Sera Noan
Erons Chaos
[Galantos - Gal'fian'deprisi - Palast - Besprechungsraum - Sera, Zion und NPCs]
Sera stand lässig an Zions Seite. Ihre Haltung war eine perfekte Mischung aus gewohnter Entspanntheit und hochmütiger Gelassenheit. Es war fast amüsant, wie sie in dieser zur Schau gestellten Welt aus militärischer Gradlinigkeit wie ein Schatten hinter dem monumentalen Stuhl ihres Meisters existierte. Während Darth Zion seine Worte und das schwere Atmen seiner Maske in die Stille des Raumes warf, konnte Sera nicht anders, als in ihrer eigenen kleinen Welt zu schwelgen. Die Bedrohlichkeit, die das Geräusch seiner Atemprobleme mitbrachte, hatte in ihrem Kopf schnell einen beruhigenden Klang angenommen.
Sera warf aus ihren mandelförmigen Augen einen scharfen Blick auf Sonea. Ihre sogenannte Kampfmeditation war in der Tat nützlich gewesen. Dennoch missfiel es der Schülerin, dass er sie gesondert namentlich hervorhob. Für sie hatte er offenbar wesentlich mehr Lob übrig als für Sera. Der Gedanke ließ ihren Atem für einen Moment stocken, auch wenn das niemand bemerkt haben würde. Zions ständiger Fokus auf Sonea war ehrlich gesagt lahm und nervig. Sera biss sich auf die Unterlippe. Er, der ach so große Meister der dunklen Seite, schien alles für selbstverständlich zu halten, was Sera für ihn tat. Sie hatte nie die Absicht gehabt, als bloße Schülerin in seinem Schatten zu verweilen. Das würde er auch irgendwann erkennen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er den wahren Wert ihrer Fähigkeiten zu schätzen lernen würde. Dann würde er den Namen Soneas schneller vergessen, als ihm selbst bewusst wäre.
Zion setzte seine Rede fort. Sera seufzte leise in sich hinein vor Ungeduld. Diese Besprechung war ein Schauspiel aus militärischen Abhandlungen, Machtdemonstrationen und gegenseitigem Seelenstreicheln. Die Blicke der Offiziere flogen zwischen ihm, Sonea und den anderen herum, als ob sie einen Moment lang versuchten, sich der Bedeutung dessen bewusst zu werden, was gerade gesagt wurde. Offenbar war sich auch ihr Meister darüber bewusst, denn weiter führte er ihre Fähigkeiten der Kampfmeditation nicht aus. Während die Offiziere sich weiter mit den technischen Details des bevorstehenden Auftrags beschäftigten, konnte Sera nicht umhin, die Bewegung von Zion zu beobachten, als er sich nach der Sitzung von ihnen anwandte. Ihre Augen verengten sich, als er seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. Die Worte die er nutzte, waren wenig überraschend. Es war eine Mischung aus kühler Abgeklärtheit und Berechnung. Viel mehr war es die Art und Weise, wie er sich zu ihr wandte. Er gab ihr erneut Befehle. Seine Stimme gab keine andere Interpretation her als sei sie ein bloßes Werkzeug, das er jederzeit benutzen konnte. Das war sie auch, das wusste sie. Sie war allerdings ein Werkzeug, das niemand in dieser Galaxie unterschützen durfte. Auch Zion nicht.
„Wie Ihr wollt, Meister.“ Ein Schmunzeln stahl sich auf ihre Lippen, obwohl sie es geschickt verbarg. Ihre Stimme war kühl, beinahe gleichgültig. Mit einer fließenden Bewegung wandte sie sich ab. Sie verließ den Raum mit einem leicht ironischen Lächeln auf den Lippen. Sie nahm den Korridor mit der gleichgültigen Eleganz, mit der sie auch die meisten anderen Momente ihres Lebens anging. Wunden versorgen, war ihr nächster Auftrag. Sie hickste genervt. Ein Blick auf die Narbe an ihrem Unterarm erinnerte sie daran, dass selbst die Dunkle Seite ihren Tribut verlangte.
