Coruscant – Jedi-Tempel, Nabooanische Kantina – diverse speisende Jedi sowie Bailee und Brianna
Bailee und Brianna hatten wahrscheinlich eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung der Zeit, in der sie getrennt gewesen waren. Für die Echani war es eine Menge Aufregung, Nervenkitzel und auch Ärgernisse gewesen. Für Langeweile hatte sie keine Zeit gehabt im Sith-Tempel und danach. Für ihre Padawan sah es leider anders aus. Brianna hatte sich vorgestellt, dass die Nautolanerin eine gute Zeit mit Talery verbringen würde, was leider nicht geklappt hatte. Im Grunde konnte die Silberhaarige dankbar sein, nicht geahnt zu haben, wie wenig das klappen würde, sonst hätte sie sich um ihre zweite Padawan ebenfalls noch die ganze Zeit gesorgt, zu allem anderen noch obendrauf.
Die Unterschiede zeigten sich insbesondere darin, dass Bailee sich noch ganz genau an Einzelheiten von vor der Mission erinnern konnte, wohingegen Brianna vor allem die Arbeit auf der Krankenstation und das Echani-Yoga einfiel. Sie wusste rein gar nicht, in welchem Zusammenhang ihr kleines Tentakeltierchen mal angedroht hatte, sie an's Bett zu fesseln, ließ sich das aber nicht anmerken.
„Ich brauch' keinen Arm um dir trotzdem zu entwischen,“
Entgegnete die Echani und grinste keck zurück. Das konnte sie ruhig versuchen. Angesichts ihrer Körperkraft wäre so ein windiges Bettchen gar nicht stabil genug, um sie davon abzuhalten, ihren Bewegungsdrang zu befriedigen. Da freute es sie, dass sie ihre Padawan erfolgreich animiert hatte, mehr Sport zu treiben, und sich das auch bereits in ihrer Fitness bemerkbar machte.
„Das ist schön. Das wichtigste ist, dass es dir gut tut. Auch das wichtigste ist, dass du fit genug bist für das, was auf dich zukommt in der Ausbildung der mir,“
Drohte Brianna scherzhaft – Gegenherausforderung ausgesprochen. Gut, Talery hatte sie auch nicht so hart dran genommen, das hätte auch gar nicht ihrem Naturell entsprochen, und Bailee würde auch nicht auf allen Vieren aus dem Trainingsraum kriechen müssen – solange sie sie nicht ärgerte.
Schade war, dass der Rat Bailee so hatte hängen lassen – aber andererseits, was hätte sie erwarten sollen? Die Rätinnen, denen sie vertraute, waren entweder mit von der Partie oder auf Langzeitmissionen unterwegs. Aber sie wollte sich ihr Misstrauen dem Rat, Elliundi, Janson und Co, nicht so sehr heraushängen lassen.
„Ich kann mir vorstellen, dass es im Orden drunter und drüber geht wegen der Viruskrise und allem, gerade in den höheren Gefilden. Schätze, das bist du einfach untergegangen. Ich konnte auch nicht großartig was für dich vorbereiten, es musste alles relativ spontan über die Bühne gehen,“
Erklärte Brianna, die sich nicht bitten lassen musste, um das Essen, das scheinbar doch nicht nach Babynautolanerinnen aussah, zu verschlingen. Sie musste die Vorstellung aus dem Kopf bekommen. Und außerdem nach der klassischen Naboo-Küche fragen, die sie kannte, wie Döner vom Dönertier. Von so einem Teller wurde sie ja eh nicht satt, schon gar nicht, nachdem Bailee so viele von den Tintenfischdingern weggefuttert hatte.
„Ich kann dir auch einfach nur was voressen in dem bisschen Zeit, das ich verfügbar habe.“
Kestrel konnte nicht unendlich warten. Sobald alles geregelt wäre und Brianna halbwegs gesund geheilt war, würde sie abfliegen müssen. Dass der Jedi-Orden keinen weiteren Versuch unternommen hatte, sich ihre Tardis unter den Nagel zu reißen, war ein gutes Zeichen, auch wenn sie ihr eigenes Schiffchen lieber nicht verwenden – und wenn es schlecht lief opfern – wollte.
