Kopf.
Was bei allen Sonnen hat die Vergangenheit damit zu tun? Was kann so furchtbares passiert sein, dass Ian das trotz allem was gestern gewesen ist so vehemment ablehnen sollte?
Eowyn wusste den Grund für seine Ablehnung. Dachte sie zumindest... Vermutlich lag es mehr am Virus, es lag an Ians Taten, an den Morden. Doch Alisah wusste nichts vom ersten, und von den Morden... wusste sie davon? Eowyn hatte keine Ahnung, aber irgendwie bezweifelte sie es. Nein, die Frau musste einen anderen Grund für ihre Behauptung haben.
Einen Grund, den sie nicht von Alisah hören sollte. Vertrauen... und Ian hatte sie gebeten, nicht auf Alisahs Worte zu hören. Das war vor alledem gewesen, dennoch... sie durfte nicht vergessen, mit wem sie hier sprach. Alisah war keine Sith mehr, aber sie war noch immer die, die Ian, den Ian, den Eowyn über alles liebte, irgendwie verletzt hatte. Sie hatte irgendetwas entscheidend verändert in ihm. Und ausgerechnet von ihr wollte sie sich erzählen lassen, was damals geschehen war? War sie noch ganz bei Trost? Nicht, dass sie sie nicht tatäschlich irgendwie... sympathisch fand, unheimlicherweise. Trotzdem. Ian... Ian würde ihr nicht verzeihen, dass sie nicht mit ihm geredet hatte.
Aber er redete doch nie mit ihr!
Andererseits... sie hatte niemals direkt gefragt...
Nein. Stop... Ich... Abwehrend hob Eowyn die Hände, ging sogar einen kleinen Schritt zurück. Sie durfte das nicht wissen. Nicht so.
Doch sie wollte es endlich wissen.
Zum Teil aus fehlendem Verständnis - vielleicht, vielleicht würde sie endlich verstehen, weshalb Ian getan hatte, was er getan hatte. Konnte besser mit ihm reden, konnte nachvollziehen, was Alisah und Kyran ihm bedeuteten. Vielleicht würde sie sich nicht mehr zurückgesetzt fühlen... Doch das war nicht Ians Schuld.
Zum Teil, zum Teil - wollte sie es einfach wissen. Wegen sich. Wieder einmal aus egoistischen Gründen heraus - weil sie wissen wollte, was da vorgefallen war, weil sie... ja, weil sie Alisah nicht einschätzen konnte. Weil sie nicht wusste, was sie von dieser Frau zu halten hatte, und von ihrer Verbindung zu Ian. Weil sie auch das einfach nicht verstand. Weil sie... wieder einmal Angst hatte, völlig irrationale Angst dieses Mal. Unbegründet und irrational.
Ebenfalls nicht Ians Schuld.
Nicht Ians Schuld... aber ihre doch auch nicht. Und wenn sie nicht bald Antworten bekam, irgendwelche Antworten, wenn schon keine auf die Fragen die sie selbst seit gestern belasteten, keine darauf, wie sie Ian helfen sollte, keine, wie alles weitergehen sollte - sie wollte wenigstens Antworten auf so eine winzig kleine Frage, auf eine Frage, die ihr jemand beantworten konnte. Endlich einmal. War das zu viel verlangt? War es zu viel verlangt, endlich einmal wieder irgendetwas, wenigstens irgendetwas zu verstehen? Einfache Frage, einfache Antwort. Einfach. Es täte so gut, so gut...
Ian.
Nein.
Ich... entschuldigt. Meine Frage war nicht richtig... es geht mich nichts an. Tief atmete Eowyn durch. Es ging sie wirklich nichts an, ohnehin. Vielleicht konnte sie Ian danach fragen, nicht jedoch ausgerechnet Alisah. Eigentlich war alleine ihre Frage schon unverschämt. Das wiederum ist wirklich alleine etwas zwischen Ian und Euch und... das sollte erst einmal so bleiben. Erst einmal zumindest, bis Eowyn vielleicht Ian danach fragen würde. Vielleicht.
