Tagespolitik allgemein

@icebär
Danke erstmal für die Links! Die kannte ich noch nicht, bin zur Zeit mit meinem Steckenpferd Strafrecht nicht mehr so befasst, drum gehen aktuellere Sachen grad etwas an mir vorbei. Ich muss sagen, dass die Ausführungen im Urteil schon wirklich erschreckend sind.

Was die Ausführungen zum bedingen Vorsatz angeht, ist es nicht ganz so eindeutig, würde ich sagen (Mittäterschaft und Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel dürften dagegen vermutlich nicht das Problem des Falls werden). In Bezug auf den Vorsatz kann das Urteil auch gar nicht eindeutig sein, einfach aus dem Grund, weil es das erste so gelagerte Urteil und damit durchaus richtungsweisend ist, wenn es Bestand hat. Das Gericht gibt sich nämlich in seinen Ausführungen unter anderem ungewöhnlich viel Mühe, vergleichbare Sachverhalte, die in der Vergangenheit anders beurteilt wurden, als anders gelagert anzusehen und verwendet viel Zeit darauf, hier die Annahme des bedingten Vorsatz zu rechtfertigen. Wenn ich das mit "normaleren" schwerwiegenden Fällen vergleiche, sind da solche Ausführungen weniger detailliert und ganz selten mal werden, wie hier, sogar präventiv schon mögliche Gegenargumente entkräftet, die noch gar nicht erhoben wurden (S. 38). Das spricht in der Summe schon dafür, dass dem Gericht klar ist, dass es sich um eine Art Vorstoß handelt, der in der Hinsicht besonders gut argumentiert werden muss und der - sofern vom BGH gewollt - theoretisch kassierbar wäre.

Die Abgrenzung zwischen dem bedingten Vorsatz und der bewussten Fahrlässigkeit ist in der Praxis sowieso extrem schwierig. Darauf nimmt das Urteil ja auch nochmal ausführlich Bezug (S. 30 f.). Auf kurze, aber verständliche Floskeln heruntergebrochen bedeutet bewusste Fahrlässigkeit, wenn sich der Täter denkt "Es wird schon gut gehen!", während beim bedingten Vorsatz seine Vorstellung mehr "Na und wenn schon!" ist. Diese beiden Punkte sind, wie du dir bestimmt vorstellen kannst, enorm schwer voneinander zu trennen - insbesondere weil es ja um die subjektive Vorstellung des Täters geht.

Im vorliegenden Fall muss man sich auch klar werden, dass von dieser einen Frage unglaublich viel abhängt, weil gleichzeitig ein Mordmerkmal bejaht wurde. Damit kommt nach der Interpretation des Gerichts auch nur lebenslange Freiheitsstrafe in Betracht (§ 211 StGB ist da eindeutig). Würde man den Fall dagegen noch so bewerten wie vorherige, ähnliche Fälle, dann wären wir hier "nur" in einer fahrlässigen Tötung, was einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren oder sogar noch Geldstrafe zulässt! Das macht schon einen ganz gewaltigen Unterschied, wenn im anderen Fall maximal fünf Jahre herauskämen.

Allerdings wirken die Ausführungen schon enorm überzeugend, da gebe ich dir Recht. Mag aber auch daran liegen, dass ich immer noch etwas fassungslos bin, wie kleingeistig, menschenverachtend und naiv sorglos man eigentlich sein kann.
 
Danke für dein ausführliches Statement. :thup:

Auf kurze, aber verständliche Floskeln heruntergebrochen bedeutet bewusste Fahrlässigkeit, wenn sich der Täter denkt "Es wird schon gut gehen!", während beim bedingten Vorsatz seine Vorstellung mehr "Na und wenn schon!" ist. Diese beiden Punkte sind, wie du dir bestimmt vorstellen kannst, enorm schwer voneinander zu trennen - insbesondere weil es ja um die subjektive Vorstellung des Täters geht.