„Ehrlich gesagt hätte ich fest damit gerechnet, dass sie es tun und irgendwo in der Requisitenkammer des Tempels ein Neoprenanzug liegt, der außer mir eh niemand passt,“
Vermutete die Echani, der ja umgekehrt auch nie etwas von der Standardausrüstung passte bei ihren muskulösen Schenkeln. Auch nicht, wenn sie die Hosen drei Nummern größer nahm als die Oberteile… sowas gab's schlicht nicht.
Entweder war nicht klar, was Brianna mit Schlossknackerdingern meinte, oder Bailee wollte sie nochmals hochnehmen.
„Naja, Elektronische Dietriche halt. Hast du mit sowas schon zu tun gehabt oder kannst du dich damit vertraut machen? Sonst muss ich jede Tür im Sith-Tempel eintreten und das wäre nicht gerade unauffällig.“
Die Nautolanerin schien damit zu rechnen, dass sie das Vorhaben bald auf die imperiale Fahndungsliste bringen würde. Das hielt die Silberhaarige wiederum nicht für sehr wahrscheinlich, beruhigen konnte sie ihre Padawan damit aber nicht.
„Nö. Entweder wir kommen da ungesehen rein und wieder raus oder wir sind tot. Beziehungsweise ich bin tot und du landest in demselben Kerker im Sith-Tempel wie Kestrel. Mit sowas Profanem wie gewöhnlicher Polizeiarbeit geben sich die Sith nicht ab, das läuft da anders.“
Doch Bailee machte keinen Rückzieher, im Gegenteil. Sie erzählte ein wenig von Felucia und den Dingen, die Brianna nicht mitbekommen hatte und es schien, als wäre ihr eine waghalsige Rettungsmision zusammen mit der Echani viel lieber als alles, was ihr vielleicht sonst blühen konnte.
„In Ordnung, dann kommst du einfach mit – ich hab sowieso nur eine höchst inoffizielle Erlaubnis des Rates mit der Ermahnung, bloß nicht alleine zu gehen – wobei sie da nicht dich im Auge hatten. Das hatten sie ja scheinbar generell nicht. Aber gut, in dem Fall kann ich auch nicht vom Rat als solches sprechen… am besten, niemand erfährt so ganz genau, mit wem du wohin gehst.“
Grundsätzlich war die Nautolanerin auf die Katakomben vorbereitet – soweit frau sich dafür vorbereiten konnte.
„Keine Sorge, so eklig ist es da nicht. Wenn dir Höhlen an sich nichts ausmachen, K'lorschneckenschleim und das gelegentliche Skelett einer unglückseligen Jüngerin, mehr erwartet dich da nicht. Es ist eher die erdrückende Präsenz der Dunklen Seite, ich weiß nicht, ob du die schon einmal so wirklich gespürt hast? Ich hab aber ein Schutzamulett, das ich dir notfalls geben kann, reinwärts zumindest. Auf dem Rückweg möchte ich es Kestrel geben.“
Nun forderte Bailee ihre Meisterin ganz direkt zum gemeinsamen Training auf – was Brianna schon angedeutet hatte, worauf ihre Padawan aber nicht so richtig angekommen war. Gut, da rannte sie offene Türen ein. Ihren Sport brauchte die durchtrainierte Echani sowieso und sie konnte es durchaus so einrichten, dass es für sie sehr viel anstrengender würde als für Bailee. Sie würde ja trotzdem noch fitter hinausgehen als ihre Padawan.
