So, es ist mal wieder Zeit für einen Jahrestag aus dem Sezessionskrieg.
Am 11. Dezember 1862 trat die Schlacht von Fredericksburg/Virginia in ihre heiße Phase. Die Kämpfe sollte bis zum 15. Dezember andauern und eine der empfindlichsten Niederlagen für die die Potomac-Armee, dieHauptstreitmacht der Union auf dem östlichen Kriegsschauplatz werden.
Die Vorgeschichte:
Nach dem strategischen Sieg der Union in der Schlacht bei Antietam (17.9.1862), die mit dem Rückzug der Nord-Virginia-Armee (CS) unter Lee endete drängte Präsident Lincoln am 6. Oktober den Oberbefehlshaber der Potomac-Armee George B. McClellan zum Nachsetzen und die Chance zu nutzen Lee's geschwächter Armee den Rückweg nach Richmond/Virginia zu verlegen und der Hauptstreitmacht des Feindes den Todesstoß zu versetzen. Doch wie üblich zögerte und zauderte McClellan, überschätze die Stärke des Feindes und unterschätzte seine eigene Stärke. Ganze 20 Tage lies "Little Mac" verstreichen, ehe er seine Truppen in Bewegung setzte, jedoch wich er Lee aus, statt z.B. eine gute Gelegenheit zu nutzen, ihn an der Flanke zu attakieren oder ihm den Weg nach Richmond zu versperren. Entnervt enthob Lincoln daher am 5.11.1862 McClellan seines Kommandos und ernannte Generalmajor Ambrose Everett Burnside zum Oberbefehlshaber der Potomacarmee. Eine schlechte Wahl wie sich sehr bald zeigen sollte. Ähnlich wie McClellan war Burnside ein fähiger Organisator, aber kein General, der eine große Armee von 100.000 Mann im Feld führen konnte. Er war unflexibel, träge und schnell überfordert, sollte die Situation vom einmal gefassten Schlachtplan abweichen. Interessanterweise wusste er das von sich und hatte im Laufe des Jahres bereits zweimal das Kommando über die Potomac-Armee ausgeschlagen, doch diesesmal bestand Lincoln darauf, daß er diesen Posten übernimmt. Um seinen Präsidenten nicht zu enttäuschen nahm er an und verschlanke zunächste die Kommandostruktur der Armee. Um nicht 6 oder mehr Korps gleichzeitig führen zu müssen schuf er die Kommandostruktur der "Grand Divisions", von denen es drei (Left, Center, Right) gab, und in denen jeweils zwei Korps und einige Einheiten Kavallerie zusammengefasst waren. Sein Plan sah es vor, die strategisch günstig gelegene Kleinstadt Fredericksburg am Rappahannock-River einzunehmen, die Höhenzüge hinter der Stadt sowie einige wichtige Straßenkreuzungen in Richtung Richmond zu besetzen. Lee hatte - wie schon sooft - seine Streitmacht geteilt. Jacksons Truppen waren zum Schutz des Shenandoah-Tals abgestellt und Longstreet stand mit seiner Hauptstreitmacht einige Meilen von Fredeicksburg entfernt. In der Stadt selbst waren nur ca. ein Regimenter Infanterie stationiert. Ein guter Plan, wenn man ihn schnell ausführen würde. Durch die Besetzung der Höhenzüge könnte man Lee das Schlachtfeld diktieren und gleichzeitig Richmond, die Hauptstadt der Konförderation, bedrohen. Zunächst lief auch alles nach Plan. In einem Gewaltmarsch erreichte die Right Grand Division (Sumner) am 20. November das Ostufer des Rappahannock und besetzte die dort gelegenen Stafford Heights, von wo aus die ganze Stadt unter die Wirkung der Unionsartillerie gebracht wurde. Lee wusste noch nicht, daß McClellan abgelöst worden war, und reagierte einigermaßen überrascht, als er durch die Kavallerie aufklärung erfuhr, daß eine große Unionsstreitmacht den Rappahannock erreicht hatte. Sofort setzte er Longstreet's Korps in Marsch, um die Höhenzüge hinter Fredericksburg - die Marey's Heights - zu besetzen und auch Jackson's Korps wurde eiligs zurückbeordert.