Die Medi-Station lag ein Stück weiter den Gang hinunter. Man hatte sie provisorisch in einem halbrunden Bereich errichtet, die dunklen, kalten Steinwände mit einem halbdurchsichtigen, weißen Vorhang abgedeckt und so einen sterilen Raum geschaffen. Als sie die Kunststoff-Vorhänge zur Seite zog, um sich Eintritt zu verschaffen, begrüßte sie das leise Summen verschiedener medizinischer Gerätschaften. Niemand war da. Kein Patient, kein medizinisches Personal. Nur Sera und die Maschinen.
„Ah, wunderbar. Richtig fleißig, die Leute hier“, murmelte sie gehässig, als sie sich einem der Liegen näherte. Mit einem Anflug von Unbehagen legte sie sich auf die Liege. Unnötig. Sie hatte ein paar Kratzer hier, eine Beule dort – nichts behandlungsbedürftiges. Sie hätte gut und gerne darauf verzichten können, sich auch nur die Mühe zu machen, hierher zu kommen. Aber die Vorstellung, sich wenigstens ein wenig in steriler Luft entspannen zu können, klang verlockend. Der Moschus-Geruch in dieser Offiziershöhle war beinahe unerträglich gewesen, zumal er sich mit den Gedanken und Gefühlen mischte, deren Eindrücke zu Teilen auf Sera einprasselten, während sie mit der Macht danach fühlte. Sie waren nicht mehr als machtgeile Gesäßgeigen.
Sie ließ sich einen Moment zurückfallen, während sie die medizinischen Geräte betrachtete.
„Funktionieren diese Kisten eigentlich?“, flüsterte Sie, als ob ihr jemand antworten würde. Das summende Geräusch eines aktiven Bacta-Tanks war die einzige Antwort. Ein gelangweiltes Stöhnen entfuhr ihr. Sie hatte keine Lust, weiter zu warten. Stattdessen griff sie nach einem kleinen Bedienpanel an der Seite der Liege und begann damit herum zu spielen. Ihre Finger bewegten sich mit der Grazie einer Musikerin, während sie den Kopfteil der Liege immer wieder abwechselnd auf und ab fahren ließ.
In diesem Moment betrat ein Medi-Droide den Raum. Seine metallischen Gliedmaßen bewegten sich mit der Präzision eines Container-Schleppers. Er wirkte eher wie ein Automat, als wie ein Wesen, das die Bedeutung des Lebens verstanden hätte.
„Schülerin Noan. Ihr Zustand muss überprüft werden“, sagte der Droide in einer monotonen, fast emotionslos klingenden Stimme.
Sera schielte auf den Droiden und zuckte mit den Schultern.
„Das sagt man mir schon seit ich klein bin. Bin gespannt, ob du mehr Erfolg hast, als all die anderen.“
Der Droide zeigte sich unbeeindruckt. „Es wird erwartet, dass Eure Verletzungen behandelt werden.“
„Ja, ja, ich weiß“, gab sie mit betont genervter Stimme zurück. „Du bist ja der Boss hier, was?“
Nachdem sie sich ihrer Oberkleidung entledigt hatte, griff er nach ihrem Arm, drehte ihn herum und begann daran herumzudoktern.
„Das nicht!“, stieß sie aus, während sie ihn aus den Fuchteln des Medi-Droiden zog. Die Narbe schmerzte und juckte ab und zu. Doch war sie ein Zeugnis dessen, was sie im Sith-Tempel erlebt hatte. Eine Erinnerung daran, dass Zion - und als sein verlängerter Arm sie selbst – jederzeit und überall mit Feinden rechnen musst. Im Grunde konnten sie sich nicht einmal gegenseitig vertrauen. So waren Sith nun einmal offenbar.
„Die Narbe bleibt“, schloss sie mit entschiedenem Ton.
„Meine Programmierung sieht vor, alle Wunden zu behandeln“, entgegnete der Droide.
„Dann beginn mit den anderen.“
Seine Servomotoren rasselten einen Moment unschlüssig. Dann akzeptierte seine Programmierung diese Lösung offenbar. Er begann mit den unzähligen kleineren Schnitten und Beulen, die sich über ihren Körper verteilt hatten. Er arbeitete mit mechanischer Präzision, seine metallenen Gliedmaßen schnell und effizient. Jedes Zucken und Kratzen unter seinen kalten Berührungen ließ sie innerlich schaudern. Der Droide war eine geduldige Maschine, aber Sera konnte das stumpfe Summen und Zischen seiner Instrumente irgendwann nicht mehr hören.
