Wachsamkeit, Misstrauen und Ablehnung gegen den Kommunismus ist in meinen Augen vollauf gerechtfertigt. Es handelt sich um eine Ideologie, deren idelogische "Vorstufe", der Sozialismus, im 20. Jahrhundert zwischen 70 und 100 Millionen Tote gefordert hat (je nachdem, ob man zwischen "direkt ermordet" und "sterben lassen" unterscheidet).
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8830864.html
Schauen wir uns doch mal an, was "der" Sozialismus als politische Lehre eigentlich fordert:
Einparteienstaat und "Diktatur des Proletariats". Da ist nichts mit politischem Wettbewerb, verschiedenen Parteien und parlamentarischer Demokratie. Wir Deutschen müssen nicht in die Ferne schauen, um zu wissen, wie es um die "Demokratie" in einem sozialistischen Land bestellt ist, die letzte Diktatur hier endete vor etwas weniger als 30 Jahren.
https://www.thueringer-allgemeine.d...DDR-als-Diktatur-und-Unrechtsstaat-1924029226
Da laut sozialistischer Lehre alle Parteien, die nicht dezidiert sozialistisch sind, bloß als "Büttel des Kapitals" fungieren, ist ein Mehrparteiensystem schlicht nicht vorgesehen. Abweichende Meinungen sind "konterrevolutionär" und werden nicht geduldet, Meinungsfreiheit gibt es nicht.
Totale Kontrolle der Wirtschaft durch den sozialistischen Staat. Verstaatlichung, entschädigungslose Enteignung, Abschaffung des Privateigentums. Dir gehört etwas und du bist vielleicht sogar unternehmerisch tätig? Pech gehabt, das gehört jetzt "allen" und du kannst von Glück reden, wenn du nicht an die Wand gestellt wirst, wenn du dagegen den Mund aufmachst, dass diese neuen Betriebe ineffizient, korrupt und unfähig sind.
"Du bist nichts, deine Klasse ist alles." Es zählen nicht der einzelne Mensch, seine Rechte und Wünsche, sondern nur das Kollektiv, und wenn man Pech hat und zur "falschen" sozialen Gruppe gehört, ist man zum Abschuss freigegeben und aller politischen Rechte beraubt.
Marx und die falsche Zukunft: Anders als von Marx vorhergesagt hat sich die Menschheit eben nicht in zwei Klassen aufgeteilt. Der Aufstieg der Mittelschicht, die wachsende Angleichung der Lebensverhältnisse in Entwicklungsländern, die soziale Marktwirtschaft, das alles hat er nicht kommen sehen.
Revolution und Gewalt als legitime Mittel zur Durchsetzung der politischen Ziele. Es gibt keine Mehrheit für die sozialistischen Gruppen? Kein Problem, dann stürzt man eben gewaltsam den Staat und reißt die Macht an sich, egal, wie viele Menschen dabei sterben. Und wenn man erstmal an der Macht ist, geht das Morden munter weiter.
So viel zur Theorie, die ich schon für schlimm genug halte. Und die Praxis? Noch übler. Der real existierende Sozialismus ist eben nicht die Herrschaft der Arbeiter, sondern die Diktatur der Funktionäre, der Bürokraten, der Parteikader und Geheimpolizisten, die ohne Rücksicht auf Menschenleben ihre Ziele durchsetzen und versuchen, jeden Aspekt
des Lebens zu kontrollieren. Ständige Propaganda und Kontrolle, von der Wiege bis zur Bahre.
Die hoch gelobte Planwirtschaft? Eine Schimäre. Die Bedürfnisse der Menschen lassen sich nicht in weltfremden, muffigen Amtsstuben planen und durchexerzieren. Also Engpässe, Mängel, Ineffizienz überall. Es stellt sich raus: Politische und wirtschaftliche Freiheit bedingen einander. Wenn man versucht, den Menschen vorzuschreiben, wie viel sie essen sollen,
welche Kleidung sie nächstes Jahr tragen sollen, wie viele Bücher sie kaufen dürfen, welchen Beruf sie ausüben dürfen, etc., was kommt dabei raus? Eine Diktatur, denn solche Vorschriften lassen sich nur mit massivster Kontrolle durchsetzen.
