Faith
Erons gute Seite
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Am nächsten Morgen war frühes Aufstehen angesagt. Faith hatte Yuno versprochen sie mitzunehmen, wenn sie den jungen Gale zu seiner Mutter zurück bringen würden. Sie war sich sicher, dass die Kleine eine glückliche Familienzusammenführung gut gebrauchen konnte und hoffte, dass es dem Mädchen etwas Perspektive und Hoffnung zurückgab. Ihre eigenen Eltern hatte man schließlich trotz intensiver Suche immer noch nicht auffinden können. An vielen Stellen der unteren Ebenen gab es einfach zu viel Chaos. Faith kam es oft vor, als hätte niemand wirklich Durchblick und einen handfesten Plan. Sie selbst hatte ja auch keinen. Die einzige Unterstützung, die sie leisten konnte, war zu helfen wo sie nur konnte und zu tun, was sie eben so tat. Neunzehn Jahre verbrachte sie auf einem Lazarettschiff im All. Neunzehn Jahre der Erfahrung und Entwicklung, die sie zu dem Menschen machten, der sie heute war. Das konnte sie nutzen um den hilflosesten der Hilflosen Beistand zu leisten – den Kindern.
„Lass mich das mal bitte ansehen“, sagte Faith behutsam. Sie deutete auf das linke Knie von Gale. Das junge Menschenkind war mit einer Wunde zu ihnen gebracht worden, von der keiner sagen konnte, woher sie kam. Er konnte – oder wollte – auch keine exakten Angaben dazu machen, was die Ursache für diese Verletzung war und begann herumzudrucksen wenn man ihn danach befragte. Worin der Grund letztendlich auch immer lag, unter dem Verband war eine deutliche rote Verfärbung zu sehen und er musste gewechselt werden.
Nachdem Gale es sich auf einer Liege bequem gemacht hatte und gelassen eine Inhaltsangabe irgendeines verrückten Traumes von letzter Nacht zum Besten gab, entfernte Faith konzentriert die erste Lage der Verbandstücher. Die Verletzung sah schon viel besser aus als noch am Tag zuvor. Es hatte sich zum Glück keine Verkrustung gebildet und auch eine Entzündung konnte sie ausschließen. Weder war etwas besonders gerötet, oder geschwollen, noch schien er irgendwelche Schmerzen an dieser Stelle zu haben.
„Sieht gut aus“, bescheinigte die Blondine. „Was?“, fragte Gale etwas verdutzt, da Faith ihn bei seiner Geschichte unterbrochen hatte. „Oh, das. Jaaah“, schloss er unbeeindruckt und fuhr fort. Lediglich ein kleiner Schnitt war zurückgeblieben. Ob sie es versuchen sollte? Chesara hatte es ihr beigebracht. Sie hatte Talent für die Heilung bewiesen, obwohl sie sich noch ganz am Anfang der Lehre zur fertigen Jedi befand. Entschlossen drückte sie die Augenlider aufeinander, atmete tief durch und versuchte sich mit der Macht zu verbinden. Sie musste sich immer noch konzentrieren, um ein Gefühl für ihre Umgebung zu bekommen. Was bei anderen schon wie selbstverständlich gelang und genauso instinktiv wie das Atmen lief, funktionierte bei ihr noch nicht immer auf Anhieb. Faith war sich ziemlich sicher, dass dies einer der Gründe war, warum Arlen zum Jedi-Ritter ernannt wurde, während sie selbst sich auf die Suche nach einem neuen Meister begeben musste. Zwar hatte sie nicht das Gefühl versagt zu haben, zufriedenstellend war dieser Umstand allerdings auch nicht gerade. Sie hatte ihre Talente, machte jedoch nicht auf allen Ebenen die größten Fortschritte. Unter anderem hatte sie immer noch einiges an Respekt vor dem Lichtschwert. Es war nicht so, dass sie damit allzu grobmotorisch umging, doch es war eine Waffe – und mit Waffen hatte Faith bekanntlich ihre Probleme. Egal wie gut ein Jedi sein Schwert zur Verteidigung auch gebrauchen konnte, die Padawan weigerte sich zu glauben, dass alles mit Waffengewalt gelöst werden musste. „…und dann kam dieser riesige Frozianer, der konnte seine Hand einmal ganz rum drehen!“ Die Augen immer noch geschlossen hob Faith ihre Hand über den Schnitt knapp unterhalb des Knies. Sie konnte die Wunde spüren, nicht durch Berührung, sondern in der Macht. Sie war ganz deutlich, ein Makel auf der natürlichen Haut dieses Kindes. Ein Makel, der sich Millimeter für Millimeter zu schließen begann.
