Man sollte die Wirkung des TV-Duells in den USA auf Unentschlossene und Wechselwähler nicht unterschätzen, die Bedeutung aber auch nicht überhöhen. Schlussendlich kommt viel auf den Haustürwahlkampf an, den besonders die Demokraten 2020 mustergültig durchgeführt haben - und in ihren Hochburgen ist es egal, ob sie mit 55 % oder 70 % gewinnen, was gewisse Drohgebärden des linken Randes verpuffen lässt und die Swing States in den Fokus rückt. Vieles wird da davon abhängen, wie gut die Arbeit "auf der Straße" und begleitend medial organisiert und aufgestellt ist und weniger von Einzelereignissen.
Biden leidet unter einem angeborenen Sprachfehler und kämpft seit seiner Kindheit mühsam gegen das Stottern und das damit verbundene soziale Stigma an. Ich war selber in jungen Jahren beim Logopäden und kenne es daher gut, dass man dafür verlacht oder für weniger intelligent gehalten wird. Ein großer, charismatischer Wortakrobat war Biden daher nie (mit Ausnahmen, seine Reden an die Nation sind durchaus beachtlich) und insbesondere bei einem Format, wo schnelle, gewitzte und oberflächlich gewinnende Aussagen gefragt sind, ist er im Nachteil. Zudem ist er mittlerweile 81 Jahre hat und hat vier Jahre fleißig und sachorientiert den enorm belastenden Beruf des amerikanischen Präsidenten ausgeübt - meiner Meinung nach gut, denn die angekratzte Demokratie und Rechtstaatlichkeit, das Ansehen der USA und ihre internationale Handlungsfähigkeit sind unter ihm wiederhergestellt worden und auch die Daten für die wirtschaftliche Entwicklung sind insbesondere angesichts der Verwerfungen durch Corona positiv. Manchmal kommt auch Pech dazu: Er war bei der Debatte hör- und sichtbar erkältet (ich glaube, jeder weiß, wie "fit" man dann ist). Bei so günstigen Bedingungen für Trump musste dieser nicht viel tun außer spöttisch zu grinsen und seine bekannten zynischen Lügen zu wiederholen - und sich nicht dazu zu bekennen, das Ergebnis der Wahl anzuerkennen.
Ändert aber alles nichts daran, dass es die Demokraten versäumt haben, jemanden aufzubauen, der im Zweifel als Ersatzkandidat fungieren kann, und das ist tatsächlich ein strategischer Fehler, der ihnen auf die Füße fallen könnte. Das wird man aber erst im weiteren Verlauf des Wahlkampfs und der Abstimmung tatsächlich sehen, bis dahin kann noch sehr viel passieren, auch kurzfristig (die berühmten "Oktoberüberraschungen" lassen grüßen).
Apropos Dinge, die auf Füße fallen: Nachdem die Russische Föderation kürzlich ein Abkommen mit der Demokratischen Volksrepublik Korea abgeschlossen hat, das eine erweiterte militärische Kooperation und gegenseitige Hilfe im Kriegsfall vorsieht, machen derzeit die Meldungen die Runde, dass auch die Beziehungen zur Islamischen Republik Iran vertieft werden sollen. Sowohl die Republik Korea als auch Israel betrachten diese Entwicklung negativ und Seoul hat bereits angekündigt, seine Politik in der Ukraine-Frage zu überdenken. Nachdem die Russische Föderation sich ja auch solidarisch mit der Hamas erklärt hat und versucht, die Taliban in Afghanistan zu umgarnen, gesellt sich nun wohl bald ganz offiziell der schiitische Gottesstaat zum Reigen der besonders bevorzugten Moskauer Verbündeten - ein Regime, das regelmäßig sämtlichen "Ungläubigen" mit der Vernichtung droht. Der islamistische Warlord Kadyrow als Statthalter in Tschetschenien geriet erst kürzlich wieder in die Schlagzeilen angesichts seiner Vorliebe für minderjährige Frauen und in Dagestan gab es einen verheerenden Anschlag von Islamisten, die in der ganzen Russischen Föderation und besonders im Kaukasus im Aufwind sind.
Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Putin die Russische Föderation zu einem Klienten der KPCh und der VR China gemacht hat und für den Tod und die Verstümmelung hunderttausender weißer, christlich-orthodox sozialisierter Menschen in der Ukraine und der Russischen Föderation verantwortlich ist, würde mich doch wirklich mal brennend interessieren, wie insbesondere die ganzen rechtsaußen stehenden Putinknechte das mit ihrem Bild vom Erlöser Wladimir in Einklang bringen können, der angeblich Bollwerk gegen "den Islam" und die letzte Hoffnung der "weißen Rasse" sein soll. Ist wahrscheinlich wie bei der Wagenknecht-Fraktion, wo Putin und seine das Volk skrupellos ausquetschenden Kleptokraten die letzte Hoffnung gegen den "internationalen Kapitalismus" und für einen "Arbeiter- und Bauernstaat" darstellen sollen. Die russische Politik, die zudem eine erhebliche Rolle bei der in diesen Kreisen so verhassten Migration legaler und illegaler Art in die USA und Europa spielt (die Unterstützung Venezuelas, die Staatsstreiche in Afrika, das Schleusen über Belarus und Fake News in den sozialen Medien), wird da konsequent ebenfalls ausgeblendet.