Mon Calamari (Calamari-System)

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Vergnügungsviertel]- Cris

Die Sonne war immer tiefer gesunken, während Cris versucht hatte, sich mehr schlecht als recht in Coral City zurechtzufinden, prangte allerdings immer noch mit satten Farben über der Stadt und war noch nicht ganz hinter den Häusern verschwunden. Kälter würde es jetzt allerdings wirklich und die Versuchung war mehrere Male sehr groß, sich einfach ein Robotaxi oder ähnliches Transportmittel zu besorgen und sich so die Suche zu ersparen und den Weg zu verkürzen. Cris widerstand dieser Versuchung. Es war fast so, als wollte er sich auch physisch für die Worte bestrafen, die er Noa ins Herz gejagt hatte, als wäre jede Blessur seiner Füße im Rahmen des scheinbar – da er sein Ziel nicht kannte – endlosen Fußmarsches ein kleines Stückchen Buße, wenn schon nicht vor der Welt und erst recht nicht vor ihr, dann zumindest vor sich selbst.

Sich fast krampfhaft an dem Beutel festhaltend, dessen Inhalt er in jenem Souvenirladen erworben hatte, kämpfte Cris um jedes Wort, jeden Satzbaustein, alles, was er würde sagen können, wenn er Noa wieder unter die Augen trat. Wenn sie ihm dies überhaupt gestattete. Ein fragwürdiges Wenn, im Grunde ein sehr schwaches Falls. Sie, die eine Vase auf ihn geschleudert hatte, weil er ihr ihrer Meinung nach nicht deutlich genug gemacht hatte, dass er sie gerne zum Abendessen ausführen würde, hatte mit einiger Gewissheit noch weitaus drastischere Reaktionen in der Hinterhand, drastischer auch als die Eistüte in seinem Gesicht. Unglücklicherweise hatte sie mittlerweile auch genügend Zeit gehabt, sich welche zu überlegen. Zeit, in der womöglich auch ihr Gemüt abgekühlt war, in der sie die Dinge nüchterner betrachtete. Nichts fürchtete Cris mehr, als dass diese Nüchternheit sie zu dem Schluss kommen ließ, dass sie die ganze Sache bedenkenlos abhaken konnte. Dass er nicht mehr war als eine bloße Randnotiz ihrer im Grunde erfolgreichen Reise nach Mon Calamari.

Während immer neue Schreckensszenarien seine Gedanken beherrschten und somit jede Chance, sich eine Art Drehbuch, einen Plan zurechtzulegen, gründlich zunichte machten, fand Cris zumindest endlich einen Teil der Stadt, den er meinte, als zum Regierungsviertel zugehörig identifizieren zu können. Die Straßen, denen er nun folgte, wurden immer vertrauter, bis er schließlich, nach Umrundung einer Kurve, die großen Lettern erkennen konnten, die vom Golden Republic kündeten. An Stelle von Erleichterung verspürte er in diesem Moment jedoch eine Mischung aus anderen, gänzlich gegenteiligen Gefühlen. Jetzt gab es keinen Aufschub mehr. Entweder, er entschied sich, die Aussprache mit Noa zu suchen und sich der Antwort zu ergeben, die das Schicksal für ihn bereit hatte – oder erwies sich wieder als Feigling und gab sich die Antwort selbst, eine Antwort, die bedeuten würde, dass er Noa nie wieder sah. Und es sich niemals verzeihen würde. War das noch eine Wahl?

Langsam schleppte sich der ehemalige Sturmtruppler – angesichts seines so gut wie ruinierten Hemdes unter dem missbilligenden Blick der Mon Calamari an der Rezeption (wobei der Blick dieser Spezies auf ihn immer missbilligend oder skeptisch wirkte) – durch das Foyer, hin zum Turbolift und ließ sich in die zweithöchste Etage tragen. Dort im Korridor passierte er zunächst die Tür zu der Suite, in der Selby und er untergebracht waren – und blieb stehen. Noch konnte er einfach verschwinden, sich in sein Bett legen und abwarten, bis Noas Flug nach Coruscant ihm jede Entscheidung abnahm. Vielleicht sollte er sich auch ein frisches Hemd anziehen, bevor er ihr unter die Augen trat.

Er ging weiter. Insgeheim wusste er, dass er sie entweder jetzt aufsuchte, oder niemals. Je länger er wartete, desto stärker würden seine Zweifel werden. Er musste sie jetzt sehen. Er musste ihr sagen, was er empfand. Für sie. Er musste sie um Verzeihung bitten. Zur Not auch auf Knien.

Vor der Tür ihrer Suite musste er ein letztes Mal Überwindung aufbringen. Das Pochen seiner Knöchel gegen das kalte Material der Tür schien unnatürlich laut.

Nichts geschah.

Cris meinte zu spüren, wie in diesem Moment irgendetwas in ihm zerbrach, irgendeine Barriere, die die Verzweiflung bis zuletzt zurückgehalten hatte. Er klopfte wieder, doch immer noch rührte sich nichts. Sie war nicht da – vielleicht schon weg, früher abgeflogen – oder aber, sie wusste ganz genau, dass nur er um diese Uhrzeit an ihrer Tür klopfen würde, und war nicht bereit, sie ihm auch nur zu öffnen. Das Resultat war in beiden Fällen dasselbe – er war zu spät. Seine Chance verloren. Noa verloren. Für immer.

Mit Beinen, die scheinbar jedweder Kraft beraubt waren, wankte Cris mehr, als er ging, zurück in Richtung der zweiten Suite und klopfte schwach an die Tür, die Selby erstaunlich schnell öffnete. Der Gesichtsausdruck des Piloten wirkte seltsam, fast als wüsste er ganz genau, was passiert war. Denn so hatte er Cris bereits einmal angesehen.


„Selby…“


Die Hand des Piloten hob sich leicht, während er halb aus dem Türrahmen trat und den Blick auf den Rest der Suite freigab.


„Ich glaube, hier ist jemand, den Sie suchen“, sagte er leise, während Cris die eine Person erblickte, die dort auf dem Sofa saß. Noa. Erleichterung, Schmerz, Furcht, Zuneigung, Schuld – all das meinte er in diesem Moment auf einmal zu empfinden. Er brachte kein Wort heraus.

„Ich werde mir mal eine Beschäftigung für den Abend organisieren…“

Und dann war der Pilot weg, die Tür hinter sich geschlossen. Cris war mit Noa alleine, starrte sie an. Selbst, wenn er es geschafft hätte, sich ein paar Worte zurechtzulegen, so wären sie spätestens in diesem Moment spurlos verpufft. Was sollte er ihr sagen? Was konnte er ihr sagen? Es gab keine Worte, die ungeschehen machen konnten, was er getan hatte. Oder doch?


„Hallo, Noa…“


Cris schluckte, wurde sich dann des Beutels bewusst, den er immer noch in der Hand hielt, und stellte ihn auf einer Anrichte neben sich ab. Er wagte es nicht, auch nur einen Schritt weiter auf sie zuzugehen, fast, als befürchtete er, sie so zu einer Reaktion zu zwingen. Eine Reaktion, die nur vernichtend ausfallen konnte.

„Ich… ich hab etwas mitgebracht. Für Camilla und Ricardo.“


Hastig packte er den Gegenstand aus dem Beutel aus. Es handelte sich um eine kleine, aus fossilen Korallen, wie jene, denen Coral City ihren Namen verdankte, geschnitzte Miniatur der Stadt in einem gläsernen Behälter. Als Besonderheit war zudem ein winziger Holoprojektor installiert worden, der bei Bedarf den die Stadt umgebenden Ozean simulieren konnte, mal ruhig, mal stürmisch. Nicht ganz wahrheitsgemäß und maßstabgetreu konnte man zudem Whaladons erkennen, die sich durch die Wellen pflügten und ab und zu Sprünge aus dem Wasser vollführten.


„Ich dachte mir, weil es… weil es meine Schuld ist, dass du nicht mehr dazu gekommen bist, etwas zu besorgen, wäre das nur… angemessen…“


Seine Stimme verlor sich ins Leere. Natürlich änderte das überhaupt nichts. Sollte es auch nicht – doch immerhin hatte das Souvenir ihn dazu gezwungen, das Wort zu ergreifen und nicht sofort wieder aus der Tür hinaus zu flüchten. Seine Kehle fühlte sich an wie zugeknotet. Die vergebene Gelegenheit, Andenken für ihre Familie zu besorgen, konnte er kompensieren. Nicht aber seine verletzenden Worte.

Er ertrug es kaum, sie anzusehen, wie sie dort auf dem Sofa saß. Warum hatte er sie so grob von sich gestoßen? Warum?


„Ich habe heute den schlimmsten Fehler meines Lebens gemacht“, sagte er schließlich leise.

„Ich habe mein Herz ignoriert und eine wundervolle Frau schlimmer mit meinen Worten verletzt, als ich es mit meinen Händen je tun könnte. Ich habe geglaubt, ihr und mir so Schmerzen zu ersparen.“


Es kostete ihn einiges, ihrem Blick standzuhalten, rechnete er doch in jedem Moment, in ihren Augen Wut, Zorn, Ablehnung und Enttäuschung erkennen zu müssen.

„Ich habe mich geirrt. Ich war… anmaßend. Dumm. Um Fehler aus meiner Vergangenheit nicht zu wiederholen, habe ich sie durch einen noch schlimmeren ersetzt, anstatt das Offensichtliche zu tun. Das Wagnis einzugehen.“


Er schluckte mühsam.

„Was ich mir selbst angetan habe, kann ich mir verzeihen. Nicht aber, was ich dir angetan habe. Nicht, wenn du es nicht kannst.“


Schnell fuhr er fort:


„Wenn ich die Möglichkeit hätte, es ungeschehen zu machen, würde ich es tun. Aber das kann ich nicht. Alles, was ich kann, ist dir zu sagen, dass jedes Wort, das ich dir bis zu jenem Zeitpunkt gesagt habe, der Wahrheit entspricht. Dass jede Geste, jede Berührung aus tiefstem Herzen gekommen ist.“

Cris atmete spürbar aus, bevor sich sein Blick schließlich senkte.

„Bitte verzeih mir, Noa.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Suite]- Noa, Cris
 
Dac - Coral City - Senatsgebäude - Sitzungssaal - Turima samt Gefolge

Mit klopfendem Herzen vernahm die blonde hapanische Botschafterin wie Kanzler Quún nach Abschluss des TOPs Denon als nächsten Punkt auf die Beitrittsgesuche von Taris, Mirial und natürlich auch des Hapan Konsortiums hinwies. Für alle Hapaner war dies selbstverständlich die wichtigste Frage überhaupt an dieser Senatssitzung. Außerdem hing Turimas politische Karriere ebenfalls vom Erfolg des hapanischen Beitrittsgesuchs ab. Daher tauschte sie noch ein paar kurze, aufmunternde Blicke mit ihren drei Mitarbeitern und atmete dann noch einmal tief durch ehe sich die schlanke, attraktive Hapanerin erhob, damit sie für alle Senatoren der Republik besser zu sehen war.

"Sehr verehrter Kanzler der Republik, verehrte Senatoren, im Namen des Hapan Konsortiums bitte ich Sie das Ihnen vorliegende Beitrittsgesuch Hapans zuzustimmen. Hapan ist ein friedlicher Verbund von 63 Planeten, welcher über eine starke, heimische Wirtschaft verfügt und seinen Handel mit dem Mitgliedswelten der Neuen Republik ausbauen und intensivieren möchte. Das Hapan Konsortium verfügt wie Sie dem vorliegenden Dossier entnehmen können über eine Vielzahl von Ressourcen und Wirtschaftsgütern, was unserer Überzeugung nach ein Grundstein für eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit mit der Neuen Republik zu gegenseitigem Nutzen sein kann."

Danach machte die ein enges, cremefarbenes Kostüm tragende Hapanerin eine kurze Pause, um ihre Worte wirken zu lassen, ehe sie fortfuhr.

"Natürlich ist mir bekannt, dass es auch kritische Stimmen bezüglich den Motiven des hapanischen Beitrittsgesuchs gab. Dazu möchte ich allerdings auf die bereits nach Denon geschickten hapanischen Hilfsgüter verweisen, welches ja vom Krieg mit dem Imperium schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, ebenso wie meine vorherige Zusage Denon weiter zu unterstützen um zu zeigen, dass Hapan jetzt und auch in Zukunft bereit ist seinen Bündnispflichten nachzukommen und solidarisch zu helfen, wenn andere Welten aus welchem Grund auch immer in Not geraten sind. Dazu zählt ebenfalls ein Engagement in der republikanischen Flotte. So wurde bereits eine hapanische Flotte nach Corellia entsandt und unter republikanischen Oberbefehl gestellt, um die Flotte der Republik bei der Befreiung des Corellia-Systems zu unterstützen."

Mit der Aufzählung der Punkte, in denen Hapan bereits vor dem geplanten Beitritt zur Neuen Republik freiwillig in Vorleistung gegangen war hoffte sie die Stimmen jener Senatoren zu gewinnen, die noch schwankten. Schließlich war es den Hapanern sehr ernst mit dem Wiederbeitritt zur Neuen Republik.

"Daher bitte Sie dem Ihnen vorliegende Beitrittsgesuch des Hapan Konsortiums zu befürworten und die hapanischen Gesten als Zeichen unserer Ernsthaftigkeit und Solidarität dabei wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen."

Danach schloss die hapanische Botschafterin ihre aus dem Stegreif gehaltene Rede. Die Frage war natürlich noch, inwiefern es den Hapanern nachgetragen wurde, dass sie einst der Republik den Rücken gekehrt hatten. Allerdings hoffte Turima, dass die meisten Anwesenden ihre Entscheidung nicht von alten Ressentiments beeinflussen, sondern sich von vorliegenden Fakten leiten ließen, welche ihrer Meinung nach eindeutig für den Beitritt des Hapan Konsortiums sprachen. In der Politik war dies jedoch leider nicht bei allen Spezies immer der Fall wie sie aus eigener Erfahrung wusste.

Dac - Coral City - Senatsgebäude - Sitzungssaal - Turima samt Gefolge
 
- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Hotel „Golden Republic“ - Selbys Suite – Mit Selby –

Zweite Chancen waren ein schwieriges Thema. Sie hatte sich vor Wochen einmal mit Cris darüber unterhalten. Wer verdiente zweite Chancen und wer nicht? Wer entschied darüber und warum? Noa Chanelle Cortina war nicht gut darin, zweite Chancen zu vergeben. Sie neigte dazu, anderen ihre Fehler nachzutragen. Erst in den letzten Monaten hatte sie allmählich begonnen zu lernen, dass dies nicht immer gerecht war. Jede Medaille, so sagte man, hatten zwei Seiten, ebenso wie die Menschen und Nichtmenschen, denen sie begegnete. Manche von ihnen hatten Dinge getan, die gegen das Gesetz verstießen. Manche hatten dem Imperium gedient, gegen das Noa kämpfte, doch das bedeutete nicht, dass sie selbst grundlegend schlecht waren. Selbst Noa half dem Widerstand auf Coruscant, dessen Methoden ebenfalls nicht immer über jedweder Moral erhaben waren. Warum taten sie – sie alle -, was sie taten und was trieb sie an? Sollte man eine Strafe mildern, wenn Beweggründe und Ziele die Methoden rechtfertigten? Sollte man verzeihen, wenn eine falsche Entscheidung aufgrund guter Absichten getroffen worden war?

