Pacific War Countdown Teil 2
Pacific War Countdown Teil 2
1. Die erste Warnung vor einem drohenden Angriff auf Pearl Harbor
Heute vor 70 Jahren, am 27. Januar 1941, vertraute der peruanische Gesandte in Tokio, Dr. Ricardo Rivera Schreiber, dem US-Botschaftssekretär Max Bishop an, er habe aus Geheimdienstkreisen erfahren, dass die Japaner den Plan für einen Überfall auf Pearl Harbor ausarbeiteten. Daraufhin entwarf Bishop sogleich ein Telegramm an das US-Außenministerium. Sein Vorgesetzter, der US-Botschafter in Japan Joseph C. Grew, ein großer Kenner der japanischen Kultur, Geschichte und Mentalität, fügte noch ein paar kleine Änderungen ein und wies den Sekretär an, die Depesche sofort zu verschlüsseln und nach Washington zu senden. Am selben Tag schrieb Grew in sein Tagebuch: „Hier wird viel davon geredet, dass die Japaner für den Fall eines Konflikts mit den USA voll auf einen massiven Überraschungsschlag gegen Pearl Harbor setzen. Ich glaube, dass unsere Jungs auf Hawaii auch nicht gerade schlafen.“
Doch die alarmierende Meldung aus der US-Botschaft in Tokio wurde in Washington nicht ernst genommen. Zwar wurde sie an Admiral Husband E. Kimmel, der seit Anfang 1941 neuer Oberbefehlshaber der US-Pazifikflotte war, weitergeleitet, aber mit der Anmerkung versehen: „Der Marinegeheimdienst hält diese Gerüchte für unbegründet. Zudem lassen die verfügbaren Informationen über die gegenwärtige Aufstellung und Aufgabenverteilung der japanischen See- und Luftstreitkräfte weder einen unmittelbar bevorstehenden noch einen für die vorhersehbare Zukunft geplanten Angriff auf Pearl Harbor vermuten.“
In Japan sandte ebenfalls am 27. Januar Admiral Yamamoto seinen Entwurf für den Angriffsplan zur Prüfung an Konteradmiral Onishi Takijiro, Stabschef der 11. Luftflotte. Bei dieser Operation sollte die Hauptstreitmacht der US-Pazifikflotte, also die Schlachtschiffe und Flugzeugträger, durch einen massiven überraschenden Luftangriff von Trägerflugzeugen ausgeschaltet werden.
Onishi übergab den Entwurf an den Kommandanten der 11. Luftflotte, Fregattenkapitän Genda Minoru, einen der fähigsten Offiziere der japanischen Kriegsmarine. In den folgenden Tagen untersuchte Genda den Plan und kam zum Ergebnis, dass ein (Überraschungs-)Angriff auf Pearl Harbor zwar riskant und schwierig zu bewerkstelligen sei, jedoch „eine annehmbare Erfolgschance“ habe. Daraufhin arbeitete Genda eine Planstudie für die „Operation Hawaii“ aus: Dafür sollten alle verfügbaren 6 Flugzeugträger eingesetzt werden, und der Angriff musste im Morgengrauen beginnen, damit der Anflug der Torpedo- und Bomberflugzeuge größtenteils im Schutz der Dunkelheit erfolgen konnte. Allerdings musste noch ein gravierendes Problem gelöst werden: Die Gewässer von Pearl Harbor waren für den Torpedoabwurf zu flach. Daher versahen die Japaner nach dem Vorbild der Briten bei ihrem Angriff auf Tarent die Torpedos mit hölzernen Flossen.
Fregattenkapitän Genda Minoru
2. „Purple“, „Magic“, „JN-25“: Erfolge der US-Funkaufklärung
Bekanntlich spielte die Funkaufklärung, also die Entschlüsselung von Codes der Achsenmächte durch die Alliierten, im Zweiten Weltkrieg eine entscheidende Rolle. Bis heute wird behauptet, die US-Führung hätte im Dezember 1941 genau gewusst, dass ein japanischer Überraschungsangriff auf Pearl Harbor drohte, weil sie die wichtigsten japanischen Codes entschlüsselt und somit den diplomatischen und militärischen Funkverkehr „mitlesen“ konnte. Das aber ist so nicht ganz richtig, deshalb hier einige Infos über die Erfolge der US-Funkaufklärung vor Ausbruch des Pazifikkrieges, die ich aus verschiedenen englischsprachigen Internetseiten zusammengestellt habe.
