Coruscant – Jedi-Tempel, Gärten, mit Wes, Ian weiter entfernt
Wes hörte ihr in Ruhe zu, ohne sie zu unterbrechen. Eowyn war froh darüber, denn sie war sich nicht sicher, ob sie sonst so ruhig hätte weiterreden können. Schon ohne diese Entscheidung hatte sie Schwierigkeiten gehabt, mit allem umzugehen. Mit ihr... nun ja, sie hatte diesen Zusammenbruch nicht ohne Grund gehabt. Vielleicht... vielleicht sollte sie davon berichten. Es wäre ein guter Grund, wenn sie darum bitten würde, ihr vorerst keine hochgefährlichen Missionen zuzuteilen. Aber wenn sie davon berichten würde... es würde größere Folgen haben. Wäre Wes einfach nur Wes gewesen... es wäre anders. Definitiv anders.
Aber es war, wie es war.
Sie war fertig mit ihrer Ansprache. Sie hätte sicher noch mehr sagen können, doch das wichtigste war vermutlich gefallen. Außerdem musste sie Wes auch eine Chance geben, sich eine Antwort zu überlegen. Sie hatte ihn schließlich überrannt, damit hatte er vermutlich nicht gerechnet, als er zu ihr gekommen war.
Er schwieg einige Momente, sie hielt es ebenso und ließ ihm die Zeit, die er brauchte. Es waren unruhige Sekunden, sie hoffte nur, dass Wes ihre letzte Bitte beherzigen würde. Der Rest... spielte keine große Rolle.
Als er dann schließlich sprach klang er letzten Endes ähnlich wie Iv Calad, wenn auch nicht so drastisch. Es war die richtige Entscheidung gewesen? Ja, hinterher konnte man es so sagen. Doch was wäre gewesen, hätte Kyran nicht überlebt? Eowyn biss sich auf die Zunge. Die Reaktionen wären anders gewesen, das wusste sie. Weder Calad, noch Ian, noch Wes schienen es zu verstehen. Aber sie musste wohl lernen, damit zu leben, irgendwie. Und zu versuchen, ihnen zu glauben - es stand schließlich jetzt drei gegen einen. Unter Umständen hatten sie Recht, und ihre Sichtweise war... falsch? Oder zumindest... überlegenswert.
Allerdings schien Wes da etwas vorauszusetzen...
Ich weiß es nicht, flüsterte sie und schüttelte den Kopf. Ja, sie hatte daran gedacht, was Ian noch tun konnte. Dass er so vielen helfen konnte - aber war das die Sache gewesen, die ausschlaggebend gewesen war? Es waren kurze Momente gewesen. Ein, vielleicht zwei Sekunden... Und die egoistischen Gedanken waren definitiv da gewesen. Hatten einen großen Raum eingenommen, aber wie viel? Das war es doch, was sie sich seit Tagen, Wochen fragte. Wie konnte sie eine gute Jedi sein, wenn sie so viel für Ian empfand? Der Kodex hatte nicht Unrecht, wenn er Gefühle verbat, und bisher hatte sie das für keine Regel gehalten, die explizit wörtlich eingehalten werden musste. Genug Jedi hatten Partner, manche sogar Kinder... wie war es möglich, all das zu trennen?
Doch das würde sie sich erneut fragen müssen, wenn dieses Gespräch hier beendet war.
Ja, das sind sie, antwortete sie leise darauf, dass alle noch am Leben waren. Das waren sie... durch viel Glück. Und ja, dieses Mal nannte sie es tatsächlich Glück. Etwas selbstbewusster fuhr sie fort: Ja, er hat einen Ortolaner heilen können. Es ist noch nicht genug Zeit vergangen, um zu sagen, ob das Virus nicht mehr wiederkommt, doch... es sieht gut aus. Die Sache auf sich beruhen lassen. Nun ja.
Wes wandte sich nun tatsächlich den aktuelleren Dingen zu. Den Dingen, die den Rat auch wirklich betrafen.