Obwohl sie ihn eigentlich nicht leiden konnte, gefiel es Noa nicht, als Selby sie mit Cris alleine ließ. Eigentlich, so dachte sie, hatte sie sich klar ausgedrückt. Sie wollte nicht mehr mit Cris reden. Er hatte ihr klar gesagt, dass zwischen ihnen nichts mehr laufen würde und das hieß, sie waren fertig miteinander. Ihr war schleierhaft, was er jetzt noch wollte – vielleicht Geld für die Reinigung seines Shirts? Darauf konnte er lange warten. Die Widerstandskämpferin blieb stur sitzen, wo sie war, als Selby die Suite verließ und sie mit Cris zurück ließ. Sie hätte natürlich aufspringen und ebenfalls hinaus laufen können, doch so viel Schwäche wollte sie nicht zeigen. Noa Chanelle Cortina lief vor niemandem davon. Zur Demonstration ihrer Haltung Cris gegenüber verschränkte sie jedoch die Arme vor der Brust. Sollte er sagen, was er zu sagen hatte. Wenn er fertig war, würde sie aufstehen und gehen. Stumm beobachtete sie, wie er etwas aus einem Beutel auspackte. Es war ein Souvenir, etwas, das er für ihren Neffen und ihre Nichte gekauft hatte. Oh… das war… nett. Unerwartet nett. Noa konnte ihre augenblickliche Überraschung nicht verstecken. Andererseits war es aber auch das Mindeste, das er tun konnte. Schließlich war es, wie er ganz recht erkannte, seine Schuld, dass sie nicht mehr dazu gekommen war, selbst etwas zu besorgen. Ganz richtig, seine Schuld. Dafür brauchte er nicht zu erwarten, dass sie ihm um den Hals fiel. Aber das wollte er ja ohnehin nicht. ER war es gewesen, der SIE von sich geschoben hatte, als sie ihn in der Einkaufsstraße umarmt hatte. Sie hatte ihn angelächelt, aber ihn hatte es vollkommen kalt gelassen, weil er so ein skrupelloser Killer war. Eiskalt. Ohne Herz. Noas sah ihn direkt an. Sie fühlte sich etwas duselig. Cris hingegen sah traurig aus. Er sah so traurig aus, dass sie fast glaubte, seine Traurigkeit spüren zu können. Machte das überhaupt Sinn? Vielleicht nicht, aber es klang schön.

Cris' Stimme war leise, während er sprach, reuevoll, und Noas Blick wich nicht von ihm. Im Vergnügungsviertel von Coral City hatte er ihr klar gemacht, was er dachte. Er dachte, er sei nicht gut genug für sie, was absoluter Unsinn war. Selby hatte gesagt, Cris' Problem seien seine Selbstzweifel. Sah er sich wirklich noch immer als das „blutrünstige Monstrum in weißer Rüstung“, wie Selby es genannt hatte? Wenn dies so war, hatte Noa mit ihrem unbedachten Scherz, kurz bevor sie den Wassergleiter verlassen hatten, einen wunden Punkt getroffen. Nicht, dass sie sich schuldig fühlte. Um Himmels Willen! Es war vermutlich nicht leicht, eine solche Vergangenheit, wie Cris' sie hatte, zu akzeptieren und damit zu leben. Seit er für die Republik arbeitete, hatte er ganz gewiss einen Haufen guter Dinge getan, aber es war vermutlich schwierig, dies als Kompensation zu sehen, wenn man wusste, dass man gleichzeitig auch viele unschuldige Leben ausgelöscht hatte. Er hatte Noa nicht von sich gestoßen, weil sie ihm egal war oder aus irgendeinem anderen trivialen Grund, sondern weil er wirklich und absolut davon überzeugt gewesen war, dass es das Beste für sie war. Was er getan hatte, dachte Noa bei sich, war falsch gewesen, doch seine Absichten waren edel und fürsorglich gewesen. Er stand vor ihr, war zurück gekommen, so wie Selby es voraus gesagt hatte, und bat um seine zweite Chance.

Noch hingen seine letzten Worte unbeantwortet zwischen ihnen im Raum. Noa atmete tief ein und blies die Luft wieder laut durch den Mund aus. In der Suite war es unglaublich warm. Lag das an ihr, oder hatte Selby die Thermostate hoch gedreht? Sie bemerkte, dass sie noch ihre dünne Jacke trug und zog sie aus. Viel besser war das allerdings nicht. Es war nun an ihr, etwas zu sagen. Cris hatte sich entschuldigt und er hatte ehrlicher geklungen, als sie es für möglich gehalten hatte. Sie glaubte ihm. Sie glaubte, dass er ihr nicht hatte weh tun wollen. Dummerweise aber löste dies nicht das Problem.


“Du kannst es nicht rückgängig machen.“

Bestätigte Noa laut, was auch Cris bereits eingesehen hatte. Sie wollte ihm verzeihen, sie wollte es wirklich gerne, aber sie musste ihm auch sagen, wie daneben er sich benommen hatte. Sie konnte nicht einfach umschalten und ein ihn anlächeln, als wäre nichts gewesen. Noch immer verärgert sah sie ihn an.

“Weißt du eigentlich, wie dumm ich mir vorgekommen bin? Du knutschst mich den ganzen Tag ab, erzählst mir, ich wäre ja ach so toll und ein paar Minuten später schiebst du mich ab als würde ich dich langweilen!“

Noa nahm ihr Glas, trank den letzten Rest und stellte es unsanft wieder auf dem Tisch ab. Es schien, dass er alles gesagt hatte, was er sagen wollte. Gut, dann war sie jetzt an der Reihe und konnte ihm erzählen, was sie auf dem Herzen hatte. Hastig stand sie auf – etwas zu schnell, denn in ihrem Kopf drehte es sich plötzlich. Was war da los?

“Vermutlich kann ich noch von Glück reden, dass wir noch mitten in der Stadt waren. Unter Leuten!“

Sie sah ihn an.

“Stell dir vor, ich hätte mich ausgezogen, um's wild mit dir zu treiben und du hättest mich dann abserviert und ungeöffnet wieder zurück geschickt. Wie blöd ich mich dann erst gefühlt hätte!“

Genau, das wäre noch schlimmer gewesen! Und es hätte sogar passieren können! Aufgebracht wankte Noa zur Bar hinüber, nahm die Flasche, aus der Selby ihr vorhin bereits eingeschenkt hatte und füllte ein neues Glas für sich.

“Glück gehabt... pah. Und woher weiß ich, dass das nicht noch mal passiert?“

Sie funkelte ihn an, setzte ihr neu gefülltes Glas an und trank mit solcher Vehemenz, dass sie sich glatt verschluckte. Hustend stellte sie es wieder ab. Was zur... oh, sie fühlte sich wirklich seltsam. Alles drehte sich so lustig. Wann hatte sie eigentlich zum letzten Mal was gegessen? Sie hatte nur gefrühstückt, fiel ihr ein, und selbst das war nicht sonderlich viel gewesen. Akokohl auf leerem Magen sollte ja nicht so besonders gut tun, wobei das vermutlich auch nur so ein Ammenmärchen war. Das erzählten Eltern ihren Kindern bloß, um sie vom Trinken abzuhalten. Noa drehte sich wieder in Cris' Richtung.

“Aber weißt du das? Ich verzeihe dir.“

Sagte sie und ihr Glas war zurück in ihrer Hand. Sie nippte an dem teuren Whiskey, oder was auch immer es war. Er schmeckte jedenfalls gut. Wacklig machte sie einen Schritt auf Cris zu, doch anstatt zu ihm zu gehen, blieb sie vor dem niedrigen Wohnzimmertisch stehen.

“Ich verzeih' dir und wir haben großartigen Versö... Versönunsch... Versöhnungssex.“

Herausfordernd lächelnd sah sie ihn an, bückte sich und fegte im nächsten Moment alles, das auf dem Tisch gelegen oder gestanden hatte hinunter, inklusive ihrem glücklicherweise leeren ersten Glas, sowie einem gläsernem Aschenbecher und einem in voller Blüte stehenden Blumengesteck. Mit einem plumpen Schlag landete alles auf dem Teppich. Noa hob eine Augenbraue.

“Hier. Jetzt.“

Sie sah Cris an, hob ihren Arm, öffnete ihre Hand und ließ das noch bis zur Hälfte gefüllte Glas einfach fallen. Innerhalb von Sekunden hatte sich der Teppich zu ihren Füßen mit Whiskey voll gesaugt. Auf unsicheren Beinen machte sie einen Schritt darüber, auf Cris zu – und fiel genau in seine Arme. Jetzt sah sie ihn auch noch doppelt, zumindest seinen Kopf. Cris Sheldon hatte zwei Köpfe. Irritiert kniff Noa die Augen zu.

“Oh verdammt."

Flüsterte sie leise, während sie sich an ihm fest hielt.

"Ich glaube, ich bin betrunken.“

Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge.

"Das wird nichts mit dem Sex, sorry. Aber... ich verzeihe dir trotzdem."

Ein Lächeln glitt über ihre Züge. Noa Chanelle Cortina war nie gut darin gewesen, zweite Chancen zu geben, aber sie konnte es lernen.

- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Hotel „Golden Republic“ - Selbys Suite – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Suite]- Noa, Cris

Alleine ihre Körpersprache verhieß nichts gutes und Cris rutschte sein Herz aus der Hose bis hinunter zu den Zehenspitzen, als sie ihm mit messerscharfer Präzision bestätigte, was er selbst sich bereits eingestanden hatte – nichts, was er jetzt anstellte, würde die Dinge, die er getan hatte, je wieder ungeschehen machen. Und wenn sie sich entschied, ihm deswegen nicht zu verzeihen, dann gab es nichts, was er dagegen tun konnte. Absolut nichts.

Als sie indes fortfuhr, bahnte sich ein leichtes Runzeln seinen Weg auf die Stirn des ehemaligen Sturmtrupplers, begleitet von einem Hauch Röte in seinem Gesicht, als sie farbenfroh ausführte, froh sein zu können, dass er keinen bedeutend… intimeren Zeitpunkt für seine Selbstzweifel ausgesucht hatte. Alleine die Vorstellung des Szenarios, das Noa beschrieb, schien die Temperatur in der Suite um ein paar Grad zu steigern. Erst jetzt fiel Cris auf, dass sie ein Glas in der Hand hielt, das wohl zu dem Whiskey gehören musste, den Selby so schätzte (und für den auch er selber einen gewissen Geschmack entwickelt hatte) und ein erster Verdacht stieg in Cris auf, der sich nur bestätigte, als sie an die Flasche mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit herantrat und sich großzügig einschenkte. Als sie sich dann auch noch tüchtig bediente, wurde es Cris klar – Noa war betrunken. Und trotzdem hoffte er plötzlich inständig, dass sie nichtsdestotrotz Herrin ihrer Sinne war, denn in diesem Moment sprach sie die Worte, auf die zu hoffen er nicht mehr gewagt hatte.

Sie verzieh ihm.

Halb hatte sich sein Mund geöffnet, als er versuchte, auf diese Entwicklung zu reagieren, während ihm eine ganze Steinlawine vom Herz fiel, doch sie war noch nicht fertig und in Windeseile wurde sein Mund staubtrocken und sein Herzschlag näherte sich in seiner Geschwindigkeit den Salven eines Repetierblasters an. Sprachlos verfolgte er, wie sie ohne Federlesens eine Reihe Gegenstände vom Couchtisch fegte. Von dem Couchtisch, auf dem sie ihn wollte. Sofort. Ihr Lächeln war das eines Raubtiers, das sich siegesgewiss an seine Beute heranpirschte, in der Gewissheit, dass diese keine Chance hatte, zu entkommen, und war dabei so einladend, dass fast zu befürchten war, dass seine Beine sich selbstständig machten, im Verbund mit dem Rest seines Körpers, der sich ihren Verlockungen sofort hingeben wollte. Die mahnende Stimme, die ihn darauf hinwies, dass es spätestens jetzt der Alkohol war, der aus Noa sprach, hätte genau so gut mit einer Granitwand Konversation führen können, da in ihm in diesem Moment, während er sie mit offenem Mund anstarrte, eine Erkenntnis glasklar heranwuchs: er wollte sie. Er wollte sie so sehr. Sie wollte ihre Versöhnung auf diese Art besiegeln? Dann sollte es so sein.

Es bedurfte erst des Klirrens des Whiskeyglases auf dem Fußboden und des Ergießens des Rests der Flüssigkeit auf den Teppich, um den vollkommen von dieser unerwarteten Entwicklung der Dinge überrumpelten Cris auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Noa stolperte, fiel direkt in seine Arme, hielt sich an ihm fest – und instinktiv hielt er sie fest, während ihre Worte ihm bewusst machten, dass sie ihre Lage selbst einsah. Die Spur von Bedauern, die er meinte in ihrer Stimme hören zu können, zauberte jedoch ein Lächeln auf sein Gesicht. Zusammen mit der erneuten Versicherung, dass sie ihm verzieh. Alles andere konnte warten. Sie hatte ihm verziehen. Ihn vor dem schlimmsten aller Fehler bewahrt… oder zumindest vor dessen Konsequenzen.

Sanft zog er sie näher an sich und gestattete sich, sich an sie zu schmiegen. Sie roch so gut… selbst das doch erkennbare Aroma des Whiskeys konnte daran nichts ändern.


„Danke…“, flüsterte er einfach.

„Danke.“


Und mit einem leicht schelmischen Grinsen:

„Alles andere kann warten, hm?“

So gerne er noch eine ganze Weile hier, mit ihr, gestanden und sie in seinen Armen gehalten hätte, so war er sich doch bewusst, dass es in diesem Moment nur einen Ort gab, an dem Noa sich aufhalten sollte: ihre Suite, wo sie sich hinlegen und ausruhen konnte. Noch war später Nachmittag, die Chancen standen also gut, dass sie sich wieder erholte und sie jenes Abendessen miteinander verbringen konnten, dass er ihr noch schuldete. Denn jetzt hatte er die Chance, es zu einem ähnlich unvergesslichen Moment zu machen wie die Ausfahrt zu den Whaladons.

Rasch klaubte er ihre Jacke vom Sofa, nahm das Souvenir an sich und stützte sie dann leicht, um sie aus Selbys Suite zurück in ihre eigene zu bringen.


„Am besten, du legst dich erstmal ein wenig hin“, erläuterte er ihr seine Absicht. Ihm selbst war bei dem Gedanken, dass sie sich um ein Haar einander hingegeben hätten, immer noch ein wenig schwindlig. Natürlich, primär war es der Alkohol gewesen, der sie diese Dinge hatte sagen lassen… und doch…

„Ich glaube, ich schulde dir noch ein Abendessen…“

Sie erreichten die Tür ihrer Suite, die Cris mit der Codekarte öffnete, die er in ihrer Tasche gefunden hatte, bevor er ihr Karte, ihre Jacke und das Souvenir überantwortete. Sein Arm, der sie auf dem Weg gestützt hatte, legte sich jetzt auf eine etwas zärtlichere Art um sie. Die Gefahr schien groß, dass er doch noch schwach wurde und eine Entwicklung einläutet, die sie am Ende eventuell beide bereuen würden, doch er gab ihr lediglich einen sanften Kuss auf ihre Lippen.


