Naboo, Theed - Kinderheim, in Kadajjs altem Zimmer - Kadajj, Brianna
Nicht, dass Brianna es nicht erwartet hätte, doch Kadajj war wirklich mehr als überrascht. Sie brauchte offenbar einige Sekunden, bis sie das ganze Ausmaß der Worte erfasste. Der Schock der plötzlichen Erkenntnis, machtbegabt zu sein, setzte der Rattataki dermaßen zu, dass sie im Moment nicht einmal mehr in der Lage war, einen vollständigen Satz zu formulieren. Die Padawan wünschte sich jetzt, sie hätte es ihr schonender beigebracht, so wie sie ja schon einen ersten Anlauf unternommen hatte, der dann leider im Sande verlaufen war. Sie beschwichtigte die junge Frau, von der sie hoffte, dass sie ihre Freundin wurde. Diese reagierte auf die in den Raum gestellte Vermutung, möglicherweise schon etwas gespürt zu haben, mit einem weiteren Ausruf des Erstaunens, fasste sich dann aber schließlich wieder und berichtete, dass sie während Maris Heilung tatsächlich etwas gefühlt hätte. Es sei wie ein Netz in der Luft gewesen, das sie mit einer Mischung aus Sehen und Fühlen wahrgenommen hatte.
Die Echani nickte und erwiderte, dass sie die Macht bei ihrer Heilung sicher auch fühlen würde und erzählte ihr von den Möglichkeiten, die sich ihr boten, verbunden mit dem Angebot, sie den Jedi vorzustellen. Kadajj schien es erneut die Sprache verschlagen zu haben - oder sie dachte über das Angebot nach. Brianna lächelte sie einladend an - sie wünschte sich von Herzen, dass die junge Frau zusagte. Bestimmt würden sie dicke Freundinnen, vielleicht trainierten sie sogar einmal zusammen, falls sie ihr eigenes Training fortsetzte. Es gab zumindest eine Chance, dass sie Kestrel zuliebe weitermachte, das würde sich noch zeigen. Anderenfalls konnte sie vielleicht auch ihre Nachfolgerin als Padawan werden, während sie selbst... naja, Gesellschaft leistete. Irgendwas.
Kadajj fand ihre Worte wieder und erklärte sich damit, dass ihre Taten ihr nie ungewöhnlich vorgekommen waren. Sie fragte sich offenbar, ob die Macht im Spiel gewesen war, als Ashû, ihre Kusine, sie mit dem Messer verfehlt hatte, und andererseits, ob sie ihr Schwert vorhin nicht vielleicht doch mit der Hand erwischt haben könnte.
"Ashû, das ist die Feldherrin, die du vorhin erwähnt hattest, nicht war? Im Nachhinein und von außen lässt sich natürlich schlecht feststellen, ob die Macht der Grund war, weshalb sie dich verfehlt hat. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es sicher hätte feststellen können, wenn ich dabei gewesen wäre. Ungewöhnlich viel Glück deutet aber meiner Meinung nach generell schon auf die Macht hin. Was das Schwert angeht, ich konnte es genau sehen, entweder hast du Magnete in den Fingerspitzen oder du hast die Macht benutzt. Ich nehme schwer an, dass du letztere Variante vorziehst."
Brianna schüttelte lachend den Kopf. Ihre Zimmergenossin beendete die Unterhaltung anschließend mit den Worten, dass in Ruhe darüber nachdenken müsse, wie die Macht ihr helfen könne, und sie außerdem vor Hunger stürbe. Letzteres hatten sie beide gemeinsam. Die ausgehungerte Echani verschlang gierig eine mindestens doppelte Portion des Gratins, das so gut schmeckte, wie es roch, weswegen die beiden sich während des Essens kaum unterhielten. Auch der Nachtisch war vorzüglich. Das Backwerk schmeckte ein wenig nach irgendeinem Alkohol, den Brianna kaum trank und genausowenig vertrug, aber nach dem Backen machte das ohnehin nichts mehr.
"Wie heißt dieses Gebäck eigentlich? Ich kenne es überhaupt nicht, dabei ist es wirklich lecker. Da ist Alkohol drin, nicht wahr?"