„Purple“ (Purpur) war die amerikanische Codebezeichnung für eine Verschlüsselungsmaschine, die von den Japanern vor dem Zweiten Weltkrieg konstruiert und für den diplomatischen Dienst eingesetzt wurde, und den wichtigsten diplomatischen Code Japans. Dieses Gerät war ähnlich gebaut wie die deutsche Verschlüsselungsmaschine „Enigma“ (Rätsel). Sie bestand aus einer Eingabeeinheit, einer Ausgabeeinheit, und dem eigentlichen kryptographisch wirksamen Schlüsselmechanismus aus mehreren Walzen. Die japanische Maschine verwendete anders als vergleichbare westliche jeweils eine elektrische Schreibmaschine als Eingabe- und Ausgabeeinheit. Sie war aufgrund ihrer Größe nur bedingt transportabel und wurde stationär eingesetzt. Die Maschine konnte bei Bedarf auch westliche Texte wortgetreu für die Übertragung verschlüsseln. Satzzeichen und Ziffern mussten vor der Verschlüsselung mittels einer Tabelle in Buchstaben umgewandelt werden.
Nach ersten Einbrüchen in japanische Code-Systeme um 1940 wurde „Purple“ nach und nach von einer Gruppe um den amerikanischen Mathematiker und Kryptologen William Friedman enträtselt. Später war man in der Lage, die Maschine nachzubauen und japanische Funksprüche im Rahmen der Aktion „Magic“ (Magie) zu entziffern. Sowohl der Nachbau als auch das Original verwendeten Telefonwählschalter. Seitdem konnten die USA den geheimen diplomatischen Nachrichtenverkehr Japans mitlesen und waren daher über die meisten politischen und militärischen Pläne und Absichten des Kaiserreichs informiert.
Als „Magic“-Code wurden auf amerikanischer Seite abgefangene und entzifferte Informationen bezeichnet, die nach dem „Purple“-Verfahren verschlüsselt waren. Damit wollte man die Tatsache verschleiern, dass man „Purple“ geknackt hatte, und dies gelang auch: Die Japaner wussten während des ganzen Zweiten Weltkrieges nicht, dass ihr „Purple“-System geknackt worden war. Auch andere japanische Verschlüsselungsverfahren galten als ungebrochen und wurden bis zur Kapitulation eingesetzt.
Gleichzeitig arbeitete der US-Marinegeheimdienst an der Entzifferung des Kommando- und Kommunikationskontrollsystems und zugleich wichtigsten und sichersten Codes der Kaiserlich-Japanischen Kriegsmarine JN-25. Dieses japanische Marinecodesystem wurde von den Kryptoanalytikern so benannt, weil es das 25. war, das identifiziert wurde. JN-25 bestand aus einem Verschlüsselungsbuch mit etwa 27500 Einträgen und einem zusätzlichen Buch für die nochmalige Verschlüsselung der wichtigsten Angaben im Codebuch.
Das Zusatzbuch umfasste 300 Seiten, jede Seite enthielt 100 zufällig zusammengestellte fünfstellige Ziffern, die mehrfach wieder verwendet wurden. Der verschlüsselte Code erzeugte 5 Nummerngruppen im gesendeten Funkverkehr, wurde oft verändert, und jede neue Version bedeutete, dass die Codebrecher mehr oder weniger wieder von vorne mit ihrer schwierigen Arbeit beginnen mussten. Dazu wurden immer wieder neue Codebücher eingeführt, ebenso neue Bücher für zusätzliche Verschlüsselungen, manchmal beide gleichzeitig.
Eine bedeutende Veränderung des Codes JN-25 erfolgte unmittelbar vor dem Angriff auf Pearl Harbor. Es war die Version des Systems, die rechtzeitig im späten Mai 1942 gebrochen werden konnte: Sie enthielt die Vorwarnung vor einer bevorstehenden großen Angriffsoperation der Japaner und führte letztendlich zum Sieg der US-Pazifikflotte in der Schlacht um Midway. Von nun an blieben die entschlüsselten japanischen Marinefunksprüche im JN-25-Code eine der wichtigsten Nachrichtenquellen für die Alliierten und trugen wesentlich zum späteren Sieg im Pazifikkrieg bei.