„Das Angebot mit dem Abendessen steht. Komm vorbei, wenn du es einlösen willst.“

Dann schloss die Tür sich wieder zwischen ihnen und Cris stand alleine im Flur, mit einem Herzen, das sich nur langsam wieder beruhigen konnte. Langsam schüttelte er den Kopf, während er in Selbys Suite zurückkehrte und dort methodisch damit begann, die Spuren des Versuchs von Noa zu beseitigen, ihn an Ort und Stelle zu leidenschaftlicher Zweisamkeit zu verführen. Ihre Worte klingelten ungeachtet jeder Vernunft, die versuchte, sie zu relativieren, immer noch in seinen Ohren. Ihre Worte… und noch mehr…

Nachdem er das Chaos bis auf den Whiskeyfleck im Fußboden – um den würde sich der Zimmerservice kümmern müssen – beseitigt hatte, entledigte Cris sich seines eisverschmierten Hemds und verschwand im Badezimmer der Suite, wo er sich eifrig, wenn auch ohne akuten Grund, das Gesicht mit kühlem Wasser wusch, auch, um der Hitze entgegenzuwirken, die sich seiner bemächtigt hatte, Hitze, die nicht nur von der Aussicht auf Noas unmittelbare körperliche Nähe herrührte. Sie hatte ihn dazu gebracht, sich seinen inneren Dämonen zu stellen, die ihn und Akemi auseinandergerissen hatten. Sie hatte ihm erlaubt, die Wunde, die wieder aufgerissen war, zu schließen. Und am nächsten Morgen würde sie fort sein, einfach so? Zurück nach Coruscant, während sein nächster Auftrag ihn in irgendeine Ecke der Galaxis verschlagen würde?

Während er sich das Gesicht abtrocknete, reifte in ihm die Erkenntnis, wie viel diese Entwicklung tatsächlich bedeutete. Es durfte mit diesem Abend nicht einfach zu Ende sein – er konnte nicht einfach einen Schlussstrich ziehen, es als kleines Abenteuer abhaken. Ihm war jetzt klar, wie viel ihm Noa eigentlich bereits bedeutete… aber ebenso war ihm klar, dass er nicht wissen konnte, wie viel er ihr bedeutete. War sie der Meinung, dass sich etwas Ernstes aus ihnen entwickeln konnte? Mindestens einmal hatte sie das angedeutet… und wenn es nicht so war, warum ihm dann verzeihen? Warum sich nicht einfach damit begnügen, dass am nächsten Morgen ohnehin alles vorbei sein würde?

Nachdem er sich ein frisches Hemd übergestülpt hatte saß Cris fast regungslos auf dem Sofa, auf dem auch sie gesessen hatte, und starrte auf seine Hände. Er durfte sie nicht verlieren. Irgendwie musste er dafür sorgen, dass sie sich an ihn erinnerte… dass sie ihn wiedersehen wollte… dass sie sich wiedersahen.

Sein Blick wanderte auf die Uhr. Keine zwanzig Standardminuten waren vergangen – Noa lag vermutlich in ihrem Bett, bis die Wirkung des Whiskeys nachließ, was womöglich noch etwas dauern konnte. Ihm blieb also noch Zeit… doch wofür eigentlich? Dafür, ein Wunder zu wirken? Einen Grund zu konstruieren, der sie davon abhielt, nach Coruscant zurückzukehren? Dafür, dass er den Mut zusammenbrachte, alles auf eine Karte zu setzen?

Dann traf Cris eine Entscheidung, verließ das Hotel und kehrte erst eine Standardstunde später wieder zurück. Als er wieder in die Suite zurückkehrte – Selby hatte ihm geistesgegenwärtig die Codekarte dagelassen und blieb selbst unauffindbar, vermutlich mit den eigenen Vorstellungen eines gelungenen Abends beschäftigt – setzte er sich wieder auf das Sofa, nervös abwartend, ob Noa sein Angebot wohl annehmen würde, oder ob sie sich vielleicht am Ende nicht einmal mehr daran erinnerte, dass sie ihm seinen Fehler verziehen hatte. Das Gefühl eines samtenen Stoffbeutels in seiner Hosentasche und des Gegenstands darin erinnerten ihn bei jeder Bewegung an seine getroffene Entscheidung. Er konnte immer noch alles verlieren. Aber es gab so viel zu gewinnen…


[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Suite]- Cris
 
- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Hotel “Golden Republic” – Noas Suite –

Die Tür schloss sich hinter ihr und Cris war aus ihrem Sichtfeld verschwunden. Im ersten Moment stand Noa etwas verloren in ihrer eigenen Suite. Das Wohnzimmer war so groß und sie war so… allein. Vielleicht hätte sie auf Versöhnungssex bestehen sollen, dann wäre Cris mit herein gekommen, anstatt sie wie ein Gentleman an der Tür zu verabschieden. Noa mochte etwas Alkohol intus haben, aber das bedeutete ja noch lange nicht, dass sie nicht in der Lage war, ihre Beine zu öffnen. Mühsam schleppte sie sich in Richtung Schlafzimmer. Ihr Kopf fühlte sich taub an und ihre Jacke, die sie über eine Stuhllehne hängen wollte, landete auf dem Boden, als sie das Möbelstück verfehlte. Na gut, vielleicht war es doch besser, dass Cris nicht mehr hier war. Essen. Sie musste erst einmal etwas essen.

Es war drei Stunden später, als Noa wieder zu sich kam. In dem Moment, in dem sie aufwachte, kehrte alle Klarheit zurück in ihren Kopf. Bevor sie sich ins Bett gelegt hatte, hatte sie einen Snack in der Bar gefunden und gegessen. Es war eine gekühlte Gemüsepaste gewesen, die scheußlich geschmeckt hatte, aber Noa hatte alles hinunter gewürgt, weil sei gewusst hatte, dass ihr Körper Stärkung brauchte. Dann hatte sie in ihrer Kulturtasche nach ihrem Medi-Kit gesucht, das sie auf Reisen immer bei sich führte und zwei Tabletten gegen Kopfschmerzen und Schwindel eingeworfen, sowie eine Schlaftablette für Ruhephasen mittlerer Länge, speziell gedacht für Situationen wie diese, wenn man zu viel Alkohol im Blut hatte, aber dringend wieder auf Beine kommen musste. Jetzt, wo Noa wieder wach war, spürte sie, dass es geholfen hatte. Es zahlte sich aus, einen Pharmazeuten zum Vater zu haben. Sie rollte sich aus dem Bett, schaltete das Licht ein und sah auf die Uhr. Von dem unvergesslichen Tag, den sie hatte erleben wollen, war nichts mehr übrig geblieben. Inzwischen war es Abend. Die Journalistin ging ins Badezimmer, das auf den ersten Blick wirkte, als hätten sich Einbrecher an ihren Toilettenartikeln vergriffen. Der Inhalt ihrer Kulturtasche war auf dem ganzen Fußboden verstreut. Tja… sie hatte die Tabletten wohl nicht auf Anhieb gefunden. Das hatte sie fast verdrängt. Während sie das Chaos, das sie Stunden vorher selbst veranstaltet hatte, beseitigte, dachte Noa an ihr letztes Gespräch mit Cris. Sie hatte keinen Filmriss. Sein Auftauchen in Selbys Suite, seine aufrichtige Entschuldigung, ihre eigene dickköpfige Antwort und schließlich ihr Vorhaben, sich eine schöne Zeit mit ihm auf dem Wohnzimmertisch zu machen, war alles noch deutlich in ihrem Gedächtnis vorhanden. Noa hatte ihm verziehen, aber sie bereute es nicht. Es war viel schöner, Zeit mit ihm zu verbringen, wenn sie ihm nicht böse war, und wenn sie sich richtig erinnerte – und sie war ziemlich sicher, dass sie es tat – dann hatte er ihr angeboten, dass er sie zum Dinner ausführen würde, wenn sie es denn wollte. Sie musste nur nach nebenan gehen und ihn abholen.

Als sie in dem geliehenen Gleiter vom Hafengelände zurück zum Hotel gefahren war, hatte Noa nicht damit gerechnet, sich so bald schon wieder mit Cris Sheldon zu versöhnen. Sie hatte nicht einmal damit gerechnet, sich überhaupt jemals wieder mit ihm auszusprechen und hatte es auch gar nicht gewollt. Spätestens als sie seinetwegen (weil sie solche Wut im Bauch gehabt hatte) zu schnell gefahren und von einer Polizeistreife angehalten worden war, war sie davon überzeugt gewesen, dass sie nie wieder auch nur ein einziges Wort mit ihm reden würde. Es war Selbys Schuld (oder Verdienst), dass sie diesen guten Vorsatz über Bord geworfen hatte und dann doch wieder weich geworden war. Selby hatte ihr ins Gewissen geredet und ihr erzählt, was für ein guter und treuer Mann Lieutenant Cris Sheldon eigentlich war. Noa rieb sich eine großzügige Portion Reinigungsmilch ins Gesicht und verteilte sie mit kreisenden Bewegungen auf ihren Wangen. Sie war eine Niete, wenn es darum ging, sich die richtigen Männer auszusuchen. War es falsch, Cris eine zweite Chance zu geben oder wäre es falsch gewesen, es nicht zu tun? War es richtig, sich überhaupt auf ihn einzulassen, wo sie doch wusste, dass sie spätestens morgen dauerhaft räumlich voneinander getrennt sein würden? Das einzige das sie momentan wusste war, dass sie mit ihm zum Essen gehen wollte, ganz egal ob dies nun besonders clever war oder nicht. Und wenn Noa Chanelle Cortina etwas wollte, dann setzte sie dies auch durch. Das Dumme war nur, dass sie sich im Grunde reichlich blamiert hatte. Sie hätte sich in ihrer eigenen Suite betrinken sollen und nicht vor Selby und Cris. Natürlich hatte sie nur damit angefangen, weil Cris sich so dämlich verhalten hatte… aber das warf sie ihm nicht mehr vor. Sie hatte ihm ja verziehen. Und trotzdem war es so.

Sie hatte sich umgezogen, trug jetzt eine locker sitzende Hose, ein langärmeliges Oberteil mit einer Weste darüber (selbst auf Mon Calamari schien abends nicht mehr die Sonne) und ihre festen Boots. Noa hatte keine Ahnung, wo sie hin gehen würden, doch wenn sie ein Stück zu laufen hatten, trug sie zumindest bequeme Schuhe. Das Hotel-Restaurant stand jedenfalls nicht mehr zur Debatte. Cris hatte ihr bereits gestern versprochen, dass Noa die Lokalität beim nächsten Mal würde wählen dürfen und das bedeutete, dass sie irgendwo hin gehen würden, wo es ungezwungen und normal zuging. Etwas mulmig fühlte sie sich schon, als sie ihre Suite verließ und auf die Nachbarräumlichkeiten zusteuerte. Sie hatte Cris vorgeschlagen, es auf dem Wohnzimmertisch zu treiben, sie hatte es in dem Moment, in dem sie es gesagt hatte, sogar ernst gemeint und theoretisch fühlte sie sich jetzt wieder fit genug, die Idee in die Tat umzusetzen. Doch jetzt, wo sie wieder nüchtern und Herrin ihres Verstandes war, erinnerte Noa sich auch wieder daran, was sie sich vorgenommen hatte: nicht mehr mit jedem erstbesten Typen ins Bett gehen und nicht mehr nur für eine Nacht. Sie wollte Mr. Right und den fing man nicht am ersten Abend ein.

Ihre Kopfschmerzen waren zum Großteil weg. Zu schnell bewegen war nicht drin, aber das war schon in Ordnung. Immerhin fühlte sich Noa nicht sterbenskrank und das war auch schon was wert. Vor der Tür zur Nachbarsuite wuselte sie sich noch einmal durch ihre Haare, die sie jetzt offen trug. Hoffentlich wurde es nicht zu peinlich. Das hier war jetzt so etwas wie ein Neuanfang. Die Ironie war, dass es leider auch ein Abschied werden würde.


- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Hotel “Golden Republic” – Flur vor Cris’ Suite –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Suite]- Cris

Als es dann plötzlich an der Tür der Suite klopfte, schreckte Cris aus dem lethargischen Zustand hoch, in dem er sich bis zuletzt befunden hatte, seine Gedanken mit fruchtlosen und zum Teil sogar schädlichen Gedanken beschäftigt, welche anderen Szenarien sich aus ihrem letzten Gespräch hätten ergeben können als jene Warterei, die er nun über sich ergehen lassen musste. Er hätte einfach etwas nachdrücklicher sein müssen… ein geschickt platzierter Kuss, eine Berührung, und ihr ursprünglicher Plan wäre wieder auf der Tagesordnung gewesen, ihre vor Verlangen bebenden Leiber hätten sich einander hingeben können. Alleine die Vorstellung davon, ihre weiche Haut überall spüren zu dürfen, war…berauschend. Doch gleichzeitig war dieses Szenario, wie angenehm und erfüllend es kurzfristig auch hätte sein können, langfristig absolut falsch. Es war nicht nur ihr wunderschöner Körper, der ihn zu Noa hinzog. Es war nicht nur bloße fleischliche Begierde, die ihn dazu gezwungen hatte, sich ihr ein weiteres Mal zu stellen und sie um Verzeihung zu bitten. Natürlich, all das hatte auch eine Rolle gespielt – und es wäre schlichtweg eine Lüge, zu behaupten, dass er sich nicht ebenfalls nach dem Moment sehnte, in dem er sich nach einem Gefecht der Leidenschaft erschöpft neben ihr in das Laken eines Bettes sinken ließ und die ultimative Vereinigung vollzogen hatte. Doch seine Sehnsucht nach ihr auf dieses profane Verlangen zu reduzieren war ebenso falsch. Sein Herz verlangte nach ihr ebenso wie sein Körper… und seinem Körper nachzugeben, bevor er wusste, wie es um ihr Herz bestellt war, konnte nur in noch schlimmeren Schmerzen enden. Am Ende jedoch lief er Gefahr, sie in beiderlei Hinsicht zu verlieren… wenn ihre Wege sich wieder trennten und sie nach Coruscant zurückkehrte.

Cris war bemüht darum, dass man ihm seine gemischten Gefühle nicht ansah, als er die Tür der Suite öffnete – und sie half ihm dabei. Sie trug ihr wundervolles Haar offen, ohne jenen strengen Zopf, den sie im Gespräch mit Major Al-Jalani für angemessen gehalten hatte, fast ein wenig verwegen und zerwuselt, was alleine bereits ausreichte, um ein breites Lächeln auf seine Lippen zu zaubern. Sie war wirklich gekommen. Sie hatte ihm wirklich verziehen.

„Hey…“


Impulsiv legte er seine Arme um sie und drückte sie für einen innigen Moment an sich, während er gleichzeitig spürte, wie eine nahezu lächerliche Euphorie in ihm heranwuchs. Es war noch nicht vorbei. Er hatte immer noch ein paar Stunden Zeit…


„Geht’s dir wieder besser?“

Eine im Grunde überflüssige Frage. Wäre sie wirklich vor der Tür der Suite aufgetaucht, wenn dem nicht so wäre?

Rasch schnappte er sich Selbys Codekarte, schloss die Tür der Suite und bot ihr seinen Arm an, um sie in Richtung des Turbolifts zu führen.


„Wir hatten glaube ich ausgemacht, dass du dieses Mal einen Ort aussuchen darfst, oder?“, fragte er sie vergnügt. Selbst die Erinnerung an das nicht unbedingt optimal abgelaufene Essen im Hotelrestaurant hatte einiges von ihrem Schrecken verloren. Seitdem war so viel passiert. Und er hatte sich so einiges klar gemacht.

„Ich hätte allerdings einen Vorschlag.“

Den hatte er allerdings, ein Restaurant, über das er gestolpert war, als er jenen Gegenstand organisiert hatte, der sich in seiner Hosentasche spürbar gegen sein Bein presste. Ein Restaurant, das zudem bequem vom Golden Republic aus fußläufig zu erreichen war und das seiner Auffassung nach Noas – und seinem – Geschmack eher entsprach.

