Nen-Axa
Jedi-Ritter
[Lianna | Lola Curich Raumhafen | Ziviler Transporter, von Lantillies kommend] Nen-Axa
Wenn seine ehemalige Meisterin Nen-Axa in dem Moment sehen könnte, als er das Schiff verließ, hätte sie ihn wohl ermahnt, er solle sich des lebendigen Momentes bewusst sein. Denn der Jediritter hing seinen Gedanken in einer Weise nach, die für ihn eigentlich unüblich war. Er achtete nicht auf die Leute um ihn herum, nahm kaum wahr welche Tageszeit und welches Wetter herrschte und ließ auch die Einreiseformalitäten und Zollkontrollen ziemlich teilnahmslos über sich ergehen. Ganz entgegen den Grundsätzen des Arcona-Volkes, sich stets als einen Teil seiner Umwelt zu betrachten, war sein Blick vor allem auf sich selbst gerichtet. Er dachte intensiv über seine jüngsten Erlebnisse nach. Über seine Mission auf Cona, denn der Besuch auf seiner Heimatwelt hatte viele Erinnerungen wachgerüttelt und ihn innerlich stärker aufgewühlt, als er das erwartet hätte. Über seine Begegnung mit Hazar Dral, dessen völlig andere Mentalität ihm vor Augen geführt hatte, wie wenig er sich eigentlich in die zahllosen Wesen hineinversetzen konnte, die er als Jediritter schützen und unterstützen sollte. Über die berührende und tragische Geschichte der Jedi Va'alii Thinos, die alleine in einer bescheidenen Hütte im Exil gestorben war, doch in den Herzen und Gedanken derer weiterlebte, denen sie zu Lebzeiten Gutes getan hatte - eine Geschichte, von der er nicht wusste, ob sie eher ein positives oder ein negatives Beispiel abgeben sollte. Nachzudenken gab es also genug. Doch eines beschäftigte ihn mehr als alles andere: Dass er seinen Padawan verloren hatte.
Kurz nachdem sie sich im Uyter-System von ihrem Piloten Hazar Dral getrennt hatten, um die Reise auf eigene Faust fortzusetzen, hatte Krazark Shaat seinem Lehrer eröffnet, dass er die Ausbildung nicht fortsetzen wollte. Der Tusken konnte sich mit den Idealen und der Lebensweise der Jedi nicht weit genug identifizieren, um sich die Verpflichtungen des Ordens auferlegen zu wollen. Er zweifelte, ob dies der richtige Weg für ihn war, und in mehreren langen, anstrengenden Gesprächen kamen er und Nen-Axa zu dem Schluss, dass diese Zweifel wohl berechtigt waren. Wahrscheinlich war es wirklich nicht die Lebensweise, mit der Krazark langfristig glücklich werden konnte. Nen-Axa hätte ihn gerne umgestimmt, doch es gelang ihm nicht. Im Centares-System, noch vor Erreichen des republikanischen Raumes, ging der junge Mann von Bord, um seinem Leben eine andere Richtung zu geben, von der er noch nicht wusste, wo er sie zu suchen hatte. Nun musste der Arcona allein weiterreisen und sich natürlich fragen, woran es wohl lag, dass ihm nun schon zum zweiten Mal in so kurzer Zeit ein Padawan abgesprungen war. Lerameé Bar'jaraka, die kleine, friedliebende Lurmen, war nach wenigen Tagen dem Heimweh erlegen und auf ihre Heimatwelt Maridun zurückgekehrt. Und nun wandte sich auch Krazark, der raue Wüstenbewohner mit dem halb unterdrückten Zorn in der Seele, von den Jedi ab. Ganz zwangsläufig warf das die Frage auf, ob Nen-Axa etwas falsch gemacht hatte. Oder, was noch schlimmer wäre: Ob er etwas Wichtiges versäumt hatte. Hätte es Wege gegeben, Lerameé und Krazark besser zu motivieren? Hätte er sie stärker dabei unterstützen können, ihren Platz im Orden zu finden? Hatte er zu viel von ihnen verlangt oder sie stattdessen vielleicht zu wenig gefordert? Seit Tagen dachte er nun über diese Fragen nach, wie er es auch schon nach dem Ausbildungsabbruch seiner ersten Schülerin getan hatte. Er stellte seine Art zu lehren und mit den Padawanen umzugehen auf den Prüfstand und stellte fest, dass er einige Dinge etwas anders anging als seine Meisterin bei ihm. Doch das musste nicht falsch sein: Es war durch ihre unterschiedlichen Mentalitäten bedingt. Nen-Axa war eben nicht Eleonore. Einen groben Fehler in seinen Verhaltensweisen und Lehrmethoden konnte er nicht finden - ein paar kleinere Unzulänglichkeiten zwar, aber nichts, das den Verlust von zwei Padawanen ausreichend begründen könnte. Dass er den Fehler nicht sah, bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass es keinen gab. Womöglich übersah er das Offensichtliche. Doch war es auch denkbar, dass es gar nicht an ihm lag: Viele Anwärter wurden niemals Jediritter, weil sie sich als ungeeignet herausstellten oder andere Lebenswege wählten. Aber konnte er einfach davon ausgehen, dass die Lurmen und der Tusken ohnehin keine Jedi geworden wären, weil sie einfach nicht dazu beschaffen waren? Machte er es sich damit nicht zu einfach?
