...Beides lässt sich nicht logisch aus einem atheistischen Weltbild ableiten. Die Aussage ist also falsch...
Weshalb das denn? Ich meine - ungeachtet nun der Fragestellung, ob es überhaupt ein Weltbild und somit ein "atheistisches Weltbild" ohne jedwede "Gottheit(-en)" GIBT - wieso soll es einen wesentlichen Unterschied ausmachen, ob man nun in einer religiösen oder atheistischen Gesellschaft sein Schicksal "frei und bewusst selbst bestimmen" und gleichsam die "Verantwortung für die Konsequenzen frei gewählter Taten/Handlungen" tragen sollen könnte?
Oder mal andersherum ausgedrückt: Weshalb sollte man nicht innerhalb einer "Religion, zu dessen Teilhabe bzw. Glauben man sich selbst entschlossen hat" ebenso sein "Schicksal frei und bewusst selbst bestimmen und gleichsam ebenso die Verantwortung für die Konsequenzen dieser frei gewählten Taten" tragen können (müssen), wie in einem "Atheismus, zu dessen Teilhabe man sich selbst entschlossen hat"?
...Die Abschaffung von Religion wird uns nicht notwendigerweise näher zu jenem Idealbild bringen. Ich sage aber auch nicht, dass uns Religion dahin führt. Alleine die Frage des freien Willens wird von Religionen und Konfessionen schließlich sehr unterschiedlich beantwortet...
ACK, stimmt. Denn NICHTS kann uns außer unserem eigenem Zutun (bzw. der Befähigung zu diesem Zutun) dazu näher zu irgendeinem Idealbild bringen, was wir ohnehin nie dauerhaft erreichen werden können.
Das kann also weder Religion, noch sonst irgendein Weltbild oder irgendeine Philosophie wirklich dauerhaft gewährleisten.
...Wobei man hier vorsichtig sein muss...
Richtig, hier muss man vorsichtig sein, welche Worte und Begrifflichkeiten man korrekt ei- oder mehrdeutig verwendet.
Begriffe wie "Glauben", "glaube" oder "(zu) glauben" sind allgemeingültig genug, sie mehrdeutig zu verwenden.
Begriffe wie "Religion" bzw. "religiös" sind da schon ein anderes Kaliber, aber auch nicht völlig frei von Mehrdeutigkeit.
Was den "Glaube(n)"-Begriff betrifft, zeigt sich dessen allgemeingültige Mehrdeutigkeit schon darin, dass "nicht genug Wissen" stets auch eine "Frage des Vertrauens" ist: Das eine bedingt das andere regelrecht. So "vertrauen" wir z. B. darauf, dass Wissenschaftler in ihren Aussagen "ausreichend glauben zu wissen, wovon sie reden" bzw. dass sie sich dieser Unklarheiten bzw. Wahrscheinlichkeitsspektren bewusst sind.
...Ich kenne kein Urteil, das noch über den Tod hinaus verstreckt werden könnte und keine Rechtssprechung, die allwissend ist, so dass jede Tat zu 100% aufgeklärt wird.
Der Glaube an eine Aufklärungsquote von 100% auf Grund eines allwissenden Gottes oder eines automatisch wirkenden Karmas hat natürlich extreme Anreizwirkungen...
Ganz genau! Und "ach so humanistisch basierte" Religionen, welche in ihrer Praxis "Urteile über den Tod hinaus" - und somit sozusagen auf Nachkommen - verstrecken, ausweiten, verhängen owe, sind ebenso nichts weiter als verbrecherische, antihumanistische und Menschenrechte diskriminierende Farcen an "Möchte-Gern-Weltbildern", wie der Glaube oder gar die Überzeugung, es gäbe eine 100 %-ig allwissende, aufklärende Urteilfindung nicht minder Aberglaube wäre.
Über die "Anreizwirkung" jedoch "automatisch wirkender Karmas" lösst sich vor allem in selbst noch einer halbwegs bis viertelwegs aufklärerisch und wissensorientierten Erben-Gesellschaftskultur vortrefflich streiten. Vor- und Nachteile davon sollten hier den meisten Menschen durchaus bewusst sein können, denn diese erstrecken sich schlimmstenfalls ja auch dahingehend, zusammen mit den Eigenverantwortlichkeiten auch die eigene Mündigkeit, Selbstbestimmtheit und Freiheit zur Eigenständigkeit an durchaus weit "weltlich höhere Instanzen" abzutreten - so historisch wohl ausreichend häufig und entsprechend exemplarisch bereits geschehen.
Doch wir sollten uns insgesamt nicht vormachen, dass es nicht längst ganz andere "neue, moderne und durchaus ganz unreligiöse Gottheiten" gibt, an die wir mehr und mehr beginnen, genau jene unsere "Mündigkeit, Selbstbestimmtheit und Freiheit zur Eigenständigkeit" mehr und mehr abzutreten.
Dabei möchte ich mich nicht als Verschwörungstheoretiker hier verstanden wissen, sondern ich gebe das nur einmal zu bedenken.