Um ehrlich zu sein, allerdings eher vermutlich bis wahrscheinlich.
Aber ja. Eowyn versuchte sich erneut an einem kleinen, wehmütigen Lächeln. Es ist gut, dass er das nicht erneut hört, doch... er wäre ein großartiger Patenonkel.
Coruscant – Jedi-Tempel, Krankenstation, mit Alisah
Immerhin wies Alisah sie nicht sofort ab und antwortete, dass es eine Sache zwischen ihr und Ian war. Nein, im Gegenteil... sie berichtete sogar relativ detailliert, was da vor ein paar Stunden vorgefallen war. Sie beide kamen aus der gleichen Dunkelheit... das hatte sie vorhin gemeint. Ian und Alisah teilten ein Verständnis, das sie niemals haben würde. Zum Glück, wohl... aber sie würde nie ganz verstehen können, was Ians Vergangenheit bedeutete, so sehr sie es auch versuchte. Alisah kam dem vermutlich schon ein wenig näher, auch wenn Eowyn so gut wie nichts über die junge Frau wusste. Immerhin hatten sie dem gleichen Orden angehört... das war mehr, als Eowyn von sich behaupten konnte. Doch Ian sah das nicht so? Wegen seiner Morde? Wegen des Virus? Aus anderen Gründen? Was der Auslöser für all das gewesen war, das verstand Eowyn allerdings leider immer noch nicht. Irgendwie hatte sie gehofft, Alisah könnte ihr Zugang zu dem verschaffen, was ihr verwehrt war, sie hatte gehofft, sie könnte ihr beim Verstehen und Nachvollziehen von Ians Gedanken und Taten helfen. Er war so fern, so fern... Aber in diesem Punkt war sie ihr keine große Hilfe.
Schon wieder jemand, der Alisah hatte vor Ian "beschützen" wollen - jetzt erinnerte sich Eowyn auch, dass Ian das erwähnt hatte. Es war zermürbend, auf Dauer. Das war wohl klar - dennoch, konnte man es den anderen vorwerfen? Weder die eine, noch die andere Seite hatte es leicht.
Doch was Alisah als letztes sagte war das, was sie auch am meisten interessierte, und Eowyn versuchte, sie nicht allzu sehr anzustarren.
Es war kryptisch, zugegeben. Aber mit den anderen Dingen, die Ian gesagt hatte... Sein Wunsch, nicht geboren zu sein. Der Gedanke, das Virus in sich zu testen. Und nicht zuletzt sein riskanter Einsatz bei Kyran. Das alles machte ihr immer, immer mehr Angst. Ihr Gefühl hatte sie nicht getrogen, das, das da draußen auf den Straßen begonnen hatte. Noch hatte sie es so halbwegs unter Kontrolle, doch... es würde nicht lange funktionieren. Stunden, vielleicht Tage. Aber irgendwann... Sie musste mit Ian reden. Es noch einmal versuchen.
Oh, weil das ja so wunderbar geklappt hatte, da draußen auf den Straßen! Weil er ja so wunderbar verstanden hatte, was sie hatte sagen wollen!
Vielleicht hatte er nachgedacht? Sie hatte auch ihre Zeit gebraucht. Sie brauchte auch immer wieder neue Anstöße. Vielleicht... ging es Ian ebenso? Oder auch nicht. Aber wenn er sich immer weiter entfernte, musste sie dann nicht erst Recht mit ihm reden, bevor es zu spät war? Noch einmal, sie brauchte Hilfe. Doch wen sollte Eowyn schon bitten? Das gleiche Problem, sie war nicht schlauer geworden. Aber sie schaffte das nicht alleine. Sie verstand ihn einfach nicht... all das. Diese Sache mit Kyran, seine Worte... Er liebte sie, sie löste aus, dass jeder Tag sich lohnte? Und gleichzeitig - so etwas? Auf welchem Planeten machte das Sinn?