Hier denke ich mal, dass die schiere Höhe der ermittelten Geschwindigkeiten zum Unfallzeitpunkt wohl den Unterschied macht. Ab irgendeinem Punkt muss man wohl einfach davon ausgehen, dass man keinerlei Kontrolle über das Fahrzeug mehr hat und dass diese Situation absichtlich herbei geführt wurde, ist wohl offensichtlich. Ich spiele da vor allem auf die Faustformeln zum Bremsweg und dem Reaktionsweg an, die jeder Fahrzeugführer kennen muss, um die Führerscheinprüfung zu bestehen. Bei rund 140 km/h (der niedrigsten, der ermittelten Geschwindigkeiten) ergibt das bereits einen normalen Bremsweg von 196 Metern und einen Reaktionsweg von 42 Metern.

Konkret in diesem Fall schaut das wohl so aus:
berlin_unfall.jpg


Das Bild zeigt, was selbst ein Computer, der unverzüglich ein Bremsmanöver hätte einleiten können, in genau dieser Situation noch hätte ausrichten können, nämlich gar nichts mehr. Denn selbst bei einer Gefahrenbremsung, bei der sich der Bremsweg hier auf 98 Meter halbiert hätte, wäre ein Unfall nicht mehr vermeidbar gewesen. Für einen Menschen ist ein derartiges Fahrverhalten sogar gleich dreimal weit jenseits aller Vernunft.
 
Mal schauen wie lange May sich noch halten kann und wer dann kommt.

Da in GB der PM traditionell auch der Parteichef seiner Partei ist wird es sehr stark davon abhängen in wie weit die Partei noch zu May hält.
Würde mich nicht wundern wenn da schon potenziele Nachfolger mit den Hufen scharren und die Messer wetzen.
 
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Schon von der Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ gehört?

Die Doku wurde für ARTE produziert, ARTE will sie aber nicht zeigen. Das WDR prüft aktuell, ob sie es nun zeigen wollen. HEUTE hat es nun bild.de (und ja, ich weiß, welches Blatt das ist), die Doku für 24 Stunden online gestellt:
http://m.bild.de/politik/inland/bil...te-nicht-zeigen-will-52155394.bildMobile.html

"Natürlich" gibt es mittlerweile auch eine Kopie auf Youtube, die sollte also länger als 24 Stunden on sein:

Gesehen habe ich sie noch nicht, ich weiß aber, dass es durchaus positive Stimmen zu der Doku gibt.

Ach ja, damit ich nicht nur bild nenne:
FAZ: http://www.faz.net/aktuell/feuillet...uf-juden-in-europa-steht-online-15059111.html
Pressestatement von ARTE zum Verhalten von Bild: http://www.presseportal.de/pm/9021/3658895
und zum Schluss noch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Auserwählt_und_ausgegrenzt_–_Der_Hass_auf_Juden_in_Europa
 
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ARTE will sie aber nicht zeigen. Das WDR prüft aktuell, ob sie es nun zeigen wollen.
Für mich ist die Sache klar: Beim Thema Judenhass kommt der Islam zwangsläufig nicht gut weg. Und da diese Glaubensrichtung aus seltsamen Gründen vor aller Kritik geschützt wird, landet diese Dokumentation sicher in der ARD-Giftkammer.

Zur Doku: Ich fand sie ziemlich gut und es wurden auch viele wichtige Dinge gesagt. Allerdings wird auch hier m.E. ein Kardinalfehler gemacht: Kritik an der israelischen Außenpolitik sei Antisemitismus. Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht wirklich.
 
Zur Doku: Ich fand sie ziemlich gut und es wurden auch viele wichtige Dinge gesagt. Allerdings wird auch hier m.E. ein Kardinalfehler gemacht: Kritik an der israelischen Außenpolitik sei Antisemitismus. Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht wirklich.

