Tja, dann will ich das Spiel von gestern auch mal ein wenig kommentieren.
Mein "Verhältnis" zu den Bayern ist ja doch etwas gespalten. Einerseits bevorzuge ich es national ganz klar, wenn ein anderes Team gewinnt, andererseits spielen bei Bayern natürlich viele Spieler, die ich sehr mag und denen ich so einen CL-Titel auch gönnen würde.
Und so muss ich sagen, dass ich auch eine gewisse Leere in mir verspüre,....nicht so schlimm wie nach den Niederlagen in den letzten drei Turnieren der Nationalmannschaft aber doch durchaus spürbar.
Ich dachte in den Tagen vor dem Spiel, dass es mir relativ egal wäre, wie das Spiel ausgeht....im Falle der Niederlage bliebe ja zumindest die Häme über Vize-Bayer(n), aber jetzt muss ich sagen, dass ich darauf so gar keine Lust habe....
Am Ende wird man dann doch mitgerissen -auch wenn man sich klar macht, was es für die Geschichtsbücher des Vereins bzw. Fußballs bedeutet, wenn speziell dieses CL-Finale gewonnen wird- und man kann sich dann doch nicht von den Spielern distanzieren (speziell Schweinsteiger hat mir nach dem Spiel richtig leid getan) und es auf den national ungeliebten Verein abstrahieren.
Dennoch muss ich sagen, dass die "unerklärlich, unglaublich, ungerecht...etc..." - Aussagen der Kommentatoren imo absolut unangebracht waren.
Bei den Chelsea-Spielen gegen Barca ist es vorstellbar, dass solche Kommentare gerechtfertigt waren (hab die Spiele allerdings nicht gesehen), aber Bayern war gestern sicherlich nicht so dermaßen zwingend und überlegen, dass es "unglaublich" ist, dass sie das Spiel nicht für sich entscheiden konnten.
So sehr ich Thomas Müller mag und so sehr ich mir gewünscht hätte, dass es das Siegtor gewesen wäre, ein Beispiel von großer Fußballkunst war es dann nun doch auch nicht....halt irgendwie den Ball mal ins Tor gebracht....wie man sich als Chelsea-Fan gefühlt hätte, wenn ausgerechnet das nun der Siegtreffer gewesen wäre, ist denke ich auch gut vorstellbar....
Ein Wort zur Attraktivitäts-Diskussion:
Was es so schwer macht Bayern wirklich zu mögen, ist dass die Titel der letzten etwa 10 Jahre zumeist mit einen Stil errungen wurden, der so attraktiv nun auch nicht war und nicht so wirklich begeistern konnte.
Richtig klasse fand ich das Spiel der Bayern bisher eigentlich nur im ersten Halbjahr 2010....das hat großen Spaß gemacht das anzuschauen.
Spielt Bayern momentan schön? Naja also nachdem was ich schön finde und was ich im Fußball gerne sehe, würde ich sagen es ist ok ... aber es ist denke ich weit von dem entfernt was die Spieler von Bayern spielen könnten.
War das Spiel von Chelsea schön? Also direkt unattraktiv fand ich es jetzt nicht, war durchaus fasziniernd anzuschauen, wie Chelsea das gemacht hat.
Der Trainer kann da m.E. mit dem Spiel seiner Mannschaft auf jeden Fall voll zufrieden sein.
Und natürlich ist es einfach ein Ärgernis, dass beständig versucht wird das Spiel mit dem Vollpfosten-Scheinargument der Unattraktivität von außen zu manipulieren.
Wieso sollte denn eine Mannschaft einen Spielstil wählen mit dem die Chance auf einen Triumph deutlich geringer ist, wieso sollte eine Mannschaft auf ihre beste und stärkste Waffe verzichten um ein Spiel für sich zu entscheiden? Das macht doch keinerlei Sinn.
Und in den letzten Jahren hat sich doch nun wirklich häufig genug gezeigt, dass eine massive und robuste Abwehr gegen Mannschaften wie Barca, Spanien oder Deutschland eine sehr erfolgversprechende Methode ist so ein Spiel anzugehen....warum sollte man sich denn stattdessen bei den Versuch "mitzuspielen" überrennen lassen?
Was die Diskussion um die gesperrten Spieler angeht, so war denke ich zu sehen, dass sich das weder bei Chelsea noch bei Bayern dramatisch ausgewirkt hat.
Speziell Tymoshchuck und mehr noch Contento haben ihre Sache imo so gut gemacht, dass man sie gesondert loben kann.
Nun ein Wort zu Mario Gomez:
Ja, Gomez macht viele Tore, aber es ist imo ein Fehler ihn nur nach den geschossenen Tor zu beurteilen, -jetzt die anderen spielerischen Eigenschaften mal außer acht gelassen- muss man auch sehen welche Tore er gerade nicht macht.
Während der EM gab es viel Spott wegen der in den Himmel gejagten Top-Chance, in der Zeit danach wurde und wird dann gerne so getan, als wenn das Vergangenheit wäre, in Wirklichkeit vergibt er mit einer gewissen Regelmäßigkeit ja weiterhin sehr gute Chancen.
Und so hat man eben auch gestern Abend den Unterschied zwischen Gomez und einem Topstürmer alter Schule (nennen wir es mal so) wie Drogba gesehen: Wenn Gomez an den Ball kommt, kann der Ball überall hingehen, wenn Drogba an den Ball kommt, ist der Ball im Tor.