Bisher hatte sie gedacht, gehofft, sie bilde sich das ein. Doch Alisah hatte den gleichen Eindruck - ja, sie konnten sich noch immer beide täuschen. Doch der Gedanke war jetzt präsenter, alles wahrscheinlicher. Deutlich genug, dass sie dem nachgehen musste, sonst würde sie sich das nie verzeihen. Sie hatte Ian an Bord der Nightmare darum gebeten, dass er auf sich aufpassen sollte - und er hatte gesagt, er würde auf sich acht geben. War das Vergangenheit? Oder irrte sie komplett? Er hatte gebeten, dass sie ihm half, sich nicht zu verlieren. Hatte er so etwas geahnt? Hatte er so etwas gemeint? Ebenso wie... ihr Traum.
Siedendheiß fiel ihr ihr Traum ein, der Traum, in dem sie Ian gesucht hatte, ihn nicht gefunden hatte, ihn verloren hatte.
Stop. Fort damit. Es war nur ein Traum gewesen, nicht im Ansatz eine Vision!
Danke, dass Ihr so offen seid, antwortete Eowyn, die Gedanken beiseite schiebend, später - darin war sie mittlerweile immerhin eine Meisterin. Und danke noch einmal, dass Ihr mir Bescheid gesagt habt. Doch ganz sicher würde sie Alisah nicht aufbürden, was ihr eigener Verdacht war. Das wäre nicht in Ians Sinne, sollte sie falsch liegen, und Alisah... Alisah brauchte Ruhe. Und Kraft.
Ich verstehe die Befürchtung... aber vielleicht... vielleicht hat er es anders gemeint. Vielleicht war er nur aufgebracht... ich hatte noch nicht viel Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Aber das hole ich nach, ganz bestimmt. Keine Sorge.
Sie blickte Alisah an, die eindeutig jüngere Frau, von der sie noch immer nicht wusste, was sie von ihr halten sollte. Ians Ehemalige. Die, die Ian dazu gebracht hatte, nicht mehr an die Liebe zu glauben, die, die glaubte, Ian würde sie umbringen wollen - und gleichzeitig die, die er so sehr hatte retten wollen, für deren Kind er sich selbst geopfert hätte. Was machte sie so besonders? Was hatte sie an sich, dass Ian so dachte, so reagierte? Was war damals geschehen?
Oh Ian, verzweifelte Eowyn stumm. Du hättest mir ruhig sagen können, wer und was mich hier erwartet... Wie war sie überhaupt in diese Situation gekommen, hier jetzt mit Alisah zu stehen?
Sie erwartete keine Lebensgeschichte oder dergleichen... doch woran war sie? Ian hatte natürlich nicht den geringsten Gedanken daran verschwendet, wie sie sich fühlen würde, wenn sie auf Alisah traf. Natürlich nicht - sie ja genausowenig, sie dachten, Alisah liege im Sterben, und so war es auch gewesen. Da waren wichtigere Dinge zu klären gewesen, doch jetzt... Eowyn wusste Dinge über Tahiri, doch über die, die nun vor ihr stand hatte Ian beinahe nur geschwiegen. Und sie hatte ihn nicht ausgefragt, traute sich ohnehin nur selten, Ian nach seiner Vergangenheit zu fragen, waren da doch zu viele Wunden, zu viele Möglichkeiten, etwas falsch zu machen...
Doch die Frau vor sich, sie wirkte nicht wie die, die sie sich im Inneren zugegeben ein wenig ausgemalt hatte. Die "bescheuerte" Alisah, die, die Ian nicht wertzuschätzen gewusst hatte, Alisah, vor der Ian sie sogar gewarnt hatte - sie quasi gebeten hatte, ihre Worte zu bedenken. Doch genau die hatte bisher nicht ein negatives Wort über Ian verloren, nicht seit der Geburt zumindest. Hatte Ian sie falsch eingeschätzt? Oder hatte die Geburt alles verändert?
Die Alisah, die sich jetzt sogar Vorwürfe machte, an Ians Verzweiflung schuld zu sein.
Müde schüttelte Eowyn den Kopf.