Fragte sie, weil sie natürlich neugierig war. Als sie fertig gegessen hatten, begann die Prozedur der Heilung. Die Padawan brauchte gewohnt lange, um sich mental vorzubereiten, hielt dann aber leider nicht lange durch. Wie lange genau, wusste sie nicht. Eine halbe Stunde, eine Stunde... unmöglich, es zu sagen, es war fast wie eine Trance. Fast wie die Trance, in die sie sich versetzt hatte, vor langer Zeit, auf dem Weg nach Korriban. Sie fragte sich, ob sie es jetzt noch könnte, sich noch jenes Stück weiter in die Heilung zu versetzen, wie damals, oder ob ihr inzwischen die Kraft fehlte.
Die Kraft hatte ihr auch gefehlt, um lange genug durchzuhalten, um ihr "Tagesziel" zu erreichen. Nachdem sie die Augen wieder geöffnet hatte, sah sie sich die Nase nur kurz an. Sie wusste es bereits während ihrer Konzentration, mehr als man von außen sehen konnte, und hatte sich mehr erhofft, auch wenn es heute bereits das vierte Mal war, dass sie jemanden heilte. Die weißhaarige Padawan war nur froh, dass es überhaupt ein sichtbares Ergebnis gab, das Kadajj in dem rosaroten Spiegel sehen konnte, den sie ihr reichte. Ihre Patientin berichtete begeistert, ein Netz aus einer Art unsichtbarem Licht und noch viel mehr gespürt zu haben.
Brianna lächelte, teils, weil die Euphorie ihrer neuen Freundin ansteckend war, teils, weil diese jetzt bestimmt endgültig überzeugt war und zum ersten Mal die Macht gespürt hatte und gleichzeitig wusste, dass sie es tat.
"Ja, es ist wirklich schwer zu beschreiben, und jeder beschreibt es anders. Jeder, den ich kenne. Zum Teil, weil wir es nicht gewohnt sind, von diesem völlig neuen Sinn zu sprechen, aber ich glaube auch, dass es tatsächlich bei jedem anders ist. Jeder nimmt die Macht anders wahr, und jeder benutzt sie auch ein wenig anders, denke ich."
Erklärte die junge Frau, obwohl sie sich selbst nicht allzu sicher war bei dem, was sie sagte. Mit einem wohlwollenden Lächeln beobachtete sie die Rattataki dabei, wie sie ihre Nase in jedem erdenklichen Winkeln betrachtete. Sie hatte eine schöne Nase (gehabt), und zu Briannas Erleichterung würde das auch so bleiben, bzw. wieder werden, sobald die Schwellung zurückging. Wahrscheinlich wäre es auch machbar gewesen, wenn die Nase sich verschoben hätte, doch nicht in ihrer momentanen Verfassung, spekulierte die Echani, und zog die Beine an, um ihren Kopf auf den auf den Knien abgelegten Ellenbogen zu stützen. Sie fühlte, dass sie mental mit jedem Tag schwächer wurde. Wahrscheinlich hatte sie sich zu sehr verausgabt. Es war fraglich, ob es mit regelmäßigem Jedi-Training anders wäre. Vielleicht verfügte sie aber gar nicht über die notwendige Ausdauer für regelmäßiges Training. Immerhin hatte sie auch noch nie welches, nicht so richtig jedenfalls.
Kadajj neben ihr meinte ganz begeistert, dass sie nun wirklich mehr über die Macht wissen wollte, und dass ihr diese vielleicht wirklich helfen würde, einen neuen Weg zu finden. Sie holte noch jeweils ein Stück Ryshcate und eine Tasse Tee.
"Danke."
