Naboo

- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris

Die Art, wie Cris von seiner Noa erzählte, hätte jeden Romantiker zum Seufzen gebracht. Sein Blick schien ins Leere gerichtet, doch es war klar, dass seine Augen etwas sahen, niemand sonst sehen konnte, und auf seine Lippen hatte sich ein zärtliches Lächeln gelegt. Er erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Noa, an die Umstände und den schwierigen Umgang miteinander. Nichts davon klang für Akemi besonders schön oder beneidenswert (Cris hatte Noa gleich am Anfang von seiner Vergangenheit erzählt und sie wollte ihn umbringen), doch für ihn hatten diese Erinnerungen einen besonderen Wert. Man hörte es aus jedem seiner Worte heraus.

"Ich weiss nicht, was ich dazu sagen soll."

Es war schwierig. Viel mehr als ihm zu sagen, wie Leid ihr das alles tat, und ihm zuzuhören, konnte Akemi nicht tun. Es klang nach wenig, aber sie glaubte, dass das genau das war, was er brauchte. Niemand wollte in so einer Situation alleine sein, auch Cris Sheldon nicht.

"Du machst dir doch nicht wirklich Vorwürfe, oder?"

Hakte sie nach. Cris' Andeutungen, dass Noa tot war, weil er den Polizeibeamten nicht rechtzeitig entlarvt hatte und er sie somit im Stich gelassen hatte, gaben Akemi zu denken.

"Du hast selbst gesagt, dass dieses Monster dadurch dass er an den Ermittlungen beteiligt war, euch immer einen oder zwei Schritte voraus sein konnte. Du konntest nichts tun."

Obwohl sie nicht viel mehr wusste als das, was er ihr erzählt hatte, war Akemi überzeugt davon, dass niemand mehr hätte tun können als Cris. Manche Dinge ließen sich nur einfach nicht beeinflussen.

"Dieser Typ war krank, unberechenbar. Niemand ist Schuld, wenn solche Monster involviert sind, das weisst du. Du würdest doch jedem das selbe sagen."

Akemi hatte ihre Beine angezogen, während sie Cris gegenüber in einem der Sessel saß. Über Noa zu sprechen schien Cris gut getan zu haben. Es war gut möglich, dass er sich ihr näher fühlte, je mehr er von ihr erzählte und dass er sich wünschte, dass Akemi - dass jeder - erfuhr, was für ein toller Mensch sie gewesen war und wie viel sie ihm bedeutet hatte.

"Sie sah sehr hübsch aus, auf dem Ball auf Mon Calamari."

Sprach Akemi eine der wenigen positiven Erinnerungen aus, die sie an Noa hatte. Sie wollte sagen, dass die Journalistin diesen Abend sicher nie vergessen hatte, doch angesichts des Streits mit Cris und der peinlichen Situation, in der sie alle gesteckt hatten, passte das dann eher doch nicht. Wenn Noa an jenen Abend zurück gedacht hatte, dann aus den falschen Gründen.

- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris
 
- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Küche - mit Noa -

Aldridge musste über ihre Frage, nach den Touristen ernsthaft nachdenken. Er war in Theed geboren, weswegen seine Sicht da sicher verfälscht war.


„ Hier in Theed haben wir schon viele Touristen, in der Regel verbonzte Republikaner, die sich die Reise zum Arsch der Galaxie leisten können. Aber eigentlich ist Naboo eher ruhig und verträumt.“

Vanillesauce hatten sie nicht im Haus, weswegen Aldridge beschloss die roten Früchte in einer frisch aufgeschlagenen Creme zu verarbeiten. Aldridge würde die Creme noch vor dem Hauptgang, herstellen. Er lächelte Noa an, bevor er nach dem Türgriff des Kühlschrankes langte.

„ Was meine Schwester angeht, nein Miranda ist nicht hier, sie hat einen Flug von Lola Curich aus genommen, und ist noch im Hyperraum. Wir leben beide auf Lianna. Ich seitdem ich meine letzte Diskus Saison dort gespielt habe, sie wollte ein halbes Jahr später nachziehen, weil ihr Theed einfach zu langweilig war. Zudem sah sie dort beruflich bessere Perspektiven. Sie ist Musikerin, und wollte auf einem Planeten arbeiten, auf dem man nicht einen Stein wirft, und beim herunterfallen direkt einen Künstler trifft. “

Wo sie bei dem Thema Coruscant waren, Aldridge nahm die letzte Flasche Milch zur Hand, genau wie eine einzelne Muja Frucht. Wenn er die zusammen mit den Beeren zu einem Mouse verarbeitete...oh man..das würde lecker werden.

„ Ich mag deinen Akzent Noa. Meine Schwester und ich, waren mal auf Coruscant weist du?“

Nicky und Diona lies er aus der Erzählung heraus, er konnte deren Namen nicht einmal nennen. Sie spielten für Noa ohnehin keine Rolle. Er war gerade mit Noa hier, und er fühlte sich gerade gut, und er wusste, das das spätestens zusammen mit seinem Alkohol Pegel verschwinden würde.

„ Ich finde den Planeten ja spannend, aber als naiver Tourist von Naboo, hatte man doch den Eindruck, das man hinter jeder Ecke ermordet werden könnte. Aber trotzdem, Coruscant ist der helle Wahnsinn, dort schreit einen das Leben regelrecht an. Irgendwann möchte ich gern wieder dahin.“

Es gab da etwas, das er sich in dem Zug ja fragte.

„ Auf welcher Ebene bist du da aufgewachsen? Ich hab das System da noch nicht ganz kapiert, dafür bin ich zu kurz da gewesen.“

Aldridge gab die Milch, Eier und Ungu Mehl in eine Schüssel. Letztere Zutat war ein recht öliges, nahrhaftes gemalenes Korn, das den Rest der Zutaten, in eine locher leichte, aber dennoch feste Creme verwandeln würde. Er fischte einen Schneebesen aus der Schublade vor seinem Bauch und begann die Zutaten zu vermengen. Danach musste er nur noch die Früchte pürieren, sie über die Creme geben, und alles in die Kühlung packen. Die Zeit, die er für das Nuna Huhn Ragout benötigen würde, würde ausreichen um es in ein herrliches erfischend kühles Dessert zu verwandeln. Der Werftarbeiter besah sich Noa während er die beste Küchenmaschine, seinen Arm, anwarf, und musste schmunzeln. Sie zog gerade an der potthässlichen Decke, die sie sich wieder um die nackten Schultern geschlungen hatte. Irgendwie wirkte sie, als wäre sie für Noa gemacht.

„ Willst du sie haben? Die Decke? Sie ist hier nicht gerade beliebt.“

- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Küche - mit Noa -
 
[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Etwas hilflos zuckte Cris mit den Schultern, als Akemi ihm versicherte, dass niemand – auch nicht er – damit hatte rechnen können, dass der Täter ausgerechnet im Herzen der Truppe, die ihn eigentlich hätte jagen sollen, zu finden gewesen war. Auch wenn sie bereitwillig einräumte, dass sie natürlich kein Teil der Ereignisse gewesen war – sie hatte all ihre Kenntnisse aus den Medien gewonnen – wusste Cris zugleich, dass ihre Worte sich durch eine globale Logik auszeichneten, die er auch mit seinen Detailkenntnissen nicht widerlegen konnte. Agathon hatte sein Spiel perfekt gespielt. Er war Cris von Anfang an unsympathisch gewesen – doch diese Differenzen hatte er leichtfertig auf seine Tarnung als Agent der NRSF zurückgeführt, der natürlich auf einige Widerstände stoßen musste, wenn er einer lokalen Polizeibehörde ins Handwerk pfuschte. Mit Captain Trineer war es ihm da nicht anders gegangen.

Trineer… wie er es verstanden hatte, war Agathon ein guter Freund von ihr gewesen, ein Freund ihrer Familie. Und dann hatte er ihren Sohn entführt, sie schwer verwundet und in den Fluss geworfen… was veranlasste einen Menschen dazu, so etwas zu tun? Konnte dieser Wahnsinn wirklich nur mit dem Kummer erklärt werden, den er nach dem Tod seines Sohnes empfunden hatte? Oder war von Anfang an irgendetwas in Agathons Geist falsch gepolt gewesen? Und wenn ja, gab es nicht vielleicht doch Abzeichen? Irgendetwas, was Cris übersehen hatte? Was er hätte erkennen müssen? Sein einziger Trost war, dass auch die Jedi Cheetah allem Anschein nach nichts bemerkt hatte… jedenfalls hatte sie keinerlei Verdacht geschöpft und war den alternativen Lösungsvorschlägen, die Sanders eingebracht hatte, aber die ebenfalls nicht sofort auf Agathon hingedeutet hatten, so gefolgt wie Cris selbst.

Leicht hob der ehemalige Sturmtruppler seinen Kopf, als Akemi wieder auf Noa zu sprechen kam. Hübsch habe sie ausgesehen auf dem Ball, ein hohes Lob aus dem Munde einer Schauspielerin, der die Medien und zahlreiche Verehrer zu Füßen liegen mussten. Wieder ertappte Cris sich dabei, dass ein Lächeln über seine Züge huschte als die Erinnerungen an jenen Abend sich erneut seiner bemächtigten. Er hatte wirklich nicht die beste Figur abgegeben, nicht nur vor Richard Cohn und seinen kultivierten Gesprächsthemen, sondern auch nicht vor Akemi und Noa.

„Ich glaube, sie hat das Kleid furchtbar gefunden…“, sagte er leise, mit einem Tonfall, der andeutete, dass er nur zum Teil mit Akemi in ihrem Appartement saß. Fast konnte er den Wind auf seinen Wangen spüren, der über den Ozean Mon Calamaris und die Reling der Promise wehte, an der er mit Noa stand, unter sternenklarem Himmel.

„Sie sah so wunderschön darin aus… aber es war ihr wohl zu unpraktisch, zu beengend…“

Noa, die neben ihm an der Reling stand, drehte sich zu ihm um. Näherte sich ihm. Flüsterte ihm Dinge ins Ohr, die ihn erröten ließen, die sein Herz vor Sehnsucht nach ihr zum Hämmern brachten. Noch einmal schmeckte er ihren Kuss, fühlte die bloße Haut ihrer Schultern unter seinen Händen, die sie festhielten und nie wieder loslassen wollten… Er löste sich dann doch von ihr, entfernte sich, sah sie in ihrer vollkommenen Schönheit mit all den Details, die sich in sein Gedächtnis gebrannt hatten. Ihre Augen funkelten mit den Sternen über Coral City und der Kette um ihren Hals um die Wette…

Und dann saß er wieder auf dem gepolsterten Stuhl in Akemis Appartement und merkte, dass er für einen Moment ins Leere gestarrt haben musste. Sein Blick suchte den Akemis und er lächelte, ein trauriges Lächeln dieses Mal, keines, das verträumt aus Erinnerungen gespeist wurde.

„Ich glaube, es hat sie etwas geschockt, festzustellen, dass zwischen uns etwas war.“

Besonders auf dem Ball hatte Akemi ohnehin viel mehr in ihrem Element gewirkt als Noa. Akemi war es gewohnt, spektakuläre Kleider zu tragen, im Rampenlicht zu stehen und dabei fabelhaft auszusehen.

„Ich wollte dich damals nicht in so eine unangenehme Situation bringen. Vermutlich hätte ich es ihr früher erzählen sollen.“

Langsam schüttelte er mit dem Kopf.

„Wenn sie es mir denn geglaubt hätte…“

Und wer hätte es ihr verdenken können, wenn nicht? So viel hatte sich verändert, nachdem Akemis und Cris‘ Wege sich getrennt hatten… und bereits davor waren sie ein sehr ungleiches Paar gewesen.

Plötzlich wurde Cris in seinem Stuhl unruhig. Da war noch etwas… am Rande seines Bewusstseins. Etwas, das Akemi erwähnt hatte und das ihn überhaupt erst dazu gebracht hatte, doch mit in ihr Appartement zu kommen. Etwas, das er verdrängt hatte, erschlagen von dem Trubel um Akemis Kleider und den sich gewaltsam aufdrängenden Erinnerungen an Noa. Auch jetzt, da es ihm wieder einfiel, zögerte er zunächst, noch einmal nachzufragen. Er wollte keine falsche Hoffnung entfachen, wo nichts als Trauer auf ihn wartete.