Ich hatte früher eine hohe Meinung von ARTE.
Bis ich die Doku "Blutspur durch Frankreich-Die SS Panzer-Division das Reich" sah.
Diese "Doku" war dermaßen voll von handwerklichen und historischen Fehlern das ich nicht wußte ob ich lachen oder weinen sollte.
Deshalb ist Arte bei mir im Moment untendurch.
 
Zur Doku: Ich fand sie ziemlich gut und es wurden auch viele wichtige Dinge gesagt. Allerdings wird auch hier m.E. ein Kardinalfehler gemacht: Kritik an der israelischen Außenpolitik sei Antisemitismus. Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht wirklich.

Es hängt sicher von der Art der Kritik ab und was man kritisiert.
Schon der "Antisemitismusbericht für den Bundestag" hat festgestellt, dass der "Umweg" über die Kritik an Israel gerne genutzt wird.
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/...nflikt-mit-judenhass-zu-tun-hat/19712362.html

Allein der Begriff "Israelkritik" ist in meinen Augen schon merkwürdig. Es wird viel über Erdogan, über Trump, über Putin geschimpft und geschimpft - aber von "Türkeikritik", "USA-Kritik" oder "Russlandkritik" redet seltenst jemand ...
 
Schon von der Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ gehört?

Die Doku wurde für ARTE produziert, ARTE will sie aber nicht zeigen. Das WDR prüft aktuell, ob sie es nun zeigen wollen. HEUTE hat es nun bild.de (und ja, ich weiß, welches Blatt das ist), die Doku für 24 Stunden online gestellt:

Soweit ich das verstanden habe, liegt die Nichtausstrahlung ganz einfach daran, dass die Regisseure nicht das geliefert haben, was man vorher ausgemacht hat. Statt einer Dokumentation über das Thema "Antisemitismus in Europa" entwickelte sich die ganze Sache - bedingt durch die Recherche - in Richtung "Antizionismus".

Ich bin zwar dafür, dass man sie trotzdem zeigen sollte, aber ich kann schon verstehen, dass ein Auftraggeber gerne das haben möchte, was er bestellt hat. Ist in der Privatwirtschaft ja nicht anders - oder was sollen all die Reklamationen sonst?

Grüße,

Aiden
 
@riepichiep
Naja,der Bundestag ist natürlich was Kritik an Israel angeht in seiner Mehrheit jetzt nicht der unbedingt neutralste Beobachter.
Fakt ist das vieles was der Staat Israel in der Besatzungspolitik tut kritikwürdig ist.
Und diese Kritik am Staat Israel muß erlaubt sein ohne das man hierfür mit der Antisemitismus-Keule verprügelr wird.

Natürlich, wenn der Spruch kommt "Was die Juden" in den besetzten Gebieten tun,dann geht es klar in die Richtung des Judenhasses.
Aber ausdrückliche Kritik am Staat Israel ist noch lange kein Antisemitismus.
 
Schon der "Antisemitismusbericht für den Bundestag" hat festgestellt, dass der "Umweg" über die Kritik an Israel gerne genutzt wird.
Ja, das glaube ich sofort. Da muss man ganz bestimmt genau hinschauen und die Doku liefert auch einige Hinweise für deinen Einwurf (z.B. die Dame von der Hilfsorganisation).
Trotzdem sollte man sich die Mühe machen, genau zu unterscheiden, WAS man kritisiert.

entwickelte sich die ganze Sache - bedingt durch die Recherche - in Richtung "Antizionismus".
Ja, das habe ich beim Schauen der Doku auch gedacht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@riepichiep
Naja,der Bundestag ist natürlich was Kritik an Israel angeht in seiner Mehrheit jetzt nicht der unbedingt neutralste Beobachter.
Fakt ist das vieles was der Staat Israel in der Besatzungspolitik tut kritikwürdig ist.
Und diese Kritik am Staat Israel muß erlaubt sein ohne das man hierfür mit der Antisemitismus-Keule verprügelr wird.