Sie nahmen den Lift in die Lobby und verließen das Hotel schließlich, woraufhin Cris die Führung übernahm und Noa zwei Blocks weiter führte, bis sie schließlich hinter einer Kurve sein Ziel erreicht hatten. „Core’s Kitchen“ war der Name der Örtlichkeit, der ihnen dezent vom untersten Stockwerk des Gebäudes vor ihnen entgegenblitzte, und deren Architektur ein wenig hervorstechen zu schien, da sie nicht so ganz zur organischen Bauart der Mon Calamari passen wollte. Der Grund dafür offenbarte sich nicht nur im Namen des Restaurants – hier wurde in ungezwungener Atmosphäre Essen serviert, wie es den Traditionen einiger Kernwelten entsprach, von Corellia bis Alderaan. Natürlich wusste Cris bereits, dass sich auch einige coruscantischen Spezialitäten auf der Speisekarte befanden. Gespannt beobachtete er Noas Gesicht, Ausschau haltend nach jedem ersten Anzeichen einer Reaktion.


„Was sagst du?“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, vor dem Core’s Kitchen]- Noa, Cris, Passanten
 
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- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Vor Core's Kitchen – Mit Cris und Passanten –

Cris
war unerwartet fröhlich gewesen, als Noa ihn zum Abendessen abgeholt hatte. Während Noa unsicher gewesen war, wie sie einander jetzt begegnen würde, hatte er gute Laune versprüht und sie zielsicher zu einem kleinen Restaurant geführt, das er offenbar zuvor bereits gefunden hatte. Er hatte ihr sogar seinen Arm geboten, eine etwas altmodische Geste, die zwar süß war, auf die Noa aber nicht richtig zu reagieren gewusst hatte. Hier standen sie nun vor „Core's Kitchen“; einem Restaurant, das bereits von außen einen gemütlichen Eindruck machte, genau so wie der Name vermuten ließ. Noa spührte Cris' Blick auf sich, als er auf ihr Urteil wartete, schließlich durfte sie, so hatte er gesagt, entscheiden, wo sie aßen.

“Hmmm.“

Machte Noa und warf einen Blick auf die per Holoprojektor in einem Fenster projizierte Speisekarte. Bereits die ersten drei Gerichte waren ihr bekannt. Es mochte Leute geben, die, wann immer sie fremde Planeten bereisten, sich sofort an die dortige Kultur anpassten und die lokalen kulinarischen Köstlichkeiten genossen, doch Noa gehörte nicht zu diesem Schlag. Sie setzte lieber auf Bekanntes, auf Dinge die sich über Jahre bewährt hatten. Die einzige Küche, aus der sie ab und zu auch mal Neues probierte, war die ihrer Schwester und das auch nur, weil Cloé Mittel und Wege besaß, sie dazu zu zwingen, fremde Speisen zu versuchen. Cloé konnte richtig grausam sein, wenn sie wollte und sie war stur wie ein Womback.Noa wandte sich wieder von der Karte ab und Cris zu.

“Genau genommen hast du den Ort jetzt doch wieder ausgesucht.“

Stellte sie fest und warf durch die Scheibe einen Blick nach drinnen. Es war nicht viel los. Vielleicht war es auf Mon Calamari noch nicht die richtige Uhrzeit zum Abendessen, oder aber der Ansturm war schon vorbei.

“Aber wo wir schon mal hier sind...“

Sie lächelte und zuckte mit den Schultern.

“Es gefällt mir und etwas Besseres finden wir bestimmt nicht. Gehen wir rein.“

Sie ging zur Tür und öffnete diese. Bevor sie wirklich eintrat, warf sie Cris noch einmal einen Blick über die Schulter zu.

“Aber du hast es ausgsucht.“

Drinnen roch es lecker nach warmen Essen und kräftigen Gewürzen. Eine lange Theke, die zum Teil Bar war, an der jedoch auch unter den wachsamen Augen der Gäste Fleisch gebraten wurde, war der Blickfang des Innenraums. Im Gegensatz zu dem feinen Hotelrestaurant, in dem sie gestern gegessen hatte, gab es hier keine kleinen runden Tische mit einzelnen Stühlen, die daran geschoben waren. In Core's Kitchen gab es Sitzgruppen, große eckige Tische, die fest im Boden verankert waren, zu deren Seiten schwere Bänke, die mit braunem Leder überzogen waren, standen. Das Interieur machte einen gemütlichen Eindruck. Von der Bar aus winkte ihnen einer der Kellner zu.

„Guten Abend, sucht euch einen Platz aus!“

Rief er und Noa fühlte sich in der freundlichen Atmosphäre sofort wohl. Sie wählte eine Sitzgruppe vor einer Wand, an der ein großes Holobild hing, das den Blick auf einen Planeten – Corellia – aus einem sich nähernden Cockpit zeigte. Sie setzten sich gegenüber und per Knopfdruck baute sich sogleich die Speisekarte zwischen ihnen auf, wie man es aus den meisten Restaurants gwohnt war. Noa brauchte nicht lange zu überlegen, was sie nehmen würde.

“Ich weiß schon, was ich esse.“

Sagte sie grinsend. Sie wollte das, was sie draußen bereits gelesen hatte, eine typische corellianische Speise, die sie zum ersten Mal gegessen hatte, als sie mit ihrer Familie Urlaub an den Goldstränden gemacht hatte.

“Und du?“

Das Komische war, das sie nicht wusste, wo sie und Cris jetzt standen. Vor ihrem „Streit“, wenn man es denn so nennen konnte, waren sie wie zwei Frischverliebte gewesen, die sich geküsst und sich umarmt hatten. Jetzt, nach Cris' Totalausfall, war Noa unsicher, wo genau sie anknüpfen sollten. Machten sie dort weiter, wo sie aufgehört hatten, oder fingen sie wieder von vorne an? An ihrer Gesamtsituation hatte sich nichts geändert: nach wie vor würde Noa morgen wieder abreisen.

- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Core's Kitchen – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Ein wenig war Cris erleichtert, als Noa durchblicken ließ, dass sie mit seinem Vorschlag ein Restaurant betreffend einverstanden war – seine Ahnung nach den Erfahrungen im Restaurant des Golden Republic, das sie wenig begeistert hatte, hatte sich als richtig erwiesen. Zumindest schien Noa nicht zwanghaft darauf erpicht zu sein, auf Mon Calamari unbedingt für Mon Calamari typische Gerichte zu verspeisen. Den kleinen Hinweis darauf, das jetzt natürlich er streng genommen den Ort ihres zweiten Abendessens gewählt hatte, konnte sie sich natürlich nicht verkneifen, auch wenn sie dabei lächelte.

„Schon verstanden – die nächsten beiden Restaurants suchst du dann wirklich aus“, gab er ebenfalls lächelnd zurück, für einen Moment verdrängenden, dass die Chancen auf ein drittes, oder gar ein viertes, gemeinsames Abendessen derzeit nicht unbedingt sonderlich gut standen. Ab morgen war Noa wieder auf Coruscant – und er selbst sonstwo.

Das Core’s Kitchen schien nur spärlich bevölkert und Cris fiel bei Betrachtung der Gäste sofort auf, dass Menschen hier im Vergleich zum Rest von Mon Calamari überdurchschnittlich vertreten schienen. Dies verwunderte indes kaum – die Kernwelten wurden von Menschen dominiert – nicht nur wegen des politischen Einflusses des Imperiums – und folglich war es nur logisch, dass menschliche Reisende auf Mon Calamari sich an Orten wie diesem hier orientierten, wenn sie nach etwas vertrautem suchten. Vielleicht so wie Noa, die schließlich nicht nach Mon Calamari gekommen war, weil sie schon immer mal einen Wasserplaneten besuchen wollte, sondern weil sie die Interessen ihrer Heimatwelt zu vertreten hatte.

Sie hatten sich ein recht zentral im Restaurant gelegenes Plätzchen gesucht und Noa war erstaunlich schnell mit der Ankündigung zur Stelle, dass sie bereits wusste, was sie bestellen würde. Cris wertete das als ein gutes Zeichen – nach seiner Erinnerung hatte sie im Golden Republic lange nachdenken müssen, bevor sie sich schließlich für einen Salat entschieden und dessen Hauptzutaten – Meeresfrüchte – trotzdem verschmäht hatte. Dem ehemaligen Sturmtruppler selbst wurde indes klar, dass er selbst den Hunger eines Rancor verspürte. Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen?


„Noch nicht, aber ich finde bestimmt was.“

Schnell hatte Cris sich nach kurzem Studium der Karte entschieden und orderte beim jovial auftretenden Kellner, als dieser schließlich an ihrem Tisch aufgetaucht war, das Nerfhüftenfilet mit einer Beilage, die die Speisekarte als „Corusca-Kroketten“ bezeichnete, sowie ein braunes, corellianisches Special Reserve Lager, ein sehr geschmacksintensives Bier, dem sich nicht einmal der Weinliebhaber Selby hatte verschließen können. Tatsächlich hatte er es Cris an irgendeinem Abend empfohlen und dieser hatte daraufhin – wie für das Ebla-Bier, das der Pilot auf der Empress bevorratet hatte - eine kleine Schwäche entwickelt. Schließlich hatte der Kellner auch Noas Bestellung aufgenommen und war dann wieder veschwunden.

Mit einem Mal schien es, als baute sich zwischen ihm und Noa eine Art abwartendes, gespanntes Schweigen auf. Erst jetzt, da die Erleichterung langsam von ihm abfiel, die er ob ihrer Entscheidung, die Tür zwischen ihnen noch einmal zu öffnen, empfunden hatte, wurde ihm klar, dass dieser Umstand ihm noch lange nicht dabei half, zu bewerten, was eigentlich zwischen ihnen war. Auf der einen Seite hatte sie ihn recht deutlich zu sehr intimen Handlungen aufgefordert – aber auf der anderen waren da immer noch seine Worte, von denen er nicht glaubte, dass sie sie so einfach vergessen hatte. Und dann war da noch sein Herz, das Dinge für sie empfand, von denen er ganz bestimmt nicht erwarten konnte, sie auch bei ihr vorzufinden. Seine Vorsicht riet ihm, es langsam angehen zu lassen… doch viel Zeit blieb ihm nicht mehr. Morgen würde sie das Raumschiff nach Coruscant betreten und im schlimmsten Fall bedeutete das, dass sie sich damit abgefunden hatte, sich morgen für immer von ihm zu verabschieden.


„Ich bin froh, dass dein Gespräch mit dem Major so gut verlaufen ist“, sagte er schließlich. Ein zum Einstieg hoffentlich unverfängliches Thema – und es stimmte wirklich, dass sie darüber noch nicht gesprochen hatten. Sie waren nach der Unterredung mit Al-Jalani mit zu vielen anderen Dingen beschäftigt gewesen… im Guten, wie im Schlechten.

„Und es erleichtert mich, zu wissen, dass Coruscants Chancen wieder besser geworden sind. Dank dir.“

Warum hatte er das Gefühl, dass er sich dieses Bild unbedingt einprägen musste – sie, vor ihm sitzend, das wunderschöne Haar offen, ihre funkelnden Augen ihn abwartend taxierend?


„Weißt du… unter allen Planeten, die ich besucht habe, nimmt Coruscant einen besonderen Platz ein“, fuhr er fort, ohne selbst wirklich zu wissen, wohin ihn dieser Gedankengang führen sollte.

„Es war Coruscant, wo ich strandete, nachdem es mir gelungen war, das… Imperium hinter mir zu lassen.“

Im Grunde wusste sie sehr wenig über ihn. Was also war ein besserer Zeitpunkt, ihr etwas zu erzählen, als jetzt?

„Irgendwie fand mich der Geheimdienst… ob aus Zufall, oder weil sie über jeden meiner Schritte informiert waren, weiß ich nicht. Sie boten mir eine zweite Chance – und ich nahm an. Schlug einen Weg ein, der mich schließlich noch einmal nach Coruscant zurückbrachte.“

Er lächelte, fast ein wenig schüchtern, in ihre Richtung.

„Und jetzt ist Coruscant vor allem eines für mich… der Planet, auf dem ich dich kennen gelernt habe. Deine Heimat.“

Heimat. Ein Wort, das für Cris eine lange Zeit lang nichts bedeutet hatte. Er kannte seine eigene Heimat nicht – konnte sich nicht erinnern oder hatte sie nie erlebt – und selbst wenn er sie kennen würde, würde er wohl kaum besondere Gefühle mit ihr verbinden können. Doch gleichzeitig war die Vorstellung, die Heimat eines anderen mit dieser Person teilen zu dürfen, wunderschön. Noas Heimat mit ihr teilen zu dürfen. Von ihr in ihr Leben eingeladen zu werden. Cris schluckte mühsam – das alles konnte er ihr wohl kaum sagen. Nicht nach den Dingen, die er ihr an den Kopf geworfen hatte…


„Ich hab dich sehr gerne, Noa…“, sagte er schließlich leise.

„Und ich schäme mich für das, was ich dir nach der Rundfahrt gesagt hatte.“

Langsam senkte er seinen Blick.

„Ich schäme mich so sehr.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
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- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Core's Kitchen – Mit Cris –

Eigentlich war Noa im Begriff gewesen, Cris zu fragen, welcher der vielen Planeten, die er bisher in seinem Leben besucht hatte, ihm landschaftlich am besten gefallen hatte. Eigentlich. Ihre Frage erübrigte sich, als er das Gesprächsthema wieder von Planeten im Allgemeinen und Coruscant im Besonderen weg lenkte und auf die Ereignisse des Nachmittags zu sprechen kam. Seine Stimme war leiser geworden. Sein Blick hatte sich, wie für ihn typisch, wann immer ihm etwas unangenehm war oder er schüchtern wurde, gesenkt. In diesem Moment wurden ihre Getränke gemacht. Vor Cris stellte der Kellner ein Glas Bier und Noa bekam ihr Wasser. Sie hätte auch ein Bier getrunken, wenn sie sich nicht schon vor drei Stunden selbst mit Whiskey abgefüllt hätte. Sie konnte froh sein, dass die Anti-Kater-Pillen und eine ordentliche Portion Schlaf so gut geholfen hatte, dass sie wieder gerade gehen, deutlich sprechen und klar denken konnte. Noa seufzte.

“Cris, sieh mich an.“

Forderte sie ihn auf, eine Spur von Ungeduld in ihrer Stimme.

“Ich weiß nicht, ob es dir bewusst ist, aber wir haben nur noch diesen einen Abend miteinander. Mein Flug nach Coruscant geht morgen. Meinst du nicht, wir sollten wenigstens versuchen, das Beste aus dieser Zeit zu machen, statt uns schon wieder daran zu erinnern, was für ein Idiot du heute Nachmittag warst?“

Sie rollte mit den Augen. Das waren deutliche Worte, aber es war die Wahrheit. Er hatte gesagt, dass er sie mochte und sie mochte ihn auch, auch wenn sie nicht gut darin, das so direkt zu sagen. Noa Chanelle hatte zwar wenig Probleme damit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen, doch Gefühle oder Zuneigungen zu gestehen war eine ganz andere Nummer. Sie nahm ihr Glas und hob es hoch, um mit Cris anzustoßen.

“Erzähl mir lieber weiter von dir.“

Forderte sie ihn auf, freundlicher diesmal.

“Jetzt, wo du schon angefangen hast, hast du mich neugierig gemacht. Ich weiß fast nichts über dich. Welcher ist der schönste Planet, auf dem du jemals warst?“

Fragend sah sie ihn an.

“Und sag nicht Coruscant.“

Lächelnd hob Noa einen mahnenden Finger. Coruscant war ihre Heimat und für sie würde es immer der wundervollste Planet sein, doch selbst sie war nicht immun gegenüber den Schönheiten anderer Sterne. Sie liebte ihr Zuhause, doch sie konnte auch objektiv sein und objektiv gesehen war Coruscant in erster Linie eine einzige große Stadt, die zwar viele fantastische, aber auch einige dunkle Seiten hatte. Wenn sie dies verglich mit der malerische Idylle von Naboo, oder der unnachahmlichen Bauart der Mon Calamari, die ihre schwimmenden Städte auf dem unendlichen Ozean bauten, war es schwer für Coruscant, sich an der Spitze zu behaupten.

