[Coruscant-System | Coruscant | Obere Ebenen | Verhörzentrum des NRGD | Raum 101 | Lieutenant Commander Arkadi Duval, Nashana Delentes, Wachen (NSC)
Es war ein fataler Fehler der Gefangenen gewesen, Arkadis Entschlossenheit in Frage zu stellen. Für den blonden Agenten gab es kein Opfer, das zu groß war, kein moralisches Hindernis, das man nicht überwinden konnte, wenn es für den Fortbestand der Neuen Republik notwendig war. Die Nation, der er die Treue geschworen hatte, stand durch den C-Virus und die bloße Existenz des militärisch überlegenen Imperiums am Rande des Abgrunds und lief Gefahr, für immer vernichtet zu werden, und das konnte und wollte er nicht zulassen. Er musste tun, was getan werden musste, für die Sicherheit der Neuen Republik und ihrer Bürger gab es keine Alternative. Ein kleiner Teil von Arkadi, sorgfältig unterdrückt und an den Rand seines Bewusstseins geschoben, meldete leise Zweifel an, fragte, ob es richtig war, was in diesem Raum geschah, doch dieser Teil des kräftigen Menschen war de facto vor Jahren auf den Schlachtfeldern im Überlebenskampf gegen das Imperium gestorben, nur noch kümmerliche Reste blieben, ein Leichnam, den er schon bald vollständig begraben würde. Für das, was bevorstand, konnte er sich keine Schwäche, keine Unsicherheiten oder Skrupel erlauben, er musste stärker sein. Stark genug, um seine Aufgabe zu erfüllen. Nashana Delentes war, ohne es zu wissen, eine Prüfung für ihn. Die Togruta verkörperte die Schwäche, die die Neue Republik infiziert hatte, und diese Schwäche musste ausgemerzt werden. Es ging an diesem Punkt des Verhörs nicht mehr primär um Informationen, um die Wahrheit, und das wusste Arkadi. Für die Wahrheitsfindung war direkte Folter wenig nützlich, wohl aber für das Erpressen von Geständnissen. Sobald die Politikerin zugeben würde, dass sie eine Verräterin war, würden die Extremisten im NRGD sie als Beispiel dafür präsentieren, dass man die Kompetenzen und Rechte des Geheimdienstes dringend ausweiten musste, um ähnliche Fälle von korrupten und verräterischen Politikern zu vermeiden. Nicht länger würden Amtsträger sich sicher fühlen können und die Maßnahmen, die notwendig waren, verhindern. All die Bedenkträger und Zweifler würde man wenn nötig mit dem Vorwurf des Verrats und dem Beispiel von Nashana zum Schweigen bringen können und dann endlich würde die Gegenoffensive der Neuen Republik beginnen, würde man Bastion in einen Haufen Asche verwandeln, angetrieben vom gerechten Hass auf die Tyrannei. Die loyalen Bürger der Neuen Republik würden nicht mehr in der Angst leben müssen, dass Sturmtruppen ihre Häuser niederbrannten und ihre Familien ermordeten. All die Verbrechen des Imperiums würde gesühnt werden. Arkadis persönliches Gerechtigkeitsempfinden hielt es für angemessen, den C-Virus auf Bastion zu entfesseln und den Planeten dann unter Blockade zu stellen, um das Herz des Imperiums an seinem eigenen Gift ersticken zu lassen. Die Vision schuf ein schmales, kaltes Lächeln auf dem Gesicht des blonden Mannes, die Stunde der Vergeltung würde kommen. Wie auch Nashana zweifelte das Imperium an der Entschlossenheit der Neuen Republik und verhöhnte sie, nutzte ihre Mäßigung und Zurückhaltung aus. Doch was war gerechter? Aus falsch verstandener Moral zuzulassen, dass ein Übel wie das Imperium weiter existieren konnte, nur damit man sich