Norwegen ist es erst kürzlich beschlossen worden.
Das stimmt so nicht ganz. Seit 2013 gab es eine Weisung, Pistolen und Maschinenpistolen in allen Streifenwagen mitzuführen, in einigen Distrikten war dies bereits schon seit den frühen 2000er-Jahren üblich. Unter dem Eindruck der Terroranschläge von 2014 ging man dann dazu über, diese Waffen in Holster griffbereit am Mann zu haben, als die Terrorbedrohung dann für Norwegen herabgestuft wurde, kehrte man 2016 zum alten Modell zurück. Jetzt läuft es so, dass die Polizisten wenn sie z. B. zu einem Tatort mit einem bewaffneten Verdächtigen gerufen werden, die Waffen aus dem Streifenwagen mitnehmen. Von einer Entwaffnung der norwegischen Polizei kann man also keine Rede sein. Interessanterweise gab es in dem Zeitraum von 2014 bis 2016 keine Zunahme an Schussabgaben oder Todesfällen, offenbar verwandeln sich Polizisten also anders als teilweise propagiert nicht in schießwütige Rambos, wenn man ihnen Dienstwaffen aushändigt und sie entsprechend ausbildet.
Die norwegische Polizeigewerkschaft befürwortet übrigens das Modell von 2014 bis 2016.
https://www.washingtonpost.com/news...t-learn/?noredirect=on&utm_term=.6e30a28cfd65
Zum Vereinigten Königreich: Polizeibeamte in Nordirland tragen routinemäßig Schusswaffen am Mann, was mit der besonderen Situation in dieser Region zu tun. Aufgrund der strengen Regulierung von privaten Schusswaffen beträgt der Anzahl der mit Schusswaffen ausgerüsteten Polizisten (Authorised Firearms Officer) in England und Wales etwa 6.000 (von insgesamt 120.000). Der Großteil davon ist im Großraum London stationiert. Jede Distrikt muss allerdings eine "angemessene Anzahl" besitzen, um schnell auf Verbrechen mit Hieb-, Stich- und Schusswaffen reagieren zu können. Angesichts der Tatsache, dass gerade diese Verbrechen sich im Jahr 2017 auf einem Rekordniveau befanden und die Terrorgefahr massiv gestiegen ist, wurde und wird die geringe Anzahl immer wieder kritisiert.
https://www.independent.co.uk/news/...w-government-tories-labour-cuts-a8178631.html
Jetzt mal ganz allgemein angemerkt: Es hat einen Grund, warum Polizisten mit Schusswaffen ausgestattet sind. Erstens unterstreicht Bewaffnung der Polizei das staatliche Gewaltmonopol, es darf keine private Gruppe (z. B. organisiertes Verbrechen) geben, die stärker bewaffnet ist als die Polizei. Zweitens wurde hier im Thread (berechtigterweise) viel von der Bedrohung durch Terror gesprochen, aber das ist nur ein Teil des Problems. Angriffe mit Hieb- und Stichwaffen kommen sehr viel häufiger vor und sind ohne eine Schusswaffe weitaus schwieriger und unter größerem Risiko für die Beamten und Unbeteiligte unter Kontrolle zu bringen. Wie korrekt angemerkt wurde, genügt oft schon die bloße Präsenz von bewaffneten Beamten und Warnschüsse, um Verbrecher einzuschüchtern und die Festnahme zu erleichtern. Drittens stellt sich die Frage, inwiefern Alternativen wie Taser, Pfefferspray und Schlagstöcke sinnvoll sind. Zum einen sind diese Waffen alles andere als harmlos (Taser werden mit Recht als "vermindert tödliche Waffe") bezeichnet, ihnen fehlt aber die schnelle und direkte Wirkung und das Einschüchterungsprinzip von Schusswaffen. Viertens muss man überlegen, ob man überhaupt noch Personal findet, wenn man (um ein wenig platt zu sprechen) einem Beamten lediglich einen Schlagstock in die Hand drückt, auf einen mit Adrenalin vollgepumpten, hoch aggressiven Täter mit Messer deutet und dann sagt "So, jetzt verhaft den mal, aber bitte dalli, bevor er andere verletzt".
Der (tödliche) Einsatz von Schusswaffen darf immer nur ultima ratio sein, aber diese letzte Option völlig zu entfernen halte ich nicht für sinnvoll. Die Debatte darüber ist teilweise auch von starkem Unwissen geprägt, beispielsweise wenn darüber debattiert wird, warum Polizeibeamte es nachts, in einer akuten Stresssituation und mit einem bewaffneten und gefährlichen Täter konfrontiert es nicht "schaffen", diesen in Arme oder Beine zu treffen (und dabei auf magische Weise die dortigen Arterien zu verfehlen). Anders als in vielen Medien dargestellt fallen Menschen oft nicht einfach sofort tot um, ganz besonders wenn sie unter Adrenalin stehen und nicht in lebenswichtige Bereiche getroffen wurden. Deswegen gilt in den meisten Ländern: Schusswaffeneinsatz nur nach Warnung und wenn absolut nötig, dann aber auf das einzige Ziel (Brustbereich), das man einigermaßen verlässlich treffen kann, und solange, bis der Täter wirklich keine Gefahr mehr darstellt (wodurch dann die für die Öffentlichkeit manchmal unverständlich hohe Anzahl von Schüssen zustande kommt).
EDIT: Wie
@Cassia korrekt angemerkt hat, kommt in Deutschland hinzu, dass viele Schusswaffen (legal und illegal) im Umlauf sind, die Bedrohung durch Schusswaffen für Polizeibeamte also keineswegs abstrakt ist.