“Du bist viel rumgekommen, oder nicht?“

Hakte sie nach. Sie wollte nicht mehr über das reden, was heute bereits zwischen ihnen vorgefallen war. Cris' Totalausfall nach der Rundfahrt auf dem Meer war abgehakt. Natürlich war es noch nicht vergessen, doch es war besser, wenn sie nicht mehr darüber sprachen. Die Gefahr war groß, dachte Noa, dass sie sich wieder in eine Debatte und einen neuen Streit verstricken würden. Sie hatte Cris verziehen und das war das. Sie wollte nicht noch einmal intensiv über alles nachdenken und am Ende feststellen, dass sie doch noch ärgerlich auf ihn war.

- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Core's Kitchen – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Es war Cris’ Glück, dass der Kellner unmittelbar vor Noas Antwort ihre Getränke gebracht hatte, da ihm so das Heben seines eigenen Glases als Reaktion blieb und die Tatsache, dass sie mit ihm anstoßen wollte, hoffentlich bedeutete, dass sie nicht bemerkte, welch heiße Ohren ihre deutlichen Worte ihm verpasst hatten. Natürlich hatte er die Botschaft jetzt auch verstanden – ja, er hatte sich wie der letzte Volltrottel verhalten und sie vermutlich sehr verletzt, aber sie hatte ihm bereits einmal gesagt, dass sie ihm verziehen hatte und war offenbar nicht bereit, weiter über das Geschehene nachzudenken. Und sie hatte recht: ihnen blieb dieser eine Abend, warum also ihn damit verschwenden, sich wiederholt für etwas zu entschuldigen, was in ihren Augen nicht mehr Thema sein musste?

Als sie ihn anlächelte und ihn nach weiteren Details über seine Geschichte fragte – speziell über die Planeten, die er bereits besucht hatte – kehrte sein Selbstvertrauen zurück und er schaffte es, ihren neugierigen Blick zu erwidern und das Leuchten ihrer Augen zu bewundern, ohne andauernd darin nach Anzeichen von Unbill oder Zorn suchen zu müssen. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und stellte es wieder ab, sich beiläufig ein wenig Schaum vom Mund wischend. Parallel dachte er über eine Antwort auf ihre Frage nach – die tatsächlich gar nicht so eindeutig zu beantworten war.


„Ich habe den einen oder anderen Planeten besucht…“, bestätigte er vorsichtig, darauf bedacht, nicht allzu prahlerisch zu klingen. Prahlerei hätte in ihrem Fall auch nichts gebracht – sie war eine Coruscanti, kein Bauernmädchen von Agamar. Und selbst als eben solches würde Noa Chanelle Cortina sich wohl kaum von geistloser Angeberei beeindrucken lassen.

„Aber welche der schönste war…? Vielleicht sollte ich es mit dem Ausschlussverfahren versuchen.“

Er lächelte, um diesen dann doch wieder etwas zu angeberisch klingenden Worten die Spitze zu nehmen. Es war so leicht, in Noas Gegenwart zu lächeln. Ein Blick in ihre Richtung genügte, um seinen ansonsten üblichen Ernst nicht nur aus seinem Herzen, sondern auch aus seiner Mimik zu vertreiben. Fast so wie bei…


„Ich weiß nicht, ob dich das überrascht, aber ich war einmal auf Bastion…“

Alleine bei der Erwähnung der imperialen Zentralwelt lief ihm ein unangenehmer Schauer über den Rücken.

„Ein furchtbarer Planet… auf eine subtile Weise. Man spürt in jeder Straßenwindung, in jedem Gesicht, dass sich dort das Zentrum des Imperiums befindet. Allerdings muss ich ehrlicherweise zugeben, dass ich nicht viel mehr von diesem Planeten gesehen habe als die Gosse… und eine Zelle.“


Ein Schatten fiel auf sein Gesicht, als die Erinnerungen an Bastion sich weiter manifestierten. Er war sich sicher, dass sein Leben dort ein rasches und furchtbares Ende genommen hätte, wäre nicht diese eine, imperiale Wissenschaftlerin gewesen, die aus irgendeinem Grund Mitleid mit ihm gehabt und ihm zur Flucht verholfen hatte. Was wohl aus ihr geworden war?

„Esselles ist ebenfalls nicht zu empfehlen… und von Duro habe ich lediglich die Orbitalstationen zu Gesicht bekommen, der Planet an sich ist wohl eher unwirtlich.“


Bei diesen Worten musste Cris selbst schmunzeln. Nicht unbedingt das typische Programm aus einem intergalaktischen Reiseführer, das er da abspulte, aber Noa hatte ihn schließlich nicht nur nach dem schönsten Planeten, sondern generell nach den Stationen gefragt, die er in seiner Laufbahn gemacht hatte.

„Aber dann waren da auch noch Naboo, Bothawui… und Alderaan.“

Seine Stimme war mit jedem Planeten in dieser Auflistung leiser geworden – wegen der einen Gemeinsamkeit, die diese drei hatten.


„Ich glaube, auf Alderaan hat es mir am besten gefallen.“

Alderaan. Ein schneebedeckter Wipfel. Ein sich plötzlich entladender Kuss, als Akemi ihm ihre Liebe gestanden hatte, aus Angst, dass er nichts mehr von ihr wissen sollte. Als sie die Wahrheit über seine Gefühle erfahren hatte – und die bisher schönste Zeit in Cris‘ Leben an ihrem Höhepunkt angelangt war.

„Die Berge waren schön. Majestätisch. Weißer, makelloser Schnee, kalte, frische Luft… und wenn man davon genug hatte, musste an sich nur in wärmere Breitengrade begeben. So schön Naboo und seine Seenlandschaften auch gewesen sind… ich glaube, Alderaan ist der Sieger.“

Mit einem leisen Seufzer suchte Cris Noas Blick. Nein, in Wahrheit waren es nicht Alderaans Berge gewesen, die Cris‘ Entscheidung herbeigeführt hatten… auch nicht seine abwechslungsreiche Landschaft. Es war jene eine Szene, die er für immer mit diesem Planeten assoziieren würde. Unvergesslich… ebenso, wie der Moment, in dem Noa plötzlich ihre Arme um ihn gelegt und ihn geküsst hatte. Und dann wurde ihm klar, dass schon lange nicht mehr alles für Alderaan sprach.

„Allerdings muss ich sagen… nach heute bin ich mir auch da nicht mehr so sicher.“

Wieder flackerte ein vorsichtiges Lächeln in seinem Mundwinkel auf, während er in der Ferne den Kellner ausmachte, der im Begriff war, mit ihren Speisen aufzuwarten.

„Mon Calamari werde ich jedenfalls nie wieder vergessen.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Vilnok Moor (alias Vigo Zula) mit Gefolge

Mit größter Spannung verfolgte Vilnok Moor die Rede der hapanischen Botschafterin. Er beobachtete jede ihrer Bewegungen, ihre Gestik und Mimik und natürlich ihre Worte aufs Genaueste und versuchte, sie zu analysieren. Sein Interesse an dieser Person, oder besser gesagt an dem, was sie mit ihrem Einfluss womöglich für ihn tun konnte, war ungebrochen.

Belandri beschränkte sich auf eine relativ kurze Ansprache. Auf Eigenheiten und Geschichte des Hapes-Clusters ging sie dabei kaum ein. Das war auch nicht notwendig, denn jedes Mitglied des Senats hatte diese Informationen mit den Tagungsunterlagen erhalten und die Möglichkeit gehabt, sie zu lesen, sofern er es für wichtig hielt. Moor hatte es nicht getan, sondern sich mit einer Zusammenfassung durch seine Mitarbeiter zufrieden gegeben.

Die Hapanerin betonte zunächst die wirtschaftliche Bedeutung der von ihr vertretenen Systeme und dann die militärische. Beide waren zweifellos nicht unbedeutend. Im Gegensatz zu unbedeutenden Einzelwelten, die sonst Beitrittsanträge stellten, war der hapanische Staat tatsächlich auch objektiv gesehen eine Bereicherung für die Neue Republik und ihre zwar nicht sehr modernen, aber schlagkräftigen Schiffe sicher eine willkommene Verstärkung für das Militär. Dass dies vielen Senatoren schon genügte, für einen Beitritt zu stimmen, stand außer Zweifel. Zudem schien Turima auch zuvor schon den einen oder anderen Kontakt aufgenommen zu haben, um sich der Zustimmung diverser Senatoren zu versichern, wie ihr Treffen mit dem rodianischen Vertreter gezeigt hatte. Und um jeden Zweifel vollends auszuräumen, wiederholte sie nochmals die Verdienste Hapes' in der Schlacht von Corellia und bei der humanitären Hilfe für das kriegserschütterte Denon. Der Chevin erkannte an, dass das Konsortium seinen Beitrittsantrag gründlich vorbereitet hatte.

Was ihn anging, so lag ihm das Wohl der Republik schon am Herzen. Allerdings nicht so sehr wie seine eigenen Ziele. Diese sah er in diesem Falle jedoch nicht durch ein Erstarken des Staatenbundes gestört, so dass es keinen Grund gab, gegen die Hapaner zu stimmen. Im Gegenteil, er hoffte darauf, von guten Beziehungen zu den neuen Mitgliedswelten profitieren und so womöglich neue, lukrative Märkte erschließen zu können. Dies konnte er am besten, indem er nicht nur seine Fürstimme gab, sondern auch als Freund und Unterstützer des Antrages auftrat.


»Verehrte Botschafterin, sehr geehrte Kollegen«, richtete er mit seiner tiefen, rauen Stimme das Wort an Turima und den Senat, »die bisherige Debatte führte uns vor allem eines vor Augen: Wir leben in schwierigen Zeiten. Die Neue Republik wird noch immer von Feinden von innen und außen bedroht, der Krieg dauert an und verschlingt dringend benötigte Ressourcen. Dennoch ist die Neue Republik endlich wieder im Aufwind, das Militär fährt Erfolge ein und die Wirtschaft befindet sich im Aufschwung. Um diesen positiven Trend zu festigen und fortzusetzen, benötigen wir Verbündete, neue und alte. Verbündete wie das Hapes-Cluster, das mit seinen ökonomischen, militärischen und vor allem kulturellen Errungenschaften zweifellos eine Bereicherung für die Republik darstellen wird. Ich bin überzeugt davon, dass unser Staatenbund mindestens ebenso von einem Anschluss profitieren wird wie das Konsortium. Daher unterstützt Vinsoth das Beitrittsgesuch des Hapes-Clusters und ich fordere Sie auf, dasselbe zu tun. Vielen Dank.«

Sofort nach dieser kurzen Ansprache setzte er sich wieder, auch wenn dies bei seiner nichtmenschlichen Statur kaum einen Unterschied machte. Dennoch wollte er es als eine Geste der Bescheidenheit gelesen wissen, dass er augenblicklich wieder in den Hintergrund rückte. Er hatte an diesem Tag schon einmal zum Senat gesprochen und würde dies vielleicht noch ein weiteres Mal tun, wollte dabei aber nicht den Eindruck erwecken, sich selbst zur Schau stellen zu wollen, wie es manch andere Senatoren leider nur allzu gerne taten. Tatsächlich war dies ja der Grund für seine erste Wortmeldung gewesen: Eine Positionierung in den Augen der Öffentlichkeit. Gar zu sehr in deren Fokus wollte er aber nicht rücken, das führte erfahrungsgemäß nur dazu, dass zu tief gebohrt und mit etwas Pech unschöne Wahrheiten ans Licht gefördert wurden. In seinem sprichwörtlichen Keller gab es schließlich mehr als genug (gar nicht sprichwörtliche) Leichen. Und dort sollten sie auch bleiben.

[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Vilnok Moor (alias Vigo Zula) mit Gefolge
 
[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Ulo Sammandi mit Gefolge

Der Beitritt der Hapaner war ein nicht ganz einfaches Thema in den Augen von Ulo Sammandi. Im Gegensatz zu Vilnok Moor, der den Beitrittsantrag soeben im Namen seiner Heimat Vinsoth unterstützt hatte, war der Ishi Tib nicht ganz eindeutig davon überzeugt, dass der Anschluss Hapes' nur Vorteile brachte und unbedingt zu bejahen war. Der Ishi Tib tendierte zwar auch dazu, dem Anliegen zuzustimmen, sah es aber durchaus auch kritisch.

Generell war der Vertreter Tibrins der Meinung, dass die Idee der Neuen Republik für alle Welten und Wesen der Galaxis gedacht war und vom Prinzip her nur dann wirklich funktionierte, wenn sich möglichst viele ihr anschlossen. Sie sollte nicht die machtvolle Vertretung einer exklusiven Minderheit sein, sondern die Stimmen eines möglichst großen Teils der Bevölkerung dieser Galaxie wiederspiegeln. Insofern war er ganz grundsätzlich geneigt, jedes Beitrittsgesuch positiv zu sehen. Dies galt selbstverständlich nicht in minderem Maße für die 63 von Turima Belandri vertretenen Planeten, die gemeinsam das Hapes-Cluster bildeten. Ein solches Wachstum der Republik, verbunden mit der frischen und vermutlich kraftvollen Stimme, die der Senat dazu gewinnen würde, konnte der Demokratie nur dienlich sein. Für Hapes selbst sprach außerdem, dass es eindeutig eine Bereicherung in wirtschaftlicher Hinsicht darstellte und, wie Moor schon ganz richtig betont hatte, auch interessante kulturelle Einflüsse einbrachte.

Genau hier sah Sammandi aber auch Probleme. Er war ein überzeugter Demokrat. Und was er über das Hapes-Konsortium gelesen und erfahren hatte, ließ ihn daran zweifeln, ob dessen politisches System sich mit den Grundsätzen der Neuen Republik voll vereinbaren ließ. Die Regierungsform und auch die mangelnde Gleichberechtigung der Geschlechter waren Punkte, die ihm missfielen und in seinen Augen nicht unbedingt einen positiven Einfluss für die gesamte Völkergemeinschaft darstellen konnten. Aber auf der anderen Seite war auch kulturelle Toleranz eines der wichtigsten Prinzipien der Republik, die es ihren Mitgliedern durchaus zugestand, die Art des Zusammenlebens innerhalb ihrer Gesellschaft selbst zu definieren, solange dabei gewisse Grundrechte geachtet wurden. Ob dies auf den Welten der Hapaner der Fall war, konnte Ulo natürlich nicht entscheiden. Er hatte hierbei kaum eine Wahl, als sich auf die Einschätzung des Gremiums zu verlassen, welches das Beitrittsgesuch im Vorfeld überprüft und die Vorverhandlungen geführt hatte. Dort schien man nicht der Meinung zu sein, dass Grundsätzliches gegen den Anschluss stand, sonst wäre der Antrag gar nicht erst auf der Tagesordnung gelandet. Aber Zweifel waren gestattet und in diesem Fall vielleicht auch angebracht.