Da er noch immer keine Antworten auf all diese Fragen hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Gedanken auf später zu verschieben. Sie würden ihn sicherlich noch öfter und länger beschäftigen. Vielleicht erhielt er in der Jedibasis die Gelegenheit zu einer längeren Meditation, die ihm helfen konnte, die Dinge klarer zu sehen. Zunächst gab es aber noch andere Dinge zu tun. Sein Reisegepäck beinhaltete nun unter anderem die Kiste mit Va'alii Thinos' Hinterlassenschaften. Nen-Axa musste sie dem Orden übergeben und Bericht über seine Reise erstatten, die Ausrüstung zurückgeben und leider auch vermelden, dass er ohne seinen Padawan zurückkehrte. Letzteres war natürlich eine Aufgabe, auf die er sich nicht freute. Vielleicht war das einer der Gründe, warum er diese unangenehme Pflicht noch ein Stück nach hinten schob. Denn es gab einen Gegenstand in seinem Gepäck, der zusätzliche Fragen aufwarf, die ihn nicht loslassen wollten.
Das Lichtschwert, das er in Va'aliis Versteck bei den Schriften und ihrer persönlichen Ausrüstung gefunden hatte, hatte eine rote Klinge. Kein zartes Rosé, grelles Pink oder kräftiges Purpur, wie man es manchmal sah, sondern reines Blutrot, von dem es hieß, dass es niemals bei natürlichen Lichtschwertkristallen vorkam. Sie wurden eigentlich nur von Anhängern der dunklen Seite genutzt - weil sie in ihrer Unnatürlichkeit den Sieg des Individuums über die Natur und die Macht symbolisierten. Zum Beispiel die Sith benutzten, soweit er es wusste, fast ausschließlich künstliche Kristalle dieser Farbe. Aber wieso befand sich dann ein solches Schwert in Thinos' Hinterlassenschaften? Ihr eigenes konnte es kaum sein - in den Geschichten über sie gab es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass sie der dunklen Seite der Macht verfallen sein könnte, im Gegenteil.. War sie während ihrer Flucht oder während ihres Exils mit dunklen Jedi oder Sith zusammengetroffen? Wenn ja, wie war dieses Treffen dann abgelaufen und wie war dabei die Waffe in ihren Besitz gelangt? Wieso hatte sie diese zusammen mit ihrer persönlichen Ausrüstung und den Schriften aus der Ordensbibliothek verwahrt? Und warum befand sich in der Kiste kein zweites, nämlich ihr eigenes? Fragen über Fragen, und abermals keine Antworten. Nen-Axa glaubte auch nicht daran, dass er sie jemals erhalten würde. Aber bevor er seinen Fund in die Obhut des Ordens übergab, wollte er zunächst selbst noch einen Blick darauf werfen. Während der Reise hatte er diese Möglichkeit nicht gehabt: Er hatte keinen Wert darauf gelegt, als Jedi erkannt zu werden. Es war schon problematisch genug, mit einem Lichtschwert zu reisen - es offen zu tragen oder ohne Not zu aktivieren, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Er musste damit warten, bis er die Basis erreicht hatte. Dort gab es zwei Räumlichkeiten, in denen man in kontrollierter Umgebung ein Lichtschwert aktivieren konnte: Die Werkstätten, die unter anderem der Herstellung solcher Waffen dienten, und die Trainingsräume, wo ständig damit hantiert wurde.