Was haben wir also als Endergebnis? Einen Staat, der von einer einzigen (selbstverständlich) sozialistischen Partei regiert wird, die keinerlei Wettbewerb zu befürchten hat. Funktionäre, die jeden Aspekt des Lebens kontrollieren und sämtliche Macht in ihren Händen halten. Eine Bevölkerung, die durch ständige Überwachung und
Indoktrinierung dazu gebracht wird, dieses System nicht in Frage zu stellen - alles unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die "Konterrevolutionäre". Und aus diesem System, so seine Verteidiger, soll dann auf magische Weise die klassenlose, freie, ohne Staat auskommende kommunistische "Utopie" werden? Das kann man einem nur schwer verkaufen.
Der Sozialismus ist als Ideologie nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar. Er lehnt die parlamentarische Demokratie, das Mehrparteiensystem, das Prinzip der gewaltlosen politischen Auseinandersetzung, die individuellen Rechte aller Bürger unabhängig von "Klasse" und politischer Meinung, das Recht auf Eigentum (Artikel 14 GG) und die freie Berufswahl (Artikel 12 GG) ab. Es stimmt zwar, dass im Grundgesetz nicht explizit die (freie) Markwirtschaft als einzig akzeptable Ordnung genannt wird, aber in der Praxis ist Deutschland eine soziale Marktwirtschaft mit unternehmerischer Freiheit, Wettbewerb und sozialer Absicherung. Trotz aller Unzulänglichkeiten hat sich dieses System bewährt - man vergleiche einfach Deutschland mit Venezuela, Nicaragua oder anderen modernen sozialistischen Staaten oder mit der DDR und der Sowjetunion, wenn man historische Vergleiche bevorzugt.
Das war jetzt eine lange Vorrede, worauf ich hinaus möchte: Es gibt gute Gründe, warum man als Mensch, der auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, Sozialismus und Kommunismus ablehnen kann. Die Vorstellung, nur politisch rechts stehende Menschen würden dies tun, ist absurd und äußerst gefährlich, das ist nämlich genau die Propaganda, mit der in der Stalin-Zeit gearbeitet wurde und die bis heute benutzt wird: Nur ein "Faschist" würde die glorreiche sozialistische Republik ablehnen.
Nein. Ich halte die Demokratie, den Rechtsstaat und die soziale Marktwirtschaft für gute, funktionierende Systeme und kann gänzlich auf "Utopien" verzichten, die darauf hinauslaufen, dass jeder mit dem Vorschlaghammer "gleich gemacht" wird.
Darüber, wie man im Rahmen unseres politischen und wirtschaftlichen Systems dafür sorgen kann, dass mehr Menschen Wohlstand erlangen können und die soziale Absicherung verbessert werden kann, kann (und soll!) man gerne reden. Daher habe ich auch zumindest mit dem gemäßigten Teil der Linkspartei kein Problem - ist definitiv nicht meine politische Richtung, aber es ist okay, dass es sie als Teil des politischen Diskurses gibt.
Was hingegen nicht okay ist, sind Dinge wie die "Kommunistische Plattform", die Seilschaften alter SED-Freunde und Stasi-Genossen, die Verherrlichung der DDR, die Solidarität mit Diktaturen wie Kuba und Venezuela, die Forderung nach "Klassenkampf", Unterstützung für gewaltbereite Gruppen und ähnliche Dinge. Aus gutem Grund beobachtet der Verfassungsschutz Teile der Linkspartei und sollte auch fortgesetzt werden.
Meine persönliche Hoffnung wäre ja, dass die mit großem Getöse von Sahra Wagenknecht angekündigte "linke Sammlungsbewegung" dazu führt, dass sich der extremistische Teil der Linkspartei abspaltet und der Teil, der auf dem Boden des Grundgesetzes steht, sich als neue Partei formiert.
https://www.sueddeutsche.de/politik...tische-altkader-und-linksextremisten-1.182272