Coruscant, Jedi-Tempel – Ratssaal – Rornan Elliundi und andere Räte – Talery und Brianna
Schlicht? Schlicht?!? Brianna fiel aus allen Wolken, als sie das Wort hörte – war das etwa alles, was Talery zu ihrem speziell angefertigten Lichtschwertgriff einfiel. Manchmal machte Schönheit nicht das aus, was man hinzufügte, sondern was man wegließ. Eiskristalls Griff war rein und effizient, frei von überflüssigem Ballast und die Echani konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es durch aufgepappte Strasssteine oder bunte Bildchen gewinnen würde. Allenfalls hauchfeine Gravuren konnte sie sich vorstellen, dafür fehlte ihr derzeit aber der Kontakt zu einer ausreichend talentierten Graveurin. Es musste ein organisches Wesen sein, das diese ausführte, kein Droide und keine Maschine. Es sollte Kunst sein, nicht Technik. Was Talery vorschwebte, war dagegen Kitsch und dafür hatte Brianna keine Verwendung. Sie wusste auch nicht, welche Botschaft ein derart verspielter Lichtschwertgriff aussenden sollte. Ein Lichtschwert war eine tödliche Waffe und früher oder später würde jemand durch ihre neue Klinge zu Tode kommen. Dies war eine sehr ernste Sache und keine, die sich durch einen ‚Servus Miezi‘-Aufkleber oder etwas ähnlichem abmildern ließe – im Gegenteil. In diesem Falle mochte Brianna die schlichte Eleganz, die Reduktion auf das Wesentliche, die wenigen, aber sauberen Linien, die Echani-Waffen ausmachten und sie glaubte, mit diesem Lichtschwert ein mustergültiges weiteres Exempel hinzugefügt zu haben.
Das Thema erörterten sie auch nicht mehr weiter beim Ortolaner. Die Silberhaarige freute sich darüber, ein zweites Abendessen in sich hineinstopfen zu können. Sie nahm auch so schon ab und am nächsten Morgen beim Schminken fragte sie sich, ob ihr Gesicht dünner wurde, oder ob sie sich das nur einbildete. Eine weitere wichtige Frage war gewesen, wie sie ihr Haar tragen sollte. Gescheitelt? Als Pferdeschwanz? Einfach nur durchgekämmt? Sie hatte das Gefühl, dass eine eher strenge Frisur vor dem Rat besser ankommen würde als wildes Haar, doch am Ende ließ sie ihr Haar doch, wie es war. Wahrscheinlich würden sich die erfahrenen Jedi dort eh nicht von derartigen Äußerlichkeiten blenden lassen.
Brianna ertappte sich dabei, sich Sorgen zu machen, Talery könnte etwas Falsches sagen. Von all den anwesenden Räten hatte Elliundi am meisten Eindruck gemacht, und auch den negativsten. Er symbolisierte, was ihr am Rat nicht gefiel: Prinzipien waren wichtiger als Personen, Strategien bedeutender als Schicksale, der Kodex mehr wert als alles andere. Doch ihre gerade-noch-Padawan machte sich gut, obwohl Brianna selbst wusste, dass es mit ihrer Geduld nicht immer weit her gewesen war. Trotzdem war sie der Ansicht, gute Arbeit geleistet zu haben, indem sie aus einem Caamasi-Küken eine respektable Ritterin gemacht hatte, und das war sie doch – auch der Rat würde dies sicherlich anerkennen. Die Silberhaarige erwiderte das Lächeln ihrer Freundin voll Zuversicht.
„Verehrter Rat, wenn ich dies kurz einwerfen dürfte: es wäre mir ein besonderes Anliegen, auch weiterhin im selben Heiler-Team eingesetzt zu werden. Auf diese Weise können wir unsere erfolgreiche gemeinsame Arbeit fortsetzen, es wäre schade und unseren Zwecken nicht dienlich, würden wir anlässlich der Beförderung auseinandergerissen,“
Warf Brianna kurz ein und versuchte dabei so meisterwürdig wie möglich zu wirken. Sie wollte die Aura einer Jedi-Meisterin ausstrahlen, sofern das irgendwie möglich war.
