SW-Filme zeichnen sich irgendwie für mich auch dadurch aus, dass sie einige Fehler haben, die ich auf dem Papier als gravierend bezeichnen würde – fehlende emotionale Bindung an Anakin in der PT, eklatante Schwachstellen beim Bau des Todessterns, viele (unnötige) Parallelen zu vorigen Teilen –, die ich aber beim Schauen sehr schnell verzeihe, weil dafür andere Dinge für mich so viel besser funktionieren als in vielen anderen Filmen. Neben dem starken Gespür für visuelle Einprägsamkeit und der grundsätzlichen Epik des Ganzen ist es einfach so, dass jeder SW-Film immer so seine Szenen hat, in denen er mich emotional mit voller Wucht packt. So merkwürdig die Handlung in Episode II sein mag: Szenen wie jene, in der Anakin und Padmé in die Arena geführt werden, sich vor hunderten Geonosianern dem fast sicheren Tod nahe küssen und John Williams sein „Across the stars“ in voller Lautstärke kraftvoll erklingen lässt, führen dazu, dass ich mir auch Episode II immer und immer wieder anschaue.
Bei „Rogue One“ ist es nun so, dass da auf dem Papier viele Ideen sind, die, wenn ich es mir so durchlese, absolut einschlagen: Dass nun erläutert wird, warum der Todesstern in Episode IV eigentlich diese eklatante Schwachstelle besitzt, führt direkt zu einer Aufwertung von „A new Hope“ und bietet genau den Stoff, den ich mir für diese Zwischenfilme erhoffe. Ähnliches gilt auch für die Tatsache, dass man zwar naturgemäß näher an der OT dran ist, aber auch ein paar gute Hiebe in Richtung PT setzt – Bail Organa und Mustafar sind da wohl die Musterbeispiele. Meine Hoffnungen an einen Anthology-Film werden indes dadurch erfüllt, dass die Helden einfach ganz anderer Natur sind als in den Episoden (sie sind nicht so überhöht, ihr Handeln ist nicht so offensichtlich vom Schicksal geprägt usw.) und auch auf den Opening Crawl verzichtet wurde. Sogar bzgl. der Musik wurden einige meiner Hoffnungen erfüllt: Es ertönen tatsächlich die Soundtracks der Bösen, wie wir sie aus Episode IV kannten…
Wer ein wenig Gespür für die üblichen Argumentationsgänge in Reviews mitbringt, wird schon wissen, worauf das hinausläuft: Obwohl „Rogue One“ also auf dem Papier sehr gute Ideen hat, ist es bei ihm also umgekehrt wie bei den (bisher) sieben SW-Episoden. Teilweise liegt das daran, dass zwar die oben genannten Punkte erfüllt werden, sie aber in der Ausführung nicht immer in voller Gänze durchgedacht sind: Ich frage mich beispielsweise, weshalb man überhaupt Krennic nimmt, wenn er von Anfang an zeigt, dass er nichts mehr mit dem Programm zu tun haben möchte.
Was die Anlehnung an die PT angeht, ist halt zu sagen: Schön, dass Mustafar zu sehen ist, aber wenn man es so verfremdet, dass man sich auch hier nicht sicher war, dass das Mustafar sein soll, ist halt etwas zu viel am ursprünglichen Design gedoktert worden. Bail Organa wird am Anfang etwas zu unmotiviert mit anschwellender Musik auf voller Bildfläche gezeigt, ohne etwas zu tun zu bekommen und erhält dann aber einen sehr unspektakulären, hastigen Abschluss, bei dem der Spruch „Ich würde ihr mein Leben anvertrauen“ bitterböse Ironie ist, wenn man bedenkt, dass es Leias Schweigen ist, weswegen dann Alderaan hochgejagt wird. Gut, dass man Jar-Jar nicht eingebaut hat, ist eher so ein Ding, dass ich nur als Nachbeben des kurzen Gerüchts, er sei wirklich im Film enthalten, schade fand. Dass man die Geonosianer aber nicht mit einer Silbe erwähnt hat, ist für mich einfach ein Versäumnis. Kein Fehler, aber ein Versäumnis.
Was die Anlehnung an die OT angeht: Hier hat man ebenfalls auf dem Papier alles richtig gemacht. Vader ist zu sehen, bekommt aber nur zwei bzw. drei Szenen, die aber alle sehr schön intensiv sind. Problematisch an der jetzt schon legendären letzten Vader-Szene finde ich allerdings, dass sie im Kontrast zu einer ähnlichen Szene in Episode IV steht, in der Vader aber einfach nur seine Sturmtruppen vorschickt – allerdings kann ich das irgendwie noch verzeihen, denn es ist nun einmal eine sehr intensive Szene geworden. Dennoch wirken beide Vaderszenen einfach eher so, als wären sie eine Fanfilm-Idee gewesen. Insbesondere Vaders Schatten, bevor man ihn wirklich sieht, nachdem kurz vorher eh ein Herr-der-Ringe-Sch****vergleich stattgefunden hat, wird einfach auch sehr lange gezeigt. Und ein paar andere OT-Anspielungen, z. B. ein mit einem donnernden Schrei abstürzender X-Wing, wirken im Umfeld eines ansonsten doch sehr auf „anders“ getrimmten SW-Films plötzlich ungewohnt trashig.