Burnside hingegen lies wertvolle Zeit verstreichen. Da die Flüsse im Winter Hochwasser führen war geplant, den Rappahannock mit Pontonbrücken zu überqueren, die eigentlich zusammen mit Sumner hätten eintreffen sollten, doch durch eine bürokratische Unzulänglichkeit in Washington waren die Brücken nicht vor Ort und ließen auf sich warten. Unterdessen entdeckte Winfield Scott Hancok - einer der fähigsten Divisionskommandeure in der Potomacharmee - einige Meilen entfern eine Furt, die das Überqueren des Flusses trotz Hochwasser möglich gemacht hätte. Er bekniete Burnside, seine Division auf's andere Ufer führen zu dürfen, und die Anhöhen zu nehmen, bevor Longstreet dort einträfe, doch Burnside verweigerte es den Befehl zu geben. Er war zu unflexibel und ängstlich seine Streitmacht zu teilen. Ein fataler Fehler. Während die Unionstruppen auf die Pontons warteten, schickte Longstreet Regiment um Regiment auf die so wichtigen Marye's Heights und auch Jacksons Streitmacht erreichte die Szene schließlich Ende November und besetzte die rechte Flanke der Konföderierten.
Die Schlacht:
Schließlich war es bereits der 11. Dezember, als die Pioniere der Union begannen, die Brücken über den Rappahannock zu schlagen. Doch mittlerweile hatten Scharschützen die Häuser am Ufer besetzt und schossen sich schnell auf die tapferen Pioniere ein, die auf verlorenem Posten standen und einer nach dem anderen abgeschossen wurden, als sie versuchten ihre Brücken zu bauen. Die Union antwortete zunächst mit Artillerie. 147 Geschütze feuerten in nur einer Stunde 5.000 Geschosse in die evakuierte Stadt, doch es nutzte nichts. Schließlich setzte ein Regiment mit Booten über den Fluß und trieb die Scharfschützen mit dem Bajonett aus ihren Stellungen. Durch diese Aktion ging ein ganzer Tag verloren. Erst am nächsten Tag wurden die Brücken fertig und das Gros von Burnsides Armee konnte den Rappahannock queren. Sie kamen in ein Tollhaus. In der Nacht hatten die bereits übergesetzten Truppen die Bürgerhäuser geplündert und Weinkeller leergesoffen. Möbel flogen aus den Fenstern und betrunkene Soldaten torkelten in Frauenkleidern durch die Straßen. Dies empörte die konföderierten Soldaten zutiefst, die zu einem Großteil aus Virginiern bestanden und auch viele Kommandeure der Union belegten dieses Verhalten mit drakonischen Strafen.
Als am 13. Dezember schließlich fast alle Truppen den Fluß überschritten hatten, lies Burnside zunächst Jacksons Truppen auf der rechten Flanke der Union angreifen, wie Lee es vorausgeahnt und diese Seite verstärkt hatte, doch dann erlebte er eine Überraschung, als ein Korps unter Joe Hooker begann, die Marye's Heights frontal anzugreifen. Ein Himmelfahrtskommando. Die Soldaten der Union mussten einen Hügel hochmarschieren, der keinerlei Deckung bot und an dessen Spitze sich Longstreets truppen an einem Hohlweg verschanzt hatten, der durch eine ca. 1m hohe Mauer begrenzt wurde - eine perfekte Deckung. Zudem waren die Geschütze der Südstaatler so gut positioniert, daß ein Artillerieoffizier meinte, daß nichtmal ein Huhn diese Stelle passieren konnte, ohne Schaden zu nehmen. 14 Brigaden der Union rannten schließlich vergeblich gegen die Steinmauer an und sie scheiterten alle. Die Konföderierten standen in Viererreihen und feuerten ohne Unterlass. Innerhalb weniger Stunden verlor die Union an dieser Stelle mehr als 7.000 Mann. Unglaubliche Dramen spielten sich ab. So notierte ein Überlebender des Angriffs später in sein Tagebuch, daß er beim Vorrücken über die toten und verwundeten Leiber seiner Kameraden laufen musste und ansonstend er Boden so glitschig war vom Blut, daß er kaum voran kam. Bitter wurde es für das irische Regiment von Thomas W. Cobb auf seiten des Südens, als sie sich plötzlich der irischen Birgade (Meagehr) auf Seiten der Union gegenüber sahen. Viele der konföderierten Soldaten weinten, als sie ihre Landsleute in den blauen Uniformen zusammenschießen mussten. Als sich die Reste schließlich zurückzogen taten sie das unter anerkennenden Hochrufen ihrer "Brüder" in Grau.
