- Malastare - Hospital - Gänge -
Ami lächelte Marana leicht an und nickte
"Ja, das sollte ich wohl tun."
Mit diesen Worten stand sie auf und ging durch die Gänge, folgte den Schildern, die zu den Hygieneräumen wiesen. Schon der Vorraum war kühl und spärlich eingerichtet. Wände und Boden waren mit gräulich glänzenden Fliesen bedeckt. Die einzige Einrichtung bestand aus weißen, an der Wand angereihten Waschbecken und Handtuchhaltern.
Ami nahm sich ein Stück Seife und ein Handtuch aus den Metallregalen. Selbst das Handtuch hatte durch das viele Waschen eine gräuliche Farbe angenommen.
Sie ging in eine der Kabinen und schloß die Tür hinter sich. Während sie sich vorsichtig ihrer Kleidung entledigte, ließ sie heißes Wasser in die Badewanne laufen. Sofort bildete sich warmer Wasserdampf, der in Schwaden durch die Kabine zog. Langsam und vorsichtig zog sie sich das grüne Hemd über den Kopf. Ihre Knochen schmerzten noch bei jeder Bewegung und die Narbe brannte bei der kleinsten Berührung. Amis Hand glitt an ihre Brust, zu dem Kristall. Zögernd zog sie sich die Kette über den Kopf, betrachtete den Stein einen Moment, wie er ruhend und blass in ihrer Handfläche lag. Über Amis Mundwinkel huschte ein Lächeln, als sie an den Moment dachte, in dem Casta ihr ihn gegeben hatte. Sie wusste, daß die beiden Frauen ein unsichtbares Band verband, das über ihre Freundschaft hinaus reichte. Für sie war es kein Zufall mehr, daß sie sich begegnet waren. Es war Schicksal, und es hatte ihrer beider Leben maßgeblich beeinflußt. Amis Miene verfinsterte sich, als ihre Gedanken auf ihre Träume fielen, die sie gehabt hatte. Etwas dunkles schwor sich über diese Verbindung herauf und verdunkelte ihre Sicht und die Freude auf das nächste Treffen. Sie wusste, daß sie, sobald sie auf Corellia eintreffen würde, den Kontakt zu Casta suchen würde. Die Republik war gefallen, und Ami wusste nicht, ob ihre Freundin den Krieg überlebt hatte...
Beim Einsteigen musste sie sich an dem Geländer festhalten, das für alte und gebrechliche Leute an der Wand angebracht war. Sie seufzte. Selten war sie sich so verletzlich und schwach vorgekommen. Aber das heiße Wasser wärmte ihren Körper und tat ihr gut. Sie ließ sich locker in die Badewanne rutschen, bis nur noch Teile ihres Gesichtes über Wasser waren. Entspannt schloß sie die Augen, aber ihre Gedanken kreisten um das, was geschehen war. Sie versuchte Abstand zu den Geschehnissen zu gewinnen, ließ die Bilder vor ihren geschloßenen Augen Revue passieren.
Marana hatte ihr jede Sekunde beiseite gestanden, sie niemals, für keinen Augenblick im Stich gelassen, selbstlos für sie und ihre Verbissenheit eingestanden und gekämpft. Wusste diese Frau, was sie für Ami bedeutete? Hatte sie es sie jemals so spüren lassen, wie sie es verdiente? Ami wusste nicht viel über Marana, und Marana redete auch nicht viel über sich und ihre Vergangenheit. Aber diese Suche nach ihrer Mutter hatte Ami nun endgültig bewiesen, wie sehr sie sich auf Marana verlassen konnte. Sie hatte ihr Leben gerettet...Und da war Phol. Das große Misstrauen, das sie gegen ihn geschürt hatte, Abneigung und Neid, so waren sie sich begegnet. Doch die Ähnlichkeit und das Schicksal, das sie teilten, hatte sie zu Verbündeten gemacht, sie zusammengeschweißt, und ihn zu einem besonderen Menschen in ihrem Leben gemacht.
Ami atmete langsam und ruhig. Sie hatte viel Leid erfahren, aber sie hatte auch das wundervolle gefunden, Menschen, die ihr Treue und Freundschaft bewiesen. Langsam tauchte sie unter, hüllte sich in taubes Wasser, das alle Geräusche von ihr fernhielt.
Als sie auftauchte und leise Luft holte, strich sie sich die nassen Haare aus dem Gesicht.
Sie wusste nicht, wie lange sie im Wasser lag, aber es wurde langsam kühl und ihre Haut war aufgeweicht. Sie stieg aus dem Wasser, zog sich das Handtuch an ihren Körper und trocknete sich ab, streifte sich den Bademantel über, der an einem Haken bereit hing und verliess den aufgeheizten Hygieneraum.
Als sie in den Raum trat, in dem sie erwacht war, war die Schwester gerade dabei, ein Bett einzurichten. Ami lächelte nur leicht, beachtete die Schweter aber nicht weiter, sondern begann damit, ihre Sachen aus dem Schrank zu nehmen. Sie mussten gewaschen worden sein, als sie bewusstlos gewesen war.
"Sind sie sicher, daß sie sich das zumuten können? Ich würde sie gern noch etwas hier behalten" sagte die Schwester, die ohne daß Ami es bemerkt hatte, plötzlich neben ihr stand.
"Nein, ich kann meine Zeit hier nicht weiter vergeuden, und es geht mir gut...gut genug, um alleine zurecht zu kommen" antworte Ami nur in einem schroffen und abweisenden Ton. Ohne die Schwester nocheinmal anzublicken, verliess sie das Zimmer und ging auf den Gang um Marana zu finden.
Sie fand sie in der Cafeteria, die an die Kantine angrenzte. Gedankenverloren saß sie über einer Tasse Kaffee.
"Es ist Zeit für mich, aufzubrechen", sagte Ami als sie neben Marana trat. "Ich werde zum Raumhafen gehen und einen Flug nach Corellia buchen. Ich werde als Passagier reisen."
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