Dass der Opening Crawl fehlte, wurde von mir, wie oben gesagt, sehr begrüßt. Allerdings hätte man durchaus konsequenter sein können, denn das berühmte „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“ wirkte dadurch sehr deplatziert. Die Titeleinblendung selbst erinnerte dann etwas zu sehr an „The Clone Wars“ und war einfach zu schlicht, um den Opening Crawl würdig zu ersetzen. Hier hätte man sich etwas anderes einfallen lassen müssen. Und auch die Musik war leider abseits der bekannten Themen einfach einfallslos. Klar, es kann so sein wie bei Episode VII, wo ich die Musik beim ersten Mal Gucken irgendwie auch nicht einprägsam fand, beim zweiten Mal aber plötzlich viel mehr Themen raushörte, aber irgendwie wirkt es nach dem ersten Mal auch schlechter als die Musik von Episode VII nach dem ersten Mal.
Das klingt bisher vielleicht alles etwas negativer als es gemeint ist, aber da scheint bei mir vielleicht die Enttäuschung durch. Die ist vor allem deswegen so groß, weil Episode VII letztes Jahr so ziemlich viele Hoffnungen, die ich an einen neuen SW-Film stelle, mit Bravour gelöst hat und auch hier in der Umfrage RO einfach besser abschneidet. Enttäuscht bin ich einfach darüber, dass „Rogue One“ am Ende so „normal“ geraten ist.
Ich meine, ja, es war klar, dass er – und das war ja auch die Aufgabe – einen anderen „Drive“ haben würde als die Episoden, aber ich freute mich auf etwas, das halt innerhalb von SW etwas Besonderes sein würde. Ist es in diesem Sinne auch, aber halt um den Preis, dass es sich allgemein gesprochen halt um einen Film handelt, der in vielen Belangen „normal“ ist. Es ist einfach ein normaler Film, den man mal gucken kann, während man gerade abschalten will. Es ist ein normaler Film, bei dem man nicht allzu viel verkehrt macht, wenn man ihn mal im Free-TV schaut. Es ist aber auch ein normaler Film, bei dem ich einfach nicht davon ausgehe, dass ich ihn so häufig sehen möchte wie andere SW-Teile. Es ist einfach ein normaler Film, der mich nicht auf die Art und Weise aufbauen kann, wie es andere SW-Filme immer vermochten. Und weil er so normal ist, kompensiert er auch nicht die Schwächen, die er – wie jeder Film – nun einmal auch hat.
Zu diesen Schwächen gehört insbesondere, dass ich an einer eigentlich wichtigen Stelle die Motivation der Hauptcharaktere nicht verstehe. Wir haben also Cassian, der Jyn nicht vertraut und nicht dabei haben will, sie aber direkt nach Eadhu mitnimmt und ihr plötzlich doch vertraut. Ich habe einfach nicht verstanden, woher Cassians Umschwung kommt. Das blieb mir völlig vorenthalten.
Wie sieht es nun mit einer Wertung aus? Als ich ein, zwei Tage nach dem Kino sehr enttäuscht dachte, dass ich hier mal voten möchte, habe ich 4 Punkte gevotet. Mittlerweile sehe ich auf RO wieder mit etwas mehr Milde zurück und finde in einem anderen Forum, in dem es üblicherweise bis zu 6 Sterne gibt, die übersetzten 2 Sterne irgendwie "zu wenig", würde aber an dieser Stelle auch nicht über 4 Punkte hinausgehen wollen. Zumindest aktuell nicht. Wie gesagt: Eine Nach-Kino-Sichtung ist jetzt überraschenderweise doch schon fest geplant...
Und: Eine spektakuläre Sache, über die ich nur staunen kann, gibt es in diesem Film aber doch, dank der es sich lohnt, nun einmal genauer über die Zukunft des Kinos nachzudenken: Wie Peter Cushing wieder auf die Leinwand gezaubert wurde, ist mehr als beeindruckend. Irgendwann einmal habe ich gelesen, dass die besten CGI-Effekte diejenigen sind, bei denen man es nicht merkt, wenn man es nicht weiß. Ich kenne nun bereits mehrere Leute, die es nicht wussten und es auch nicht gemerkt haben. Und auch ich, der es wusste, habe eigentlich nur zwei, drei Aufnahmen gefunden, bei denen ich es wirklich gemerkt habe. So unverschämt mittelmäßig der Film war: Dem Team, das für Tarkin zuständig war, gönne ich den Oscar für die besten Effekte vom ganzen Herzen.