„Okay, wir können uns am späten Nachmittag nochmals treffen, dann machen wir Lichtschwertgrundlagen, mit dem Schwerpunkt auf Verteidigung. Du musst ja niemand in Nullkommanix umhauen können, es reicht wenn du dir die Sith vom Leib halten kannst bis ich da bin. Verheizt wird hier niemand, ich nehm' dich nirgendwohin wo ich denke, das ist dein sicherer Tod,“
Meinte Brianna. Sie fand, dass sie gute Chancen hatten, ungesehen über die Katakomben rein- und wieder rauszukommen. Aber falls sie dort unten wem begegneten, würde es sofort auf Leben und Tod gehen, und das sollte nicht Bailees Tod sein, keinesfalls.
Nach dem Essen fragte die stets hungrige 28jährige nach Naboo-Döner, bekam aber nur zwei Fischsemmeln. Na gut, besser als nichts, sagte sie sich, es würde sie zumindest ihre Kiefer bis zum Krankenhausmittagessen beschäftigt halten. Nach diesem hatte sie eine weitere Heilsitzung mit Usara. Eigentlich wollte Brianna sich ihrem Arm gemeinsam mit der anderen Heilerin annehmen, doch die verbot es ihr. Sie sollte sich schonen usw. usw., gerade nach der Nacht. Dabei ging es ihr doch gut! Bis auf die Folgen des Gifts und der Machtblitze halt, aber das würde sich auch noch geben. Verstand sie nicht, dass sie keine Zeit hatte? Selbst wenn Kestrel nicht auf sie wartete, wäre es die reinste Folter für die Echani gewesen, im Krankenbett zu bleiben und sich ruhig zu verhalten. Also machte sie sich aus dem Staub, sobald sie die Nachrichten auf ihrem iKom geprüft hatte. Von ihren Präsenzen in den sozialen Holonetzen hielt sie sich lieber noch fern – sie vermutete, dass sie das nicht verkraften würde. Was sie dort erreicht hatte, hatte sie ja so mehr oder weniger alles weggeworfen. Opfer bringen, wie Ahna es ausgedrückt hatte.
Sie konnte nicht anders, als an dieses letzte Gespräch mit der Pau'anerin zu denken, das sie geführt hatten, kurz vor dem letzten Gefecht auf Kast. Wenn sie sich vorstellte, dass sie sich jetzt im Bett auf der Krankenstation herumwälzen müsste und alle Zeit der Welt hätte, nachzugrübeln, was sie vielleicht anders hätte machen können, ob es einen anderen Weg gegeben hätte, als dass die Rätin sich selbst opferte. Mit dem Schutzmedaillon vielleicht? Oder wenn Brianna schneller gewesen wäre und Allegious mit einem Lichtschwerthieb mehr an dem hindern hätte können, was er als letzte schlechte Tat seines Lebens gemacht hatte. Falls es eine Machtkraft gewesen war, natürlich, aber hatte Janus am Schluss nicht etwas Ähnliches ausgelöst?
Er war es, zu dem sie wollte. Inzwischen musste er ja wohl erwacht sein, und Brianna wollte gar nicht, dass er schon wieder bei Kräften war. Er sollte noch so schwach wie möglich sein und möglichst wenig Widerstand leisten können, denn sie brauchte Informationen. Informationen, die er besaß, schließlich war er derjenige, der die arme Kestrel und ihre Verbündeten gefangengenommen hatte – und sie würde sie auch bekommen.
Er war woanders in der Intensivstation untergebracht, weit weg von Eowyn, in einem Raum, der sich gut schützen ließ. Am Eingang warteten zwei Wächterinnen, was Brianna überraschte. Sie hätte nicht erwartet, dass die Schatten sich hier die Butter vom Brot nehmen ließen… oder es waren insgeheim Schatten. Die Schatten waren so geheimnisvoll, nach wie vor hatte sie keine Ahnung, wie viele von ihnen es überhaupt gab, sie fand nur immer wieder einmal heraus, wer alles dazugehörte. Aber es war nicht immer ganz klar. War Elise zum Beispiel eine Schatten? Oder JK?
