Orbit von Coruscant – NBF ›Mercy‹ – medizinischer Bereich E, Wartebereich – Ganner, Juna, Sahra und Wes
Kaum dass sie ihn sah, fuhr sie ihre mentalen Barrieren hoch. Merkte Sahra nicht, wie furchtbar unhöflich das war? Deutlicher konnte eine Jedi einem anderen Jedi kaum seine abweisende Haltung kommunizieren, dabei kannten sie sich kaum. Er hatte ja nicht einmal Zeit gehabt, das Thema Hochzeit überhaupt anzuschneiden. Hoffentlich wollte Firedevs ihre Schwester nicht als Trauzeugin haben, denn der erste Eindruck in Natura, nicht über Holo, war nicht besonders gut.
Aber nun gut, da musste der Taanaber drüber stehen, er war schließlich nicht wegen der weniger schönen und netten Kenobi hier, sondern wegen eines Dilemmas. Ein Dilemma, das Juna hieß, um genau zu sein, einer jungen Frau, die dringend die Hilfe der Jedi brauchte, bei der aber die berechtigte Sorge bestand, es könnte sich um eine Falle handeln. Schlimmer noch, das musste noch nicht einmal die böse Absicht der jungen Frau sein, die ihn irgendwie an eine andere Rattataki, eine Padawan erinnerte – wobei die für Menschen irgendwie alle gleich aussahen.
Außerdem gab es hier noch einen Mann namens Ganner, offenbar ein Anwärter, der hier zur Aushilfe eingeteilt war, auch diesen begrüßte Wes mit einem freundlichen Nicken. Bei Sahra blieb er jedoch förmlicher, als es seine Art war, weil sie sich auch abweisender gab, als er es mochte.
»Aber selbstverständlich,«
Erwiderte er knapp und begrüßte den Padawananwärter.
»Schön, Euch kennenzulernen, Ganner.«
Schließlich stellte Sahra die Patientin in spe vor und Wes versuchte sich zu erinnern, was über Kom gesagt worden war. Juna Choway – von dem Namen war jedenfalls noch nicht die Rede gewesen, ansonsten wusste er auch noch nicht allzu viel, außer dass sie kein normaler Cyborg war, mehr eine Art Halbdroide, wenn das das richtige Wort war, mit Fernsteuermöglichkeit.
»Hallo Juna. Mein Name ist Wes Janson und ich bin hier, um Euch zu helfen.«
Wes war extra freundlich, weil die Frau einen etwas verstörten Eindruck auf ihn gemacht hatte, dem was von ihrem Gesicht noch übrig war zufolge jedenfalls. Er bekam keine Reaktion und das machte ihn stutzig. Die Ritterin sprach von den Reizungen, die die Bioschnittstellen auslösten, also trat Wes näher, um sich diese anzusehen. Doch da passierte etwas seltsames: Juna starrte in die Leere und sprach Sätze, die keinen rechten Sinn zu ergeben schienen.
»Juna? Wes Janson? Ich bin hier drüben?«
Warf er mit fragender Stimme in den Raum, aber nein, sie redete nicht mit ihm. Aber mit wem sonst? Entweder hatte die Frau eine Vision, oder sie war verrückt, oder die Implantate machten das mit ihr. In dem Fall stimmte er Kenobi absolut zu, dass diese so schnell wie möglich entfernt werden mussten. Ganner wäre wohl ein Techniker, was sie aber noch brauchten, war ein Chirurg. Junas Schmerzensschrei riss den Rat aus seinen Gedankengängen und ließ ihn vor Schreck hochfahren. Jetzt sah die Rattataki ihn mordlustig an, aus ihrem Cyborg-Arm ragte ein langes Messer, aber auch das ergab nicht wirklich Sinn. Die junge Frau versuchte sich selbst bzw. ihre mechanischen Komponenten daran hindern zu wollen, ihn anzugreifen? Sie mühte sich definitiv, ihren künstlichen Arm festzuhalten. Aber der Gesichtsausdruck passte nicht in's Bild. Da kämpfte nicht einfach nur eine Frau gegen ihre Cyborg-Komponenten, es war komplizierter.