»Bringen Sie uns zur Jedibasis«, sagte er dem Taxifahrer-Droiden, nachdem dieser mit starken mechanischen Armen das Gepäck auf die Ladefläche des Speeders gehoben und gesichert hatte. Die Angabe einer Adresse war nicht nötig: Längst wusste jeder Fahrer, wo die Basis zu finden war. Denn nicht nur die Jedi mussten ständig dorthin oder von dort weg befördert werden, sondern die Basis hatte sich längst zu einer Sehenswürdigkeit und einer Art Touristenattraktion entwickelt. Daher war die einzige Information, die der Droide noch brauchte, warum sein Passagier in der Mehrzahl sprach, obwohl er doch alleine war. Der Arcona stellte das schnell richtig, dann ging es in rasanter Fahrt in das Industriegebiet, das den unscheinbaren, bescheidenen Bau des Jediordens beherbergte.
Nen-Axa stieg aus und sorgte dafür, dass die Fracht abgeladen und in das Gebäude geschafft wurde. Die Ausrüstung, die er für sich und Krazark entliehen hatte, ging sofort in die Lagerräume zurück. Die Kiste mit Va'aliis Erbe jedoch behielt er bei sich: Er wollte sie persönlich abgeben. Später. In seinem weiten, grauen Umhang und mit dem ebenso grauen Behälter in den Krallenhänden schritt er durch das Eingangstor ins innere der Basis, auf die Trainingsräume im Erdgeschoss zu. Eine kurze Überprüfung zeigte, dass - wieder einmal - alle Räume belegt waren. Auch nach dem Ausbau der Basis kam dies hin und wieder vor. Aber meistens gelang es, sich irgendwie mit den anderen zu arrangieren und einen Raum zu teilen. Der Jediritter hoffte darauf, dass es auch diesmal funktionieren würde, als er Trainingsraum J2 betrat. Dort waren gerade zwei Personen mit einer Waffenübung beschäftigt. Eine von ihnen war eine relativ junge, blonde Menschenfrau (Shana), die andere ein Mitglied einer langhalsigen, weißhäutigen Spezies, die Nen-Axa schon gesehen hatte, deren Namen ihm aber nicht einfiel (Tzun). Da er bei beiden nicht einschätzen konnte, ob sie noch Padawane oder bereits Jediritter waren, entschied er sich für die Höflichkeitsform, als er sie ansprach:
»Wir hoffen, ich störe Euch nicht. Die anderen Räume sind ebenfalls belegt: Wenn es Euch nichts ausmacht, werden wir uns diesen hier teilen. Ich will nur ein Lichtschwert untersuchen, das wir gefunden haben; dafür brauchen wir nicht viel Platz.«
Daraufhin stellte er die Kiste an einer Ecke des Raumes ab und holte das Shoto heraus, um den dunklen, matt schimmernden Griff von allen Seiten zu betrachten. Mit einer Drehung öffnete er die Waffe und zog beide Hälften des Gehäuses auseinander, wodurch das Innenleben zum Vorschein kam. Nen-Axa war kein Experte, hatte aber durch den Bau seines eigenen Lichtschwertes (das er mittlerweile nicht mehr besaß) genug gelernt, um zu sehen, dass dieses Gerät gründlich konstruiert war. Der Platz war ideal genutzt und alle Komponenten waren sauber zusammengefügt. Es gab Vorrichtungen zum Verstellen der Klingenlänge (wobei die Standardeinstellung die eines Kurzschwertes war) sowie der Energiemenge, wodurch es möglich war, einen Trainingsmodus einzustellen. Das Auffälligste jedoch waren die drei überraschend kleinen, roten Fokuskristalle, die zwischen den elektronischen Bauteilen eingebettet waren. Der Jedi war sicher, dass sein Fundstück von einem Kenner entworfen und hergestellt worden war. Er setzte es wieder zusammen und drückte auf den Aktivator. Blutrotes Licht flammte auf.