Akemi… du hast vorhin erwähnt, dass die Medien davon sprachen, dass… dass zwei Geiseln in einem Haus im Wald unversehrt aufgefunden worden sind.“

Er schluckte mühsam.

„Ich… ich weiß nur von zwei Geiseln, deren Verbleib noch ungeklärt war, als ich im Krankenhaus ankam. Der Sohn der Ermittlerin… Aldridge Trineer… und Noa…“

Oder war da noch jemand gewesen, eine dritte Person? Ein weiterer Beamter des TPD womöglich? Cris zermarterte sich das Hirn, doch es wollte ihm nicht einfallen.

„Ich verstehe das nicht… er… er hat mir gesagt, dass er sie getötet hat. Er hat gelacht… und gesagt, dass er ihr unvorstellbare Dinge angetan hat, bevor er…“

Seine Stimme verstummte und er sah Akemi fast ein wenig flehentlich an.

„Bist du dir sicher?“

Waren es vielleicht doch drei Geiseln gewesen – und Agathon hatte Noa als einzige getötet und die anderen beiden seinem Sohn überlassen, der dann vom TPD überwältigt worden war? Oder konnte es sein, dass… Cris wurde schwindelig.

Konnte Noa noch am Leben sein?

[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
- Naboo - Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Küche - Mit Al -

So groß wie die Galaxis war, war es ein verdammt ungewöhnlicher Zufall, dass Aldridge und Noa zwar beide auf Lianna lebten (wobei sie streng genommen erst ganz aktuell dorthin gezogen war und noch nicht wirklich das Gefühl hatte, permanent dort zu wohnen), sich aber auf Naboo kennen gelernt hatten. Sogar seine Schwester hatte Lianna zu ihrer Wahlheimat gemacht, erzählte er. Dabei war Naboo so schön, dass es fast ein Verbrechen war, den Planeten zu verlassen.

"Ich bin in den Oberen Ebenen Coruscants aufgewachsen. Das System ist eigentlich ganz einfach: je weniger Geld du hast, desto weiter unten landest du. Ich fürchte, fast nirgendwo ist der Unterschied zwischen arm und reich größer als bei uns."

Erklärte Noa und zwirbelte eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern. Da sich Aldridge großzügig aufgedrängt hatte, sich um das Essen zu kümmern, blieb für sie nichts anderes zu tun als nutzlos herum zu sitzen und ihre Haare auf gespaltene Haarspitzen zu kontrollieren. Theoretisch hätte sie zwar auch ihre Hilfe beim Kochen anbieten können, doch warum? Aldridge hatte solche Freude daran! Sie wollte ihm den Spaß ganz gewiss nicht verderben.

"Was aber nicht heisst, dass automatisch jeder, der in den Oberen Ebenen wohnt, in Credits schwimmt."

Korrigierte sie ihre Worte schnell, bevor Aldridge falsche Schlüsse ziehen konnte.

"Mein Dad besitzt eine kleine Apotheke. Uns ging es immer gut, aber mit fünf Kindern kann man nicht reich werden."

Manchmal scherzte ihr Vater, dass sie ihm früher als Kinder die Haare vom Kopf gefressen hatten. Vor allem Leandro hatte gefressen wie ein Scheunendrescher. Daran hatte sich selbst bis heute nichts geändert. Er würde sich gut mit Aldridge verstehen, fiel ihr auf einmal auf. Die beiden könnten zusammen Gewichte stemmen und über den gleichen Humor lachen.

"Hast du mal ne Scheere?"

Aldridge griff in eine der Schubladen.

"Danke. Für Touristen ist Coruscant eigentlich nicht gefährlich."

Sinnierte Noa weiter.

"Du darfst halt nicht die falschen Ecken besuchen. Klar, je weiter du runter kommst, desto mehr musst du aufpassen."

Sie schnitt ein Haar ab, direkt oberhalb der kaputten Spitze. Zack! Und noch eins. Leise fielen sie auf den Küchentresen. Sie fühlte sich jetzt besser, nicht wegen ihrer Haare, sondern insgesamt. Bei Aldridge Dampf abzulassen hatte geholfen. Wenn die Entführung so etwas wie dunkle Dämonen bei Noa hinterlassen hatte, dann waren die zumindest für den Moment verschwunden. Das tat unheimlich gut, denn jetzt gerade fühlte es sich an als sei das alles gar nicht passiert, oder mur jemand anderem und nicht ihr.

"Aber wenn man sich nicht auskennt, ist es schwierig, das gebe ich zu. Die Stadt kann erschlagend wirken, glaube ich."

Noa lachte und zuckte dann mit den Schultern.

"Nicht für mich, ich liebe sie. Hey, wenn du irgendwann noch mal hin willst, meld' dich bei mir, dann zeig' ich dir alles, auch die Unteren Ebenen. Denn die haben die besten Clubs."

Sie grinste. Vor ihr auf dem Tresen hatten sich die zum Tode verurteilten Haare vermehrt. Noa machte kurzen Prozess mit jedem einzelnen, das angegriffen oder bereits gespalten war. Sie hatte inzwischen wirklich Hunger. Je mehr es nach Essen roch, desto stärker schaltete er sich ein. Eine Weile sagte sie nichts, sondern sah Aldridge zu. Er wirkte zumindest professionell, fast wie einer dieser Fernsehköche. Nicht, dass Noa sich solche Sendungen ansah, aber bei Cloé liefen sie manchmal wenn Noa zu Besuch kam. Nur, dass Köche normalerweise nicht so fit waren wie Aldridge. Und die meisten waren auch älter, jedenfalls in Noas Vorstellung. Als er sie wieder ansprach und ihr anbot, die Decke zu behalten, wanderten ihre Gedanken überrascht von ihm zu Deanna Trineers erster und letzter Handarbeit.

"Oh, du meinst, ich könnte sie mitnehmen?"

Entgegen ihrer Art war Noa gerührt. Die Decke war wirklich nicht schön, sie war altmodisch und die Stickerei teilweise schief, doch sie hatte etwas heimeliges an sich, etwas... mütterliches. Ihr letztes Gespräch mit Deanna würde Noa wohl niemals vergessen. Es war traurig gewesen und schwierig, im Nachhinein noch mehr als ihr in dem Moment bewusst gewesen war, und Deanna hatte ihr einige Ratschläge gegeben, die man sonst vielleicht nur von einer Mutter hörte.

"Okay. Danke."

Noa zog die Decke fester um sich, dabei war ihr gar nicht mehr kalt.

"Ich mag sie irgendwie."

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Sie strich fast zärtlich über die Decke, und schien sich wirklich über sie zu freuen. Aldridge checkte kurz nochmal innerlich gegen, ob seine Mutter böse auf ihn sein würde, wenn er die Decke verschenken würde. Nein ganz sicher nicht, selbst wenn sie das Machwerk heiß und innig geliebt hätte.


„Sie mag dich Noa.“

Er sprach seine eigentlich als Fakt zu bezeichnende Vermutung bewusst in der Gegenwartsform aus, Deanna Trineer, seine viel gute Mutter lebte. Natürlich war seine Mutter allgemein sehr fürsorglich, und ganz sicher hätte sie sich auch für Dean Gram, oder sonnst wen eingesetzt, da unten im Keller, mit allem was sie hatte. Dennoch... Aldridge war nicht entgangen, wie fürsorglich seine Mutter zu ihr gewesen war.

„Schön das du die Decke haben möchtest.“

Mit einem lauten Zischen, merkten die eben geschnittenen Nuna Huhn Filetstücke an, das es in der Pfanne heiß war. Der Duft, der Aldridge entgegen schlug, lies seinen Magen sofort grummeln. Essen, etwas das er während er in der Gefangenschaft war, gar nicht gesehen hatte. Genau so wenig wie Schlaf, Tionne Sanders hatte ihn überhaupt erstmal darüber aufklären müssen, wieviele Tage er gefangen gewesen war. Der Naboo hasste sich dafür, das er sich von Donnie hatte fassen lassen. Er wäre niemals zum Köder für seine Mutter geworden..sie wäre nicht in Jules..

„Wieviele Geschwister hattest du noch?“

Zum Glück hatte Noa wirklich interesannte Fakten zu bieten. Dankbar für die Ablenkung, die ihm die wirklich ausgewöhnlich hübsche Frau am Thresen bot, wand er ihr sich über die Schulter zu. Sie spielte mit der Scheere wieder an ihren Haarspitzen herum. Ob sie eine Frau vom Vormat Nicky war? Schnallte sie genau wie Nicky nicht, wie hübsch sie wirklich war? Neeein, vermutlich wusste sie das ganz genau, aber ohne typische „Frauchen“ Attitüden an den Tag zu legen. In der Gefangenschaft, hatte er geheult, und sie den Tag gerettet.

„Vier?“

Er gab das Gemüse vom Gungan Markt, zum duftigen Huhn, und schwenkte es in der Pfanne. Wegen den Bratgeräusch musste er ein wenig lauter sprechen. Gewürze wurden von dem kleinen Regal neben dem Herd gerissen, und nach Augenmaß über alles gegeben.

„Wie kann ich mir das vorstellen? Sind da noch vier Schwestern, mit deinem Teperament?“

Er nahm den kleinen Messbecher voll Wasser, den er sich bereitgestellt hatte, und übergoß das Bratgut. Und wenn es noch vier Schwestern, mit ihrem Temperament gab, wie hatte ihr Vater das überlebt? Aldridge grinste, und gestatte sich diesen kleinen Scherz. In der Pfanne wurde es durch das Wasser ganz still, und Aldridge regulierte die Temperatur des Kochfeldes runter. Er hatte jetzt ein paar Minuten.

„Lässt du das wohl sein?“

Meinte er scherzhaft, als er sah, das sie noch immer mit der Scheere an ihrem Haar herum hantierte.

„Du hast so schöne Haare!“

Aldridge tippte sich an seinen stoppeligen Kopf.

„Ich vermisse meine schrecklich!“

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Ein bisschen unangenehm war es, als Cris schließlich aussprach, was zwischen ihnen stand und immer zwischen ihnen stehen würde: dass sie einmal mehr gewesen waren als Freunde. Es fühlte sich komisch an, als er laut sagte, dass er sie geliebt hatte, selbst wenn es nur im Zusammenhang damit gemeint war, zu verdeutlichen, was er heute für Noa empfand. Akemi war es lieber, einfach nicht über ihre gemeinsame Vergangenheit zu sprechen, höchstens über Triviales. Es gehörte sich einfach nicht.

"Es war nicht deine Schuld, wie sie sich an diesem Abend verhalten hat."

Akemi war bewusst, dass sie an dieser Stelle vorsichtig mit ihren Worten sein musste. Sie durfte Noa nicht schlecht reden. In Wahrheit hatte sie sich auf dem Ball gefragt, wie Cris mit einer so zickigen und negativen Frau zusammen sein konnte. Er war ein so lieber und verständnisvoller Mann. Richard hatte hinterher ganz richtig festgestellt, dass es eindeutig Noa war, die in dieser Beziehung die Hosen an hatte - und das war nicht unbedingt positiv gemeint gewesen.

"Sicherlich war es nicht die angenehmste Situation, aber..."

Sie fing sich in letzter Sekunde. "Aber wir haben es alle überlebt.", hatte Akemi sagen wollen. Sie zuckte die Schultern und ließ den Satz unbeendet ausrollen. Für sie war die Begegnung auf dem Ball nicht schön gewesen, nein, doch das war schnell vergessen gewesen. Ihr hatte es mehr Leid getan, dass Cris so gelitten hatte, denn das war für alle sichtbar gewesen, und dass Richard infolge aller dieser Kleinigkeiten keinen besseren Eindruck von ihm bekommen hatte. Er hatte nichts über Cris gesagt, denn das war nicht seine Art, und selbst als Akemi nachgefragt hatte, hatte er nicht viel darauf geantwortet, doch sie konnte sehen, dass er sich eine Meinung über Cris gebildet hatte - schon lange bevor er ihn getroffen hatte - und dass das tatsächliche Kennenlernen der beiden nicht geholfen hatte, Sympathie zwischen ihnen zu streuen. Vielleicht war es auch egal. Unter normalen Umständen hatten Cris und Akemi keinen Kontakt mehr zueinander. Sie waren nicht mehr in das Leben des anderen involviert, sahen und sprachen sich auch jetzt nur zufällig. Und trotzdem hätte sie sich irgendwie gewünscht, dass Richard verstand, dass der Mann der einst so wichtig für Akemi gewesen war, ein guter, anständiger und intelligenter Mann war. Sie sah Cris an. Sie hatte ihn einst geliebt, aber es war zu lange her um sich daran zu erinnern, wie es sich angefühlt hatte. War das immer so, wenn das Leben etwas beendete und etwas Neues beginnen ließ? Sie war froh, als Cris das Thema wechselte, oder es vielmehr zurück brachte auf etwas, das Akemi unten im Gleiter zu ihm gesagt hatte.