„Fühlt sich fast an wie eine schlechte Massage“, murmelte sie mit einem schiefen Lächeln und schloss dabei ihre Augen. Der Droide reagierte darauf nicht. Man programmierte imperialen Droiden keinen Humor. Schade eigentlich. Als er sich um ihre kleinen Wunden gekümmert hatte und an der Narbe ihres Unterarms angelangt war, erhob Sera sich, ehe er beginnen konnte. Zügig zog sie ihr Oberteil wieder an.
„Das war’s, du kleiner Metallhaufen.“
Der Droide begutachtete sie und drehte als Antwort nur die Instrumente an den Enden seiner metallenen Arme. „Gute Unterhaltung.“ Sie nickte ihm zu und verließ das zeltähnliche Ambiente.
In der Kammer, die man ihr als Schlafplatz zugewiesen hatte, angelangt, ließ sie sich auf ihr Bett sinken. Der Raum war gut und gemütlich ausgestattet und durch den Kampf kaum in Mitleidenschaft gezogen. Sie ließ den Kopf gegen ein Kissen fallen und schloss für einen Moment die Augen. Sie wusste, dass sie die Stunden der Ruhe gut gebrauchen konnte. Zwar war ihr Körper nicht sonderlich erschöpft, aber ihr Geist, der immer zwischen Chaos und Kontrolle hin und her schwankte, verlangte zuweilen nach einer Auszeit. Sie legte sich flach auf dem Rücken, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Sie wusste, dass Schlaf schwierig für sie zu bekommen war – ihre Gedanken tendierten dazu, sich in Wirrungen zu verfangen. Das war heute aber anders. Vielleicht war es der Widerstand ihn ihr, der sie daran hinderte, sich von diesen Gedanken überwältigen zu lassen. Es war eine seltsame, seltene Art der Entspannung, die sie fand. Sie konzentrierte sich auf die stillen, gleichmäßigen Atemzüge. Und sie dachte an die unzähligen Yevethanischen Leben, die sie in den letzten Tagen ausgelöscht hatte. Wie einfach es für sie war, welche Macht sie inzwischen besaß. Ein unheimliches Grinsen legte sich auf ihr Gesicht. Der Schlaf stellte sich schließlich ein und sie döste ruhig, wie ein Baby, davon träumend, in Zukunft noch viel mehr solcher Macht zu besitzen.
Am nächsten Morgen, als die ersten schwachen Lichtstrahlen durch das Fenster fielen, erwachte Sera. Irgendwo vor ihrer Kammertür machte außerdem jemand Krach. Sie richtete sich auf, die Tür mit einem kühlen Blick fixierend. Sie streckte die Hand aus, griff in die Macht hinaus, und drehte an dem Widerstand, den sie spürte. Das Schloss klickte geräuschvoll, als sie es aus der Entfernung entriegelte und die Tür fuhr röhrend zur Seite. Dahinter kam ein Nichtmensch zum Vorschein, der mit Schaufel und Kehre den Flur von Geröll befreite, welcher sich in dem vom Gefecht in Mitleidenschaft gezogenen Palast noch in jedem Korridor befand. Er stockte in seiner Arbeit und warf einen erschrockenen Blick auf die nur halb bekleidete Sith-Schülerin in ihrem Bett.
Sera warf ihm einen bedeutungsschwangeren und entnervten Blick zu, der ihm zu verstehen gab, mit seiner geräuschvollen Arbeit besser woanders fortzufahren, ehe sie mit einem Schwenk ihres Handgelenks die Tür erneut schloss. Als sie sich frisch machte und ihre Kleidung anlegte, hörte sie keinen weiteren Lärm aus dem Korridor kommen. Sie betrachtete sich einen Moment im Spiegel. Ihre schwarzen Haare fielen in weichen Wellen über ihre Schultern. Kratzer, Beulen, Schmutz und Ruß waren aus ihrem Gesicht gewichen. Sie war wieder mehr als vorzeigbar. Mit selbstzufriedenem Blick griff sie nach dem Lichtschwert auf dem Nachttisch und machte sich auf den Weg in den Westflügel.
[Galantos - Gal'fian'deprisi - Palast - Westflügel - Sera]