Ian.
Er war jedoch durchaus auf der dunklen Seite gewesen. Er hatte sie durchaus genutzt... er hatte getötet. Bewusst. Eowyn schloss für einen Moment die Augen. Wes klang gerade so, als ob er sich für Ian erwärmen würde. Sie würde es völlig zunichte machen, wenn sie ihn in diesem Punkt korrigierte, und abgesehen davon, er war nun verändert. Diese verdammte Ehrlichkeit, diese verdammte Jedihaftigkeit! Andere Leute würden über diese "Kleinigkeit" hinwegsehen. Sie... konnte natürlich nicht. Fantastisch.
Eowyn holte Luft, um diese "Kleinigkeit" zu korrigieren, doch da fragte sich Wes, ob Ian überhaupt noch einen Bewacher brauchte. Überrascht stockte sie. Natürlich... Der Rat hatte andere Dinge zu tun. Chesara ohnehin, und der Rest war sicher auch völlig ausgelastet. Wer hatte schon Zeit dafür, einen besseren Babysitter zu spielen? Niemand. Nicht einmal sie, da hatte Wes Recht, wenn sie diese Zeit nicht nutzen würde, um wenigstens ein bisschen mehr mit sich selbst ins Reine zu kommen. Und kleine Aufgaben auf der Krankenstation waren immer notwendig.
Schockiert trat sie einen Schritt zurück und hob automatisch die Hände, als Wes beiläufig seine Ansicht erläuterte.
Nein, betonte sie deutlich. Sie gehörte ganz sicher nicht in diesen Kreis - noch vor wenigen Tagen hatte sie Calad erklärt, zu jung in ihren aktuellen Rang gekommen zu sein. Und wenn Wes wüsste... wenn er wüsste, was in ihr momentan vorging, was geschehen war seit Nar Shaddaa, er würde anders reden.
Doch in diesem Fall... in diesem besonderen Fall war ihr Rat vielleicht tatsächlich hilfreich, und Eowyn erkannte deutlich, welche Probleme der Orden hatte. Sie beneidete Wes nicht um diese Aufgabe... sie fand es schon schlimm genug, die Situation zu sehen. Dafür sorgen zu müssen, sie in den Griff zu bekommen, musste um Galaxien schlimmer sein.
Eowyn musste trotz des Themas beinahe schmunzeln, als Wes davon sprach, aus Ian einen Jedi zu machen. Er kannte ihn wirklich nicht... Ian und ein Jedi. Niemals... Doch er würde mit den Jedi zusammenarbeiten, da war sie sich so gut wie sicher.
Sprich mit ihm, antwortete sie schließlich. Du wirst merken, dass er es ehrlich und ernst meint. Er wird sich den Jedi wahrscheinlich nicht anschließen... aber er wird uns helfen, ganz sicher.
Ansonsten... er ist ein großartiger Heiler. Ich habe mit ihm zusammengearbeitet, als er Sluuk heilte, wir waren miteinander verbunden. Es war... Er hat selbst mir erklären können, was ich zu tun habe. Er hat eine gute Intuition, seine Verbindung zur Macht ist stark, und er hat auf manche Dinge eine andere Sichtweise - das kann hilfreich sein. Er tut viel, zu viel für seine Patienten. Eigentlich sollte er noch nicht wieder viel tun, Eowyn seufzte, die Folgen von dieser... Sache mit Kyran sind noch immer nicht wirklich verklungen. Doch er will helfen, ich kann ihn davon nicht abhalten.
Es besteht von seiner Seite keine Gefahr für den Orden, das kann ich dir garantieren.
Ernst sah sie Wes an. Das meinte sie ernst, und sie wusste, was es bedeutete. Was sie mit diesen Worten einsetzte.
Er hat noch manchmal Mühe, sich an dieses andere Leben zu gewöhnen, aber das ist nur natürlich. Und er verhält sich sehr oft besser, als ich es tue.
Sie lächelte leicht. Das tat er tatsächlich.