"Ich kann die letzten Beiträge aus den Nachrichten abrufen, wenn du möchtest."

Sie war schon aufgesprungen, um ihren tragbaren Computer zu holen.

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass die beiden letzten Entführungsopfer überlebt haben, jedenfalls stand es so in der Zeitung."

Sagte Akemi und ahnte noch nicht, worauf Cris hinaus wollte. Sie startete den Computer, gab ihren Passcode ein und übergab das Gerät an ihn, nachdem sie sich in die verfügbare Bibliothek von "Today in Theed", dem populärsten Tagesanzeiger der Hauptstadt, eingewählt hatte.

"Hier, schau selbst. Ich weiss nicht, in welchem Artikel es stand. Kim hatte es mir nur vorgelesen."

Erst jetzt begann sie sich zu fragen, warum Cris das so genau wissen wollte. Musste er nicht viel mehr darüber im Bilde sein? Er sprach davon, dass der Mörder ihm gestanden hatte, Noa umgebracht zu haben, und Akemi hörte Cris wieder mit leiser Stimme sagen, dass er ihn getötet hatte. Was er nicht explizit gesagt hatte war, wie es dazu gekommen war, ob es Notwehr gewesen war oder nicht. Akemi wollte es nicht wissen.

"Was ist los?"

Fragte sie stattdessen. Sie hatte ein unerklärlich schlechtes Gefühl.

"Ich verstehe das nicht. Cris, du hast doch die Bestätigung der Polizei, oder nicht? Hat man dir bestätigt, dass Noa tot ist?"

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Wenn er sagte, dass "sie" sie mochte, dann meinte Aldridge vermutlich seine Mutter und nicht die selbstgestrickte Decke. Decken hatten keine Gefühle, jedenfalls nicht im Noas Welt. Sie machte ein undefinierbares Geräusch, etwas das nach "mhh" oder "ham" klingen konnte, oder auch einfach nur ein verstohlenes Räuspern war. Ein Gespräch über Sympathien war Noa nicht geheuer. Das bewegte sich zu nah an gefühlsduseligen Themen und dafür war es jetzt eindeutig zu spät. Das ging nur wenn sie getrunken hatte oder Fluchtmöglichkeiten gegeben waren. Da Aldridge aber gerade kochte und sie utopischen Hunger hatte, konnte sie nirgendwohin. Es war ihr physisch schlicht unmöglich, den Raum zu verlassen, bevor sie nicht davon gekostet hatte, was da in der Pfanne vor sich hin brutzelte. Dafür roch es viel zu gut.

"Vier Schwestern? Bist du wahnsinnig?"

Noa musste lachen. Selbst sie konnte sehen, dass es bei so vielen Frauen in ihrer Familie früher später Mord- und Totschlag gegeben hätte. Es war nicht unbedingt nur ein Klischee, dass Frauen zickig waren. Noa empfand das auch so. Sie selbst war davon ausgeschlossen, natürlich, aber mit anderen Frauen klar zu kommen... puh, das war manchmal ganz schön schwierig.

"Ich habe drei ältere Brüder, aber das habe ich dir schon mal erzählt, und eine Zwillingsschwester."

Vergesslich war Aldridge also auch noch, oder er hatte ihr im Ferienhaus seiner Eltern nicht richtig zugehört. Nun ja, sie wollte das nicht so eng sehen, schließlich war es eine besondere Situation gewesen. Wenn er schlau war, hatte er versucht, alles was er dort erlebt, gehört und gesehen hatte, zu verdrängen.

"Cloé ist ein Engel. Meistens."

Das war weder über- noch untertrieben. Cloé war im wesentlichen die nettere Version von Noa: charmant, freundlich und sehr feminin. Ihr einziger Minuspunkt war ihr Dickkopf, aber den bekamen manche Leute auch mehr zu spüren als andere. Noa zum Beispiel.

"Wir haben ein sehr enges Verhältnis zueinander."

Es war das, was Noa an ihrer Familie am meisten liebte, dass sie immer alle füreinander da waren und sich so nahe standen. Es gab Familien, die sich auseinander lebten und Geschwister, die so grundverschieden waren, dass der Kontakt zwischen ihnen abbrach, sobald sie erwachsen wurden. Den Cortinas würde so etwas nie passieren. Sie würden immer eine Einheit sein.

"Aber zu meinen Brüdern genau so. Rámon ist Arzt, Pablo wollte immer Dads Apotheke übernehmen, und Leandro... der hat sich noch nicht so richtig festgelegt. Momentan arbeitet er als Fitnesstrainer, aber ich weiß nicht ob er das für immer machen will."

Sie zuckte mit den Schultern. Fitnesstrainer war nicht wirklich ein lohnender Beruf, glaubte Noa zumindest. Andererseits war Leandro auch nicht der Typ, der viel brauchte oder besonders hohe Ansprüche an das Leben hatte. Im Augenblick war er noch sehr sprunghaft, auch was Frauen anging. Ob er eigentlich irgendwann eine Familie wollte? Noa hatte keine Ahnung. Sie würde ihn danach fragen, beschloss sie, und sich zur Abwechslung mal in sein Leben einmischen. Die Scheere in ihrer Hand klickte erneut. Wo zur Hölle kamen diese vielen kaputten Haare her? Das machte sie wahnsinnig!

"Ich schneide nur die kaputten ab!"

Erwiderte sie hitzig, als Aldridge sie darauf ansprach.

"Wenn ich das nicht mache, sehe ich bald aus wie du."

Sie schielte flüchtig auf seinen stoppeligen Kopf. Aldridge hatte Haare, er schien nur diesen unverständlichen Spleen zu haben, sie von seinem Körper zu entfernen.

"Cloé hat mir empfohlen, die Spitzen regelmäßig zu überprüfen. Ein gespaltenes Haar kann niemals nie wieder zusammen wachsen. Wenn du es nicht abschneidest, wird es nur schlimmer."

Erklärte sie. Wenn sie nur wüsste, was eigentlich "regelmäßig" genau bedeutete. Musste man das alle paar Tage machen? Alle zwei Wochen? Viermal im Jahr? Noa hatte keinen blassen Schimmer. Hoffentlich stellte Aldridge diese Frage nicht.

"Seit wann interessierst du dich überhaupt für Haare?"

Kam sie ihm schnell mit einer anderen Frage zuvor.

"Ich dachte, du hast was dagegen."

Mit der Scheere in der Hand wedelte Noa in Richtung Aldridges Brust.

"Du bist schließlich ganzkörper-geschoren."

Zumindest am Kopf und auf der Brust. Noas Blick glitt weiter abwärts. Oh!

"Bist du...?"


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[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Als Akemi ihm ihren tragbaren Computer reichte, auf dem sie die aktuellsten Nachrichten aus Theed und ein entsprechendes Archiv aufgerufen hatte, versuchte Cris, das heftige Klopfen seines Herzens zu ignorieren. Er durfte sich keine falschen Hoffnungen machen! Warum sollte Agathon ihn angelogen haben? Bestimmt nicht, um sein eigenes Leben zu verlängern – denn erreicht hatte er damit das Gegenteil. Oder war er so versessen darauf gewesen, zu sterben? Als Märtyrer vielleicht? Nur vor wessen Augen? Niemand in der Republik teilte seinen blinden Hass auf die Jedi – zumindest niemand abseits von radikalen Splittergruppe wie der Terrorzelle, auf die er in Coral City gestoßen war… doch Verbindung zu diesen konnte Agathon wohl kaum gehabt haben.

„Danke…“

Hastig bewegte der ehemalige Sturmtruppler seine Finger über das Display und rief die ersten Male versehentlich die falschen Kategorien auf, ehe er schließlich die Ereignisse des vergangenen Tages fand. Zeitgleich nagte Akemis Frage an ihm. Er hatte keine offizielle Bestätigung des TPD – oder der NRSF – was Noas Tod betraf. Er war nicht einmal auf die Idee gekommen, eine einzuholen… irgendjemanden zu kontaktieren, der im Krankenhaus dabei gewesen war, Tionne Sanders zum Beispiel. Indes hatte er auch kaum Gelegenheit dazu gehabt…

„Ich… ich wurde noch im Krankenhaus von der NRSF verhaftet“, erklärte er Akemi während seiner Suche.

„Sie haben mich in ihr Regionalbüro gebracht… und verhört. Also haben sie mir Fragen gestellt, keine beantwortet. Nicht einmal danach, ob es der Polizei gelungen war, den Komplizen des Täters festzusetzen…“

Er schüttelte den Kopf, die Überschriften der jüngsten Meldungen überfliegend. Stromausfall am Ostufer des Solleu… Gerüchte über einen Eheskandal im Umfeld des Königshauses… Streitereien innerhalb der Regierung…

„Ich war so sicher… warum hätte der Täter mich anlügen sollen?“

Mordserie erschüttert Theed und ganz Naboo – Täter von der Polizei getötet. Da war es! So schnell es ging überflog Cris den Text, in dem der Autor die Vorfälle – angefangen mit dem Verschwinden Senator Astors – aufarbeitete. Ein paar Details waren nicht ganz korrekt, doch der grobe Inhalt stimmte. Selbst ein Verweis auf galaxisweite Berichterstattung war zu finden – Agathon hatte allem Anschein nach die Wellen geschlagen, die er sich selbst erhofft hatte. Dann kam der entscheidende Absatz: das Auffinden zweier Geiseln des Täters, die nach Informationen der Reporter in einem Ferienhaus im Wald festgehalten worden waren… jenem Ort also, zu dem das Hemd, das Trineer im Krankenhaus getragen hatte, schließlich auch Sanders und Cris geführt hatte. Allerdings gab es keine Informationen zur Identität der Überlebenden, auch kein Bildmaterial – lediglich ein Video vom Zentralkrankenhaus und eines Spezialteams, das sich auf den Zugriff vorbereitete. Beim Ferienhaus waren keine Journalisten anwesend gewesen.

Langsam ließ Cris den tragbaren Computer sinken und warf Akemi einen geschockten Blick zu. Plötzlich war ihm leicht schwindelig und das Hämmern seines Herzens wurde schier unerträglich.

„Das… das heißt, dass sie noch am Leben sein könnte…“

Seine Stimme war schwach und leise, während sein Verstand fieberhaft arbeitete. Er musste Gewissheit haben – doch es war bereits spät und die NRSF hatte ihn wirkungsvoll kaltgestellt. Vermutlich würde ihm im TPD niemand auf seine Fragen antworten – Priorität hatten ohnehin andere Dinge. Doch wen konnte er noch fragen?

Cris‘ Augen weiteten sich, als die Antwort sich ihm förmlich aufdrängte. Cheetah! Als Mitglied des Ordens der Jedi war sie an Anweisungen des TPD oder der NRSF nicht gebunden und hatte vielleicht noch nicht einmal erfahren, dass Cris verhaftet worden war. Doch war sie noch auf Naboo? Sie musste einfach!

Ungestüm kramte Cris sein Comlink hervor und tippte eine Nachricht an die Jedi. Seine Hände zitterten, als er die einzelnen Buchstaben eintippte, und er musste mehrmals von vorne beginnen.

***Com-Nachricht an Jedi Cheetah***


Jedi Cheetah,


ich weiß nicht, was man Ihnen bezüglich meiner Person mitgeteilt hat, doch aufgrund gewisser Vorkommnisse im Zentralkrankenhaus bin ich vom Informationsfluss bezüglich unseres Falls abgeschnitten.


Ich bitte Sie daher inständig, mir folgende Frage zu beantworten:


Wurde Noa Cortina vom TPD lebendig angetroffen? Und wenn ja, wo ist sie jetzt?