[Lianna | Lola Curich | Jedibasis | Trainingsraum J2] Nen-Axa, Shana, Tzun Suz
Wenn seine ehemalige Meisterin Nen-Axa in dem Moment sehen könnte, als er das Schiff verließ, hätte sie ihn wohl ermahnt, er solle sich des lebendigen Momentes bewusst sein. Denn der Jediritter hing seinen Gedanken in einer Weise nach, die für ihn eigentlich unüblich war. Er achtete nicht auf die Leute um ihn herum, nahm kaum wahr welche Tageszeit und welches Wetter herrschte und ließ auch die Einreiseformalitäten und Zollkontrollen ziemlich teilnahmslos über sich ergehen. Ganz entgegen den Grundsätzen des Arcona-Volkes, sich stets als einen Teil seiner Umwelt zu betrachten, war sein Blick vor allem auf sich selbst gerichtet. Er dachte intensiv über seine jüngsten Erlebnisse nach. Über seine Mission auf Cona, denn der Besuch auf seiner Heimatwelt hatte viele Erinnerungen wachgerüttelt und ihn innerlich stärker aufgewühlt, als er das erwartet hätte. Über seine Begegnung mit Hazar Dral, dessen völlig andere Mentalität ihm vor Augen geführt hatte, wie wenig er sich eigentlich in die zahllosen Wesen hineinversetzen konnte, die er als Jediritter schützen und unterstützen sollte. Über die berührende und tragische Geschichte der Jedi Va'alii Thinos, die alleine in einer bescheidenen Hütte im Exil gestorben war, doch in den Herzen und Gedanken derer weiterlebte, denen sie zu Lebzeiten Gutes getan hatte - eine Geschichte, von der er nicht wusste, ob sie eher ein positives oder ein negatives Beispiel abgeben sollte. Nachzudenken gab es also genug. Doch eines beschäftigte ihn mehr als alles andere: Dass er seinen Padawan verloren hatte.
Kurz nachdem sie sich im Uyter-System von ihrem Piloten Hazar Dral getrennt hatten, um die Reise auf eigene Faust fortzusetzen, hatte Krazark Shaat seinem Lehrer eröffnet, dass er die Ausbildung nicht fortsetzen wollte. Der Tusken konnte sich mit den Idealen und der Lebensweise der Jedi nicht weit genug identifizieren, um sich die Verpflichtungen des Ordens auferlegen zu wollen. Er zweifelte, ob dies der richtige Weg für ihn war, und in mehreren langen, anstrengenden Gesprächen kamen er und Nen-Axa zu dem Schluss, dass diese Zweifel wohl berechtigt waren. Wahrscheinlich war es wirklich nicht die Lebensweise, mit der Krazark langfristig glücklich werden konnte. Nen-Axa hätte ihn gerne umgestimmt, doch es gelang ihm nicht. Im Centares-System, noch vor Erreichen des republikanischen Raumes, ging der junge Mann von Bord, um seinem Leben eine andere Richtung zu geben, von der er noch nicht wusste, wo er sie zu suchen hatte. Nun musste der Arcona allein weiterreisen und sich natürlich fragen, woran es wohl lag, dass ihm nun schon zum zweiten Mal in so kurzer Zeit ein Padawan abgesprungen war. Lerameé Bar'jaraka, die kleine, friedliebende Lurmen, war nach wenigen Tagen dem Heimweh erlegen und auf ihre Heimatwelt Maridun zurückgekehrt. Und nun wandte sich auch Krazark, der raue Wüstenbewohner mit dem halb unterdrückten Zorn in der Seele, von den Jedi ab. Ganz zwangsläufig warf das die Frage auf, ob Nen-Axa etwas falsch gemacht hatte. Oder, was noch schlimmer wäre: Ob er etwas Wichtiges versäumt hatte. Hätte es Wege gegeben, Lerameé und Krazark besser zu motivieren? Hätte er sie stärker dabei unterstützen können, ihren Platz im Orden zu finden? Hatte er zu viel von ihnen verlangt oder sie stattdessen vielleicht zu wenig gefordert? Seit Tagen dachte er nun über diese Fragen nach, wie er es auch schon nach dem Ausbildungsabbruch seiner ersten Schülerin getan hatte. Er stellte seine Art zu lehren und mit den Padawanen umzugehen auf den Prüfstand und stellte fest, dass er einige Dinge etwas anders anging als seine Meisterin bei ihm. Doch das musste nicht falsch sein: Es war durch ihre unterschiedlichen Mentalitäten bedingt. Nen-Axa war eben nicht Eleonore. Einen groben Fehler in seinen Verhaltensweisen und Lehrmethoden konnte er nicht finden - ein paar kleinere Unzulänglichkeiten zwar, aber nichts, das den Verlust von zwei Padawanen ausreichend begründen könnte. Dass er den Fehler nicht sah, bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass es keinen gab. Womöglich übersah er das Offensichtliche. Doch war es auch denkbar, dass es gar nicht an ihm lag: Viele Anwärter wurden niemals Jediritter, weil sie sich als ungeeignet herausstellten oder andere Lebenswege wählten. Aber konnte er einfach davon ausgehen, dass die Lurmen und der Tusken ohnehin keine Jedi geworden wären, weil sie einfach nicht dazu beschaffen waren? Machte er es sich damit nicht zu einfach?