Weitere Zweifel kamen in Bezug auf das hapanische Militär auf. Sammandi hatte sich nie als Experte für die Kriegsführung gesehen, war sicherlich auch keiner und wollte keiner werden; dennoch hatte er sich in den letzten Wochen notgedrungen intensiver mit militärischen Fragen auseinandergesetzt. Das Bild, das er sich mit Hilfe seiner Berater in dieser Sache gemacht hatte, zeigte nicht unbedingt, dass die Hapaner eine militärische Entlastung für die Republik darstellten. Ihr Eingreifen bei Corellia und anschließender NR-Beitritt stellte eine abermalige Provokation des Imperiums dar, und es lag durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen, dass eine Strafexpedition zumindest in Betracht gezogen wurde. Um imperiale Übergriffe zu verhindern, musste nicht nur die hapanische Flotte mit beträchtlichem Geldaufwand modernisiert werden, sondern man würde wohl auch moderne republikanische Kriegsschiffe in das Cluster schicken. Wenn die Dinge ganz schlecht liefen, eröffnete sich dort eine weitere Front und riss nur noch tiefere Wunden in die vom Krieg gebeutelte Galaxis. Das war das letzte, was Sammandi sich wünschte. Doch er konnte natürlich nicht übersehen, dass die militärische Unterstützung der Hapaner im Licht dieser Betrachtung nur um so selbstloser wirkte. Sie nahmen damit ein großes Risiko auf sich, ohne eine feste Zusage in der Tasche zu haben, dass die Republik für sie einstand, wenn das Imperium Vergeltung forderte. Auch wenn Sammandi ein weiteres Vorandrehen der Gewaltspirale fürchtete: Die Verbündeten in dieser Situation im Stich zu lassen, war auch keine Option. Ob mit oder ohne offizielle Mitgliedschaft, sie hatten ein moralisches Anrecht darauf, dass die Meie Republik nun auch ihnen zur Seite stand.

Alles in allem blieb zwar ein gewisser Zweifel, doch an der Entscheidung, die Senator Sammandi vor der Sitzung in Absprache mit seiner Regierung gefällt hatte, änderte sich nichts. Er ergriff zwar nicht das Wort, um den Antrag lautstark zu unterstützen, aber auch Tibrin würde Hapes seine Stimme geben.


[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Ulo Sammandi mit Gefolge
 
- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris –

Für einen Moment hatte Noa geglaubt, Cris wolle Bastion als einen besonders schönen Planeten loben, doch schnell wurde klar, dass er diesen Ort lediglich als schlechtes Beispiel hervor zu heben gedachte. Natürlich war es prinzipiell Unsinn, den Planeten landschaftlich herab zu stufen, nur weil dort das Zentrum des Imperiums beheimatet war, doch Noa war nicht objektiv genug um zuzulassen, dass ein solcher Ort es trotzdem auf eine Bestenliste geschafft hätte.

“Mon Calamari ist wirklich etwas Besonderes.“

Erwiderte sie.

“Ich weiß, was du meinst. Alleine die Tatsache, dass wir uns selbst jetzt genau über dem Ozean befinden…“

Noa schaute auf ihr Wasserglas, als könne sie dort das Meer sehen, über das sie gestern in dem Wassergleiter gefahren waren, um die Whaladons zu beobachten.

“Als waschechtes Stadtkind ist alles, was mit Natur zu tun hat, jedes Mal wieder neu und toll. Coruscant ist, zumindest was das angeht, nicht besonders abwechslungsreich.“

Stellte sie faktisch fest. Sandstrände, Berge, Schneegebiete… selbst Bäume und Wiesen waren für Noa keine Selbstverständlichkeit. Sie konnte sich noch immer daran erinnern, als sie zum ersten Mal richtig unberührte Natur gesehen hatte. Es war gewesen, als sie als Kind mit der ganzen Familie Urlaub auf Corellia gemacht hatte. Cloé und Noa waren gleichzeitig aus dem Landgleiter gesprungen, der sie zum Strand gebracht hatte, und waren Hand in Hand barfuß durch den Sand gelaufen. Es war für sie beide ein völlig neues Erlebnis gewesen. Und als dann noch nach dem langen Sandstrand das Meer auf sie gewartet hatte, hatten sie sich gefühlt wie im siebten Himmel. Es war in der Tat eine vollkommen neue Welt für sie gewesen – und das nicht nur sprichwörtlich.

“Manchmal würde ich gerne einfach mal so in einen Wald gehen können, oder an einen Strand.“

Die Widerstandskämpferin zuckte mit den Schultern und grinste.

“Na ja, wofür gibt’s Holo-TV?“

Scherzte sie und lehnte sich zurück, um dem Kellner Platz zu machen, ihren Teller vor sie auf den Tisch zu schnellen. Die Bedienung in Core’s Kitchen war richtig auf zack. Entweder das, oder die Zeit war einfach so schnell verflogen. Inzwischen kamen auch noch mehr Leute zum Essen in das gemütliche Restaurant. Seit sie sich gesetzt hatten, hatte Noa schon ein weiteres Paar und eine Gruppe jüngerer Leute herein kommen sehen. Die jungen Leuten, sie waren zu fünft, hatten sich direkt an dem Tisch neben ihnen nieder gelassen und schwatzen vergnügt. Vielleicht feierten sie etwas, vielleicht aber verbrachten sie auch einfach nur so Zeit miteinander. Eine von ihnen, eine Twi’lek in einem auffälligen grellen Kleid, lachte so laut, dass man es durch den ganzen Raum hören musste. Selbst der Mann hinter der Bar sah auf, um zu sehen, was so lustig war. Ihre Lache war laut und ansteckend und Noa fühlte sich an ungezwungene, laute Abende in diversen Bars auf Coruscant erinnert. Es ließ sie sich etwas heimischer fühlen. Sie griff nach Messer und Gabel.

“Lass es dir schmecken.“

Sagte sie zu Cris und begann, die cremige Sauce von ihrem Gericht herunter zu schaben. Die corellianische Spezialität – zu kompliziert, als dass Noa hätte beschreiben können, was alles darin enthalten war – wurde traditionell in Sauce serviert, doch die war fett und kalorienreich. Das musste nicht sein, nicht wenn Noa noch immer bestrebt war, das ein oder andere Kilo zu verlieren. Sie begann zu essen.

“Mir schmeckt es auf jeden Fall. Gute Wahl, Lieutenant.“

Zufrieden lächelte sie Cris zwischen zwei Bissen zu. Er hatte sich zwar heraus genommen, ihr die Wahl des Lokals doch nicht, entgegen seines Versprechens, zu überlassen, aber er hatte eine gute Entscheidung getroffen. Alles andere hätte Noa ihm sicherlich später nachgetragen.

“Aber selbst ohne Wiesen und Wälder… Coruscant ist mein Zuhause. Ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen, jedenfalls nicht dauerhaft. Ich würde die Stadt vermissen: die Partys, die Lichter, die Hektik, selbst den Lärm. Urlaub im Grünen, Leben in der Stadt.“

Sie zuckte mit den Schultern. Allein wegen ihrer Familie wollte sie niemals zu lange weg von Coruscant sein. Sie brauchte ihre Familie, ebenso wie die anderen sie brauchten. Sie sah auf und schielte vorsichtig zu Cris Sheldon hinüber. Genau das war das Problem, wenn man jemanden zu mögen begann, der ein komplett anderes Leben führte, als man selbst. Rasch schüttelte Noa diesen Gedanken ab.

“Hey, vielleicht solltest du mir Alderaan eines Tages mal zeigen.“

Schlug sie spaßeshalber vor.

“Damit ich mich davon überzeugen kann, ob es dort wirklich so schön ist, wie du behauptest. Als Insider kennst du dort ja scheinbar die besten Plätze.“

Am Nebentisch wurde gerade eine Runde Ale serviert. Klackernd wurden Trinkkrüge aneinander gestoßen. Noas Blick traf den der Twi’lek und sie lächelte. Sie war zwar nicht mit einer gut gelaunten Gruppe Freunde unterwegs, doch sie hatte selbst auch keine all zu schlechte Zeit.

“Erzähl mir noch mehr von dir.“

Forderte sie Cris auf.

“Was machst du, wenn du mal nicht gerade im Dienste von du-weißt-schon-wem unterwegs bist? Du hast gesagt, du hättest mal Urlaub auf Naboo gemacht. Interessierst du dich für Kultur? Oder für Kunst?“

Noch während sie die Frage gestellt hatte, war Noa wieder eingefallen, wie Cris in ihrer Wohnung gelegen und das Bild in ihrem Wohnzimmer bewundert hatte. Er war ziemlich neben sich gewesen, weil er gerade halb erstochen worden war und nur konfuses Zeug sprach, aber er hatte das Bild, das Thalia gemalt hatte, bemerkt und es für schön befunden. Sie fragte sich, ob er der Typ Mann war, der Galerien besuchte und über bunte, konfuse Gemälde philosophierte. Der Typ Mann also, der Lioba gefallen hätte. Noa konnte es sich eigentlich nicht vorstellen, aber was wusste sie schon über ihn? Man konnte keinen Menschen innerhalb von ein paar Tagen wirklich kennen lernen.

- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Mit einem stummen Lächeln hörte Cris Noa zu, während diese seinem Urteil Mon Calamari betreffend zustimmte und des weiteren ausführte, allgemein von Planeten mit einer ausgeprägten Naturlandschaft angetan zu sein. Allerdings wusste Cris auch ohne ihre anschließende explizite Erwähnung, dass kein Planet dieser Galaxis in ihren Augen je würde Coruscant ersetzen können. Es schien aus jedem ihrer Worte zu sprechen, wenn sie über ihren Heimatplaneten sprach, selbst über Dinge, die sie vordergründig an ihm störten. Coruscant war ihre Heimat, der Ort, an dem sich ihre Familie befand. Das stellte zwischen ihr und diesem Planeten eine Bindung her, die Cris vielleicht verstehen, nachvollziehen, aber vermutlich niemals selbst erleben konnte. Er wusste nicht, auf welchem Planeten er geboren worden war – es war ebenso wahrscheinlich, dass er selbst auch von Coruscant stammte, oder aber aus dem Äußeren Rand – und von dem ersten Planeten, an den er sich erinnerte, fehlte ihm sogar der Name. Ein namenloser Planet, ein primitives Dorf und der Befehl, so viel Blut wie möglich zu vergießen…

Das Lachen der auffällig gekleideten Tw’lek am Nebentisch half ihm, diesen düsteren Gedanken abzuschütteln und sich auf sein Essen zu konzentrieren, das der Kellner ihnen mittlerweile serviert hatte. Das Filet sah hervorragend aus und auch die „Corusca-Kroketten“ wirkten äußerst einladend. Noa schien von ihrem Gericht ebenfalls angetan und machte sich sogleich darüber her, nicht ohne ihn zu seiner Wahl zu gratulieren und ihm ein warmes Lächeln zuzuwerfen. Automatisch lächelte Cris zurück und für einen Moment schien es, als würde sogar sein Herz aussetzen, um das Glücksgefühl nicht zu stören, das er dabei empfand. Einfach nur, weil sie ihn angelächelt hatte.

Behutsam schnitt er sich ein erstes Stück seines Fleisches ab und aß es andächtig, während er ihre weiteren Worte auf sich wirken ließ. Sie hing an Coruscant – dieser Planet würde für immer ein Anker in ihrem Leben sein, ein Fixpunkt, zu dem sie immer wieder zurückkehren konnte. Er selbst hatte keinen solchen Fixpunkt – nicht mehr. Kurz hatte er gedacht, einen gefunden zu haben, doch dass dieser Wunsch sich in Luft aufgelöst hatte, war schließlich ihm selbst zuzuschreiben gewesen. Ihm selbst – und seinen Aufgaben. Und so waren es auch diese Aufgaben, die dafür sorgten, dass sie nach Coruscant zurückkehrte – in ihre Heimat – und er ihr nicht folgen konnte. Es sollte nicht sein, ganz gleich, wie sehr er es sich auch wünschte.


„Ich glaube, Alderaan würde dir gefallen“, entgegnete er leise auf ihren vermutlich zum Teil scherzhaft gemeinten Vorschlag, er könnte ihr seinen Lieblingsplaneten ja bei Gelegenheit zeigen.

„Es geht dort zwar ruhiger zu als auf Coruscant, aber es ist wirklich wunderschön.“

Er lächelte zaghaft.

„Du würdest also perfekt dorthin passen.“

Nach diesem Versuch eines Kompliments konzentrierte Cris sich wieder auf sein rasch kleiner werdendes Filet, bevor Noa ihn aufforderte, mehr von sich zu erzählen – genauer gesagt startete sie einen weiteren Versuch, mehr darüber hinauszufinden, was er abseits seiner Pflichten tat. Mühsam schluckte Cris die Portion Nerf in seinem Mund herunter. Ihr letzter Versuch, derartige Dinge von ihm zu erfahren, war in einem Desaster gemündet… doch darüber war er jetzt hoffentlich endgültig hinweg. Dennoch wollte ihm auf ihre Frage nicht sofort eine Antwort einfallen.


„Naboo war… eine Ausnahme“, sagte er schließlich zögernd.

„Die Wahl des Planeten hatte im Grunde nichts mit seiner Kultur oder seiner Künstlerszene zu tun.“

Ein vorsichtiges Lächeln umspielte seine Lippen.

„Aber ich kann kaum behaupten, dass beides spurlos an mir vorübergegangen ist… ich glaube, auf Naboo habe ich gelernt, Kunst und Architektur ein Stück weit anzuerkennen, ein Gespür dafür zu bekommen, was mir gefällt und was nicht.“

Entschuldigend zuckte er mit den Schultern.

„Allerdings ist mein Verständnis für beides nicht sonderlich intellektuell. Ich… mag gewisse Dinge einfach. Bilder, Musik… Holodramen. Alles, was mich für ein paar Momente von den anderen Dingen des Lebens ablenken kann. Mir eine Art… Flucht ermöglicht.“


Zu einem gewissen Grad stimmte das – aber im Grunde war es vor allem ein Faktor gewesen, der ihm die Aspekte des Lebens beigebracht hatte, die über das Benutzen einer Waffe hinausgingen: Akemi. Sie hatte vollkommen selbstverständlich im Kreis der Künstler Naboos verkehrt – schließlich war sie selbst eine Künstlerin, eine Kulturschaffende gewesen – und obwohl er mehr als einmal für Reibereien gesorgt hatte, war es ihr schließlich doch gelungen, ihm diese Welt Stück für Stück näher zu bringen.


„Ich musste damals noch viel lernen… muss es immer noch. Ich kann nicht leugnen, dass mein Leben lange Zeit nur eine einzige Bestimmung hatte und auch mit… neuem Auftraggeber hat sich wenig daran geändert, wie meine Talente verteilt sind. Und trotz solcher Phasen wie dieses Urlaubs auf Naboo war im Grunde nie viel Zeit… ich war fast immer im Einsatz, oder im Hyperraum zwischen zwei Einsätzen.“

Er seufzte.

„Ich wünschte, ich könnte dir erzählen, dass ich in meiner Freizeit ein Instrument spiele, Gedichte schreibe oder mich selbst am Malen versuche… aber das tue ich nicht. Selby hat mir ein paar Dinge beigebracht, mit denen man sich auf langen Weltraumreisen die Zeit vertreiben kann und auch auf Naboo habe ich viele Dinge… schätzen gelernt, aber abseits davon war da immer nur mein Job. Ich habe mir nicht gestattet, viel anderes zu tun. Ich hatte das Gefühl, eine Schuld begleichen zu müssen. Habe es immer noch.“


Sein Blick suchte den ihren und hielt ihn fest. Ihre Augen waren so unglaublich perfekt braun, so warm… so schön…

„Doch tief im Inneren beginne ich zu begreifen, dass das nicht alles sein kann. Dass da mehr ist. Und solche Tage wie der heutige helfen mir dabei.“


Jetzt lächelte er sie aufrichtig an.