Cris Sheldon


***Ende der Nachricht***


Kaum hatte er die Option zum Versenden angewählt, plumpste das Comlink aus seiner Hand, die plötzlich jegliche Kraft verlassen hatte. Erschöpft ließ er sich in das Polster des Stuhls sinken und schloss für einen Moment die Augen, ehe er erneut Akemis Blick suchte.

„Ich weiß nicht, was schlimmer ist…“, sagte er mit belegter Stimme.

„Zu denken, dass sie tot ist… oder diese plötzliche Ungewissheit…“

Es musste die Hoffnung sein, die am Ende siegte! Es musste einfach!

[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
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„Weist du Noa..“


Aldridge, der auf ihren Hinweis hin noch immer grinste, öffnere die Besteckschublade, und zog Gabel und Messer für zwei daraus hervor, zwei Löffel für die Nachspeise durften nicht fehlen. Neben der Tatsache, das sie ihn so private Dinge fragte, konnte er nicht fassen, das er vergessen hatte, das sie ihm bereits über ihre Geschwister berichtet hatte.

„..es gibt da etwas, das ich den Haar Äquator nenne. Diese Linie trennt Zivilisation von der Wildnis weist du?“

Er wich ihrer ganz direkten Frage, ganz bewusst aus. Wobei sie sich die Antwort fast denken konnte. Sie war sehr kurz davor gewesen, die gepflegte, ästhetische Antwort auf ihre Frage selbst heraus zu finden. Zudem, sie hatte ja keine Vorstellung davon, wie er ohne seine geliebte Wachs Behandlung aussah.

„Ich sähe ohne das Waxing aus wie ein Wookie, das kannst du mir glauben. Außerdem ist das einfach nur unhygienisch.“

Er nahm zwei Teller aus dem Schrank, und füllte das Nuna Huhn Ragout auf das Geschirr. Noas Portion hielt er etwas kleiner, als seine. Er wusste einfach nicht ob er ihren Geschmack traf. Als er die Teller auf den Tresen stellte, streckte er seine Hand aus, und hielt seine Handkante nach ihr aus. Seine Hand schnitt Noa am Hals in zwei Hälften.

„Mein ganz persönlicher Haaräquator verläuft da, um deine freche Frage zu beantworten.“

Er knippste ihr ein Auge zu und bedeutete ihr zu probieren, bevor er das Thema in eine andere Richtung lenkte.

„Ich hab eigentlich Haare auf dem Kopf, die Glatze war nicht eingeplant. Sie quasi die Krönung eines Dramas. Nicky... die Frau von der ich dir erzählt habe..“

Und für einen Moment schaute er ihr in die traurigen blauen Augen, und bettelte sie wieder an, ihn doch zu lieben...

„Sie hat mir nach einem Streit Kaugummi in die Haare geschmiert. Ich musste mir den Kopf scheeren lassen. Aber ich war auch selbst schuld. Sie wollte mich nicht, und ich hab es nicht kapiert..“

Er lächelte, bevor er sich stoppte. Warum sollte er sie mit diesem Thema belasten? Nicht jetzt. Aldridge zog verbal die Zügel.

„Was du eben über deine Familie erzählt hast, das Gefühl kenne ich gut. Ich hab zwar nur Miranda, aber wir sind nicht zu trennen, keine Chance. Und hätte ich meine Eltern nicht mein ganzes Leben im Rücken gehabt, ich hätte vieles nicht gewagt.“

Ob sie schon irgendwen von ihrer Familie erreicht hatte? Wenn sie ihnen allen wirklich so nah stand, war doch die logische Konsequenz, sich direkt bei ihnen zu melden. Er hätte das sofort getan. Zudem, was war mit jenem Cris? Hatte sie sich überhaupt bei ihm gemeldet? Aldridge nahm einen ersten Bissen vom Filet, und erinnerte sich daran, das ihn zumindest letzteres nicht anging. Noa hatte es ihm gut, mit der schallenden Ohrfeige eingeprägt.

„Hast du schon jemanden erreicht?“

- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Küche - mit Noa -
 
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- Naboo – Theed – Akemis Appartement – Mit Cris –

Akemi konnte nicht richtig begreifen, obwohl Cris ihr die Erklärung dazu lieferte, warum er sich nicht genauer nach Noas Tod erkundigt hatte. Er hätte das Ermittlerteam, mit dem er zusammen gearbeitet hatte, kontaktieren müssen. Er hätte die Zeitung lesen sollen! Bis zu diesem Moment hatte Akemi nicht einmal angezweifelt, dass Cris eine falsche Information erhalten hatte. Warum auch? Es ging um seine Freundin! Wie konnte er sich da nicht zu 100% absichern, bevor er ihren Tod einfach hin nahm? Er hätte der Jedi schreiben können, als er aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. Jetzt war es ja offensichtlich auch möglich. Konzentriert auf sein Komlink und damit beschäftigt, die Nachricht zu verfassen, wirkte Cris beinahe fiebrig. Akemi betrachtete ihn mit Sorgen. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob er sich etwas antun könnte, sollten sich seine Befürchtungen trotz der neu aufkeimenden Hoffnung bestätigen. Er wirkte verloren, so als habe sein Leben keinen Sinn. Das waren noch normale Gefühle, wenn man trauerte. Seine Selbstvorwürfe beunruhigten Akemi wesentlich mehr.

“Möchtest du etwas essen? Hast du Hunger?“

Fragte Akemi ihn. Wenn man nicht wusste, wie man helfen sollte – oder konnte – blieb zumindest noch, sich auf die einfachen Grundbedürfnisse zu konzentrieren.

“Ich kann etwas kommen lassen, wenn du magst.“

Vielleicht sollte sie das tun, egal wie seine Antwort ausfiel, überlegte sie. In diesem Zustand wusste Cris womöglich gar nicht mehr, was gut für ihn war und was nicht. Ihr eigenes Komlink meldete sich per Signalton. Auf dem Display erschien Richards Name. Der Zeitpunkt war ausgesprochen schlecht und für einen Moment überlegte Akemi, nicht zu antworten, nicht weil sie nicht mit Richard hätte sprechen wollen, sondern weil es sich komisch anfühlte, es zu tun während Cris neben ihr saß.

“Entschuldige mich kurz. Ich muss das annehmen.“

Wandte sie sich an Cris und stand auf, um den Raum zu verlassen. Akemi verschwand in ihr Schlafzimmer, wo das mädchenhafte Himmelbett, in dem sie einst geschlafen hatte, durch ein Doppelbett mit gepolsterter Rückenlehne ersetzt worden war. Die Unterseite des Bettgestells war leicht geschwungen, die Rückenlehne befand sich in einer leichten Schräge, ideal für jemanden wie Richard, der vor dem Schlafengehen gerne noch las.

“Ich muss dir was sagen.“

Akemi wartete nicht lange, um zu erzählen, was passiert war.

“Cris ist hier bei mir. Ich habe ihn vorhin in Theed von der Straße aufgelesen.“

„Cris?“

Sie hörte deutlich, wie Richard ihre Worte erst einmal richtig einordnen und verstehen musste.

„Dein Cris von früher?“

Er war zwar längst nicht mehr „ihr“ Cris, aber Akemi wusste, was er meinte.

“Ja. Es war ein ziemlicher Zufall. Ich habe ihn vom Gleiter aus gesehen und Darren anhalten lassen. Die Sache ist kompliziert. Er war an den Ermittlungen dieser Mordserie hier in Theed beteiligt. Du weißt schon… dieser verrückte Polizeibeamte?“

„Ja.“

“Cris hat geholfen, den Mörder zu überführen. Das Schlimme ist, dass seine Freundin auch involviert war. Sie war eine der Entführungsopfer und… ach, es ist wirklich kompliziert. Im Augenblick weiß Cris nicht, ob sie noch am Leben ist. Er ist fix und fertig.“

Noch während sie die Ereignisse so kurz wie möglich wieder gegeben hatte, war Akemi klar geworden, dass sie Richard nicht alles würde erzählen können. Sie konnte ihm nicht sagen, dass Cris den Täter getötet hatte. Das war Cris‘ Geheimnis und nicht ihres und ehrlicherweise war Akemi nicht sicher, was Richard tun würde, wenn er davon erfuhr.

„Seine Freundin war unter den Opfern? Die wir auf Mon Cal getroffen haben?“

Richards Stimme klang leicht geschockt.

“Ja.“

Es spielte keine Rolle, ob sie die Journalistin, als sie sie kennen gelernt hatten, gemocht hatten oder nicht. Eine Nachricht wie diese ließ keinen Raum für Antipathien und Richard musste Akemi gar nicht erst sagen, dass ihm das Leid tat. Das wusste sie auch so.

„Wo genau seid ihr jetzt?“

Wollte er wissen.

“In meinem Appartement. Cris versucht etwas raus zu finden.“

Sie waren für den Abend verabredet. Akemi hatte vor gehabt, gleich nach ihrem zweiten Interview nach Kaadara zu fahren. Sie sagte Richard, dass sie noch nicht wisse, wann sie los fahren könne.

“Ich komme auf jeden Fall heute noch.“

Versprach sie ihm. Egal wie spät es würde, sie wollte ihn heute noch sehen, nicht nur weil sie bei Gynt so hart für ihre Freizeit gekämpft hatte, sondern auch, weil sie nach den bedrückenden Dingen, die sie von Cris gehört hatte, einfach Richards Arme um sich spüren und wissen wollte, dass es ihm gut ging. Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, saß Cris noch fast unverändert dort.

“Und, hast du schon eine Antwort?“

Wollte sie wissen, als sie sich wieder zu ihm setzte. Sein Kopfschütteln sagte ihr jedoch, was sie befürchtet hatte. Vor wenigen Minuten noch hatte Cris angedeutet, dass die quälende Ungewissheit fast noch schlimmer war als das, was er vorher geglaubt hatte sicher zu wissen. Akemi wusste nicht, ob sie das unterschreiben konnte, doch sie steckte auch nicht in seinen Schuhen.

“Kann ich sonst irgendetwas für dich tun? Sag‘ mir was du brauchst. Egal was es ist, ich kümmere mich drum.“

Bot sie ihm an. Zu warten war schlimm, hilflos zu sein ebenso, und Akemi wollte ihm so gerne helfen.

- Naboo – Theed – Akemis Appartement – Mit Cris –
 
[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Cris starrte das Comlink auf seinem Schoß an wie eine Bombe, die jederzeit hochgehen konnte. Jede Sekunde war es möglich, dass Cheetahs Antwort bei ihm einging und ihm Gewissheit verschaffte - entweder eine der schönsten Nachrichten seines Lebens oder aber die Bestätigung, dass Noa den Wahnsinn Julian Agathons nicht überlebt hatte. Was würde er tun, wenn das Gerät zu blinken begann? Und was, wenn seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt wurden? Er hörte für den Moment nur seinen eigenen Herzschlag, so laut, dass er es zunächst gar nicht merkte, dass Akemi ihn danach fragte, ob er Hunger verspürte. Tat er? Bei der NRSF hatte man ihm nichts zu essen gegeben, doch gleichzeitig fühlte sein Magen sich flau an, fast so, als stünde er kurz davor, dass ihm übel wurde. Waren das die Nachwirkungen des Alkohols? Oder war es die furchtbare Sorge, die ihn ihm brodelte, die ihm keine Ruhe lassen wollte?

Bevor er Akemi antworten konnte, verließ diese plötzlich mit ihrem eigenen Comlink das Zimmer. Etwas Geschäftliches, zweifelsohne. Der Holo-Megastar Akemi Akanato war stets gefragt. Und Cris war alleine. Alleine mit dem Comlink, das nicht vibrieren, nicht klingeln, nicht blinken wollte.

Er wusste nicht, wie lange er alleine da saß, schweigend, ein wenig zitternd, zum Bersten gespannt und doch vollkommen kraftlos. Nichts war geschehen, als Akemi schließlich zurückkehrte, und sein verzweifeltes Kopfschütteln war alles, was die Schauspielerin wissen musste. Warum meldete sich Cheetah nicht? War sie bereits nicht mehr auf Naboo? Hatte auch sie Anweisung bekommen, ihm nichts zu den Ermittlungen zu sagen? Oder wusste sie ganz genau, dass Noa nicht mehr lebte, und brachte es nicht über das Herz, ihm diese schreckliche Botschaft in einer Textnachricht zu übermitteln?