Solch kleine Verletzungen zu behandeln mochte selbst für einige Padawan-Schüler eine der einfacheren Übungen sein, erst Recht wenn sie von einer der besten Heilerinnen des Ordens unterrichtet worden waren, doch Faith lächelte nach getaner Arbeit. Das Ergebnis sah gut aus, es hatte sich keine Narbe gebildet. Sie hatte es also doch drauf!
„Wie hast du das gemacht?“, fragte Gale in deutlich aufgeregter Manier. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass er aufgehört hatte seine Geschichte zu erzählen. „Nur ein kleiner Trick“, erwiderte sie und erhob sich. „Du kannst jetzt deine Sachen holen, wir sollten bald los.“ Mit offenem Mund schob sich der Junge von der provisorischen Liege und schlenderte von dannen, während er immer wieder verdutzte Blicke zwischen seinem Bein und Faith hin und her warf.
Sie selbst sah sich um und versuchte zwischen den spielenden Kindern die gelbe Twi’lek namens Yuno zu finden. Zum Glück machte ihre signalgleiche Hautfarbe die Angelegenheit etwas einfacher als es zunächst schien. Zusammen mit einigen anderen Mädchen spielte sie mit ein paar Puppen auf einem ramponierten Sofa. Während sich bei den anderen ein halbwegs fröhliches Antlitz auf dem Gesicht abzeichnete, schaute Yuno zwar wach, doch wie immer in Gedanken versunken drein, die melancholischer vermutlich kaum sein konnten.
„Fay!“ Ihre Miene hellte sich ein wenig auf, als sie Faith erblickte. Augenblicklich sprang sie von der Lehne, dessen fleckiger und zerrissener Stoff schon weit bessere Tage gesehen hatte, und umarmte das ältere Menschenmädchen auf Hüfthöhe. „Bist du soweit?“, fragte diese mit einem heiteren Zwinkern und konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen.
Als auch Gale zurückkam, bepackt mit einem Rucksack, in dem sich all seine Habseligkeiten befanden, verließ das ungleiche Trio das unscheinbare Gebäude, das noch vor ein paar Wochen nicht mehr als eine leerstehende Lagerhalle gewesen war, und stiegen in einen Airspeeder, der seinen Namen möglicherweise seit Generationen nicht mehr verdient hatte. Er war beinahe an jeder Stelle rostig, beide Türen knatschten unausstehlich und er wirkte eigentlich nicht so, als wäre er das sicherste Fortbewegungsmittel. Unglücklicherweise hatten sie nichts anderes. Die Organisation, die zu dieser Zeit völlig überlastet war, und der Faith sich in dieser Phase bereit erklärt hatte zu helfen, erledigte mit diesem halsbrecherischem Gefährt so gut wie all seine Geschäfte. Bis jetzt hatte der Speeder sie auch nicht im Stich gelassen.
Gale und Yuno nahmen ausgiebig tratschend auf dem Rücksitz platz, Faith startete die Motoren und dann ging es auch schon los. Mit einem Kreiselflug stieg sie in die Lüfte Coruscants, schlängelte sich in eine der überfüllten Luftstraßen und reihte sich in den wahnsinnigen Verkehr des überbevölkerten Stadtplaneten. Aus einer ihrer Westentaschen fischte sie einen kleinen Schnipsel Flimsiplast, auf dem die Adresse notiert war, an der sie Gales Mutter finden sollten. Zwar hatte Faith noch nie etwas von diesem Ort gehört, doch als sie eine einheimische Pflegekraft nach dem Weg gefragt hatte, bekam sie eine ziemlich genaue Wegbeschreibung. Es sollte sich um eine Parallelstraße zur Vos-Gesal-Straße handeln und nicht sehr schwer zu finden sein. Der Ort trug den Namen ‚Daring Bay‘…
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