Etwas besser lief auf dem linken Flügel der Union (sprich dem rechten der Konföderierten) hier konnte George C. Meade (der spätere Sieger von Gettysburg) ein Schwachstelle in Jacksons Verteidigung ausmachen und brach zusammen mit der Division von John Gibbons auf einer Breite von 600m in die Reihen der Konföderierten, jedoch waren die Truppen zu schwach Lee's Flanke aufzurollen. Daher schickte Meade einen Boten zur Division des hinter ihm stehenden David B. Birney mit der Aufforderung nachzustoßen. Doch Birney lehnte brüskiert ab, da er nicht gewillt war Befehle von einem Divisionskommandeur im gleichen Rang entgegenzunehmen. Erst als Meade erklärte, er würde die volle Verantwortung für den Angriff übernehmen war Birney bereit, seine Regimenter in Marsch zu setzen, doch es war zu spät. Jackson hatte seine von Jubal Early geführte Reserve in Marsch gesetzt, die Meade und Gibbons auf die Ausgangsstellung zurückwarf.
Schließlich setzte die hereinbrechende Dunkelheit dem Schlachten ein Ende. Jackson wollte noch nachsetzen, da er ünerzeugt war, er könne die Unionstruppen in den Fluß werfen, doch die Artillerie auf der anderen Seite des Rappahannock belehrte ihn schnell eines Besseren.
In der Nacht spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Viele verwundete Unionssoldaten lagen im Niemandsland und sollten die naßkalte Nacht nicht überleben. In dieser Situation erbat der konföderierte Sanitäter Sgt. Richard Kirkland von seinen Vorgesetzten die Erlaubnis, die Verwundeten, die vor seiner Stellung lagen versorgen zu dürfen. Er ging als "Engel von Fredericksburg" in die Geschichtsbücher ein.
Burnside wollte den Angriff am Morgen des 14. Dezember fortsetzen und dabei an der Spitze des IX. Korps - seinem alten Kommando - die Marye's Heights hochmarschieren, doch seine Stabsoffiziere hielten ihn von diesem Himmelfahrtskommando ab. Auch Lee erwartete weitere Angriffe, die jedoch ausblieben. Burnside war geschlagen. In der Nacht zogen sich seine Truppen über den Fluß zurück und schnitten die Pontons los. Dies wurde von einem Polarlicht begleitet, etwas, daß viele Soldaten aus dem Süden noch nie gesehen hatten. So notierte ein konföderierter Soldat in sein Tagebuch: "Der Himmel hängt seine Banner aus, um unseren großen Sieg zu feiern." Und Lee tätigte gegenüber Longstreet angesichts der Verluste auf Seiten der Union (ca. 1.300 Tote, fast 10.000 Verwundete und 1.700 Vermisste und Gefangene) den Ausspruch: " Es ist gut, daß Krieg so schrecklich ist, wir könnten sonst gefallen daran finden."
Auf einen Gegenangriff verzichtete Lee wegen der gut positionierten Unions-Artillerie auf den Stafford Heights.
Sein Gegenspieler Burnside wusste hingegen, daß er bereits in seiner ersten Schlacht versagt hatte. Er versuchte nochmal das Steuer herumzureißen. Am 20. Januar setzte er seine geschundene Armee in Marsch, um Lee's Flanke zu umgehen und auf Richmond vorzustoßen. Nachmittags begann es jedoch zu nieseln, was sich bis zum Abend zu ergiebigen Regefällen ausweitete, welche mehrere Tage andauern sollten. Die Straßen verwandelten sich in Schlammlöcher. Wagen und Lafetten sanken bis zu den Achsen ein und waren nicht mehr zu bewegen und auch die Infanteristen konnten keinen Schritt mehr machen, ohne daß ihnen der tiefe Matsch buchstäblich die Schuhe auszog. Doch damit nicht genug; vom jenseitigen Ufer verhöhnten die konföderierten Feldwachen ihre Gegner mit Zurufen und Plakaten, auf die sie "Burnside's Armee steckt im Dreck" oder "Nach Richmond hier lang" geschrieben hatten.
Am 24. Januar brach Burnside die Aktion entnervt ab, am 26. Januar wurde er seines Kommandos enthoben und durch Joseph Hooker ersetzt.
Hier ein Bild vom glücklosen Burnside:
Man beachte seine ausgeprägte Barttracht. Noch heute nennt man in den USA besonders breite Koteletten scherzhaft "Sideburns".
C.
Quellen:
William C. Davis, Der Amerikanische Bürgerkrieg - Soldaten, Generäle, Schlachten; Weltbild-Verlag, 2000; ISBN 3-8289-0384-3
James M. McPherson (Hg.), The Atlas of the Civil War, Courage Books, 2005; ISBN 0-7624-2356-0
Reinhard Pohanka, Der Amerikanische Bürgerkrieg; Marix-Verlag 2007; ISBN 978-3-86539-925-0