gut fühlen konnte, oder zu tun, was notwendig war, auch wenn man sich dabei die Hände schmutzig machte? Eine Frage, die sich für Arkadi gar nicht erst stellte. Nashana Delentes würde das erste Opfer sein, das gebracht werden musste. In gewisser Weise sollte er ihr wohl dankbar sein, entschied Arkadi. Ohne irgendeine Gefühlsregung drückte er den Kopf der Togruta unter Wasser, wieder und wieder, und hämmerte verbal auf sie ein, sie sollte gestehen. Doch die ehemalige Ministerin gab sich widerspenstig und verweigerte das Geständnis, und so sah sich Arkadi gezwungen, die Zeit unter Wasser zu verlängern. Ein riskantes Vorgehen, mehrmals fiel die junge Frau den Rand der Bewusstlosigkeit und es trat das Phänomen ein, das in den Protokollen als „Entschweben“ bezeichnet wurde, der Blick der Nichtmenschin war glasig und abwesend und sie reagierte kaum noch auf äußere Reize. Viel konnte sie nicht mehr ertragen, da war sich Arkadi sicher, und so setzte er die Prozedur fort, sie durfte kein Zögern bemerken, wieder und wieder hustete die Politikerin Wasser.
Es kam, wie es kommen musste, als der Agent die Gefangene ein weiteres Mal unter Wasser tauchte, erschlaffte ihr Körper gänzlich. Konnte ein Trick sein, doch Arkadi ging auf Nummer sicher und zog sie wieder an die Luft, schüttelte sie und verpasste ihr eine Ohrfeige. Keine Reaktion. Rasch fühlte er nach ihrem Puls und Atem, beides schwach und schwächer werdend.
„Medizinischer Notfall!“
Brüllte Arkadi alarmiert, aber ruhig, es brachte nichts, in Panik zu verfallen. Er legte die Togruta auf den Kopfen, wobei er ihren Kopf leicht anhob, damit sie nicht erstickte, und begann mit der Herz-Rhytmus-Massage und Beatmung, während eine der Wachen einen kleinen Koffer öffnete und mit einer Spritze herantrat. Die Togruta schwebte am Rand des Todes, sie hatte das Bewusstsein verloren und ihr Herzschlag wurde schwächer und schwächer. Der Tod klopfte an die Tür.
„Sir, was, wenn sie stirbt?“
Erkundigte sich der Wächter nervös, was Arkadi mit einem kalten Blick quittierte. Man würde sich etwas einfallen lassen müssen, um das zu erklären. Suizid, ein Unfall, medizinische Komplikationen, ein missglückter Fluchtversuch, alles möglich, aber das würde unangenehme Fragen nach sich ziehen. Er brauchte die Politikerin lebend , gebrochen und geständig.
„Das wird nicht passieren.“
Der blonde Agent nahm die Spritze entgegen und setzte sie an. Hochkonzentriertes Adrenalin und Bacta, darauf zugeschnitten, Lebewesen von der Schwelle des Todes zu holen. Der Effekt war spektakulär, wie vom Blitz getroffen schnellte die Togruta hoch und spuckte Wasser und Blut aus, verkrampft saß sie da und atmete schwer. Arkadi stand auf und gab die leere Spritze dem Wächter zurück, der sie verstaute. Leise, aber in der Stille des Raums nicht zu überhören flüsterte Nashana, dass sie gestorben war. Schweigen herrschte, dann ging der Agent in die Hocke und nickte bedächtig, seine Stimme war ruhig und ein wenig weniger kalt als zuvor, als er sie ansah.
„Ja, das waren Sie. Ich habe Sie wiederbelebt.“
Auf ein Zeichen des ehemaligen Soldaten reichte ihm einer der Wächter ein Tuch, mit dem er sanft das Blut vom Gesicht und dem Hals der Gefangenen wischte. Arkadi hielt einen Moment inne, dann griff er nach einer Thermoflasche mit Tee, füllte ein wenig davon in den Deckel und hielt ihn Nashana an den Mund.