„Warum antwortet sie nicht…“, murmelte Cris in einem Tonfall, der Akemi, die ihn gut kannte, vermutlich sehr beunruhigte. Er ignorierte die leise Stimme am Rande seines Bewusstseins, die ihn darauf hinwies, dass es spät war und die Jedi die Nachricht vielleicht schlicht und ergreifend noch nicht gelesen hatte. Irgendetwas stimmte da nicht! Er konnte es spüren!

„Es ist doch eine einfache Frage, oder?“

Hektisch zuckte sein Blick zwischen Akemi und dem Comlink hin und her bevor er das Gerät mit einer hastigen Bewegung in die Hand nahm und es genauer studierte. War es womöglich beschädigt? Hatte er plötzlich keinen Empfang mehr, war die Stromversorgung unterbrochen? Nein, nein… alles schien in bester Ordnung. Nur, dass es offenbar keine Nachricht gab, die es ihm hätte anzeigen können.

„Verdiene ich keine Antwort?“

Er ertappte sich dabei, sinnlos durch das Nachrichtenarchiv des Comlinks hindurch zu navigieren, über alte Textnachrichten hinweg, die er mit diversen Personen im Laufe der letzten Wochen und Monate ausgetauscht hatte. Es machte keinen Unterschied – die Antwort auf seine Fragen war nicht da. Und Akemi fragte ihn, ob er irgendetwas brauchte. Um ein Haar hätte er sie angeblafft, dass er eine Antwort von Cheetah brauchte – doch er konnte sich beherrschen. Akemi war der letzte Mensch, der Schuld an seiner derzeitigen Situation war oder daran, dass die Antwort der Jedi ausblieb. Cris zwang sich, langsamer zu atmen, und presste mit purer Willenskraft ein Lächeln auf seine Lippen.

„Ich… ich weiß nicht, Akemi… ich glaube, ich habe keinen Hunger, nein…“

Müde, er war so müde. Doch er konnte jetzt nicht schlafen. Jetzt nicht! Er wollte die Antwort nicht verpassen – und er fürchtete sich vor dem, was möglicherweise in seinen Träumen auf ihn wartete.

Doch Cheetah antwortete nicht.

Dann durchzuckte es ihn wie der erste Blitz eines plötzlichen Sommergewitters.

Sanders!“, entfuhr es ihm, wobei er sich des verständnislosen Blickes bewusst wurde, den Akemi ihm zuwarf. Natürlich sagte ihr dieser Name überhaupt nichts.

„Detective Tionne Sanders! Sie… sie war Teil der Ermittlungen! Sie wollte das Ferienhaus untersuchen! Wenn jemand weiß, wer dort überlebt hat, dann sie!“

Es gab nur ein Problem – Sanders gehörte zum TPD und sie hatte ihre Karriere bereits dadurch in Gefahr gebracht, sich mit Cris in dem Restaurant des alten Gungans zu treffen und die Ermittlungen in eine vollkommen neue Richtung zu lenken. Das Ende hatte ihr Recht gegeben – zumindest teilweise. Doch rettete sie das wirklich vor den zu erwartenden Konsequenzen, besonders dann, wenn sie jetzt auch noch vertrauliche Informationen an jemanden weitergab, der von der NRSF kaltgestellt worden war? Cris‘ Hände zitterten heftig, als er sich daran machte, eine weitere Nachricht zu formulieren. Er musste es versuchen! Noa war alles, was zählte.

***Com-Nachricht an Detective Tionne Sanders, TPD***

Detective Sanders,

ich weiß nicht, inwieweit man sie bereits in die Ereignisse im Zentralkrankenhaus eingeweiht hat, aber vermutlich wissen Sie mittlerweile, dass ich für den Tod Agathons verantwortlich bin und nicht für die NRSF arbeite.

Ich wurde von einem taktischen Team festgenommen und zum Verhör gebracht und war somit von der Außenwelt abgeschnitten. Vor seinem Tod hatte Agathon behauptet, dass er seine Geiseln grauenvoll getötet und seinem Sohn Donald zum Verbrennen überlassen hat – auch Noa Cortina. Doch den Medien entnehme ich nun, dass das Überleben von zwei Geiseln gemeldet wurde.

Detective, ich bin mir darüber im Klaren, dass Sie an niemanden Informationen weitergeben dürfen, der von der NRSF kaltgestellt wurde und der erwiesenermaßen einen Tatverdächtigen ohne Not getötet hat, auch wenn mein Arbeitgeber die NRSF davon überzeugen konnte, von einem Gerichtsverfahren und einer offiziellen Verhaftung zunächst abzusehen. Aber ich muss wissen, was mit Noa Cortina passiert ist und wo sie sich befindet.

Ich bitte Sie. Im schlimmsten Fall möchte ich derjenige sein, der ihre sterblichen Überreste nach Coruscant überführt, damit sie im Kreise ihrer Familie ihren Frieden finden kann.

Cris Sheldon, NRGD, Sektion 02

***Ende der Nachricht***


Langsam ließ Cris das Comlink sinken und sah Akemi an, fast als erwartete er von ihr, dass sie ihm sagte, was er nun tun konnte. Tun konnte, damit das Warten auf eine Antwort ihn nicht vollends zermürbte.

[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
- Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Küche - Mit Al -

Das was Aldridge da in Topf und Pfanne fabrizierte, roch nicht nur gut, es sah auch noch gut aus.

"Warum krieg' ich die kleinere Portion?"

Beschwerte sich Noa, als Aldridge das Gericht auf zwei Tellern verteilte. Das war ja mega unhöflich. Entweder der Kerl war total egoistisch oder er ging davon aus, dass Noa nicht so viel verdrücken konnte wie er. Weil Frauen ja so zarte, elfenhafte Geschöpfe waren. Sah man ja an ihr. Pfffft.

"Haaräquator."

Alleine das Wort war zum Schreien komisch.

"Wo hast du nur diesen Unsinn her?"

Amüsiert schüttelte Noa den Kopf. Körperhaare waren doch nicht unhygienisch! Etwas, das von der Natur so vorgesehen war, konnte gar nicht unhygienisch sein. Das war doch schon ein Widerspruch in sich. Dieser ganze Enthaarungswahn war eine einzige Modeerscheinung. Demnächst würden sie sich jeder zwei Lekku ankleben und halbnackt durch die Bude tanzen. Also wirklich! Immerhin wusste sie jetzt, wie Aldridge ohne Hose aussah, oder anders gesagt, sie konnte es sich bildlich vorstellen. Noa verzog das Gesicht. Eigentlich wollte sie das überhaupt nicht!

"Wenn sie dir Kaugummi in die Haare gematscht hat," kommentierte sie die seine Erklärung, warum er sich den Kopf überhaupt geschoren hatte, "dann garantiert nur weil du es verdient hast."

Noa zog ihn auf. In Wahrheit tat es ihr Leid, dass die Frau, die er liebte, ihn nicht zurück liebte. Er wirkte zerschlagen, wenn er von ihr sprach, auch wenn er ein tapferes Lächeln aufsetzte. Mit Spannung schob sich Noa endlich die erste Gabel von Aldridges Meistermenü im den Mund. Wenn es so gut schmeckte wie es roch, hatte Nicky einen großen Fehler begangen, ihn abzuservieren.

"Hmmm, Aldridge, das ist köstlich!"

Ja, Noa war überrascht und das hörte man auch an ihrer Stimme. Wo lernte jemand wie er, so zu kochen? Man sagte ja immer, am besten schmeckte es wenn man halb ausgehungert war, aber das war Noa nicht und es schmeckte trotzdem fantastisch.

"Wer hat dir das Kochen beigebracht?"

Wollte sie wissen. Und, noch viel wichtiger:

"Und wie kannst du so einen Spaß daran haben?"

Man konnte es drehen und wenden wie man wollte, aber Kochen war einfach kein anständiges Hobby. Das war Arbeit pur, eine reine Notwendigkeit! Ach was, in der heutigen Zeit musste man das ja nicht mal können. Alles was schmeckte gab es auch fertig im Tiefkühlangebot. Noa machte es sich richtig bequem auf ihrem Stuhl, genoss eine volle Gabel nach der anderen, ließ es sich gut gehen und dachte an Cloé, die in ihrer Küche auch immer richtig in ihrem Element wirkte. Verrückt. Aldridge hatte gemeint, dass er seiner Schwester auch sehr nahe stand, ebenso wie seinen Eltern, und dann fragte er Noa, ob sie schon jemanden erreicht hätte.

"Erreicht?"

Fragte sie zurück, kauend.

"Nö, wieso?"

Erst dann fiel es ihr ein. Ach so, diese Sache.

"Ach," winkte sie ab, "das erzähle ich, wenn ich wieder Zuhause bin. Kein Grund jemanden verrückt zu machen. Ist ja nix passiert."

Es stimmte, es war alles gut gegangen. Noa lebte noch und alles, was Jules Agathon ihr angetan hatte, würde wieder verheilen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie bisher nicht einmal daran gedacht, ihre Familie zu kontaktieren, warum auch? Es gab ja nichts, das irgendjemand tun konnte. Noa hatte sich zwar gewünscht, mit jemandem reden zu können, doch es war eben niemand da und ihren Geschwistern aus der Ferne die Ohren voll zu jammern war das letzte, das sie wollte. Ausserdem, dachte sie und kam sich dabei ziemlich obercool vor, war es ja auch nicht das erste Mal gewesen, dass sie entführt worden war. Keine Frage, Jules Agathon war die Hölle gewesen, doch die Wahrheit war, es gab Schlimmeres, überall in der Galaxis, und erst recht im Widerstand Coruscants, der Noa überhaupt erst vorbereitet hatte auf das, was sie auf Naboo erlebt hatte.

- Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Küche - Mit Al -
 
- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris -

Je mehr Zeit verging, desto unruhiger wurde Cris und Akemi konnte ihn wirklich verstehen. Er wartete nicht auf eine bloße Nachricht, sondern auf Erlösung. Dass er eine zweite Nachricht versendet hatte war eine gute Idee gewesen. Besser wäre sogar, er verschickte noch eine dritte oder vierte Nachricht, sofern er die nötigen Kontakte hätte. Nur leider hatte er die nicht.

"Natürlich hast du eine Antwort verdient."

Versuchte Akemi ihm gut zuzureden.

"Du weisst doch, wie das mit Nachrichten ist. Man liest sie nicht immer sofort."

Das ging so gut wie jedem so, und Akemi konnte sich vorstellen, dass der Alltag einer Jedi oder einer Polizisten noch deutlich stressiger war als der des Durchschnittbürgers. Es konnte dauern, bis sie Cris' Nachricht überhaupt entdeckten.

"So schwierig das auch ist, du musst ein bisschen geduldig sein."

Riet sie ihm. Wie lenkte sie ihn am besten ab? Im Grunde brauchte Cris vor allem eine Beschäftigung. Es brachte nichts, wenn er unbeweglich da saß und auf sein Komlink starrte. Davon ging die Zeit nicht schneller rum und er würde noch frustrierter und unruhiger werden - wenn das überhaupt möglich war. Eine Aufgabe mit der sie ihn ablenken konnte hatte Akemi jedoch auch nicht für ihn, also blieb nur noch eines, sie würde ihm doch etwas zu essen bestellen.

"Hast du eigentlich das von Coruscant gehört?"

Fragte sie ihn, als sie aufstand und ihren Computer an ihren Hauskommunikator koppelte. Sie wählte sich ins Holonet ein und begann, eine Bestellung bei einem Lieferservice aufzugeben.

"Ach, natürlich hast du das. Du hast es vorhin sogar selbst noch gesagt."

In Bezug auf Noa hatte er es erwähnt. Es war wirklich verdammt schwer, das Gespräch in eine neutrale, unverfängliche Richtung zu lenken.

"Ich konnte es zuerst gar nicht richtig glauben. Ich habe Coruscant noch nie republikanisch erlebt, ich kenne es nur imperial!"

Das war tatsächlich so und Akemi fragte sich, ob man den Unterschied im normalen Alltag auf den Straßen merken oder ob sich dort so direkt erst mal nichts verändern würde.

"Für uns wird es jedenfalls vieles einfacher machen. Die Kommunikation nach Coruscant war in den letzten Monaten echt schwierig."