Wir... wir haben auf Va'art zwangsweise sehr viel Zeit miteinander verbracht, es war schwierig, aber sein Antrieb war es immer, nach Lianna zu kommen, um... vom Ursprung zu berichten. Das war sein Ziel, sein Antrieb, die ganze Zeit. Trotz der Möglichkeit, dass dies seine letzte Reise werden würde. Du weißt vielleicht auch, dass er mir nach dem Absturz das Leben gerettet hat. Er ist... Eowyn schüttelte den Kopf.
Wäre da nicht seine Vergangenheit, wir würden ihn mit offenen Armen empfangen. Mit sehr offenen.
Seine Vergangenheit. Vorhin war sie nicht dazu gekommen...
Aber da ist noch etwas.
Erneut blieb Eowyn stehen. Ian hatte es auf Lianna gesagt, es war nicht unbekannt. Doch Wes musste es wissen, das war sie ihm schuldig. Ganz einfach. Sie musste. Sie hatte keine andere Wahl...
Ian hat eine dunkle Vergangenheit, fuhr sie dann fort, ihre Gefühle beiseite drängend.
Du weißt von seinem hohen Rang bei den Sith, einen solchen bekommt man nicht ohne Grund. Alles, was geschehen ist, war eine furchtbare Abfolge von Ereignissen, doch es ist geschehen. Ich will dir das nicht vorenthalten, ich will das nicht kleinreden, auch wenn...
Auch wenn das bedeutete, dass sie vielleicht Ians Chancen gerade ruinierte. Sie würde es sich nicht verzeihen können... Doch eine Lüge leben? Sie schüttelte den Kopf.
Seine Vergangenheit ist aber seine Vergangenheit. Es wird keine Rückfälle geben. Eowyn wusste nicht viel... doch auch hier war sie sich sicher. So sehr sie eben konnte. Ich wünsche mir manchmal, ich hätte seine Selbstbeherrschung, seine Geduld. Er gibt sein möglichstes, um sich in dieser Hinsicht zu ändern. Und sein möglichstes, um seine vermeintliche Schuld zumindest zu einem kleinen Teil abzutragen.
Eowyn lächelte. Wenn du noch mehr Gründe brauchst... dann rede ich weiter, über seinen Charakter, über seine Fähigkeiten, aber ich denke, das reicht erst einmal für den Anfang. Nur... einen vielleicht noch. Einen... persönlichen.
Redete sie jetzt mit Wes, dem Rat, oder Wes, dem alten Freund? Sie wusste es nicht. Es war... noch immer seltsam. Doch vielleicht würde er am ehesten verstehen, wenn sie es ihm erklärte. Und dafür musste sie das Risiko eben eingehen, dass sie sich verschätzte.
Ich habe mich bisher noch nie wirklich verliebt, sagte sie leise, nach vorne blickend und langsam Fuß vor Fuß setzend. Schön, bei den Jedi war es schwer, solche Gefühle zu entwickeln, doch sie hatte außerhalb gelebt. Sie hatte die Chancen dazu gehabt. Und auch keinen Kodex, der sie einengte. Bei Ian ist es geschehen, zum ersten Mal. Trotz seiner Vergangenheit. Er hat mich... berührt. Mich bewegt, mich verändert, mich aufgebaut. Er war für mich da. Was früher geschehen ist - es war nicht leicht, es schließlich zu akzeptieren, aber der Ian, der heute da hinten auf der Bank sitzt... er ist ein anderer. Ein völlig anderer, das kannst du mir glauben. Seine Vergangenheit würde ihn immer einholen, dessen war Eowyn sich bewusst. Sie würde auch irgendwie immer zwischen ihnen stehen, auf eine gewisse Art und Weise - trotzdem. Er war ein anderer Mensch. Wann immer sie versuchen würde, sich Ian als grausamen Sith vorzustellen... sie würde scheitern. Ein Mann, der so etwas bei mir bewirkt... der mich erträgt... Er... ist etwas besonderes. Er ist es wert.