Diese Begegenung war so verdreht! Sie versuchte, Alisah ihr Schuldgefühl zu nehmen. Diese sah so unsicher aus, wie sie da in ihrem Stuhl saß, nicht wissend, was sie mit ihren Händen tun sollte... Sie war jung. Oder zumindest unerfahren... hier sah man es so deutlich... Andererseits, war sie selbst anders?
Erst Eowyns Entschuldigung, dann Alisahs Dank, jetzt deren Sorge. So hatte sie sich ihre Begegnung mit Ians Ehemaliger nie ausgemalt. Einfach nur verrückt. Endete dieser Tag eigentlich nie?
Ihr seid definitiv nicht Schuld daran. Wenn jemand schuld ist, dann... Nein. Nein nein nein, sie fing jetzt nicht mit so etwas an. Nur, weil sie nicht zu Ian durchkam, nur, weil sie ihn nicht verstand und ihm nicht beistehen konnte, da hieß es noch lange nicht, dass sie schuld war - jetzt hörte aber langsam alles auf! Das war Blödsinn.
Niemand ist Schuld daran. Außer Allegious, wenn man so wollte. Allegious, bei dem Eowyn wirklich niemals, niemals nur den Ansatz einer Möglichkeit haben sollte, ihm über den Weg zu laufen.
Es ist... die Gesamtsituation, die alles so schwer macht, und die Ereignisse der letzten Zeit. Ihr seid ganz sicher nicht Schuld daran, versteht Ihr? Es war eine gute Idee, ihn zum Reden zu bitten, ich... ich bin nicht immer eine gute Wahl für alles.
Sie war verrückt. Sie redete mit Alisah, Alisah, die sie überhaupt nicht kannte, und sagte so etwas. Das... Sie war hilflos. Das war es, ganz einfach. Was hatte sie noch zu verlieren? Sie hatte nur etwas zu verlieren, wenn sie nichts tat.
Es wäre gut gewesen, wenn er sich darauf eingelassen hätte... aber dass er es nicht getan hat heißt nicht, dass die Idee schlecht war.
Und die andere Geschichte... Oh ja, das wäre er.
Kurz blickte Eowyn über Alisahs Kopf hinweg, blinzelte zur Abwehr, als ungefragt wieder diese Bilder auftauchten. Oh ja. Das wäre er... Wenn schon keine eigenen Kinder, wäre diese Sache nicht ein möglicher Kompromiss? Sicher, die Gründe blieben... dennoch. Er wäre ein wunderbarer Patenonkel, könnte so vieles mitgeben, mit so viel Freude anstecken, für so viel Liebe und Vertrautheit sorgen. Gerade er, der wusste, welche Fehler man machen konnte, gerade er hätte dafür sorgen können, dass Kyran diese Fehler nicht machte. Er war... so seltsam das klingen mochte, so wenig irgendjemand Eowyn verstehen würde, Ian am wenigsten - er war einfach ein guter Mensch. Kyran hätte sich glücklich schätzen können, ihn an seiner Seite zu wissen, doch Eowyn bezweifelte nach Ians Ausbruch draußen äußerst stark, dass Ian es sich jemals anders überlegen würde. Und ewig würde Kyran nicht auf ihn warten können.
So eine Verschwendung... Und so traurig. So traurig, weil Eowyn genau wusste, wie gut Ian diese Sache würde machen können. Er wäre ein großartiger Patenonkel, einer der besten, die man sich nur wünschen konnte.
Doch Alisah verstand, warum Ian nicht wollte? Sie wusste nichts vom Virus. Daran konnte es nicht liegen. Es lag... an der Vergangenheit? Also doch? Wieso sprach jeder andauernd nur in Rätseln? Andeutungen, keine klaren Worte. Wie sollte sie da nur irgendetwas verstehen?
Unwillig schüttelte Eowyn den Kopf.
Was bei allen Sonnen hat die Vergangenheit damit zu tun? Was kann so furchtbares passiert sein, dass Ian das trotz allem was gestern gewesen ist so vehemment ablehnen sollte?