Natürlich, wenn der Spruch kommt "Was die Juden" in den besetzten Gebieten tun,dann geht es klar in die Richtung des Judenhasses.
Aber ausdrückliche Kritik am Staat Israel ist noch lange kein Antisemitismus.
Stimme dir zu. Aber wenn ein Mahmud Abbas nun mal die alte Lüge "Juden vergiften unsere Brunnen" im EU-Parlament wiederholt und dafür Standing Ovations bekommt, dann liegt entweder Dummheit vor oder der Antisemitismus-Vorwurf ist manchmal durchaus passender als uns lieb sein kann ...
 
Stimme dir zu. Aber wenn ein Mahmud Abbas nun mal die alte Lüge "Juden vergiften unsere Brunnen" im EU-Parlament wiederholt und dafür Standing Ovations bekommt, dann liegt entweder Dummheit vor oder der Antisemitismus-Vorwurf ist manchmal durchaus passender als uns lieb sein kann ...


Da hast Du zweifelos nicht Unrecht.
Vor allem sollte ein Mann,der den Holocaust leugnet bzw. relativiert,der in seiner Doktorarbeit den Zionismus mit dem Nationalsozialismus vergleicht,der wahrscheinlich in den schwarzen September verwickelt war und der jetzt seinen Landsleuten im Gaaza-Streifen den Strom abstellen läßt mit solchen Vorwürfen vorsichtig sein.
 
Und währenddessen präsentieren sich die Schreiberlinge der Jungen Freiheit und von Tichys Einblick als Bewahrer der Presse- wie Meinungsfreiheit und schwadronieren von Zensur...
 
Da in GB der PM traditionell auch der Parteichef seiner Partei ist wird es sehr stark davon abhängen in wie weit die Partei noch zu May hält.
Würde mich nicht wundern wenn da schon potenziele Nachfolger mit den Hufen scharren und die Messer wetzen.

Das ganz ohne Zweifel. Die Frage ist eher ob ihre Gegner jetzt schon zuschlagen wollen.

Für mich ist die Sache klar: Beim Thema Judenhass kommt der Islam zwangsläufig nicht gut weg. Und da diese Glaubensrichtung aus seltsamen Gründen vor aller Kritik geschützt wird, landet diese Dokumentation sicher in der ARD-Giftkammer.

In welcher Medienwelt lebt du? Der Islam wird medial immer wieder kritisiert.
 
Allein der Begriff "Israelkritik" ist in meinen Augen schon merkwürdig. Es wird viel über Erdogan, über Trump, über Putin geschimpft und geschimpft - aber von "Türkeikritik", "USA-Kritik" oder "Russlandkritik" redet seltenst jemand ...
Das nehme ich komplett anders wahr. Ich lese und höre ständig Sätze nach dem Motto "Russland tut dies" oder "Amerika macht das". Insofern kann ich diese Kritik nicht ganz nachvollziehen.
 
Das nehme ich komplett anders wahr. Ich lese und höre ständig Sätze nach dem Motto "Russland tut dies" oder "Amerika macht das". Insofern kann ich diese Kritik nicht ganz nachvollziehen.
Du hast nicht ordentlich gelesen.
Allein der Begriff "Israelkritik" ist in meinen Augen schon merkwürdig. Es wird viel über Erdogan, über Trump, über Putin geschimpft und geschimpft - aber von "Türkeikritik", "USA-Kritik" oder "Russlandkritik" redet seltenst jemand ...

Es geht mir wirklich um den Begriff "Israelkritik" (Google: Ungefähr 63.800 Ergebnisse).
"Türkeikritik" (Google: Ungefähr 5.750 Ergebnisse, Meintest du: Türkei Kritik)
"Russlandkritik" (Google: Ungefähr 6.690 Ergebnisse, Meintest du: Russland Kritik )

Es gibt ein deutsches Wort nur für die Kritik an Israel - Israelkritik eben. Gibt es auch andere deutsche Worte für Kritik an einem bestimmten Land?
 
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