Dass Talery dem abwesenden Rat Janson dankbar war, half diesem vermutlich nicht viel, machte aber hoffentlich einen guten Eindruck auf die Anwesenden. Sie sollten ruhig sehen, was für eine mustergültige Jedi sie aus der Caamasi gemacht hatten. Und ja, sie war bereit für die Beförderung und es schien ihrer Noch-Meisterin, dass dies inzwischen zu fast hundert Prozent stimmte. Talery würde sehen, dass es nicht schlecht war, eine Ritterin zu sein. Brianna selbst hatte sich ja ebenfalls zunächst geziert und wollte längst keine Padawan mehr sein. Alles in allem schien es gut gelaufen zu sein. Oder, das war doch alles, nicht wahr?
„Euer Lichtschwert bitte, Padawan It'Kles.“
Talery tat, wie Elliundi ihr hieß. Der Quermianer beäugte die Waffe eine Weile kritisch, als gäbe es von außen irgendwas zu sehen außer dem Standardgriff, den Brianna sich auf Lianna von Radar aus dem Warenlager hatte geben lassen. Dann allerdings betätigte der Rat den Auslöser, und die violette Klinge erwachte zum Leben. Oh, es war wunderschön, der Rat musste das anerkennen, dachte Brianna. Wer so ein Lichtschwert hatte… Tatsächlich, die Räte nickten anerkennend und die Echani glaubte, bei der einen oder anderen leichte Bewunderung zu erkennen.
„Sehr schön,“
Erklärte Elliundi, Talerys Waffe immer noch in Händen haltend.
„Meisterin Thropp lobt Euch in den höchsten Tönen, Padawan. Sie betonte Eure Zuverlässigkeit und Eure Fähigkeiten als Heiler und bat mich explizit darum, Euch ihrem Team zugeteilt zu belassen. Der Rat teilt die Ansicht, dass Ihr Euch die Beförderung verdient hat und der Jedi-Orden kann stolz sein, nunmehr eine der wenigen verbliebenen Caamasi als vollwertiges Mitglied in seinen Reihen zu haben. Dies ausgesprochen…“
Der Quermianer trat nach vorne, bis er vor der Gefiederten stand, und gab ihr das Lichtschwert zurück.
„Ernenne ich Euch im Namen des Hohen Rates zur Jedi-Ritterin, Talery It'Kles. Möge die Macht mit Euch sein!“
Während die übrigen Anwesenden aufstanden und applaudierten, drehte sich Brianna zu ihrer nun ehemaligen Schülerin hin und drückte sie so fest, wie es für diese verträglich war.
„Herzlichen Glückwunsch, Talery,“
Flüsterte sie ihr ins Ohr und strahlte. Als das Klatschen verstummt war, wandte die Echani-Jedi sich wieder dem Rat zu und wurde in freudiger Erwartung scheinbar ein kleines Stück größer. Elliundi hatte sich inzwischen wieder gesetzt, wie die übrigen Räte auch. Brianna spürte, wie die Anspannung in ihr wuchs und die paar Sekunden Pause, während der Stille herrschte, schien sich unerträglich in die Länge zu ziehen. Wahrscheinlich konnte man ihr Herz im Raum pochen hören.
„Was die andere Sache angeht, um die Ihr uns batet, Ritterin Kae,“
Erhob Elliundi das Wort und Brianna versuchte, irgendwas aus ihm herauszulesen. Irgendwoher hatte sie plötzlich ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.