Sie blickte weiterhin stur auf den Weg. Ja, das reichte vermutlich. Sie würde noch ewig Ians positive Eigenschaften aufzählen können, von denen er weitaus mehr hatte, als ihm vielleicht bewusst war, doch irgendwann würde Wes auch wieder zurück zu seiner Arbeit müssen. Krankenhausdirektoren hatten viel zu tun...
Er kam auf den Wahrheitsgehalt von Ians Informationen zu sprechen, und hier konnte Eowyn nun mit absoluter Gewissheit sprechen.
Ja, ich glaube ihm, sagte sie erst einmal schlicht. Rehabilitation... Ein Wort, das sie schnell ins hinterste ihres Kopfes drängte. Dass Alisah etwas gespürt hatte, den Imperator wahrgenommen hatte, das war ihr neu, und Eowyn fragte sich kurz, weshalb Wes ihr mehr glauben schenkte als Ian, aber er würde wohl dafür seine Gründe haben. Diese Vision war... interessant. Und wenn es half, dass Ians Worten mehr Glauben geschenkt wurde... wunderbar. Sie blickte sich um, ob sie außer Hörweite von anderen Personen waren, bevor sie entschlossen weitersprach.
Ich glaube Ian allerdings nicht nur. Ich weiß, dass er Recht hat. Bei Sluuk, diesem Ortolaner... Ich habe dir gesagt, dass ich Ian geholfen habe. Wir wussten wohl genauer, wonach wir suchen mussten, und ich habe es deutlich gespürt. Es war da, Wes, man konnte die Dunkelheit spüren! Das war keine Einbildung. Wir haben sie... gemeinsam mit Licht vertrieben. Das ist für mich Beweis genug.
Sie würden nicht so weitermachen wie bisher? Eowyn konnte es nicht unterlassen, erleichtert aufzuatmen. Endlich. Sie würden endlich etwas tun, endlich Nachforschungen anstellen... es wurde Zeit.
Endlich.
Ich sehe das genauso, antwortete sie. Es muss ein Gegenmittel geben, es muss eine Lösung geben. Wir müssen sie nur finden...
Eowyn war so konzentriert auf Wes gewesen, dass sie das schwache Piepsen erst einmal gar nicht wahrnahm. Erst, als der Rat sich umdrehte wurde sie dich dessen bewusst und warf einen Blick auf Ian, der nicht mehr länger alleine war. Er sah... fürchterlich aus, und Eowyn eilte gemeinsam mit Wes sofort zurück. Was war geschehen? Sie waren doch eben noch bei der Untersuchung gewesen, es hatte alles mehr oder weniger in Ordnung gewirkt, wieso sah Ian nun so weiß aus, hatte er etwas gespürt? Etwas gesehen? Oder war es "einfach" nur sein Herz? Wes übernahm sofort die Kontrolle, und Eowyn ignorierte die drei Neuankömmlinge (Arlen, Skit, Arkadi), konzentrierte sich voll und ganz auf Ian. Wes würde sich schon um die drei kümmern, und was interessierte sie momentan irgendwelches Gerede über sie beide? Vermutlich war es ohnehin schon im Gange.
Sie kniete vor ihm im Gras nieder, legte sachte ihre Hände auf seine Knie und sah zu ihm auf.
Ian, was ist los? Was ist passiert? Ist mit... Alisah alles in Ordnung? Kyran? Ist es dein Herz? Leise sprach sie mit ihm, gab sich dabei die allergrößte Mühe, ihre Sorge aus der Stimme zu tilgen. Ob das allerdings erfolgreich war... fraglich.
Versuch, ruhig zu atmen... Ja, vermutlich wusste er das selber. Ja, sie verhielt sich wie eine Idiotin. Aber... sie war hilflos. Was sollte sie schon anderes tun, außer ihm sinnlose Dinge zu erzählen?
Coruscant – Jedi-Tempel, Gärten, mit Wes, Ian, Arlen, Arkadi, Skit