Es erforderte eine kurze Diskussion, um Zugang zu dem Raum zu bekommen. Sie musste damit drohen, zu Eowyn zu gehen und sie rund zu machen und winkte mehrfach damit, dass Janus ja eigentlich zuallerst ihr Gefangener sei, aber schließlich, nachdem die irgendwas über Kom ausgetauscht hatten, bekam sie den Zutritt.
Brianna fühlte sich seltsam, ihr war fast ein bisschen mulmig, den Raum zu betreten. Wie würde es sein, ihn wiederzusehen, Janus den Lügner und Verräter? Wie würde es sich anfühlen, dass Ahna tot war und er hingegen leben durfte? Sie bereitete sich auf eine deftige Begrüßung vor, die sie ihm an den Kopf werfen konnte, aber da war niemand, bei dem es sich lohnte. Die Worte konnte sie sich sparen. Seine dunkle Präsenz war immer noch schwach wie nie, er lag reglos auf dem Bett und war an unzählige Geräte angeschlossen, die schwache Vitalfunktionen anzeigten. Es ging ihm also immer noch nicht besser. Misstrauisch prüfte die Echani, was in den Infusionen war und was die Geräte im Einzelnen machten. Nein, sie hielten ihn nicht absichtlich in dem Zustand, in dem er so harmlos wie nur möglich war.
Harmlos, das war ein komischer Begriff, um Janus damit zu bedenken, aber so wie er dalag, ruhig, das Gesicht friedlich, es passte. Es passte nur nicht zu ihm, zu den Janus, den sie inzwischen kannte. Das war mehr wieder der junge Schüler von Loronar, von Korriban, als der Sith-Lord, nur schrecklich entstellt. Die Haut seines einst so ansprechenden Gesichts war geschwärzt, die Haare weggeschmaucht. Sie konnte nicht anders, aus morbider Neugier musste sie sich den Bauch ansehen, wo Eowyns Lichtschwert ihn durchbohrt hatte. Es war erschreckend, und Brianna ertappte sich dabei, wie sie ihre Freundin dafür schalt, ihn so zugerichtet zu haben. Dass er das nicht verdient hätte.
„Oh doch, du hast jedes bisschen davon verdient,“
Sagte sie leise zu ihm und sah ihn böse an. Ihr Verstand wusste, dass es so war, aber sie fühlte sich nicht danach. Sie wollte ihn nicht so sehen. Ihr Kopf sagte ihr auch, dass sie nur egoistisch war, dass sie dem nachtrauerte, was ihr entgangen war, was vielleicht hätte sein können. Aber so fühlte sich nicht egoistisch. Sie waren doch füreinander bestimmt gewesen, sie für ihn, er für sie. Sie hätten eine andere Zukunft verdient gehabt, weit weg von Jedi oder Sith, das spürte sie. Wenn es jemals einen Mann für sie gegeben hätte, er wäre es gewesen. Nur ein Halbechani, kein reines Blut, es hätte keine Rolle gespielt.
„Das ist nicht real, das bist du nicht,“
Sagte die Silberhaarige, wie um sich selbst zu überzeugen. Der echte Janus hatte nichts mit dem gemeinsam, den sie sich gerade vorstellte. Er war auch nie so gewesen, nicht einmal am Anfang, sie wollte es nur nicht wahrhaben. Brianna wollte, dass sein Gespinst aus charmanten Lügen der Wahrheit entsprach, dass es wirklich so hätte sein können, und vielleicht war es auch so? Vielleicht gab es einen Teil in ihm, ganz tief drinnen, der immer noch gut war, der all diese Dinge wirklich gewollt hatte, die er vor ihr ausgebreitet und mit der er sie geködert hatte. Ihr Hirn sagte nein, nicht das kleinste bisschen ihn ihm war nicht verdorben, doch ihr Herz sagte etwas anderes und sie vergoss bittere Tränen über denn Mann der verantwortlich war für Kestrels Schicksal, oder über ihren bevorstehenden Tod.
Coruscant – Jedi-Tempel, medizinische Abteilung – Intensivstation, Janus' bewachtes Krankenzimmer – Wächter:Innen vor der Tür, Janus und Brianna drinnen