„Wir haben die Möglichkeit Eurer Beförderung im Rat diskutiert und uns die Sache nicht leicht gemacht. Nach reiflicher Überlegung kamen wir allerdings zu dem Schluss, dass es noch zu früh ist, Euch zu einer Jedi-Meisterin zu ernennen.“
Trotz des spontanen flauen Gefühls hatte die Echani nicht mit so einem Fazit gerechnet. Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen und versuchte, aus Elliundis nichtssagender Mimik etwas herauszulesen. Stellte er sie etwa auf die Probe? Vielleicht. So bemerkenswert die Echani-Fähigkeit war, Körpersprache zu lesen, so sehr war Brianna im Nachteil, wenn sie diese Möglichkeit nicht hatte und der Quermianer saß praktisch regungslos in seinem Stuhl.
„Entschuldigt, Rat Elliundi, wenn Ihr so dasitzt weiß ich nicht, ob Ihr Euch einen Scherz erlaubt oder es ernst meint,“
Entfuhr es der verdattert wirkenden fast-27jährigen.
„Es tut uns leid, doch wir meinen es tatsächlich ernst. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung Eurer Padawan habt Ihr uns zwar positiv überrascht, aber… Jedi-Meister ist ein hoher Rang innerhalb des Ordens, für den Ihr unserer Ansicht nach noch nicht reif seit. Vielleicht sind es die Echani-Gene… ich rate Euch, weniger impulsiv und ungestüm zu sein. Ihr solltet Gelassenheit lernen. Bis dahin bleibt Ihr eine Jedi-Ritterin.“
Briannas Gesichtszüge entgleisten vollends. Positiv überrascht… eine Padawan fertig auszubilden hatte traute man ihr also offensichtlich gar nicht zugetraut! Sie war geschockt und wütend – undankbar, das waren sie, alle miteinander!
„Das ist also der Dank? Aus dem Urlaub, in meiner Heimat zum ersten Mal in meinem Leben, habt Ihr mich geholt, zwangsweise. Alle anderen Angehöriger stark vom Virus gefährdeter Spezies hatten die Wahl, an einem anderen Ort eingesetzt zu werden, auch erfahrene Heilerinnen wie Meisterin Thropp, aber nicht ich! Ich habe die Kom-Nachrichten verglichen, die Ihr versandt hat! In der Zeit, die ich hier bin, habe ich die verwendeten Heilmethoden bereits erheblich verbessert, und die Pressefritzen habt Ihr mir auch auf den Hals gehetzt nicht wahr? Das Timing passte nämlich zu gut, um Zufall zu sein. Für all diese Dinge bin ich gut genug, aber für eine Beförderung nicht?!“
Platzte es aus der hitzigen Echani heraus.
„Beruhigt Euch! Ihr müsst Ruhe bewahren! Seht Ihr, genau das ist der Grund, warum wir Euch noch nicht befördern können,“
Entgegnete Elliundi auf unerträglich ruhige Art, so dass Brianna das dringende Bedürfnis verspürte, ihm einen Knoten in den lächerlich langen Hals zu machen. Es schien sogar den anderen Räten etwas zu viel zu sein. Eine Brianna unbekannte menschliche Rätin erhob das Wort.
„Brianna, versteht uns nicht falsch. Wir wollen Euch keine Streiche spielen oder Euch ausnutzen. Ihr wurdet nach Coruscant berufen, weil wir Euch dringend benötigen. Wir wissen Eure vielfältigen Talente sehr wohl zu schätzen und ginge es allein nach Euren Fähigkeiten, die Beförderung wäre Euch nicht zu nehmen. Ihr seit noch jung, Eure Zeit wird kommen, da bin ich mir sicher.“
Die Cereanerin, die sich über Holo ebenfalls zu Wort meldete, kannte Brianna. Das war Eleonore, die ihr bei der Standpauke wegen Denon auch schon deutlich sympathischer gewesen war als Elliundi.
