Schluss mit lustig: Der 'nette Herr Wolff' hat mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff hat sich nach dem silbernen Debakel in Spa klar positioniert und seinen Fahrern zum Auftakt des Italien-GP eine unmissverständliche Ansage gemacht: Keine Teamorder, aber: Wer crasht, fliegt!
Im vergangenen Rennen war Nico Rosberg seinem Teamkollegen Lewis Hamilton ins Auto gefahren, der Engländer fiel ans Ende des Feldes zurück und beendete das Rennen schließlich vorzeitig – mit null Punkten. Eine Katastrophe für das ambitionierte Mercedes-Team, das in diesem Jahr nur ein Ziel hat: Endlich den lang ersehnten Konstrukteurs- und Fahrertitel zu holen. Wolff, Teamchef Paddy Lowe und Aufsichtsrats-Boss Niki Lauda nahmen sich die erbitterten Streithähne einige Tage später auf einer Krisensitzung zur Brust und bläuten dem Duo ein, dass ein erneuter Zusammenstoß nicht mehr toleriert würde
"Wir haben beiden sehr deutlich gemacht, dass das für uns ein inakzeptables Szenario ist. Wir wollen, dass das nie mehr passiert", sagte Wolff der BBC. Sollten sich die Fahrer nicht im Griff haben, hätte das ein personelles Nachspiel. "Wir müssten Entscheidungen treffen und die Konsequenz ziehen, eine andere Fahrerpaarung zu haben. Wenn wir es nicht managen können, dass die beiden dem Mercedes-Benz-Spirit folgen, müssen wir das in Betracht ziehen."
Wolff: "Wir würden wie Deppen aussehen"
Der Erfolg des Teams stehe unwiderruflich über den persönlichen Ambitionen der Fahrer, stellte Wolff klar. Und trotz der momentanen Dominanz sei die WM noch lange nicht in trockenen Tüchern. "Man stelle sich vor, wir würden jetzt Probleme mit der Zuverlässigkeit bekommen und die Vorfälle auf der Strecke würden so weiter gehen", orakelte der 42-Jährige im Gespräch mit 'Formula1.com'. "Dann würden wir nach Abu Dhabi kommen und die Weltmeisterschaft noch nicht gewonnen haben und sie dort vielleicht sogar verlieren. Wir würden wie Deppen aussehen, wenn wir die Titel so aufs Spiel setzen würden. Und wir wollen diese Weltmeisterschaften gewinnen, das ist unser Ziel."
Dass Rosberg nach dem Crash in Spa mit wüsten Formulierungen öffentlich an den Pranger gestellt wurde, befand Wolff auch im Nachhinein für richtig: "Wahrscheinlich hätten Niki und ich ein bisschen weniger aufgewühlt sein können. Aber Emotionen haben das Team dorthin gebracht, wo es jetzt ist. Sie haben einen sehr positiven Effekt auf uns. Und manchmal bricht es eben aus uns heraus", so der Österreicher. Dass Rosberg auf der Strecke in der Regel so vernünftig und besonnen fahre, habe in der Situation sein Übriges getan. "Dass so ein analytischer Fahrer eine solche Situation heraufbeschwört, wenn beide schon so lange Jahre gegeneinander gefahren sind, war einfach unvorstellbar – fast unglaublich. Es war ein surrealer Moment."