Erwiderte Brianna und versuchte, sich zu freuen. Sie hoffte, ihre Freundin hätte mit letzterem recht. Sie wünschte es ihr. Schade nur, dass der Weg für sie selbst eine Sackgasse war. Einen kurzen Moment lang überkam ihr der Gedanke, der Grund für die nachlassenden Fähigkeiten könnte nicht etwa Erschöpfung sei. Vielleicht war ihr Talent, ihre Verbindung zur Macht, tatsächlich dabei, zu verschwinden. Andererseits... sie verzog das Gesicht. Das war Blödsinn. Sie hatte sich zu sehr verausgabt, das war alles. Seit der Flucht hatte sie jeden Tag die Macht zur Heilung benutzen müssen. War es dann ein Wunder? Andererseits hatte sie noch nie einen Jedi oder Sith auf dieselbe Weise erschöpft gesehen. Wenn sie körperlich am Ende waren, wie Kira oder Kestrel zeitweise, dann ja. Aber so wie bei ihr? Sie war körperlich fit, naja, vielleicht nicht richtig fit nach all den Anstrengungen und Entbehrungen, aber doch fit genug, dass man ihr von außen nicht viel anmerkte. Bei der Macht hingegen... sie musste wieder an das Jedi-Training denken. Ihrem Gefühl nach könnte sie zur Zeit gar nicht trainieren, selbst wenn sie wollte. Würde das anderen Jedi auch passieren, fragte Brianna sich. Und warum musste sie immer wieder an dieses Thema denken? Am liebsten würde sie wenigstens die nächsten zwei oder drei Monate überhaupt nichts von Macht, Jedi oder Sith hören, um dann zu entscheiden, wie sie weitermachte. Doch wahrscheinlich würden ihr die Jedi nicht diesen Raum für sich selbst lassen. Sie würden sie bestimmt zu einer Entscheidung drängen, einer, die sie noch nicht bereit war, zu treffen.
Also wäre es doch das beste, hier und jetzt damit aufzuhören, sich mit dunklen Gedanken zu belasten! Hier könnte sie eine schöne Zeit mit ihrer neuen Freundin verbringen, und sie quälte sich nur mit ihren eigenen negativen Gedanken! Besser, sie käme bald auf andere Gedanken bevor die Rattataki glaubte, sie wäre eine reine Miesmuschel, dachte sie und griff nach einer der Teetassen. Entweder war die Rattataki sehr aufmerksam oder man merkte es ihr stärker an als gedacht. Kadajj äußerte ihre Dankbarkeit für die Heilung und meinte, sie sollte stolz darauf sein, weil das bei den Jedi sicher auch nicht alle könnten, wie sie korrekt vermutete. Sie verstand nicht, wie sie unter diesen Umständen keine Jedi mehr sein wollte. Die Angesprochene lächelte geschmeichelt.
"Nichts zu danken, ich versuche nur, einen Fehler wieder gutzumachen. Dass ich keine Jedi mehr sein möchte, das ist eine lange Geschichte, eine, die ich nicht jedem erzählen würde. Dir werde ich sie erzählen, weil wir uns in sehr kurzer Zeit sehr nahe gekommen sind, wie ich finde."
Erklärte sie der neben ihr sitzenden Frau, und richtete ihren Oberkörper ein wenig auf. Über die ganze Sache reden war natürlich etwas anderes. Im Gegensatz zum düstere Gedanken wälzen half das Reden für gewöhnlich wenigstens etwas, und machte alles nicht nur noch schlimmer.
"Du hast ganz recht, es gibt nicht so viele Jedi, die über meine Begabung zur Macht-Heilung verfügen. Tatsächlich ist es einer der Gründe, der mich davon abhält, sie zu verlassen. Das Problem ist, abgesehen davon bin ich eine ziemliche Versagerin in Sachen Macht. Ich bin schon viel zu lange eine Padawan und bereits durch die Hände von mehreren Meistern gegangen. Kestrel ist die erste, bei der ich mich wohl gefühlt habe. Bei ihr machte ich erste Fortschritte, und sie interessierte sich für meine Heilbegabung."
Brianna seufzte und legte ihre Beine seitlich ab.
"Unglücklicherweise wurden wir gleich am ersten Tag von Sith überrascht. Sie besiegten uns schnell, nahmen uns gefangen und verschleppten uns nach Korriban. Monatelang saßen wir im Kerker eines alten Sith-Tempels. Kestrel wurde gefoltert, bis sie körperlich völlig am Ende war. Psychisch waren wir es ohnehin. Erst im letzten Moment, bevor sie uns getötet hätten, konnten wir fliehen. Wir mussten noch einmal kämpfen, und meine Meisterin nutzte schließlich ihre letzten Kräfte, um den stärksten der Sith aufzuhalten und uns die Chance zur Flucht zu geben. Ich musste sie tragen, weil sie zu geschwächt war, um überhaupt noch laufen zu können."