„Du bist gerade erst seit zwei Jahren Ritterin, Brianna. Das ist keine sehr lange Zeit, normalerweise befördern wir niemanden so schnell zum Meister. Wir setzen dich nicht zurück gegenüber anderen Jedi, wir haben lediglich entschieden, dich nicht vorzeitig zu befördern. Du musst dir vor Augen halten, dass es die meisten Jedi-Ritter niemals zum Meister bringen. Ich kenne deine Heilerkollegen nicht, aber ist einer von ihnen Jedi-Meister, außer Alvaba?“
Brianna war gerade nicht in der Lage, geistig den Schritt zurückzutreten und sich klarzumachen, dass alle ihre Kollegen ebenfalls ‚nur‘ Ritter waren, die meisten davon schon länger als sie.
„Kestrel wurde auch so schnell befördert,“
Entgegnete sie trotzig, ungeachtet Eleonores Worte, mit hochrotem Kopf.
„Meisterin Kestrel Skyflys Beförderung hat nichts mit dieser Entscheidung zu tun. Damals gaben nicht zuletzt bemerkenswerte Tapferkeit unter den extremen Umständen ihrer Sith-Gefangenschaft den Ausschlag, wenn ich mich recht erinnere,“
Meinte nun wiederum Elliundi.
„Gerade so als ob ich nicht ebenfalls dabei gewesen wäre!“
Brummte Brianna leise. Es war unklar, ob die Räte sie gehört hatten, und es war ihr auch egal. Deren Entscheidung stand fest und nichts was sie sagte, würde etwas daran ändern. Dafür wäre ihr Gesichtsverlust viel zu groß – außerdem wollte die Echani nicht so verstanden werden, als ob sie mit der schnellen Beförderung ihrer menschlichen Freundin nicht einverstanden wäre.
„Nun denn, ich danke Euch für Eure Zeit!“
Brianna drehte sich um und verließ den Raum. Wie sehr ihr der Dank von Herzen kam, war ihr deutlich anzuhören.
„Bitte nimm' es nicht so schwer, Brianna!“
Vernahm sie Eleonores Stimme, bevor sie außer Hörweite war. Alles andere ging durch das Zischen diverser Türen unter.
„Wir sind spät dran für unsere Schicht. Mit dem Frühstück wird es knapp, fürchte ich,“
Meinte Brianna im Turbolift zu ihrer nunmehr Ritterkollegin Talery. Tatsächlich reichte die Zeit nur noch, eine Bestellung beim Ortolaner aufzugeben, welche dieser per Droide in Saal 23 der medizinischen Abteilung liefern würde. In Briannas Falle würde ein Droide wohl nicht einmal ausreichen, so umfangreich fiel ihre Wunschliste aus.
Abgesehen davon sagte Brianna kein Wort auf dem Weg in die Krankenstation oder in der Umkleide. Nachdem ihr Blut aufgehört hatte zu schäumen dämmerte ihr nämlich langsam, dass sie mit ihrem Auftritt vor dem Rat jede Chance, auf absehbare Zeit Meisterin zu werden, ruiniert hatte, so es überhaupt eine gegeben hatte. Diese Erkenntnis machte ihr noch wesentlich mehr zu schaffen als die Nicht-Beförderung, so dass es für sie auch keine freudige Überraschung war, dass die Belegschaft des Saals bei ihrem Eintreffen alles stehen und liegen ließen, um zu gratulieren. Mit einigem Abstand befand sich auch Okin im Raum, in Begleitung von zwei Frauen, die sie nicht kannte (Siva, Lucia). Instinktiv wich sie vor der Menge zurück und beobachtete von hinten, wie ein 2-1B-Droide eine Torte mit Geschirr, das wie zweckentfremdete medizinische Utensilien aussah, auf einem OP-Wagen hereinfuhr.
„Was ist denn mit Brianna los?“
Fragte eine besorgt wirkende Deife Talery.
Coruscant, Jedi-Tempel – Medizinische Abteilung, Saal 23 – Heiler-NPCs, Siva, Lucia, Okin, Talery und Brianna