[Mon Calamari, Republikanisches Militärgefängnis, Korridor, Kommunikationsterminal]- Major Traest Sel’ab
Abwesend wischte sich Traest Sel’ab die Hände mit einem ehemals weißen, nun eine leicht rötlich wirkende Färbung annehmendem Tuch ab und wartete geduldig darauf, dass auf dem Bildschirm vor ihm die Systemmiteilung, die darauf hinwies, dass die von ihm angeforderte Verbindung aufgebaut wurde, verschwand. Es dauerte seine Zeit – was an den temporären Modifikationen liegen mochte, die die Verwendung seiner speziellen Codekarte verursacht hatte, mit denen sichergestellt wurde, dass dieses Gespräch weder überwacht, noch aufgezeichnet werden konnte. Schließlich jedoch kam das Bild irgendeines Raumes im weit entfernten Drev’starn, auf seiner stolzen Heimatwelt, zustande, in dessen Zentrum das kühle, abwartende Gesicht einer Devaronianerin. Traest unterdrückte den Impuls, einen Schritt zurückzutreten – auch ohne die Geschichten um Brinaloy Targons skrupelloses Vorgehen zu kennen transportierte selbst ihr Abbild einen Teil ihrer gebieterischen Ausstrahlung.
„Traest.“
Eine Feststellung. Und keine sonderlich positiv eingestellte.
„Falls Sie mir auf diese Weise mitteilen wollen, dass Sie endlich etwas aus ihm herausbekommen haben, muss ich Sie enttäuschen. Nach meinen Informationen haben die Kämpfe bereits begonnen. Das Zeitfenster ist geschlossen.“
Gegen seinen Willen sträubte sich das Nackenfell des Bothans, ein Zeichen äußersten Unbehagens. Er wusste, dass er darin versagt hatte, ihren Primärplan in die Tat umzusetzen – einen Plan, der nicht nur der Republik einen großen Dienst erwiesen, sondern auch seine persönliche Stellung im Direktorium erheblich gestärkt hätte. Sein Blick fiel für einen kurzen Moment auf das zerknüllte, verschmierte Tuch in seinen Händen. Nicht jedes Verhör war durch das Fehlen von nützlichen Informationen sofort als Fehlschlag zu bezeichnen…
„Ich sehe auf diesem Weg auch kein weiteres Potential“, sagte er schließlich.
„Wir haben uns über… Alternativen unterhalten.“
Targon nickte langsam und tippte sich mit dem rechten Zeigefinger nachdenklich ans Kinn. Für einen Moment schien ihr Blick in weite Ferne zu schweifen, ihr Verstand eine Myriade von Alternativen zu kalkulieren. Wie Traest selbst, wusste auch sie um die nicht unerheblichen Risiken dieser Alternativen.
Dann schien sie eine Entscheidung gefällt zu haben.
„Bringen Sie ihn nach Toprawa.“
Der Bothan stutzte.
„Einfach so?“
„Einfach so.“
Das Grinsen der Devaronianerin unterstrich noch einmal den raubtierhaften, fast dämonischen Charakter, den insbesondere viele Menschen ihrer Spezies regelmäßig zuschrieben.
„Sie werden feststellen, dass es Mittel und Wege gibt, unsere Interessen gegenüber den Bürokraten im Militär zu vertreten. Holen Sie ihn aus seiner Zelle… bis dahin wird der Direktor des Komplexes neue Befehle haben. Major Strelok wird sie auf Toprawa erwarten.“
Das Bild erlosch und wich dem Logo des republikinternen Kommunikationsdienstes, das kurz flackerte, als Traest seine Codekarte aus dem Gerät entfernte. Nachdenklich strich der Bothan sich über sein fellversehrtes Kinn – er wusste nicht, welche Hebel die Leiterin der Abteilung für Spezialaufgaben in Bewegung setzen konnte, doch wenn sie ihm sagte, dass der Direktor des Hochsicherheitsgefängnisses binnen weniger Minuten Befehle erhalten würde, die ihn dazu veranlassten, seinen wichtigsten Gefangenen einfach so in Begleitung einer denkbar kleinen Delegation des Geheimdienstes ziehen zu lassen, zweifelte er keine Nanosekunde an ihren Worten. Man wurde nicht ranghöchster Agent der Black Ops, wenn man vordergründig unmögliche Dinge tatsächlich für unmöglich hielt.