„Hier, trinken Sie ein paar vorsichtige Schlücke, das wird den Schmerz lindern. Ich weiß, dass Sie keinen Grund haben, mir das zu glauben, aber es sind keine Drogen oder Gift darin. Das hätten wir Ihnen schon längst verabreichen können.“
Arkadi blieb in der Hocke und legte die Hände aneinander, er machte eine bedeutungsschwere Pause.
„Sie hassen mich für das, was ich Ihnen angetan habe. Das ist gut. Alles andere wäre falsch. Sie sind stark, Miss Delentes. Stärker, als ich gedacht habe. Aber früher oder später werden Sie nicht mehr durchhalten können. Warum kooperieren Sie nicht einfach und gestehen? Sie würden sich viel Leid ersparen. Ich mache das wirklich nicht gerne, glauben Sie mir, sondern nur, weil es zum Schutz der Neuen Republik notwendig ist. Warum zwingen Sie mich, solche Methoden anzuwenden? Aus verletztem Stolz? Aus Angst? Geben Sie mir, was ich will, und all das hier endet sofort. Man wird Sie in eine bessere Zelle verlegen und Sie gut behandeln und ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass man Ihnen Gnade erweist.“
Der Agent griff nach dem Kinn der Gefangenen, bedeutend weniger grob als zuvor, und sah ihr in die Augen.
„Ich will Ihnen helfen, Miss Delentes. Aber damit ich das tun kann, müssen Sie erst mir helfen. Machen Sie es sich einfach, leiden Sie nicht unnötig. Wenn Sie gestehen, schieben wir Commander Zal den Großteil der Schuld zu und behaupten, er hätte Sie angestiftet und Sie hätten nicht genau gewusst, worauf Sie sich eingelassen haben. In ein paar Jahren könnten Sie wieder frei sein. Frei, verstehen Sie? Denken Sie darüber nach. Zwei Worte und es hört sofort auf.“
Arkadi stand auf und nickte den beiden Wachen zu.
„Unterbrechung des Verhörs. Helfen Sie ihr auf.“
Meinte er knapp und verließ den Raum. Er hatte ihr gezeigt, was Widerstand für Folgen hatte, nun musste er ihr auch eine Alternative anbieten. Er zählte auf den Effekt, den Folter hatte, das Täter und Opfer eine Art Beziehung eingingen und der Täter zugleich Schrecken wie auch der einzige Ausweg war. Zugleich schob er geschickt ihr die Verantwortung zu, indem er es so darstellte, als wäre es ihre Schuld und als hätte sie allein die Macht, ihr Leiden zu beenden. Die Tür schloss sich hinter dem Agenten und er begab sich einen abgeschirmten Konferenzraum und aktivierte die Komverbindung, einige Augenblicke später schien das Abbild von Commander Izari, der Bothaner hatte ihn aufgefordert, sich dringend zu melden. Arkadi nahm Haltung an, als sein Vorgesetzter ihm knapp zunickte.
„Duval. Fortschritte bei dem Verhör? Denken Sie daran, wir brauchen bloß ein Geständnis. Alles weitere sind Detailfragen.“
Arkadi räusperte sich leicht.
„Die Gefangene ist widerstandsfähiger als erwartet, aber ich komme voran. Ich werde Sie nicht enttäuschen, Sir.“
Izari schwieg einen Moment, dann nickte er knapp.
„Gut. Ich habe beunruhigende Nachrichten für Sie, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Zum einen wäre da ein Fall von unerlaubter Einreise, der sich heute morgen ereignet hat. Für sich genommen nichts dramatisches, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass die Täterin eine Formwandlerin ist. Eine Gurlanin, zumindest vermuten wir das. Sie hat versucht, die Streitkräfte zu täuschen und nach Coruscant zu gelangen, wurde aber enttarnt und befindet sich momentan im Arrest. Ein Team meiner Abteilung ist auf dem Weg. Momentan spricht nichts dafür, dass es eine IGD-Operation ist, aber wir müssen sichergehen. Sobald Sie mit Miss Delentes fertig sind, kümmern Sie sich darum. Persönlich.“
Die blauen Augen Arkadis funkelten und er straffte seine Haltung.