...Wenn der Inquisitor wahrhaft an einen gerechten, allwissenden und strafenden Gott glaubt...
Was genau das ist, was ich damit hatte bewusst infrage stellen wollen bzw. war ich schlichtweg nicht glaube. Es mag den einen oder anderen Inquisitor vielleicht gegeben haben, der mehr "an Gott glaubte" als andere Inquisitoren. Doch schlussendlich glaube ich nicht daran, dass Inquisitoren sich ihrer gesellschaftlichen Rolle (und der damit verbundenen Annehmlichkeiten) im Gegensatz zu den mit ihrem "Glauben verbundenen Unannehmlichkeiten" so unbewusst waren...
...Das Problem ist hier vielmehr, dass er glaubt im Sinn Gottes zu handeln und dafür keine Strafe sondern ein Lob empfangen wird.
...
Das Problem? Für ihn wohl kaum! Notfalls betete er danach "drei Ave-Maria" und dann war es das für ihn.
Ich sage jetzt mal ganz klipp, klar und hart, was ich glaube bzw. wovon ich was das betrifft weitaus höher wahrscheinlich überzeugt bin: Diese Inquisitoren wussten SEHR GENAU um der Irrelevanz, ob Gott sieht, was sie tun oder nicht.
Das LOB GOTTES interessierte diese Leute alles andere bzw. weitaus weniger, als das LOB ihrer Vorgesetzten bzw. das "Lob ihn ihren Geldbeuteln".
ABER - hierbei nur die "Kirche" alleine als "Verbrecher-Organisation" hinzustellen, halte ich ebenso historisch-plausibel für quatsch. Für weitaus wahrscheinlicher halte ich, dass die Kirche allenfalls sehr geschickt hier bereits bestehende Aberglauben, Ressentiments und Vorurteile der breiteren Bevölkerungsschichten in der Gesellschaft auszunutzen verstanden bzw. sich simpel und bereitwillig in diesem Gesamtzusammenhang korrumpierten.
Also? -Nein, dass hatte IMO überhaupt nichts "Gutgöttliches" owe, sondern war nichts weiter als "wohlwissentliche, profane Weltlichkeitsgründe" und wer etwas anderes glaubt, kann as zwar gerne heute tun - es wird IMO an den "historischen Wahrheiten und hoch wahrscheinlichen Realitäten" jener "dunkel-MA-lichen" Vorkommnisse nichts ändern.
Dazu sei allerdings auch konstatiert, dass man heute - durchaus nicht unhäufig verwundert blinzelnd den Kopf schüttelnd - eben doch etwas ganz anders gelagerte Einflussverhältnismäßigkeiten ausmachen kann.
...Hier dreht es sich vielmehr um die Frage woher wir wissen, was gut und was böse ist, und wer zu uns gehört und wer unser Feind ist...
Gut, wir können auch durchaus hier weiter schön an solchen, gewissen quasi-relevanten Historio-Konstationen herumdoktern, dass es selbstverständlich seine (moralisch fragwürdigen -??) Gründe hatte, dass die Kirche die Bibel so lange nur ins Lateinische übertrug.
Und Fragen danach, woher wir wissen, was gut und was böse, wer Freund und wer Feind ist, MÖCHTEST Du hier nicht wirklich von mir beantwortet wissen - glaube mir!
Somit...
...Das (...) hat nichts mit der Frage zum selbstbestimmten Handeln und dem Tragen von Verantwortung zu tun...
Jain, einerseits wohl nicht und andererseits sehr viel.
Und zwar in sofern, wie Karma sowohl Fluch und Segen zugleich darstellen kann. Die Historie der Menschheit scheint mir jedenfalls recht eindeutig eines zu zeigen: Wenn etwas NIE wirklich hatte "aussterben" können dann waren es Hass und Destruktivismus.
All zu viel Naivität, Gutherzigkeit und Gutgläubigkeit sind genau diesen immer und immer wieder IMO zum Opfer gefallen - ebenso aber wohlgemerkt auch, wie etwaiger Gutglauben an die ausschließlich positive Wirkung von Karma oder das so hochgelobte "selbstbestimmten Handeln" bzw. "das Tragen von Verantwortung".
Wer glaubt, der "Krieg" sei vorbei, täuscht sich gewaltig. Er endete nie wirklich, trug seine Saat weiter mit sich wie "Pollen im Wind" und fand seine "zu be(s)täubenden Opfer".
Man braucht nur die Augen aufzumachen um zu "sehen", dass er längst wieder seine "Früchte trägt".
Ja, Karma ist Fluch und Segen zugleich. Und das hat jetzt hier nichts damit zu tun, "Verantwortung zu delegieren oder gar von sich zu weisen" oder auf "Selbstbestimmung zu verzichten". Denn das wahre Anlitz des Bösen zeigt sich nicht in solchen Simplizitäten eines "bekehrten Darth Vader" oder der "hassverzerrten Fratze eines Sidious".