Als er in Begleitung zweier hartgesichtiger Soldaten zurück an der Zelle des fraglichen Insassen angekommen war, war die erste Szene, die sich ihm bot, der Sergeant der Wache, der sich mit hochrotem Gesicht vor dem vollkommen unbeteiligt wirkenden Malcolm Tripp aufgebaut hatte, welcher ihm offenbar den Zutritt verwährte. Kaum wurde er sich der Gegenwart des ranghöheren Geheimdienstoffiziers gewahr, fuhr der muskelbepackte Mensch zu ihm herum.
„Ich muss aufs Schärfste protestieren, Sir! Der Gefangene ist meine Verantwortung… Sie haben mir jederzeit Zugang zu ihm zu gewährleisten!“
Traest wischte diese Tirade mit einer lässigen Handbewegung bei Seite.
„Vielleicht sollten Sie dazu Ihren Vorgesetzten befragen, Sergeant. Möglicherweise haben sich die Dinge etwas… geändert.“
Im Gesicht des Sergeants arbeitete es angestrengt, bevor er schließlich auf dem Absatz kehrt machte und fast den Korridor hinunter stürmte, nicht ohne seinen beiden Untergebenen zu bedeuten, Traest und Agent Tripp nicht aus den Augen zu lassen. Davon vollkommen ungerührt ließ der Bothaner dem Agenten ein Nicken zukommen.
„Bereiten Sie den Gefangenen auf eine längere Reise vor.“
Mit einem Nicken verschwand der Agent in der Zelle – diese war seit der Sergeant Traest zwecks seines Aufsuchens des Kommunikationsterminals herausgelassen hatte nicht wieder verriegelt worden – und kehrte wenige Minuten später in Begleitung des zweiten Geheimdienstlers und des Gefangenen in seinem orangefarbenen Overall zurück. Die Hände des Mannes waren mit leistungsstarken Lähmschellen hinter seinem Rücken zusammengebunden und man hatte ihm einen schwarzen Sack über den Kopf gestülpt, was ihm einerseits die Orientierung raubte und es andererseits schwer machte, ihn zu identifizieren. Die beiden Wachtposten warfen sich alarmierte Blicke zu und schienen zumindest in Erwägung zu ziehen, von ihrer Schusswaffe Gebrauch zu machen, doch in diesem Moment kehrte auch ihr Sergeant zurück. Der Gesichtsausdruck, den er zur Schau trug, ließ vermuten, dass er soeben Mon Calamari an eine überlegene imperiale Streitmacht hatte ausliefern müssen.
„Also, Sergeant?“, fragte Traest, um einen möglichst neutralen Tonfall bemüht. Je weniger er den Anderen reizte, desto weniger Anlass mochte dieser haben, selbst nach dem plötzlichen Sinneswandel seiner Vorgesetzten zu forschen.
„Nehmen Sie ihn. Ich hoffe nur, Ihr Verein weiß, was er tut.“
Der Bothaner ließ dem Menschen ein nur leicht herablassendes Kopfnicken zukommen.
„Dafür werden wir bezahlt, Sergeant.“
Und in Richtung seiner Begleiter:
„Abführen.“
Es war ohnehin höchste Zeit, wieder an die Oberfläche dieses Planeten zu gelangen…
[Mon Calamari, Republikanisches Militärgefängnis, Hochsicherheitstrakt]- Major Traest Sel’ab, Agent Tripp, Senior Operative Reed, Wachsoldaten, Gefangener AA 2587