Da er noch immer keine Antworten auf all diese Fragen hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Gedanken auf später zu verschieben. Sie würden ihn sicherlich noch öfter und länger beschäftigen. Vielleicht erhielt er in der Jedibasis die Gelegenheit zu einer längeren Meditation, die ihm helfen konnte, die Dinge klarer zu sehen. Zunächst gab es aber noch andere Dinge zu tun. Sein Reisegepäck beinhaltete nun unter anderem die Kiste mit Va'alii Thinos' Hinterlassenschaften. Nen-Axa musste sie dem Orden übergeben und Bericht über seine Reise erstatten, die Ausrüstung zurückgeben und leider auch vermelden, dass er ohne seinen Padawan zurückkehrte. Letzteres war natürlich eine Aufgabe, auf die er sich nicht freute. Vielleicht war das einer der Gründe, warum er diese unangenehme Pflicht noch ein Stück nach hinten schob. Denn es gab einen Gegenstand in seinem Gepäck, der zusätzliche Fragen aufwarf, die ihn nicht loslassen wollten.
Das Lichtschwert, das er in Va'aliis Versteck bei den Schriften und ihrer persönlichen Ausrüstung gefunden hatte, hatte eine rote Klinge. Kein zartes Rosé, grelles Pink oder kräftiges Purpur, wie man es manchmal sah, sondern reines Blutrot, von dem es hieß, dass es niemals bei natürlichen Lichtschwertkristallen vorkam. Sie wurden eigentlich nur von Anhängern der dunklen Seite genutzt - weil sie in ihrer Unnatürlichkeit den Sieg des Individuums über die Natur und die Macht symbolisierten. Zum Beispiel die Sith benutzten, soweit er es wusste, fast ausschließlich künstliche Kristalle dieser Farbe. Aber wieso befand sich dann ein solches Schwert in Thinos' Hinterlassenschaften? Ihr eigenes konnte es kaum sein - in den Geschichten über sie gab es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass sie der dunklen Seite der Macht verfallen sein könnte, im Gegenteil.. War sie während ihrer Flucht oder während ihres Exils mit dunklen Jedi oder Sith zusammengetroffen? Wenn ja, wie war dieses Treffen dann abgelaufen und wie war dabei die Waffe in ihren Besitz gelangt? Wieso hatte sie diese zusammen mit ihrer persönlichen Ausrüstung und den Schriften aus der Ordensbibliothek verwahrt? Und warum befand sich in der Kiste kein zweites, nämlich ihr eigenes? Fragen über Fragen, und abermals keine Antworten. Nen-Axa glaubte auch nicht daran, dass er sie jemals erhalten würde. Aber bevor er seinen Fund in die Obhut des Ordens übergab, wollte er zunächst selbst noch einen Blick darauf werfen. Während der Reise hatte er diese Möglichkeit nicht gehabt: Er hatte keinen Wert darauf gelegt, als Jedi erkannt zu werden. Es war schon problematisch genug, mit einem Lichtschwert zu reisen - es offen zu tragen oder ohne Not zu aktivieren, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Er musste damit warten, bis er die Basis erreicht hatte. Dort gab es zwei Räumlichkeiten, in denen man in kontrollierter Umgebung ein Lichtschwert aktivieren konnte: Die Werkstätten, die unter anderem der Herstellung solcher Waffen dienten, und die Trainingsräume, wo ständig damit hantiert wurde.