Wes sondierte Junas Verstand, er wollte ihr einen kleinen mentalen Schubs geben, weg mit dem Hass. Aber das Gefühl war komisch, wie als ob er in's Leere griff. Es war nicht ihr Geist, ihre Seele, die ihn hasste; ihre Mimik wurde von etwas Anderem gesteuert, den Implantaten. Also konzentrierte der Rat sich auf die Implantate, sondierte diese. Sicherlich konnte er diese ebenso dazu bringen, ihn nicht mehr angreifen zu wollen, doch eine plötzliche Bewegung ließ ihn zurückweichen. Eine Klinge in den Bauch kriegen wollte er trotzdem nicht. Aber sie griff ihn nicht an, sondern langte auf ihren Rücken, um dann zusammenzusacken und umzufallen. Es war ein sonderbares Bild, eine Frau, die wie ohnmächtig da lag und ein Cyborg-Arm, der zuckte und zappelte, als wäre da ein Steuergerät defekt. Besorgt beugte er sich über sie und blickte in ein verängstigtes Gesicht. Heiser hauchte die Cyborg-Rattataki die Worte ›Helft mir‹ und streckte eine kraftlose Hand in Richtung von Sahra aus. Wes konnte nicht anders als dass ihm dieses junge Mädchen einfach nur furchtbar leid tat.
»Könnt Ihr aufstehen, Juna? Sahra und ich richten Euch auf.«
Als das erledigt war, fragte er die junge Dame, die nicht viel älter als 20 sein konnte:
»Was ist da eben geschehen?«
Außerdem begann er sich diese ominösen Implantate anzusehen. Er sprach seine Gedanken laut aus, damit alle auf dem gleichen Stand waren.
»Eine solche Art Cyberkomponenten habe ich noch nie gesehen, Ihr etwa, Ganner?«
Vielleicht wusste der Anwärter, der ein Ex-Militär war, ja etwas darüber. In den Kreisen hatten sie ja öfter einmal mit spezielleren kybernetischen Komponenten zu tun.
»Das sind jedenfalls keine industriell gefertigten, keine medizinischen Implantate.«
Er konzentrierte sich nochmals auf diese. Jetzt war dort nur wenig Aktivität zu spüren, verglichen mit dem kurzen Augenblick während Junas innerlichem Kampf, wo er angefangen gehabt hätte, diese zu sondieren. Da war ein sonderbares Gefühl, noch etwas anderes als einfach nur Technik.
»Ich hoffe Ihr nehmt es mir nicht übel, Juna, aber ich halte diese Arbeit für Pfusch. Normalerweise sollte es da keine solchen Reaktionen geben, keine solchen Rötungen, außer kurz nach dem Einsetzen. Das ist alles etwas sonderbar, wie die Arbeit eines Technomanten vielleicht?«
Wes sah in die Runde, um weiter nach der Funktion von Junas technischen Schaltkreisen zu geben – von denen es mehr gab, als man anfangs vermutet hätte.
»Bei der Macht, die haben ja eine ganze Menge von Euch ersetzt. Ich nehme an, Ihr werdet dauerhaft auf Implantate angewiesen sein, um zu überleben, aber nicht diese, versteht sich. Ich denke, das wird kompliziert. Was ihr bräuchtet wäre aus meiner Sicht einen Jedi-Heiler, der zugleich Chirurg ist und zugleich über meine technische Intuition verfügt, aber so eine Person gibt es leider nicht. Wir müssen mehr über die Funktionsweise eurer Cyborg-Komponenten herausfinden, Juna, und wie genau diese zusammenwirken, aber im Moment scheinen diese nur teilaktiv zu sein. Nachdem ich Euch in dieser Agonie erlebt habe wäre es das letzte, was ich Euch nochmals antun wollte, Juna – ich schätze, Eure mechanischen Teile nochmals kurz zu aktivieren ist keine Option?«
Eigentlich wollte er das der Ärmsten nicht nochmals antun, aber für eine schnelle Lösung wäre es das Beste. Nach allem, was Wes bisher gespürt hatte, waren das keine standardisierten, modularen Komponenten, sondern ein miteinander verwobenes Gewirr. Sie musste herausfinden, wie das alles zusammenhing damit sie wusste, in welcher Reihenfolge sie was entfernen bzw. durch harmlose Komponenten ersetzen mussten. Er kam näher, setzte sich neben und machte Anstalten, seinen Arm beruhigend auf Junas Schulter zu legen, dabei ihre Reaktion beobachtend.
»Wenn nicht, dann wird es ohne gehen müssen, aber es wird länger dauern und wir werden noch vorsichtiger vorgehen müssen. Ich nehme an, Ihr wollt sie schnell loswerden? Ich denke, ich könnte mit genügend Zeit auch herausfinden, wie man diese Dinger entschärft, aber ob man da von Tagen, Wochen oder Monaten sprechen müsste, könnte ich jetzt noch nicht sagen.«
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