Die Briten, Australier, Niederländer und Amerikaner arbeiteten bereits einige Zeit vor Pearl Harbor bei ihren Bemühungen zusammen, den Marinecode JN-25 zu brechen. Doch da die japanische Marine bis ins Spätjahr 1941 in keine wichtigen Kampfhandlungen verwickelt war, stand den Kryptoanalytikern nur wenig Funkverkehr zur Verfügung, mit dem sie arbeiten konnten. Vorher wurden in der japanischen Kriegsmarine Informationen, Ergebnisse von Besprechungen und Befehle allgemein auf Wegen an die Empfänger versandt, die sicherer waren als verschlüsselte Funksprüche, zum Beispiel per Kurier oder direkt durch ein Kriegsschiff.
Zwar gibt es in Veröffentlichungen zu diesem Thema unterschiedliche Angaben, doch die glaubwürdigsten Aussagen stimmen darin überein, dass die Version des Codes JN-25, die vor Dezember 1941 benutzt wurde, zum Zeitpunkt des Angriffs auf Pearl Harbor nur zu etwa 10 Prozent entschlüsselt war. Dabei war es in erster Linie gelungen, die zusätzliche Verschlüsselung zu brechen. Der Funkverkehr im Code JN-25 nahm ab dem Kriegsausbruch bis zum Jahresende 1941 erheblich zu und ermöglichte den Kryptoanalytikern endlich die erforderliche Menge an „Untersuchungsmaterial“, um erfolgreich und faktisch die bestehende und die folgenden Versionen zu brechen.
Die Arbeit der US-Codebrecher wurde geleitet vom Funkaufklärungskommando der US Navy in Washington, genannt OP-20-G. Im Zentrum stand die US Navy Kampfaufklärungseinheit in Pearl Harbor (Station „Hypo“), geleitet von Commander Joseph Rochefort, und wurde unterstützt von der Station „Cast“ im Marinestützpunkt Cavite auf den Philippinen und dem britischen Vereinten Fernostbüro in Singapur.
Um JN-25 „lesen” zu können, mussten die Codebrecher große Mengen japanischer Funksprüche sammeln. Ihr erstes Ziel war, in jeder Nachricht die Angabe zu finden, die zeigte, von welcher Seite des Zusatzbuchs die Zahlen stammten. Dann mussten sie die Zusätze selbst entdecken und entfernen, um zu den eigentlichen Angaben des Codebuchs zu gelangen. Schließlich mussten die Codebrecher das zugrundeliegende Codesystem herausfinden, um die Bedeutungen im japanischen Klartext zu erschließen, erst dann konnten die Nachrichten zumindest teilweise gelesen werden.
Die Entschlüsselung wurde erleichtert durch Informationen aus japanischen Meldungen im Klartext über Schiffsbewegungen, zudem erwies sich für die Codebrecher das japanische Marineoffiziersverzeichnis als nützlich, um Codegruppen zu entdecken und zu identifizieren.
Eine zweite Version des Codesystems, das die Kryptoanalytiker der US Navy als JN-25B bezeichneten, wurde am 1. Dezember 1940 eingeführt. Sechs Monate später ersetzte die japanische Marine das Zusatzbuch. Dies geschah erneut im August und drei Tage vor dem Angriff auf Pearl Harbor.
Vor dem Wechsel des Zusatzbuchs im August 1941 hatten die Codebrecher schätzungsweise erst etwa 2000 Codegruppen entschlüsselt, das waren etwa 4 Prozent des Codebuchs, und dabei handelte es sich meist um Ziffern und stereotype Sätze. Der Fortschritt bei der Entschlüsselung wurde erheblich eingeschränkt durch die begrenzte Zahl an geeignetem Personal. Hinzu kam, dass die US-Führung den diplomatischen „Purple“-Nachrichten höhere Priorität einräumte, daher richteten sich die Hauptanstrengungen in Washington auf die Entschlüsselung des „Purple“-Systems. Außerdem wurden die großen Mengen an entschlüsselten Nachrichten nicht immer rechtzeitig und sorgfältig genug ausgewertet.
So sah eine japanische Verschlüsselungsmaschine aus:
(Fortsetzung folgt – künftig gibt’s ein Mal pro Monat eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse mit Schwerpunktthema)