Unerträglich wird es dann wenn Hoeneß und Heynckes nach dem Spiel mal wieder das "Wir waren aber doch das bessere Team"-Mantra auspacken.
Klar mag das ne Trotzreaktion, ein gewisser Trost oder auch besonders ärgerlich sein, und klar mag Bayern in allen Statistken vorne gelegen haben, doch harte Punkte gibt es dafür nunmal nicht.
Fußball ist ein eben ein einfaches Spiel, dass dadurch entschieden wird, dass der Sieger wenigstens ein Tor mehr auf dem Konto hat als der Verlierer.
Und wenn man dann wenigstens ein Tor weniger hat, ist das irgendwie schon ein Indikator dafür dass man nicht die bessere Mannschaft war.
Genauer: Wenn Gomez, Olic und Co gefühlt ein Dutzend (guter) Chancen vergeben, wenn Neuer nicht die Hand zwischen Ball und Tor bekommt, wenn Robben einen Elfmeter verschießt und wenn Olic und vor allem Schweinsteiger beim Elfmeterschießen die Nerven versagen (und wohl viele Spieler schon so ne Angst hatten, dass sie gar nicht erst antreten wollten), dann ist man in den entscheidenden Situationen eben gerade nicht die bessere Mannschaft.
Naja und ob ich Heynckes die Wadenprobleme von Thomas Müller abnehmen soll, weiß ich auch nicht so recht,... ist schon ein "glücklicher" Zufall, dass die Wade erst Probleme gemacht haben soll, nachdem er das vermeintliche Siegtor geschossen hat, das Heynckes dann verteidigen wollte.
Es gibt nunmal keine Regel die besagt, dass die Mannschaft mit 25 Chancen das Spiel gewinnen muss (auch wenn man sich das als Fan dieser Mannschaft natürlich wünscht und im Erfolgsfall als gerechten Lohn empfindet) und man kann natürlich auch sagen, dass es für Qualität spricht, wie Chelsea die ein oder zwei Chancen zu nutzen, die man bekommt.
So wurde ja zum Beispiel sicherlich beim EM-Halbfinale 2008 argumentiert, wo Deutschland von der Türkei das ganze Spiel über zwar überrannt wurde, aber eben immer dann wenn nötig ein Tor gemacht hat.
Für den türkischen Fan muss das Spiel heftig frustrierend gewesen sein.
Ist Chelsea ein verdienter CL Sieger?
Aber sicher doch.
Allein schon, dass sie Barca ausgeschaltet haben (etwas was ich Bayern nicht zutraue), das ja weithin als "Übermannschaft" gilt, ist dafür ein sicherer Indikator.
Ansonsten haben sie die Mittel, die sie haben hervorragend eingesetzt und haben damit Erfolg gehabt, Punkt.
Ein bißchen Freude ist da auch noch drin, denn von Drogba halte ich sehr viel und finde es schön, dass er seine Karriere noch mit einen internationalen Titel krönen könnte und dass er zudem die entscheidende Rolle dazu gespielt hat. Auch Lampard wirkte gestern nicht direkt unsympathisch und natürlich hat Chelsea in den vergangenen Jahren auch genug Pech auf den Weg zum CL-Titel gehabt...
Vielleicht kann man es ja für die EM auch ein bißchen positiv sehen, dass die internationalen Titel dort geholt werden, wo Ballack nicht ist, während es mit ihm zweite und dritte Plätze gibt (auch bei der WM 2010 war er ja zumindest formal noch Kapitän)
Aber ernsthaft, was die Niederlage gestern natürlich besonders bitter macht, ist die quälende Frage wie sich das auf die EM auswirkt.
Man kann natürlich immer sagen, dass die Spieler mit dem Pokal satt gewesen wären und nun den EM Titel um so mehr wollen.....aber "Jetzt erst recht" war ja gestern schon angesagt und wie sich das auf Schweinsteiger ausgewirkt hat, hat man vor allem beim Elfmeter gesehen. Da hat man ja in der Tat schon als er zum Punkt gegangen ist alle Götter, die einem so einfallen, um Beistand angerufen....
Im Moment ist es für mich undenkbar (den eigentlich doch recht sicheren Schützen) Schweinsteiger bei der EM als Elfmeter-Schützen einzusetzen.
Auch stellt sich die Frage ob es nicht vielleicht ein generelles mentales Problem mit den ganz großen Spielen gibt. Denn auch das Halbfinale 2010 wurde m.E. vor allem im Kopf verloren. Da stimme ich Xavi voll zu, wenn er sagt, dass die deutschen Spieler mit zu viel Respekt ins Spiel gegangen sind.
(oder auch das WM-Finale 2010 in Bezug auf Bayern, wo es Snejder und Robben nicht gelingt aus drei Top-Chancen ein Tor zu machen, wodurch Spanien dann gewinnt)
Jetzt heißt es mit Bezug zu Bayern und Nationalmannschaft immer häufiger "wir sind die besten und die größten". Das kann man auf dem Papier durchaus auch belegen, aber natürlich wird sich bei Spielern wie Lahm und Schweinsteiger jetzt so langsam im Kopf die Frage stellen warum es dann trotzdem nicht klappt und so kommt die Frage auf, was das mit einen Spieler macht....
Da hat Joachim Löw auf jeden Fall eine Menge Arbeit vor sich und obwohl er dafür natürlich vollstes Vertrauen verdient und genießt, kann man sich aufgrund der Finalniederlage von Bayern gestern eines mulmigen Gefühls doch nicht ganz entziehen....