Berichtete sie und dachte an ihre dramatische Flucht. Es war in der Tat verdammt knapp gewesen.
"Gerade noch rechtzeitig konnten wir den Planeten als blinde Passagiere auf einem Frachter verlassen. Kestrels Zustand verschlechterte sich jeden Tag, und ich musste meine Kräfte einsetzen, sie zu stabilisieren. Das Imperium suchte nach uns, deshalb wurden die Dinge ziemlich hektisch, als der Frachter sein Ziel Bothawui erreichte. Wir konnten uns gerade so vor den imperialen Truppen auf das erstbeste Schiff retten. Das waren die Sklavenhändler, von denen ich vorhin erzählt habe."
Die Weißhaarige dachte traurig an ihre Meisterin, während sie einen Schluck Tee nippte.
"Als wir auf Naboo ankamen, spürte ich schon, wie mich meine Kräfte immer mehr verließen. Kestrel hätte wohl keinen Tag mehr ohne ärztliche Versorgung durchgehalten. Unglücklicherweise waren wir auch noch irgendwo im nichts gelandet, und es dauerte Stunden, bis die anderen Jedi uns fanden."
Erklärte sie ihrer neuen Freundin.
"Jedenfalls haben uns diese Erlebnisse uns ziemlich demoralisiert. Wir hatten beide zunehmend das Gefühl, dass unser Jedi-Dasein mehr 'Kollateralschaden' anrichtet als wir jemals gutes tun könnten. Was mich angeht..."
Brianna seufzte.
"Ich habe so viel gesehen in der Zeit, gewaltige Dinge verglichen mit dem wenigen, was ich nach langer Zeit gerade mal kann. Sieben Jahre lang versuche ich bereits, die Wege der Macht zu erlernen, davon über drei bei den Jedi. Ich kann mich auch gar nicht richtig konzentrieren und brauche viel zu lange um die Macht auch nur zu fühlen. Ich kann sie nicht im Kampf verwenden wie jeder andere Jedi, die Zeit reicht dafür im Leben nicht. Das ist ein extremer Nachteil gegen andere Machtbenutzer, weil man eine komplette offene Flanke in seiner Verteidigung hat. Ich bin eine gute Kämpferin, aber sobald die Macht gegen mich eingesetzt wird, bin ich völlig hilflos. So kann und will ich nicht kämpfen!"
Erläuterte sie Kadajj und wurde dabei immer erregter. Die Echani trank noch einen Schluck aus der Tasse und versuchte sich ein wenig zu beruhigen.
"Kestrel hat mir vorgeschlagen, dass ich mit meiner Begabung eine reine Jedi-Heilerin werden könnte und dann auch nicht unbedingt kämpfen müsste, doch das geht am Kern der Sache vorbei. Ich bin eine Echani, ich lebe, um zu kämpfen. Ich drücke meine Persönlichkeit aus, indem ich die Kunst des Kampfes praktiziere. Ich kann andere Leute 'lesen', wenn ich sie kämpfen sehe. Wenn ich aufgebe, mich mit anderen zu messen, weil ich Angst davor habe, weil ich weiß, dass ich nur verlieren kann, demütige ich mich nicht nur selbst zutiefst, ich gebe auch einen Teil meiner selbst auf."
Die Ruhe hatte nicht lange angehalten; Brianna hatte die letzten Sätze zunehmend mit Gesten unterstrichen, mehr als gewöhnlich. Es war ein Thema, das ihr sehr am Herzen lag, in das sie sich sehr hineinsteigern konnte und auch durchaus schon hatte, doch jetzt sah sie die Rattataki nur traurig an und schüttelte den Kopf.
"Ich weiß nicht, ob du das verstehst. Es ist die Denkweise der Echani. Aber wenn ich mich entscheiden muss, ob ich eine Jedi sein will oder eine richtige Echani, dann weiß ich, für was ich mich entscheide."
Naboo, Theed - Kinderheim, in Kadajjs altem Zimmer - Kadajj, Brianna