„Danke.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Core's Kitchen – Mit Cris –

In dem Moment, in dem Cris davon zu sprechen begann, dass er zwar kein besonderes Verständnis von Musik, Filmen oder auch Kunst hatte, er jedoch alles mochte, das ihm dabei helfen konnte, für eine gewisse Zeit aus der Realität zu fliehen, wünschte sich Noa, sie hätte diese Frage nach seiner Freizeit nie gestellt. Er bekam diesen verklärten Ausdruck in den Augen, den er immer dann hatte, wenn er sich daran erinnerte, wer er war, oder davon zu sprechen begann, welch hartes Schicksal hinter ihm lag. Seltsam, dass sie sich im Grunde noch so wenig kannten, sie dieses eine Detail aber schon so oft an ihm beobachtet hatte. Sie hatte es gesehen, als er mit ihrer Familie an einem Tisch gesessen und erklärt hatte, dass er Dinge erlebt hatte, die so schrecklich gewesen waren, dass er nicht darüber sprechen konnte. Sie hatte es gesehen, als sie in ihrer Wohnung auf Coruscant mit ihm über zweite Chancen philosophiert hatte und er plötzlich in sich zusammen gesunken war, übermannt von Schuld und Selbstmitleid und sie hatte den gleichen Ausdruck der Ohmächtigkeit in seinen Augen gesehen, als er sie in den Straßen von Coral City zurück gewiesen hatte, weil er glaubte, ihr nichts bieten zu können und zu nichts anderem gut zu sein, als zu töten. Es war der gleiche Ausdruck, der sich auch jetzt wieder über sein Gesicht gelegt hatte. Wann würde er ihn endlich los werden? War dies überhaupt eine Option, oder würde er ewig mit dieser tiefen Schuld leben müssen?

"Cris, ich glaube du ahnst nicht einmal, wie schön das Leben sein kann.“

Antwortete sie ihm, eine Spur Bedauern in der ihrer Stimme. Es tat ihr Leid zu sehen, wie er litt. Es tat ihr Leid zu sehen, dass er sich so gehen ließ und so wenig von sich selbst hielt. Er könnte der perfekte Mann sein, dachte sie plötzlich, dächte er nicht so gering über sich selbst. Selbstvertrauen und Mut standen jedem Mann gut zu Gesicht.

“Ich habe dir schon einmal gesagt, dass die Galaxis voller Möglichkeiten ist. Du musst nur hinaus gehen und sie ergreifen.“

Wenn sie das sagte, klang es einfach, aber scheinbar war es für Lieutenant Cris Sheldon, der mal ein Captain gewesen war, wirklich schwer. Noa legte Messer und Gabel auf ihren Teller und schob diesen zur Seite. Sie hatte noch nicht viel gegessen, doch sie hatte auch nicht mehr viel Appetit.

“Freizeit ist dazu da, sich gut zu fühlen und abzuschalten. Du solltest das machen, was dir Spaß macht.“

Sagte sie zu ihm. Cris hatte zwar eingeräumt, dass Selby ihm gewisse Dinge beigebracht hatte, um sich abzulenken, doch hatte er nicht verraten, worum es sich dabei gehandelt hatte. Tatsächlich war es für Noa sogar unverständlich, warum Selby ihm überhaupt etwas in dieser Richtung hatte beibringen müssen. Er war ein erwachsener Mann. Vergangenheit hin oder her, er sollte in der Lage sein, selbstständig etwas zu finden, das ihm gefiel. Sie hatte noch nie einen Mann wie Cris Sheldon kennen gelernt, einen Mann der ernst und rücksichtsvoll war, höflich und ehrlich und der ihr reihenweise Komplimente machte, aber bisher noch nicht versucht hatte, sie in sein Bett zu ziehen. Dies waren seine positiven Eigenschaften. Seine Makel waren seine Schüchternheit und sein Irrglaube, es gäbe nichts in seinem Leben als seinen Job und die Schuld, die er zu begleichen hatte. Wortlos tupfte sich Noa mit ihrer Serviette den Mund ab und stand auf.

“Sieht so aus, als müsste ich dir noch ein paar Dinge über Zeitvertreib beibringen.“

Stellte sie trocken fest, schob auch Cris' Teller weit von ihm, quer über die ausladende Tischplatte, und setzte sich auf seinen Schoß.

“Es gibt da ein paar Hobbies, die es wert sind, dass man sich intensiv mit ihnen beschäftigt.“

Sagte sie, legte ihren Arm um ihn und begann, ihn leidenschaftlich zu küssen.

“Das hier zum Beispiel.“

- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel – Core's Kitchen – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Etwas beklommen verfolgte Cris, wie Noa ihr Gericht und ihr Besteck bei Seite schob, sofort mit der Befürchtung kämpfend, dass seine mal wieder recht düsteren Worte ihr den Appetit verdorben hatten. Natürlich hatte sie Recht – vielleicht bis auf einen Punkt. Um ahnen zu können, wie schön das Leben sein konnte, musste er sie nur ansehen, die Gefühle zulassen, die sie ihn ihm erweckte, und entsprechend handeln. Doch stattdessen schaffte er es nicht, seine inneren Dämonen zu besiegen, und hielt sie damit auf Distanz, ungeachtet seiner Entschlossenheit, diesen fatalen Fehler nicht noch einmal zu wiederholen. Er sollte seine Möglichkeiten ergreifen, hatte sie gesagt. Er wollte es so gerne. Die Möglichkeit ergreifen – sie. Ihr sagen, was er für sie empfand. Dass er nicht wollte, dass dieser Abend der letzte war, den sie miteinander verbrachten. Dass er sich ein wunderschönes Leben vorstellen konnte – an ihrer Seite.

Sie stand auf und die Beklommenheit war kurz davor, sich in helle Panik zu verwandeln. Wenn sie jetzt ging, dann war alles zu spät. Kein Flehen, kein Betteln würde sie dann wieder zusammenbringen können, keine Worte eine Brücke zwischen ihnen schlagen können, und ihm würden nur die Erinnerungen an ein paar wundervolle Stunden bleiben, wie ihm letztendlich an Akemi auch nur langsam verblassende Erinnerungen geblieben waren, so lange, bis seine geschundene Seele sich mit der Ausweglosigkeit seiner Situation abfand. Er durfte das nicht passieren lassen.

„Noa…“

Dann geschah etwas Seltsames. Beiläufig schob sie auch seinen Teller bei Seite und plötzlich saß sie auf seinem Schoß, so nahe, wie sie sich im Laufe des Abends noch nicht wieder gekommen waren. Er konnte die Wärme ihres Körpers spüren, so wie die Hitze, die ihre Worte in ihm verursachten, bevor sie schließlich den Arm um ihn legte und ihn mit einem atemberaubenden Kuss erlöste. Ihre Lippen brannten auf den seinen, der Geschmack nach Leben, nach Leidenschaft schwappte über ihn hinweg, während er fast automatisch seinerseits die Arme um sie legte und sie noch enger an sich zog, sich mit seinen Händen in ihren Haaren, auf ihrer samtweichen Haut verlierend. Der Moment dehnte sich zur Ewigkeit und schließlich mischte sich ein Stück seiner Verzweiflung ob ihres bevorstehenden Abschieds in seine immer fordernde Erwiderung ihres Kusses, fast, als versuchte er, mit ihrem heißen Atem auch ihre Essenz in sich aufzunehmen, sie für immer mit sich zu tragen, um sich auch in den dunkelsten Stunden an sie erinnern zu können. Die Wahrheit war so offensichtlich… er liebte sie, verzehrte sich nach ihr in mehr als dem bloßen körperlichen Sinn, wollte sie nie wieder loslassen. Sie waren für diesen Moment alleine, ungestört, ganz gleich, ob die grelle Twi’lek mit der auffälligen Lache und ihre Freunde sie eventuell dabei beobachteten, wie sie eng umschlungen dasaßen und sich küssten, als wäre es das letzte Mal. Vielleicht war es das. Doch diese Möglichkeit weigerte er sich mehr und mehr zuzulassen.

Als der Kuss schließlich endete und ihre Lippen sich nahezu in Zeitlupentempo voneinander entfernten, lächelte Cris, obwohl er spürte, wie eine einzelne Träne aus seinem Augenwinkel rann und an seiner Wange herunterkullerte. Wie hatte er sie je von sich weisen können? Wie konnte er sie jetzt gehen lassen?


„Ich weiß, wie schön das Leben sein kann…“, flüsterte er.

„Ich glaubte nur, ich hätte diese Schönheit für immer verspielt…“


Langsam verfolgten seine Finger die Konturen ihres Gesichts, ihres Kinns und ihrer Lippen, bevor er seine Hand langsam sinken ließ. Deutlicher als zuvor spürte er den Druck, den dieser eine Gegenstand in seiner Hosentasche ausübte, und plötzlich spürte er, wie sich eine gewisse Nervosität seiner bemächtigte. Wenn er ihn ihr geben wollte, dann jetzt – bevor sie abreiste. Doch wie sie reagieren würde, konnte er nicht erahnen… eine Wahl hatte er dennoch nicht.

„Ich… ich hab was für dich.“

Es kostete einiges an Mühe, seine Hand nicht zittern zu lassen, als er den Stoffbeutel aus seiner Hosentasche nestelte, der sich dort befunden hatte, seit er von seinem einsamen Spaziergang nach ihrer Versöhnung zurückgekehrt war.

„Ich hab mir überlegt, was wohl zu dir passt…“

Seine Hand verschwand in dem Beutel. Sein Mund war plötzlich staubtrocken. Als sie schließlich wieder hervorkam, baumelte eine Kette zwischen seinem Daumen und Zeigefinger, bestehend aus feinen, silbernen Gliedern. Am Ende der Kette befand sich ein ebenfalls silberner, leicht ovaler und gewölbter Anhänger mit filigranen Verzierungen – und in seiner Mitte funkelte ein kleiner Corusca-Edelstein.


„Der Legende nach wurde Coruscant nach ihnen benannt…“, sagte er leise.

„Und sie leuchten fast so schön… wie deine Augen…“

Er schluckte schwer. Der Edelstein in der Mitte des Anhängers leuchtete tatsächlich, als hätte jemand eine kleine Lichtquelle in ihm versteckt. Eine der Eigenschaften, die diese seltene Art von Edelstein so begehrt machte… und doch hoffte Cris, dass dieser Umstand sie nicht vor den Kopf stieß. Er hatte diese Kette nicht wegen ihres Preises ausgesucht – Geld kümmerte ihn nicht – sondern weil er seine Worte, so sentimental sie auch klingen mochten, absolut ernst gemeint hatte.


„Ich möchte, dass du sie behältst. Nicht als Verpflichtung. Als Erinnerung. Und als Versprechen, dass ich dich nie vergessen werde.“

Plötzlich kam es ihm vor, als hätte er einen enormen Kloß im Hals. Noch war der Zeitpunkt ihres Abschieds nicht gekommen, doch schon jetzt wusste er, wie schwer es ihm fallen würde. Wie sehr es ihn zerreißen würde, dem Raumschiff hinterher zu blicken, dass sie von ihm fort trug.

„Und… vielleicht führt sie mich ja zu dir zurück. Eines Tages.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris –

Noa schmeckte Verlangen und Leidenschaft, als ihrer beider Lippen voneinander glitten und sie Cris in die Augen sah, der ihr wieder so nah war, als hätte es diese Unterbrechung am frühen Nachmittag nie gegeben, die sie beinahe auseinander getrieben hatte. Er lächelte sie an und sah dabei so glücklich aus, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte, während er sie ansah, als wolle er sich jedes Detail an ihr merken, jetzt wo sie ihm so nah war. In seinen Augen jedoch schimmerte es verräterisch und Noa erkannte die feuchte Spur auf seiner Wange, die Tränen bedeutete. Tränen? Nein, das konnte nicht sein. Er würde nicht... weinen?! Nein, er sah ernsthaft glücklich aus. Sein Hand berührte ihr Gesicht und Noa spürte sich leicht versteifen. Die Männer, auf die sie sich üblicherweise einließ, waren nicht die Sorte Männer, die Tränen zeigten. Sie war es nicht gewohnt, solche Gefühle zu sehen und sie war auch nicht sicher, wie ihr das gefiel. Sie hatte sich immer einen Mann gewünscht, der rücksichtsvoll war und auf sie einging, – jemanden wie Jesper, nur nicht mit dessen Frisur, oder dessen Klamotten oder... nun, jemand er besser zu ihr passte - doch wollte sie auch seine sensible Seite sehen? Möglicherweise ging beides Hand in Hand und man konnte nicht das eine ohne das andere haben. Doch was sagte man zu einem Mann, der so gefühlvoll und verletzlich war, wie Cris Sheldon?

Es stellte sich heraus, dass sie gar nichts sagen musste, nicht in diesem Augenblick, denn Cris löste den Blickkontakt von selbst, zumindest für einen kurzen Augenblick, als er etwas aus seiner Hosentasche hervor holte. Durch einen scheuchen Blick erspähte Noa einen handlichen Samtbeutel. Auf der Stelle schien sich ihre Brust zuzuschnüren. Ein Geschenk, dachte sie nur, er hatte ein Geschenk für sie. Sie fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, strich ihre Haare zurück und rieb sich die Wangen, als könnte sie so für Klarheit in ihrem Kopf sorgen. Dann sah sie das Schmuckstück. Es war eine einfache Halskette, silbern schimmernd mit feinen, schlichten Gliedern, aber einem Anhänger, der mit jedem Stern an einem wolkenlosen Abendhimmel um die Wette hätte leuchten können. Die Halskette baumelte in Cris' Hand, als wartete sie nur darauf, dass Noa sie entgegen nahm, doch die Widerstandskämpferin konnte sie nur offenen Mundes anstarren und ihren Blick nicht von dem Diamanten wenden, der in einer ovalen Form geschliffen war und alles Licht der Welt in sich aufgenommen zu haben schien. Cris' Worte drangen an ihr Ohr, leise, aber eindringlich. Er sprach ernst, doch schwang dort ein trauriger Unterton mit oder war das lediglich seine normale Stimme, die immer ein klein wenig melancholisch zu klingen schien?


“Ist das... ist das ein Corusca Diamant?“

Fragte Noa leise. Vorsichtig berührte sie die Fassung des Anhängers mit der Spitze ihres Zeigefingers. Sie schluckte schwer. Corusca Diamanten waren furchtbar selten, schrecklich begehrt und unvorstellbar teuer. Ein Schmuckstück dieser Art musste ein Vermögen gekostet haben.

“Ich habe noch nie einen gesehen, nicht in echt.“

Sie saß noch auf seinem Schoß, war ihm noch immer nah. Am liebsten hätte sie ihn erneut geküsst, ihn an sich gedrückt und es einfach kommen lassen, wie es kam, doch stattdessen starrte sie auf die Halskette, die er noch immer genau vor ihr hielt. Was er gerade zu ihr gesagt hatte, war an Romantik kaum zu überbieten.

“Schau nur, wie er leuchtet. Er ist unglaublich schön. Cris, das ist ein wundervolles Geschenk.“

Nachdem sie den Anhänger berührt hatte, hatte sie ihre Hände in ihren Schoß gelegt. Nun umschlang Noa sich selbst, rang mit sich und ihren Gedanken. Wie immer hatte Cris die schönsten Dinge zu ihr gesagt. Der Diamant leuchtete wie ihre Augen, hatte er gemeint und er wollte, dass sie sich immer an ihn erinnerte. Natürlich würde sie das tun. Wie könnte sie ihn jemals vergessen? Warum sollte sie das wollen? Sie empfand etwas für ihn und sie würde sich auch an ihn erinnern, ohne dass er die teuersten Diamanten der Galaxis für sie kaufte. Sie war nicht diese Art Frau. In Wahrheit war sie nicht einmal die Art Frau, die diese Art exquisiten und eleganten Schmuck trug.

“Ich... ich weiß nur nicht, ob ich es annehmen kann.“

Ihre Stimme klang unsicher.