„Ja, Sir. Die zweite Nachricht?“
Commander Izari ließ sich ein Datapad reichen und studierte es kurz, sprach mit jemanden außerhalb des Sichtfelds des Holos und strich sich dann übers Kinn.
„Die zweite Nachricht, ja...die ist nicht minder heikel. Wir haben Informanten in den kriminellen Kreisen von Coruscant, und einer dieser Informanten wurde Zeuge eines Waffengeschäfts, bei dem eine „Xerrol Nightstinger“ erwähnt wurde. Sie haben davon noch nichts gehört, deshalb in aller Kürze: Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um ein neues Waffensystem des Imperiums handelt, einen Präzisionsblaster mit ungewöhnlichen Eigenschaften, der für den IGD entwickelt wurde. Für den Einsatz dieser Waffe ist ein spezielles Treibgas erforderlich. Zwei weibliche Chiss, die sich als Mitglieder der Black Sun präsentierten, haben versucht, von einem Waffenhändler namens Drakin in den Oberen Ebenen dieses Treibgas zu erwerben. Nach allem was wir wissen besitzt er es nicht, weshalb der Deal nicht stattgefunden hat. Entweder hat die Black Sun irgendwie Zugang zu diesem Waffensystem erlangt oder es handelte sich um eine Operation des IGD. Laut unserem Informanten sind die beiden Chiss bereits abgereist, aber ich habe dennoch ein Team entsandt. Sie werden Informationen sammeln und an Sie weiterleiten. Falls diese Chiss nochmal auftauchen, halten Sie sie auf. Die Streitkräfte sind informiert und haben Weisung, abfliegende Schiffe entsprechend zu prüfen. Das wäre vorerst alles. Sie sehen, Lieutenant Commander, unsere Arbeit ist wichtiger denn je. Die Schatten breiten sich aus und bedrohen den Ort, an dem es keine Dunkelheit gibt. Lassen Sie nicht zu, dass dieses Licht erlischt.“
Das Holo flackerte und verschwand und Arkadi prüfte sein Datapad, die entsprechenden Berichte gingen gerade in schriftlicher Form ein. Nachdenklich starrte der Agent auf den Bildschirm, dann verstaute er das Gerät und kehrte wieder in den Verhörraum zurück. Nashana saß auf dem Stuhl, die Wachen hatten ihr aufgeholfen und sie zu Atem kommen lassen und einer der Wächter nickte ihm knapp zu um zu signalisieren, dass die Gefangene soweit körperlich wieder in der Verfassung war, Fragen zu beantworten. Arkadi setzte sich ihr gegenüber und sah sie prüfend an.
„Miss Delentes, Sie hatten die Gelegenheit, nachzudenken. Ich habe Ihnen die Optionen aufgezeigt, die Ihnen zur Verfügung stehen. Gestehen Sie, und all das hat ein Ende. Oder weigern Sie sich, dann werde ich zu meinem Bedauern gezwungen sein, weiterzumachen. Zwingen Sie mich nicht dazu. Ihr Widerstand ist sinnlos und vergeblich, Sie bereiten sich selbst nur unnötiges Leid. Kommen Sie schon, wir wollen doch beide, dass das...“
Der Agent deutete auf den Eimer und griff dann nach der Hand der Gefangenen.
„...aufhört. Gestehen Sie, und es hört auf.“
Der Moment war gekommen, eine Wahl zu treffen.
[Coruscant-System | Coruscant | Obere Ebenen | Verhörzentrum des NRGD | Raum 101 | Lieutenant Commander Arkadi Duval, Nashana Delentes, Wachen (NSC)