Sie schloss die Bestellung ab. Cris wurde nicht gefragt, was er essen wollte. Er hätte in seinem Zustand ohnehin keine Entscheidung getroffen und Akemi fand es klüger, ihn mit solchen Kleinigkeiten gar nicht erst zu belasten. Das war eine Sache, die sie ihm abnehmen konnte, also hatte sie es getan.

"In ein paar Wochen bin ich übrigens dort."

Setzte sie ihren Monolog fort.

"Für eine Filmpremiere. Ich freue mich schon, einige Freunde dort wieder zu treffen. Apropos, ist Selby eigentlich noch da?"

Selby war immer ein gutes Gesprächsthema, um positive Emotionen zu fördern. Der Agent des Geheimdienstes war nicht nur ein guter gemeinsamer Bekannter von ihnen beiden, sondern auch ein geborener Optimist, jemand der Spaß am Leben hatte. Das letzte Mal, als sie mit ihm gesprochen hatte, war er auf Coruscant stationiert gewesen, aber das hatte sich in der Zwischenzeit vielleicht längst geändert.

- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris -
 
[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Mit einer bemerkenswerten Ruhe versuchte Akemi weiterhin, Cris‘ Perspektive ein wenig zurechtzurücken, indem sie ihm genug logische Gründe dafür aufzählte, dass er weder von Sanders, noch von Cheetah prompt eine Antwort erhielt. Natürlich hatte sie Recht – niemand ließ alles stehen und liegen, nur weil von Cris Sheldon eine Comnachricht verschickt wurde. Es gab wichtigere Dinge – und tatsächlich hatte man das eigene Comlink auch nicht zwingend immer am Mann (oder der Frau). Die Zuversicht, die implizit aus ihren besonnenen Worten ausstrahlte, sorgte dafür, dass Cris sich zumindest ein wenig entspannte und das Comlink vor sich auf den Tisch legte. Nur noch ab und an warf er dem Gerät einen misstrauischen Blick zu, während er sich primär auf seine Gastgeberin konzentrierte.

Dass sie daraufhin – vermutlich, um irgendein Gesprächsthema zu finden – Coruscant ansprach, hätte ihn eigentlich kaum überraschen dürfen. Mit Sicherheit war die kampflose Übergabe des Stadtplaneten an die Republik die Neuigkeit für all jene, die sich für den Konflikt mit dem Imperium auch nur rudimentär interessierten, doch in Cris weckte Coruscant vor allem wieder Assoziationen zu Noa. Auch Akemi schien das wieder bewusst zu werden, da sie rasch nachschob, dass er natürlich schon von den Ereignissen im Kern wusste. Trotzdem fuhr sie fort, über die Konsequenzen dieses überraschenden Wandels zu sprechen und Cris nahm es ihr nicht übel. Über kurz oder lang hätte ihn vermutlich jedes noch so belanglose Thema zu Noa geführt und wenn er sich jetzt auf die politischen und strategischen Implikationen der Übergabe Coruscants konzentrierte, lenkte ihn das womöglich ab.

Bevor er antwortete, warf er Akemi indes einen leicht argwöhnischen Blick zu. Sie hatte sich erhoben und hantierte an etwas herum, wobei es sich wohl um ihre Kommunikationsstation handeln musste. Was hatte sie vor…? Oder gab es ganz einfach noch Dinge in ihrem prall gefüllten Aufgabenkalender, um die sie sich umgehend kümmern musste?

„Ich habe es heute erst erfahren…“, antwortete er schließlich leise.

„Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass es mich nicht überrascht hat. Coruscant befindet sich tief im Einflussgebiet des Imperiums und in direkter Nähe einer ganzen Menge schwer befestigter imperialer Militärwelten. Die Bemühungen des Geheimdienstes und der Jedi standen dort kurz vor dem endgültigen Scheitern…“

Das Honey House… der Widerstand… und Noas Versuch, auf Mon Calamari im Namen des Widerstands den Geheimdienst zu einem verstärkten Engagement zu bewegen. Hatte das Wissen um die Widerstandskämpfer vielleicht Einfluss auf das Verhandlungsmandat der republikanischen Diplomaten gehabt, als es um die Bedingungen eines Friedens mit dem Imperium ging? Waren es vielleicht tatsächlich Noa und die Defender, die dem Planeten letztendlich die Freiheit geschenkt hatten und das sogar, ohne noch mehr Blut zu vergießen?

„Ich kenne die Rahmenbedingungen des Friedensvertrags nicht… doch ich befürchte, dass die Republik Schwierigkeiten haben wird, den Planeten zu versorgen. Du weißt, wie abhängig Coruscant von Importen ist und ich bezweifle, dass seine alten imperialen Handelspartner weiter zur Verfügung stehen. Und wenn doch, dann zu exorbitanten Preisen. Aber alles ist besser, als die Bevölkerung weiter unter dem Terror des Imperiums und der CSF leiden zu lassen…“

Langsam schüttelte der ehemalige Sturmtruppler mit dem Kopf. Damals hatte für ihn auf Coruscant alles angefangen – seine Laufbahn beim Geheimdienst, sein Versuch, seinem Leben einen besseren Sinn zu geben, sich von vergangenen Sünden reinzuwaschen. So viel verband ihn mit diesem Planeten… auch Noa… und seine eigene Tochter.

„Ich hoffe, dass die Jedi ihren Tempel schnell wieder in Besitz nehmen können. Auch wenn ich befürchte, dass die Sith und das Imperium wenig übrig gelassen haben…“

Ein wenig wunderte es ihn, dass das stolze Gebäude durch die imperialen Machthaber nicht schlicht und ergreifend gesprengt worden war. Hatten sie vielleicht doch so viel Respekt vor dem Orden gehabt? Oder die Reaktion der Bevölkerung gefürchtet?

Dann erwähnte Akemi Selby und lenkte Cris‘ Gedanken wieder in andere Bahnen. Der Pilot ließ ihn zwangsläufig an Lorraine denken, auf die er für den Moment aufpasste. Er hatte Akemi noch nichts von seiner Tochter und ihrem plötzlichen Auftauchen erzählt – und wie stellte man sowas überhaupt an? Er hatte es bei Noa versucht… und die Konsequenzen waren drastisch gewesen. Auf der einen Seite wollte er, dass Akemi es wusste, doch auf der anderen Seite befürchtete er auch, dass sie ähnlich geschockt sein würde wie Noa es gewesen war. Vermutlich war jetzt schlicht und ergreifend nicht der Zeitpunkt. Doch würde dieser jemals kommen, wenn das Comlink sich meldete und ihm die Botschaft von Noas Tod überbrachte?

Selby ist auf Lianna…“, berichtete Cris wahrheitsgemäß.

„Er war es, der mir von Coruscant erzählt hat… ich glaube, er wird bald wieder dort sein. Der Geheimdienst ist vermutlich federführend bei den Bemühungen, die Infrastruktur und Verwaltung des Planeten von allen imperialen Einflüssen zu befreien und Selby hat einige Erfahrungen sammeln können.“

Entschuldigend zuckte er mit den Achseln.

„Ganz genau weiß ich das nicht… Selby arbeitet mittlerweile in einer anderen Sektion als ich. Einer mit einer höheren Sicherheitsfreigabe.“

Das war der Preis, den er dafür bezahlt hatte, andere Dinge höher einzustufen als seine Pflicht dem Geheimdienst gegenüber – und wenn sich die Dinge so entwickelten, wie er befürchtete, würde er den ultimativen Preis erst noch zahlen. Er konnte nicht mit Sicherheit wissen, wie man im Direktorium auf die Ermordung Agathons reagieren würde, doch er hatte durchaus Vorstellungen.

Vorsichtig schielte er in Richtung seines Comlinks. Vielleicht war Noa am Leben und all das nicht vollkommen umsonst gewesen.


[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris -

"Dann hast du heute zuletzt mit Selby gesprochen?"

Erkundigte sich Akemi, die eins und eins zusammen zählte. Cris hatte gesagt, er habe heute erst von Coruscant erfahren. Die Nachricht an sich war eine gute, da waren sie sich einig, doch Cris schien unsicher über die Zukunft des Planeten und er hatte nicht Unrecht in seinen geäusserten Bedenken.

"Die Republik wird schon einen Weg finden, die Versorgung sicher zu stellen."

Gab sich Akemi optimistisch. Wenn sie es geschafft hatte, einen weitreichenden Friedensvertrag mit dem Imperium auszuhandeln, würden ihre Abgeordneten auch ein neues Handelsabkommen schließen können, so kompliziert dies auch sein mochte.

"Der Tempel der Jedi soll gar nicht so stark beschädigt sein."

Hielt sie sich an das, was sie zu wissen glaubte.

"Ich habe gelesen, dass er zwar an einigen Stellen baufällig ist, aber keine Grundsanierung notwendig ist."

Sie zuckte mit den Schultern.

"Keine Ahnung ob das stimmt."

Sie erinnerte sich an das furchtbare Massaker, als das Imperium tausender Unschuldiger auf den Dächern des Tempels gekreuzigt hatte. Eine Entweihung dieser Art war gegenüber den Jedi in gewisser Weise noch grausamer gewesen als den Tempel in seiner Gesamtheit zu sprengen. Und warum hätten die Sith das auch tun sollen? Sie strebten nach Macht und egal was sie über die Jedi dachten, es wäre doch töricht gewesen, den seit Jahrtausenden bestehenden Tempel nieder zu reissen, in dem sich womöglich noch das eine oder andere Geheimnis versteckte.

"Selby hätte bestimmt seinen Spaß daran, durch die altehrwürdigen Hallen des Tempels zu schreiten."

Der Gedanke brachte Akemi zum Lachen und für einen Moment vergaß sie tatsächlich die Tragik, die Cris zu ihr geführt hatte.

"Wer weiss, vielleicht bekommt er irgendwann die Gelegenheit... allerdings nicht vor dir, nehme ich an."

Laut Cris hatte Selby inzwischen eine höhere Sicherheitsfreigabe als er. Geheimdienstinterne
Freiräume und Berechtigungen. Das musste darin liegen, dass die beiden längst in anderen Bereichen tätig waren. Akemi wusste nicht viel darüber und wollte das auch nicht. Sie wusste nur, dass Cris eng mit den Jedi zusammen arbeitete. Vielleicht würde er sich ja schon sehr bald persönlich vom baulichen Zustand des Tempels überzeugen können? Wenn er überhaupt so bald wieder in der Lage sein würde zu arbeiten. Sollten sich seine Befürchtungen tatsächlich noch bewahrheiten und Noa tot sein...


"Hast du eigentlich das Bild von meiner Schwester gesehen?"

Der abrupte Themenwechsel bewahrte Akemi davor, wieder über die furchtbaren Sachen nachzudenken. Sie wollte Cris eine Stütze sein, ihn ablenken und, wenn überhaupt irgend möglich, ihn aufheitern. Akemi nahm das Bild, von dem sie sprach, von der Kommode neben der Couch. Es handelte sich um eine gerahmte Aufnahme von Hana
und ihr und zeigte sie beide im Garten ihrer Eltern, Akemi in einem schwarz-weissen Sommerkleid mit schwingendem Rock, Hana in einem farbenfrohen Kaftan. Sie trug ein auffällig besticktes Stirnband und machte einen Kussmund. Akemi hatte beide Arme um sie geschlungen und grinste in die Kamera.


"Sie ist jetzt dreizehn, größer als ich, schminkt sich und interessiert sich für Jungs."

Die Zeit verging wie im Fluge. Hana, halb-erwachsen wie sie heute war, musste Cris noch als kleines Mädchen in Erinnerung sein. Damals hatte sie Akemi noch ähnlicher gesehen. Je älter sie wurde, desto deutlicher kam jedoch ihr eigener Typ zum Vorschein.

"Sie ist selbstsicherer geworden, und offener. Sitzt nicht mehr nur den ganzen Tag Zuhause und liest. Ich finde das gut. Umso mehr sie aus sich heraus kommt, umso fröhlicher wirkt sie."

Akemi lächelte das Bild an. Sie hatte keins von Daiki, doch das Hochzeitsbild von Masao und Salomé stand ebenfalls auf der Kommode. Sie setzte sich neben Cris.