»Bringen Sie uns zur Jedibasis«, sagte er dem Taxifahrer-Droiden, nachdem dieser mit starken mechanischen Armen das Gepäck auf die Ladefläche des Speeders gehoben und gesichert hatte. Die Angabe einer Adresse war nicht nötig: Längst wusste jeder Fahrer, wo die Basis zu finden war. Denn nicht nur die Jedi mussten ständig dorthin oder von dort weg befördert werden, sondern die Basis hatte sich längst zu einer Sehenswürdigkeit und einer Art Touristenattraktion entwickelt. Daher war die einzige Information, die der Droide noch brauchte, warum sein Passagier in der Mehrzahl sprach, obwohl er doch alleine war. Der Arcona stellte das schnell richtig, dann ging es in rasanter Fahrt in das Industriegebiet, das den unscheinbaren, bescheidenen Bau des Jediordens beherbergte.
Nen-Axa stieg aus und sorgte dafür, dass die Fracht abgeladen und in das Gebäude geschafft wurde. Die Ausrüstung, die er für sich und Krazark entliehen hatte, ging sofort in die Lagerräume zurück. Die Kiste mit Va'aliis Erbe jedoch behielt er bei sich: Er wollte sie persönlich abgeben. Später. In seinem weiten, grauen Umhang und mit dem ebenso grauen Behälter in den Krallenhänden schritt er durch das Eingangstor ins innere der Basis, auf die Trainingsräume im Erdgeschoss zu. Eine kurze Überprüfung zeigte, dass - wieder einmal - alle Räume belegt waren. Auch nach dem Ausbau der Basis kam dies hin und wieder vor. Aber meistens gelang es, sich irgendwie mit den anderen zu arrangieren und einen Raum zu teilen. Der Jediritter hoffte darauf, dass es auch diesmal funktionieren würde, als er Trainingsraum J2 betrat. Dort waren gerade zwei Personen mit einer Waffenübung beschäftigt. Eine von ihnen war eine relativ junge, blonde Menschenfrau (Shana), die andere ein Mitglied einer langhalsigen, weißhäutigen Spezies, die Nen-Axa schon gesehen hatte, deren Namen ihm aber nicht einfiel (Tzun). Da er bei beiden nicht einschätzen konnte, ob sie noch Padawane oder bereits Jediritter waren, entschied er sich für die Höflichkeitsform, als er sie ansprach:
»Wir hoffen, ich störe Euch nicht. Die anderen Räume sind ebenfalls belegt: Wenn es Euch nichts ausmacht, werden wir uns diesen hier teilen. Ich will nur ein Lichtschwert untersuchen, das wir gefunden haben; dafür brauchen wir nicht viel Platz.«
Daraufhin stellte er die Kiste an einer Ecke des Raumes ab und holte das Shoto heraus, um den dunklen, matt schimmernden Griff von allen Seiten zu betrachten. Mit einer Drehung öffnete er die Waffe und zog beide Hälften des Gehäuses auseinander, wodurch das Innenleben zum Vorschein kam. Nen-Axa war kein Experte, hatte aber durch den Bau seines eigenen Lichtschwertes (das er mittlerweile nicht mehr besaß) genug gelernt, um zu sehen, dass dieses Gerät gründlich konstruiert war. Der Platz war ideal genutzt und alle Komponenten waren sauber zusammengefügt. Es gab Vorrichtungen zum Verstellen der Klingenlänge (wobei die Standardeinstellung die eines Kurzschwertes war) sowie der Energiemenge, wodurch es möglich war, einen Trainingsmodus einzustellen. Das Auffälligste jedoch waren die drei überraschend kleinen, roten Fokuskristalle, die zwischen den elektronischen Bauteilen eingebettet waren. Der Jedi war sicher, dass sein Fundstück von einem Kenner entworfen und hergestellt worden war. Er setzte es wieder zusammen und drückte auf den Aktivator. Blutrotes Licht flammte auf.
[Lianna | Lola Curich | Jedibasis | Trainingsraum J2] Nen-Axa, Shana, Tzun Suz