“Das muss wahnsinnig teuer gewesen sein. Viel zu teuer. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie viel.“

Sie hörte die leichte Panik aus ihrer eigenen Stimme heraus. Es fiel Noa schwer, Cris direkt anzusehen. Ihr Blick war noch immer gefangen von dem umwerfenden Schmuckstück, das er in Händen hielt und das er eigens für sie besorgt hatte. Sie würde niemals wieder einen Mann finden, der so aufmerksam war wie er. Doch wann, fragte sie sich im Stillen, wann sollte sie eine so wertvolle und edle Halskette tragen? Noa ging nicht auf Bälle oder Tanzveranstaltungen. Nicht einmal die Art Parties, die sie auf Coruscant besuchte, waren dafür gemacht, solche Kostbarkeiten auszuführen. Noa spürte, wie ihr die richtigen Worte fehlten.

"Cris, wir kennen uns erst so kurz und wir wissen nicht einmal, was überhaupt werden kann. Es ist irgendwie... unangebracht... ich meine...“

Nervös fuhr sich Noa erneut durch die Haare. Keine Verpflichtungen, hatte Cris gesagt. Wie realistisch war das? Kamen mit einem Geschenk wie diesem nicht automatisch Verpflichtungen? Das Problem, das sie hatten war, dass sich weiterhin nichts geändert hatte. Sie würden sich nicht so bald wieder sehen. Noa würde morgen zurück nach Coruscant fliegen und Cris wusste nicht, wohin man ihn versetzen würden. Die Chancen, dass sie ihm jemals würde zurück geben können, was er ihr heute gab, waren mehr als gering. Doch wenn es das war, was er sich wünschte...

“Ich habe noch nie etwas so wertvolles besessen.“

Sprach sie und löste sich aus ihrer etwas verkrampften Sitzhaltung.

“Und ich bin auch ziemlich sicher, dass eine Frau ein Geschenk wie dieses nicht annehmen sollte. Nicht, so lange es nicht von ihrem eigenen Ehemann stammt.“

Vorsichtig entschloss sie sich zu einem Lächeln.

“Aber wenn du wirklich sicher bist, dass du so viele Credits an mir verschwenden willst, dann nehme ich es an. Die Kette ist wirklich schön.“

Langsam streckte Noa die Hand aus und berührte das silberne Schmuckstück.

“Ich kann dir nichts versprechen, Cris.“

Sagte sie leise und ihre Stimme trug ihre Worte kaum.

“Und ich weiß nicht, wie und ob das mit uns funktionieren kann. Kein Versprechen, keine Verpflichtung... aber ich würde dich gerne wieder sehen.“

- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Cris’ Herz schlug höher, als klar wurde, dass sein Geschenk Noa zumindest berührte. Fast ehrfürchtig berührte sie den silbernen Anhänger, der den Edelstein einrahmte, doch dann stellte sich jene Reaktion ein, die er fast befürchtet hatte. Es war zu viel – drängte sie zu sehr in die Defensive, war eher eine Last, als eine Aufmerksamkeit, und bedeutete vermutlich ungeachtet seiner Versicherungen doch eine Verpflichtung für sie. Er konnte keinen Schritt mehr zurück machen – er hatte ihr die Kette geschenkt, sie jetzt wieder zurückzunehmen, war unmöglich, auch wenn ihre Stimme jetzt Zweifel, Unsicherheit, ja, fast Panik verriet. Fürchtete sie sich vor dem, was dieses Geschenk bedeuteten konnte? Weil es vielleicht erahnen ließ, welche Gefühle tatsächlich in ihm schlummerten, dass er ihm ernster war, als ihr für den Moment lieb sein konnte?

Er wagte kaum, zu atmen. Sein Mund war wieder – oder immer noch – trocken. Natürlich hatte sie Recht… sie kannten sich kaum. Außerdem würden sich ihre Wege wieder trenne, ohne konkrete Aussicht auf ein Wiedersehen. Und dennoch bereute er keine Sekunde, ihr die Kette dargeboten zu haben… für einen Moment hatten ihre Augen im Einklang mit dem Edelstein geleuchtet, für einen Moment hatte sein Geschenk sie berührt. Es war ihm klar gewesen, dass er alles auf eine Karte setzte, mit dem Rücken zur Wand, kurz bevor sie auseinander gehen sollten. Die Gefahr, dass sie die Kette abwies, nicht annehmen konnte, war mehr als real gewesen.

Und dann lächelte Noa. Lächelte, streckte ihre Finger nach dem Anhänger aus… und nahm sein Geschenk an. Akzeptierte es und sagte Dinge zu ihm, die ihm das Herz bis zum Hals schlagen ließen. Für einen Moment schien es nun ihm die Sprache verschlagen zu haben.


„Du musst mir nichts versprechen…“, flüsterte er, entzog den Anhänger behutsam ihrem Griff und legte ihr die Kette vorsichtig um den Hals.

„Ich weiß auch nicht, was aus uns wird… ob aus uns was wird… aber zu wissen, dass du mich wieder sehen willst, macht mich glücklich.“


Cris lächelte tapfer, obwohl sich bei seinen Worten sein Herz zusammendrückte. Viel hatte sich nicht geändert – nur wusste er jetzt, dass der Abschied ihr vermutlich ähnlich schwerfallen würde wie ihm. Aber musste er überhaupt mehr wissen? Alleine, zu sehen, wie der Edelstein jetzt an ihrem Hals funkelte…


„Wer weiß schon, was passiert? Vielleicht ist es schon bald soweit…“

Natürlich wusste er selbst, wie unwahrscheinlich das war. Doch alleine die vage Hoffnung darauf schien die Aussicht auf die nun unweigerlich folgende Zeit zu lindern. Eine Zeit ohne sie. Ohne Noa.

Seine Arme hatten sich wieder um sie gelegt, zogen sie wieder dichter zu sich herab. Noch war sie hier, bei ihm. Für ein paar kostbare Momente noch konnte er ihre Wärme, ihr Feuer spüren, sie mit all seinen Sinnen erleben.


„Wer weiß schon, was morgen ist…“, wiederholte er leise.

„Heute müssen wir nicht daran denken.“

Seine Lippen berührten leicht die ihren, wieder und wieder in halben Küssen, während er ihr tief in ihre braunen Augen sah, sie roch, sie fühlte. Woher er es wusste, konnte er nicht sagen. Er wusste es einfach – sie war die Richtige. Doch war er der Richtige für sie? Konnte er ihr doch geben, was sie verdiente? Er hoffte es. Und er hoffte, dass er die Chance bekam, es ihr zu beweisen.


„Da ich dich um die Wahl des Restaurants gebracht habe… hast du für den Abend noch einen Wunsch?“

Wie auch immer sie sich entschied, den bereits fortgeschrittenen Abend ausklingen zu lassen… irgendwann würde sie schließlich in ihre Suite zurückkehren und er in Selbys. Dann würde der nächste Morgen kommen. Doch vor diesem fürchtete Cris sich jetzt nicht mehr.

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris –

Noa genoss die winzigen Küsse, die Cris auf ihren Lippen platzierte. Sie hätte nicht gedacht, noch bevor sie in Core's Kitchen eingekehrt waren, dass dieser Abend so romantisch werden könnte. Es nicht das Restaurant, das ihr Date so besonders machte, nicht die Halskette und auch nicht die Tatsache, dass dies ihr vorerst letzter gemeinsamer Abend sein würde. Es war Cris, der ihre Zeit besonders machte. Er gab sich Mühe in allem, was er tat. Er verhielt sich unheimlich süß.

“Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch irgendetwas machen möchte.“

Erwiderte sie, als er sie fragte, und rutschte von seinem Schoß hinunter auf die Bank neben ihm, nach einer bequemeren Haltung suchend.

“Nein, ich habe keinen Wunsch mehr. Ich möchte nur hier sitzen, mit dir.“

Noa lächelte. Die Kette um ihren Hals fühlte sich nicht anders an als andere Schmuckstücke und doch war sie wertvoller und einmaliger als alles, was sie besaß. Abgesehen davon aber war sie ein Andenken, etwas das sie mit Cris verbinden sollte, auch wenn er nicht bei ihr war. Sie hatte nur ein einziges Mal zuvor Schmuck von einem Mann bekommen. Jerome hatte ihr einmal ein Armband geschenkt. Sie hatten sich furchtbar gestritten und er hatte es mit einem Geschenk wieder gut machen wollen. Noa erinnerte sich an das Glitzern der vielen kleinen Steine und das helle Klirren, wenn sie ihr Handgelenk bewegte und die Anhänger aneinander stießen. Sie hatte es irgendwann verloren. Es hatte sie oft gestört und sie hatte es abgelegt und nie wieder gefunden. Jerome hatte sie nie davon erzählt und inzwischen war auch er nur noch eine Erinnerung.

“Weißt du, wenn man wenig Zeit miteinander hat, weiß man sie mehr zu schätzen, glaube ich.“

Dachte sie laut nach und griff nach ihrem Wasserglas. Der Kellner, sich der Tatsache bewusst, dass keiner von ihnen seinen Teller in den letzten Minuten auch nur angerührt hatte, kam an ihren Tisch.

„Habt ihr noch einen Wunsch?“

Wollte er wissen. Noa leerte ihr Glas.

“Noch ein Wasser, bitte.“

Bestellte sie.

“Und meinen Teller können Sie abräumen. Ich bin nicht mehr hungrig.“

Fragend sah sie zu Cris.

“Was ist mit dir?“

Sie hatte ihn mehr oder weniger vom Essen abgehalten, aber ihr selbst war jede Lust auf Essen vergangen, auch wenn es noch so gut geschmeckt hatte. Wenn er sein Steak noch aufessen wollte, konnte sie das jedoch gut verstehen. Abwesend berührte Noa den Anhänger um ihren Hals. Auch wenn sich die Halskette anfühlte wie jede andere, sie wollte besonders auf sie acht geben.

- Mon Calamari – Coral City – Regierungsviertel – Core’s Kitchen – Mit Cris und Kellner –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris

Ein wenig wunderte Cris sich immer noch, was ein Lächeln von Noa mit ihm anstellen konnte. Auch jetzt lächelte sie, als sie sich aus ihrer zugegebenermaßen aufregenden Position wieder neben ihn setzte und ihm sagte, dass ihr hier neben ihm zu sitzen genug war. Vollkommen mühelos erwiderte er ihr Lächeln. Wie lange war er nicht mehr so glücklich gewesen wie in diesem Moment, trotz des Bewusstseins der Dinge, die noch unweigerlich passieren würden? Fast erschien es wie ein Wunder. Er hatte sie getroffen und zunächst hatte sie ihm allen Hass entgegengeworfen, den sie auf das Imperium verspürte, hatte ihn verachtet, ihm vermutlich den Tod gewünscht. Und jetzt trug sie die Kette um den Hals, die er ihr geschenkt hatte, verwöhnte ihn mit ihrer Nähe, ihrer Leidenschaft, ihrem Temperament. Ließ es zu, dass er sie küsste und festhielt. Hieß ihn mit offenen Armen willkommen.

„Ja…“, entgegnete er flüsternd auf ihren Gedanken, dass die Knappheit der Zeit, die sie miteinander verbringen konnte, sie diese noch intensiver, erfüllender erleben ließ.

„Jede Sekunde ist wie ein Geschenk…“

Er schmunzelte.

„Wobei ich mich wohl kaum dagegen wehren würde, noch ein paar geschenkt zu bekommen…“

Der Kellner erschien und wie Noa gestattete Cris es ihm, auch seinen Teller abzuräumen, wenngleich von dem Nerffilet noch ein gutes Stück übrig war. Das Steak war gut gewesen – doch seine Sinne waren von Noa vollkommen übermannt worden. Nichts konnte mit dem Gefühl konkurrieren, von ihr geküsst zu werden, nichts vor dem lebendigen Geschmack ihrer Lippen bestehen. Auch das Bier, das er leerte, um sich – mehr als Höflichkeit dem Restaurant gegenüber als aus echtem Durst – ein weiteres zu bestellen, hätte ebenso gut klares Wasser sein können. Seine Sinne kannten in diesem Moment nur einen Fokus – die wunderschöne Frau, die neben ihm saß. Noa. Alles andere war Nebensache, belanglos.

Als der Kellner schließlich wieder verschwunden war, um ihre vermutlich letzte Bestellung für den Abend zu bringen, legte Cris wieder einen Arm um Noa, drückte sie leicht an sich und suchte ihren Blick. Das Licht ringsum brach sich verführerisch in ihren Augen und stelle – wie er es ihr gesagt hatte – selbst das erstaunliche Funkeln des Edelsteins in ihrer Halskette vollkommen in den Schatten. Er musste nur die Augen schließen und er würde dieses warme Leuchten sehen können – an jedem Ort der Galaxis, Lichtjahre von ihr entfernt. Sie hatte sich mühelos einen Platz in seinem Herzen erkämpft, so mühelos, dass er kurz davor schien, es ihr zu Füßen zu legen. Er wusste zwar, dass das, was sich vielleicht zwischen ihnen entwickeln konnte, noch eine Reihe an Prüfungen würde überstehen müssen – angefangen mit der ungewissen Zeit der Trennung, die vor ihnen lag – doch während sein Verstand sich noch vergeblich bemühte, es zu rationalisieren, Szenarien zu kalkulieren, wusste sein Herz, dass im Grunde nur eine einzige Sache zählte: die fundamentale Stärke seiner Gefühle für sie. Insgeheim wusste er schon jetzt, dass er jedes Opfer, das ihm abverlangt werden sollte, um sich ihrer als würdig zu erweisen, ohne Bedenken erbringen würde. Nichts, was er zu verlieren hatte, war zu wertvoll, um es nicht gegen auch nur einen weiteren Tag an ihrer Seite einzutauschen. Gleichzeitig konnte er von ihr nicht verlangen, Dinge, die ihr am Herzen lagen, für ihn aufzugeben. Er wollte es auch nicht. Nichts würde ihn glücklicher machen, als einen Platz in ihrem Leben geschenkt zu bekommen – doch sie musste ihn ihm aus freien Stücken geben. Sie musste dasselbe für ihn empfinden, was er für sie empfand. Und wenn das der Fall war, würden sich alle profanen Hindernisse fast von alleine lösen lassen.


„Hättest du dir vorstellen können, dass wir hier landen würden?“, fragte er sie leise, die Stimme seines Herzens für den Moment für sich behaltend.

„Als wir uns das erste Mal getroffen haben?“

Er grinste.

„Oder als ich dir alle Gründe der Galaxis geliefert habe, mir an Ort und Stelle einen Blasterschuss zu verpassen?“

Es schien ein weiter Weg hinter ihnen zu liegen, zwischen jenem Café in Coruscants Mittleren Ebenen und diesem Restaurant auf Mon Calamari, nicht nur in tatsächlicher Distanz fast auf der anderen Seite der Galaxis. Welcher Weg wohl noch vor ihnen lag? Im Grunde konnte es ihm gleich sein – solange ihm gestattet wurde, ihn schon bald wieder an ihrer Seite zu gehen.

Kurz tauchte der Keller auf und brachte ihnen ihre Getränke. Cris wusste, dass der Abend sich jetzt endgültig dem Ende zuneigte. Es stimmte ihn wehmütig – aber nicht hoffnungslos. Er hatte ihr alles sagen können, was er ihr hatte sagen wollen. Bis auf eine Sache… drei entscheidende Worte, für die die Zeit kommen würde. Irgendwann. Wenn nicht mehr die halbe Galaxis zwischen ihnen stand oder es ihnen egal war, dass sie es tat.


„Ich weiß, dass das Leben schön sein kann“, sagte er.

„Heute ist es das.“

Dann küsste er sie. So, wie sie ihn geküsst hatte, um ihm eben diese Wahrheit ins Bewusstsein zu rufen.

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Restaurant “Core’s Kitchen”]- Noa, Cris
 
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