"Weisst du noch, wie wir uns kennen gelernt haben?"

Fragte sie ihn. Sie glaubte nicht, dass er es vergessen hatte. Damals war sie nur ein Jahr älter gewesen als Hana jetzt und trotzdem war sie viel kindlicher gewesen, verspielt und mädchenhaft und ein kleines bisschen naiv. Und heute? In ein paar Monaten schon würde sie Richard heiraten und ihr Hochzeitsporträt würde eingerahmt neben dem von ihrem Bruder stehen. Sie fragte sich, wo Cris dann sein würde und vor allem, mit wem.

- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris -
 
- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Küche - mit Noa -

Nichts passiert? Aldridge versuchte Noa nicht zu offensichtlich an zu starren, als sie ihm diesen Quatsch erzählte. Alles war passiert! Es war alles passiert, was einem Menschen nur passieren konnte. Und dabei redete er nichteinmal von sich, oder seiner Mutter, die gerade das "nichts passiert" am teuersten bezahlte. Noa war geschlagen und belästigt worden, die Gürtelhiebe hatten sie in einen Zustand gebracht, der jenseits von Leben und tot gewesen war.. Wie konnte sie das alles nur als "nichts" bezeichnen ?


"Verstehe."

Er bemühte sich darum, möglichst abgeklärt zu klingen. Vielleicht nahm er das ja alles auch zu schwer, vielleicht war das, was Noa da zeigte, eine normale Reaktion darauf, was ihnen passiert war. Vielleicht war er einfach nur eine gigantische Pussy.
Das erste mal, seitdem Noa und er in einem Raum sein konnten, ohne Stocksteif zu sein, miteinander rum zu machen, oder (zuletzt einseitig) geschlagen zu werden, könnte er sie nicht ansehen.


"Ich war mir nicht sicher ob du magst, was ich da zusammen haue."

Er versuchte sich wieder zu fangen, dachte daran, was passiert war, was sie für ihn getan hatte. Der Werftarbeiter stand auf, und langte nach der Pfanne, die hinter den beiden noch auf dem Herd stand.

"Deswegen hab ich dir weniger aufgefüllt."

Eine ordentliche Portion wurde auf Noas fast leeren Teller geschaufelt, den Rest stellte er beiseite, er hatte keinen Hunger mehr.

"Zum größten Teil habe ich mir das Kochen selbst bei gebracht, ansonnsten habe ich einfach die Augen offen gehalten, bei den Catering Services die mir in meiner Profi Zeit begegnet sind, und zuletzt bei meinem Dad.“

Noa war nicht die erste Frau, die völlig verwundert darüber war, das er gerne kochte. Ihm war nicht ganz klar, warum das so war. Entweder wurde Naboo seinem Ruf gerecht, und die Frauen und Männer auf diesem Planeten, waren wirklich gleichberechtigter, als es auf anderen Planeten der Fall war, oder es lag an ihm.

„Und Kochen ist Spaß pur! Es gibt nichts schöneres, als für Menschen, die man mag zu kochen. Und ich liebe es, wenn anderen Menschen meine Gerichte schmecken.“

Die Che – Che Beeren Creme! Aldridge sprang auf, und rettete die fruchtige Köstlichkeit aus der Kühlung. Die beiden Schüsselchen, die er vorbereitet hatte beschlugen, als er sie auf den Tresen stellte. Sein Blick viel auf Noas Hand, und auf einmal war sie wieder ganz blass, und Agathon fischte sie aus der Bodenkühlung...und seine Mutter verkaufte sich für eine verdammte Decke... Nichts passiert... Aldridge schluckte den Zorn auf sich, schluckte den Ärger über Noas Worte runter, und diese Bilder...

„Hätte ich keinen Sport gemacht, vermutlich hätte ich mir die Mühe gemacht, und eine richtige Lehre zum Koch gemacht.“

Aldridge nahm, trotzdem er mittlerweile müde genug war, und keinen wirklichen Hunger mehr hatte einen großen Löffel. Es schmeckte himmlisch.

„Ein kleines Restaurant in einer kleinen Siedlung am Seenland, das wäre es gewesen.“

Er bedeutete Noa mit einem Fingerwink zu probieren.

„Na los! Probier bevor du gleich zu satt gegessen hast!“

Und dann preschte er einfach vor. Es schwebte ja doch zwischen beiden in der Luft...

„Also Apothekerstöchterchen, ich hab da mal eine Frage. Wieso hast du das alles so weg gesteckt? Bist du Kriegsberichterstatterin gewesen? Oder hast du von Natur aus solche Nerven aus Durastahl?“

Er wollte das sie ihm jetzt eine ganz tolle Geschichte lieferte, das sie eine Jedi war, die bestimmte Techniken drauf hatte, um nicht in Angst zu vergehen. Vielleicht war sie auch jemand vom TPD? Ein Undercover Cop? Das wäre so gut, das wäre wunderbar, das würde bedeuten, das er kein jämmerlicher Feigling war, der Schuld daran war, das alles soweit gekommen war.

„Nimm es mir nicht krumm, ich bin neugierig.“

Bitte, bitte erzähl mir eine atemberaubende Geschichte, ich brauche Absolution.

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[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Auch Cris musste schmunzeln, als er sich, Akemis Worten folgend, vorstellte, wie Selby großspurig durch den altehrwürdigen Jedi-Tempel marschierte und dabei an einigen Ecken ob angeblicher Designmängel die Nase rümpfte. Auf ihre Vermutung, dass er selbst den Tempel allerdings wohl vor dem Piloten würde betreten können, konnte Cris nur ratlos mit den Schultern zucken. Er wusste nicht, was geschehen würde, wenn er nach Lianna zurückkehrte – womöglich waren auch die Jedi nicht sehr begeistert davon, was im Zentralkrankenhaus passiert war. War das Töten eines Unbewaffneten und Wehrlosen – egal, welche Taten dieser auch begangen haben mochte – nicht ein Zeichen der dunklen Seite? Natürlich war Cris nicht machtsensitiv, doch die Philosophie der Jedi besagte, dass ein jedes Lebewesen auf die eine oder andere Art mit der Macht verbunden war – zumindest hatte er es so verstanden. Personen, die anderen halfen und sich aufopferten, waren demzufolge eher der hellen Seite zugetan – und Mörder der dunklen.

Cris schluckte und schlug die Augen nieder, wobei er versuchte, diesen Gedanken und all seine Implikationen zu verdrängen. Wenn er all seine Taten auf eine Waagschale legte, seine guten und schlechten, in welche Richtung mochte die Waage am Ende ausschlagen? Machte er sich gar etwas vor, wenn er auch nur in Erwägung zog, in der Summe mehr Gutes als Schlechtes getan zu haben?

Akemi vertrieb diese Gedanken, indem sie ihn auf ein Bild hinwies, welches sie und ihre kleine Schwester Hana zeigte. „Klein“ war indes nur noch ein Attribut, das sich auf das Alter beziehen ließ – wie auf dem Bild andeutungsweise zu erkennen war und wie Akemi ihm erzählte, war Hana mittlerweile größer als sie. Natürlich erinnerte Cris sich noch an das kleine, schüchterne Mädchen, das wenig gesprochen hatte und demzufolge offenkundig eine deutliche Entwicklung hinter sich hatte. Noch besser konnte er sich indes an Daiki erinnern, mit dem er einst im Garten der Akanatos gespielt hatte. Es waren schöne Minuten gewesen – in den offenen, kindlichen Augen des kleinen Jungen hatte jedwede Wachsamkeit, jedwedes Misstrauen gefehlt, wie sie etwa aus den Augen Masaos, Akemis großen Bruders, nie vollkommen verschwunden waren. Anders als sein sehr kleiner Bruder hatte Masao bereits von den Grauen der Galaxis gewusst – und gewusst, dass Cris ein Teil von ihnen war, ob im Guten, oder im Schlechten.

Cris musterte das Bild, dem Akemi einen so liebevollen Blick zugeworfen hatte, und mit einem Mal änderte es sich. Lorraine war nur ein Jahr jünger als Hana, was wohl bedeutete, dass auch er als Vater sich in Kürze mit Dingen wie den ersten Jungsbekanntschaften würde auseinandersetzen müssen. Doch wie sollte er das schaffen, wenn er nicht einmal sein eigenes Leben in den Griff bekam? Plötzlich waren zwei andere Personen auf dem Bild – und es war eine andere Frau, die Lorraine in den Armen hielt und den unsichtbaren Fotographen anlächelte. Noa. Ein Echo aus einer Welt, die vielleicht hätte sein können, aber wohl unwiderruflich verloren war. Selbst wenn Noa noch lebte – sie hatte ihm deutlich gesagt, dass aus ihnen nichts mehr werden konnte. Nichts aus ihr und Cris. Und nichts aus ihr, Cris und Ray.

Hastig blinzelte er eine verräterische Träne weg, als Akemi erneut das Wort ergriff und ihn fragte, ob er sich an ihr erstes Treffen erinnerte, damals, vor so vielen Jahren, hier auf Naboo. Die Frage traf ihn ein wenig unvorbereitet. Wie hätte er diese Szene jemals vergessen können?

„Natürlich erinnere ich mich…“, sagte er leise.

„Ich war sogar in dem Park, weißt du? Heute…“

Sein Blick verlor sich irgendwo zwischen seinen Füßen und dem Fußboden.

„Nicht bewusst… ich habe einfach einen Ort gesucht, an dem ich für mich sein konnte. Und dann habe ich ihn wiedererkannt.“

Er sah Akemi wieder an.

„Und wenig später bist du mit deinem Gleiter an mir vorbei gefahren… komisch, was?“

Vielleicht war das wirklich eine Intervention des Schicksals – der Macht – gewesen. Wer konnte schon sagen, was passiert wäre, hätte Cris weiter versucht, zu Fuß zum Gebäude der Gerichtmedizin von Theed zu gelangen, der festen Überzeugung, dass dort nur Noas Leichnam auf ihn wartete und nicht die Hoffnung darauf, dass sie noch lebte?

„So viel hat sich seit damals verändert… du hast dich verändert…“

Waren die Dinge damals einfacher gewesen? Oder einfach nur anders?

„Überall in der Galaxis kennt man deinen Namen. Du bist Sonderbotschafterin der Republik und gibst Millionen von Lebewesen die Hoffnung auf ein besseres Leben, eine bessere Zukunft.“

Cris lächelte Akemi schüchtern an.

„Ich… ich weiß nicht, ob es dir etwas bedeutet, aber… Ich bin stolz auf dich. Stolz und dankbar dafür, dass du deinen Weg und dein Glück gefunden hast.“


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Die Gabel in Noas Hand schwebte unbewegt über ihrem Teller. Eigentlich hätte sie die Frage kommen sehen müssen. Wäre sie klug gewesen, hätte sie sich vorher eine Antwort zurecht gelegt, irgendeine plausible Story die alles erklärt hätte, ohne dass sie hätte erzählen müssen wie es wirklich war, doch dafür war es jetzt leider zu spät. Aber musste sie überhaupt lügen? Coruscant war zurück erobert, die Defender hatten ihren indirekten Kampf gewonnen und Jules war tot. Warum gerade letzteres eine Rolle spielte, wusste Noa nicht. Vielleicht weil er das Bindeglied zwischen ihr und Aldridge war, oder weil Noa ihm niemals von ihrer Identität als Widerstandskämpferin erzählt hätte. Selbst wenn er ihr die Haut vom Leibe gezogen hätte, dieses Geheimnis hätte Noa bewahrt. Es war ihre erste Lektion unter den Defendern gewesen und, wie Pablo gesagt hatte, auch ihre wichtigste. Verräter waren zum Tode verurteilt, so oder so. Ein Märtyrertod war zumindest ehrenvoll.

"Nein, ich habe nicht als Kriegsberichterstatterin gearbeitet, noch nicht."