Eowyn wusste den Grund für seine Ablehnung. Dachte sie zumindest... Vermutlich lag es mehr am Virus, es lag an Ians Taten, an den Morden. Doch Alisah wusste nichts vom ersten, und von den Morden... wusste sie davon? Eowyn hatte keine Ahnung, aber irgendwie bezweifelte sie es. Nein, die Frau musste einen anderen Grund für ihre Behauptung haben.
Einen Grund, den sie nicht von Alisah hören sollte. Vertrauen... und Ian hatte sie gebeten, nicht auf Alisahs Worte zu hören. Das war vor alledem gewesen, dennoch... sie durfte nicht vergessen, mit wem sie hier sprach. Alisah war keine Sith mehr, aber sie war noch immer die, die Ian, den Ian, den Eowyn über alles liebte, irgendwie verletzt hatte. Sie hatte irgendetwas entscheidend verändert in ihm. Und ausgerechnet von ihr wollte sie sich erzählen lassen, was damals geschehen war? War sie noch ganz bei Trost? Nicht, dass sie sie nicht tatäschlich irgendwie... sympathisch fand, unheimlicherweise. Trotzdem. Ian... Ian würde ihr nicht verzeihen, dass sie nicht mit ihm geredet hatte.
Aber er redete doch nie mit ihr!
Andererseits... sie hatte niemals direkt gefragt...
Nein. Stop... Ich... Abwehrend hob Eowyn die Hände, ging sogar einen kleinen Schritt zurück. Sie durfte das nicht wissen. Nicht so.
Doch sie wollte es endlich wissen.
Zum Teil aus fehlendem Verständnis - vielleicht, vielleicht würde sie endlich verstehen, weshalb Ian getan hatte, was er getan hatte. Konnte besser mit ihm reden, konnte nachvollziehen, was Alisah und Kyran ihm bedeuteten. Vielleicht würde sie sich nicht mehr zurückgesetzt fühlen... Doch das war nicht Ians Schuld.
Zum Teil, zum Teil - wollte sie es einfach wissen. Wegen sich. Wieder einmal aus egoistischen Gründen heraus - weil sie wissen wollte, was da vorgefallen war, weil sie... ja, weil sie Alisah nicht einschätzen konnte. Weil sie nicht wusste, was sie von dieser Frau zu halten hatte, und von ihrer Verbindung zu Ian. Weil sie auch das einfach nicht verstand. Weil sie... wieder einmal Angst hatte, völlig irrationale Angst dieses Mal. Unbegründet und irrational.
Ebenfalls nicht Ians Schuld.
Nicht Ians Schuld... aber ihre doch auch nicht. Und wenn sie nicht bald Antworten bekam, irgendwelche Antworten, wenn schon keine auf die Fragen die sie selbst seit gestern belasteten, keine darauf, wie sie Ian helfen sollte, keine, wie alles weitergehen sollte - sie wollte wenigstens Antworten auf so eine winzig kleine Frage, auf eine Frage, die ihr jemand beantworten konnte. Endlich einmal. War das zu viel verlangt? War es zu viel verlangt, endlich einmal wieder irgendetwas, wenigstens irgendetwas zu verstehen? Einfache Frage, einfache Antwort. Einfach. Es täte so gut, so gut...
Ian.
Nein.
Ich... entschuldigt. Meine Frage war nicht richtig... es geht mich nichts an. Tief atmete Eowyn durch. Es ging sie wirklich nichts an, ohnehin. Vielleicht konnte sie Ian danach fragen, nicht jedoch ausgerechnet Alisah. Eigentlich war alleine ihre Frage schon unverschämt. Das wiederum ist wirklich alleine etwas zwischen Ian und Euch und... das sollte erst einmal so bleiben. Erst einmal zumindest, bis Eowyn vielleicht Ian danach fragen würde. Vielleicht.
Um ehrlich zu sein, allerdings eher vermutlich bis wahrscheinlich.
Aber ja. Eowyn versuchte sich erneut an einem kleinen, wehmütigen Lächeln. Es ist gut, dass er das nicht erneut hört, doch... er wäre ein großartiger Patenonkel.
Coruscant – Jedi-Tempel, Krankenstation, mit Alisah