Es war ihr Ziel, eines Tages zu einer solchen zu werden. Über Not und Elend berichten, auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen, wach zu rütteln und aufzuklären, das war Noas Vorstellung von gutem Journalismus. Wenn sie dies umsetzen konnte indem sie in Krisengebiete reiste, würde sie dies tun. Rein theoretisch konnte es dazu schon in ihrem jetzigen Job kommen. Naboo war kein Krisengebiet und selbst das hatte sie in potentielle Gefahr geführt. Noa sah Aldridge an und ihr Kopf arbeitete noch. Wollte sie, dass er mehr über sie erfuhr? Der Widerstand würde wahrscheinlich immer zu ihr gehören, auch jetzt da Coruscant befreit war. Dort hatte Noa gelernt zu kämpfen, mutig zu sein, mit Waffen umzugehen und über sich selbst hinaus zu wachsen. Sie hatte gelernt andere zu töten. Das war eine der Schattenseiten. Ohne die Defender, so viel stand fest, wäre Noa Chanelle Cortina nicht die, die sie heute war.

"Bist du hier gewesen, als das Imperium vor einigen Jahren Naboo bombardiert hat?"

Wollte Noa wissen. Mit dem gefüllten Teller noch vor sich, erinnerte sie sich wieder daran, dass sie noch am Essen war. An Aldridge Trineer war wirklich ein Sternekoch verloren gegangen. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie aus den Nachrichten von den Angriffen erfahren hatte. Raistlins Leichtsinnigkeit hatte damals vielen Naboo das Leben gekostet. Wenn er Glück gehabt hatte, war Aldridge zu jener Zeit schon auf Lianna oder sonst wo gewesen. Wenn nicht, dann hatte er hautnah erlebt, wie sich der Zorn des Imperiums anfühlte. Noas Mundwinkel zuckten in einem Anflug von Zynismus. Sie selbst wusste es noch besser. Sie trug den Zorn des Imperiums auf ihrer Haut. Ein brennender Kuss, der seine Spuren hinterlassen hatte.

"Was hättest du getan, um zu verhindern, dass es so weit kommt oder... um deine Familie zu schützen?"

Die Gabel sank zurück in den Teller. Mit einem Blick auf das verführerisch angerichtete Schälchen mit der Créme schob Noa das Hauptgericht bei Seite und kam Aldridges Aufforderung nach, den Nachtisch zu probieren.

"Ich habe die letzten beiden Jahre hauptsächlich damit verbracht, in meiner Heimat gegen das Imperium vorzugehen."

Erklärte sie nüchtern.

"Auf Coruscant nennen wir es den Widerstand."

Die Che-Che Beeren explodierten in einem himmlischen Geschmackserlebnis auf Noas Zunge. Sie war so froh, dass Aldridge überlebt hatte. Hätte Jules ihn umgebracht, oder Donnie, hätte er niemals diesen herrlichen Nachtisch für sie zubereiten können. Und es war nicht nur das. Sie war auch froh, dass er hier saß und dass sie mit ihm reden konnte, egal über was. Es musste nicht einmal unbedingt über die Entführung sein. Darüber wollte Noa gar nicht reden. Zu wissen, dass da jemand war, der das gleiche erlebt hatte wie sie und der sie verstand, zumindest in dieser einen Hinsicht, genügte vollkommen. Wie lautete das Sprichwort noch gleich, zusammen war man weniger allein? Geteiltes Leid war halbes Leid?

"Es war nicht das erste Mal, dass ich irgendwo fest saß."

Noa schaute Aldridge lange an.

"Wenn du gegen das Imperium kämpfst, musst du gegen alles gewappnet sein."

Andere Dinge würde er nicht verstehen können: wie es war zu töten, wie es war, auf der Flucht zu sein. Wie es war, nicht zu wissen wo sich der eigene Bruder befand, ob er noch lebte oder das Imperium ihn erwischt hatte. Er konnte nicht wissen, wie es sich anfühlte, wenn man rannte und rannte und es trotzdem nicht schnell genug war, oder welche Schuld man empfand, wenn man nicht nur für den Tod des Feindes verantwortlich war, sondern auch für den einer Freundin. Was hätte sie anders machen müssen um Amata zu retten? Noa stellte sich diese Frage immer wieder. Sie hatte ihr helfen wollen, doch dann hatte sie sie alleine gelassen. Punkt.

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Sie hätte ausschließlich bei der Schauspielerei bleiben können, ohne sich in anderes involvieren zu lassen. Bis zu dem Zeitpunkt an dem Masao begonnen hatte, die ersten Gespräche mit der Republik zu führen, hatte Akemi auch nie anderes vor gehabt. Doch dann hatte sie begonnen darüber nachzudenken und wie ein Samen, der einmal gepflanzt war und irgendwann zu blühen begann, wuchs auch ihr Wille, ihren Namen für etwas Gutes zu nutzen. Sie konnte nicht genau dort weiter machen wo sie Jahre zuvor an Cris' Seite aufgehört hatte, doch sie konnte auf ihre Art helfen. Akemi Akanato hatte eine Stimme, die sie benutzen konnte.

"Ich hoffe, dass ich andere erreichen kann."

Sagte Akemi. Cris hatte sie ganz unerwartet auf ihre Rolle als Sonderbotschafterin angesprochen.

"Weisst du, ich versuche etwas zurück zu geben. Mir geht es so gut, ich hatte solches Glück hier auf Naboo... es ist doch irgendwie meine Verpflichtung, das zu nutzen."

Sie hatte noch das Bild ihrer Schwester in der Hand. Für Akemi war es das Wichtigste, dass ihre Familie hier auf Naboo leben konnte und dass sie glücklich waren. Früher war Geld oft knapp gewesen. Heute bekamen Daiki und Hana eine gute Schulbildung und in ein paar Jahren würden ihnen alle Türen in die Berufswelt offen stehen. Akemi stellte den Bilderrahmen wieder zurück.

"Es bedeutet mir etwas."

Antwortete sie ohne ihn anzusehen.

"Dass du stolz auf mich bist."

Vielleicht sogar mehr, als ihr bis zu diesem Moment klar gewesen war. Bewusst nachgedacht hatte sie darüber bis hierher jedenfalls nicht.

"Als wir das letzte Mal gesprochen haben, so richtig meine ich, das war auf Coruscant."

Erinnerte sie sich an den Tag, als Cris plötzlich vor Nathaniels Wohnungstür aufgetaucht war und Akemi um Verzeihung gebeten hatte.

"Ich hatte da gerade begonnen mich mit Richard zu treffen. Heimlich."

Es war ein wenig komisch, darüber zu sprechen, doch andererseits fühlte Akemi gerade jetzt eine Aufrichtigkeit zwischen ihnen, die so vielleicht nicht wieder kommen würde. Zudem hatte er Recht, sie hatte sich verändert. Als sie sich kennen gelernt hatten war sie sehr jung gewesen. Inzwischen war sie gereift und zu einer Erwachsenen geworden. Heute verstand sie bestimmte Dinge besser als früher, oder sah sie aus einem anderen Blickwinkel.

"Du hast mir damals erklärt, dass du mich hier auf Naboo verlassen hast, damit ich ein besseres Leben haben kann. Ohne dich."

Sie erinnerte sich noch genau daran, wie wütend sie gewesen war, das zu hören. Cris hatte eine Entscheidung für sie getroffen, die er für richtig hielt, über ihren Kopf, ihren Willen und über ihre Gefühle hinweg. Würde er das heute noch mal tun, mit einer anderen Frau? Mit Noa? Oder hatte auch er sich verändert? Akemi war ans Fenster getreten und schaute hinaus. Sie mochte den Ausblick auf die Stadt, der sich nie veränderte, egal was in ihrem Leben passierte. Ihre Highheels hatte sie abgestreift. Sie standen neben dem Sessel, in dem sie eben noch gesessen hatte. Einer war umgefallen. Zuhause lief sie am liebsten barfuß.

"Weisst du, ich glaube du hattest damals Recht."

Akemi wusste nicht, wann sie das zum ersten Mal gedacht hatte, aber es war das erste Mal, dass sie es aussprach.

"Ich hatte die Möglichkeit auf... mehr. Auf Karriere, Erfolg, Glück."

Sie drehte sich wieder zu Cris um, lächelnd, weil der Kummer aus einer anderen Zeit längst überwunden war.

"Ich will mich nicht bei dir dafür bedanken, dass du mich sitzen gelassen hast, aber...wenn du damals nicht getan hättest, was du getan hast, dann wäre ich jetzt vielleicht auch nicht exakt dort, wo ich bin."

Mit den Gedanken irgendwo zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, wurde Akemi bewusst, dass sie Cris schon vor langer Zeit vergeben hatte. Es konnte nicht einfach für ihn gewesen sein, zu gehen obwohl er sie liebte - sie gehen zu lassen, auf gewisse Weise. Für eine sehr lange Zeit hatte Akemi nur gesehen, wie es ihr dabei ergangen war, nicht aber ihm. Dabei hatte er es doch für sie getan. Irgendwie.

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[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris

Cris musterte nachdenklich seine eigenen Handflächen, als Akemi auf ihr letztes Gespräch – ihr letztes richtiges Gespräch – zu sprechen kam. Jene, im Nachhinein fast surreale Szene auf Coruscant, in der er versucht hatte, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Ein aussichtsloses Unterfangen, wie ihm schnell klar geworden war – und mittlerweile musste er sich eingestehen, dass es gut so war, dass er keinen Erfolg gehabt hatte.

Akemi hatte also bereits damals begonnen, Richard zu sehen. Richard Cohn. Den Schriftsteller. Den kultivierten Mann von Welt, geboren für die Art Galaxis, die Cris gemeint hatte, mit seinem Leben verteidigen zu können und zu müssen. Die Art von Galaxis, in der Akemi jetzt mit ihm leben würde. Auf Bällen, Empfängen… mit erlesenem Wein…

„Bei Noa war das anders…“, sagte er schließlich leise, ohne wirklich zu wissen, warum.

„Ihr Leben war auch ohne mich schon gefährlich.“

Er musste lächeln.

„Schließlich hat sie es sich in den Kopf gesetzt, Coruscant aus den Klauen des Imperiums zu befreien. Den Ärger, den sie sich dadurch eingehandelt hat, konnte nicht einmal ein Cris Sheldon toppen.“

Nein, dafür hatte es eines psychopathischen Polizisten und seines pathologischen Hasses auf die Jedi bedurft. Und dieser hatte vielleicht vollbracht, was bestens ausgebildeten Spezialtruppen des Imperiums nicht gelungen war – Noa Chanelle Cortina zur Strecke zu bringen.

„Aber da das Imperium jetzt nicht mehr auf Coruscant ist… ich weiß nicht, ob wir nicht vielleicht die Chance auf ein… ruhigeres Leben gehabt hätten.“

Er zuckte mit den Achseln. Vermutlich hätte er über eine solche Entwicklung in seinem Leben niemals ernsthaft nachgedacht – doch dann war Ray aufgetaucht und seine Prioritäten waren nicht mehr dieselben gewesen. Natürlich hätte er verstanden, wenn Noa den Kampf um Coruscant nicht hätte aufgeben wollen – doch dieser Kampf war nun vorbei. Doch würde er je herausfinden, ob es funktioniert hätte? Und was seine eigene Zukunft betraf – hatte er überhaupt noch selbst die Herrschaft über die Entscheidung seine Zukunft im Geheimdienst betreffend?

„Was mich persönlich angeht… vielleicht habe ich keine Wahl. Ich weiß nicht, was aus mir wird, wenn ich wieder auf Lianna bin. Das haben jetzt andere zu entscheiden.“

Wie die Dinge standen, würde die NRSF einen offiziellen Protest beim Direktorium einreichen – so viel hatte Sterling deutlich gemacht. Üblicherweise war der Geheimdienst ausnehmend gut darin, sich solchen Protesten zu entziehen, doch in Cris‘ speziellem Fall hatte er sich schlicht und ergreifend weit außerhalb jedweden Mandats bewegt, als er seine Beteiligung an den Ermittlungen fortgesetzt hatte, obwohl jede Involvierung des Imperiums kategorisch hatte ausgeschlossen werden können. Er war nicht wegen seines Auftrags geblieben – sondern aus persönlichen Gründen. Und dabei hatte er seinen Status als Agent gewissermaßen missbraucht. Seine Vorgesetzten würden das nicht einfach so übersehen, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall nicht, dass die Jedi sich für ihn aussprachen.

Er sah Akemi wieder an.

„Aber wie dem auch sei… ich würde es schön finden, wenn wir nicht endgültig auseinandergehen würden. Du bedeutest mir nach wie vor etwas… und vielleicht kommt die Zeit, in der wir ganz einfach Freunde sein können.“


[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
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