(...)
Bestes Beispiel hier in Folge 6. Da haben sie sich extra Mühe gegeben, eine Nahaufnahme von Oshas Gesicht zu machen, wie ihr Blick runter zu Qimirs entblößtem Gemächt geht (der war ja splitterfasernackt als er ins Wasser ging und dann ihr zugewandt wieder rauskam) und anschließend ist die bisher gute/ von der Jediphilosophie indoktrinierte Schwester auf einmal empfänglich für Manipulationen durch einen dunkle Seite Nutzer. (warum setzt sie sonst den Helm auf am Ende der Episode?) Quasi weil, das in einem vermeintlich lesbischen Hexenkult aufgewachsene Mädchen einmal nen Penis zu Gesicht bekommt? Ernsthaft? DAS kam nach weiß der Geier wievielen Plotentwürfen am Ende als finale Version für Folge 6 raus? Das bekommen wir für 22,5 Millionen USD vorgesetzt (Serienbudget von 180 Millionen geteilt durch 8 Episoden)? Nicht vergessen, das sind umgerechnet zwei Godzilla Minus One Filme.
Maes Plot in der Folge ist ja buchstäblich: Aufwachen -> Qimir nackt sehen -> Von Qimir bequatscht werden -> an bisheriger Glaubenswelt zweifeln und den Helm aufsetzen
(...)
Das kann man so sehen - wenn man viele Dinge ignoriert:
- Ich kann für mich keinen expliziten Blick auf "sein Gemächt" erkennen, geschweige denn irgendeine Reaktion. Die einzige (ertappt-irritierte) Reaktion sieht man, wenn er ihre Wut erwähnt, die ihm hilft, Gedanken zu erkennen.
- Dass er nackt ist, ist halt die Bildsprache dafür, dass er bei Osha (dem "guten" Zwilling) einen anderen Modus operandi einschlägt, als beim "bösen Zwilling" (bei dem er schlussendlich sein Ziel nicht erreicht hat). Mae hat er nicht mal sein Gesicht gezeigt, sie wusste buchstäblich nichts über ihn. Seine Nacktheit ist jetzt halt das Symbol für das Gegenteil - und dass er es freiwillig tut (sein Gesicht hat er ja schon unfreiwillig präsentiert).
- Er drückt im folgenden dann den Knopf, der bei ihr besonders wirksam ist: ihre Vergangenheit im Orden. Er triggert ihr schlechtes Gewissen, dass ihr Sol wichtiger ist als ihre eigene Schwester und dass sie sich damit an Leute hängt, die sie nie "richtig" lieben werden.
- Und dass die Jedi ihr wunder Punkt sind, sieht man daran, dess es sie besonders interessiert, dass er ein Jedi war. Dass die Macht in Osha stark sei und ihr das angeblich niemand gesagt habe. DAS ist doch der Punkt, der sie nachdenklich macht.
- Dann untergräbt er ihre Erinnerungen an ihr Ausscheiden aus dem Orden und damit das, was sie davon abhält, ihm zu glauben. Er bringt sie dazu, ihre Zeit mit den Jedi mit dem eigenen Versagen in Verbindung zu bringen. Sie sagt das, nicht er.
- Er weckt damit ganz klassisch die Wut in ihr. Zeigt ihr, dass sie dazu fähig ist und dass das ein Teil von ihr ist.
- Trotzdem klammert sie sich noch an den Kodex (keinen angreifen, der eine Waffe trägt). Er bietet den Köder "Freiheit", für jemand, der ständig wegläuft, evtl. durchaus attraktiv.
- Sie erkundigt sich nach Mae, er ist scheinbar offen, ködert sie mit der „Kraft der zwei“ und damit Anlehnungen an ihren Clan und weiht sie in das Geheimnis von Cortosis ein. Er bringt den Helm damit in einen Beziehungszusammenhang mit der Jünglingsausbildung (vermutlich eigentlich eine gute Erinnerung) und dass man mit der Macht alleine wäre, wenn man ihn nutzt (der Zusammenhang erscheint positiv und eine Verbindung mit der Macht möglicherweise erstrebenswert, nachdem sie im Verlauf der Serie damit gescheitert ist, sie zu nutzen).
- Er zeigt ihr die Narbe und suggeriert, dass das ein Jedi war, was er aber nicht bestätigt. (Eine Spiegelung zu dem, was Venstra in der anschließenden Szene am Tatort mit ihrem Begleiter macht).
Er nutzt im Großen Ganzen schlicht verdrängte Zweifel an sich und den Jedi, vor denen Osha wohl seit ihrem Ausscheiden weggelaufen ist und wegläuft. Schon in der ersten Episode wird angemerkt, dass "es wohl nicht weiter weg von Couscant" ging. In Folge vier will sie auch so schnell wie möglich die Jedi wieder verlassen.
Den Helm dann auszuprobieren, erscheint dann auch weniger als ein "Überlaufen" zu Quimir, als ein Versuch, zu testen, ob es stimmt, was er sagt. Wird der Helm es ihr erleichtern, die Macht wieder zu finden, obwohl sei davon ausging, dass diese Fähigkeit bei ihr geschwunden sei?
Insofern sehe ich nicht, dass FKK und schlichtes Bequatschen (zuimindest nicht im Sinne eine zuvor in sich gefestigte Person überreden) hier das zentrale Element sei.
Zur parallelen Qualitäts/Andor-Debatte:
Hier wurden ja schon mehrfach "The Boys" und "House of the Dragon" als Beispiele dafür genannt, wie man gute Serien mache.
Ich finde bei dieser ganzen Diskussion wird viel zu sehr außer Acht gelassen, dass die Zielgruppe eine ganz andere ist. SW wollte schon immer ausdrücklich auch die 12jährigen abholen. Das kann man doof finden, weil man schon älter ist und jetzt Sachen sehen will, die "nur" für mich und meine Altersgruppe gemacht sind oder man arrangiert sich damit, dass die Drehbücher dann anders ausfallen müssen. Oder anders formuliert: was würde von TB oder HotD noch übrig bleiben, wenn man die gleiche Zielgruppe anpeilen würde wie SW?
Natürlich könnte sich LF dazu entschließen, aus SW eine Franchise für Erwachsene zu machen (dass wäre dann anders als viele andere Punkte, die genannt werden, TATSÄCHLICH eine komplette Abkehr von Lucas´ Intention), aber ich würde es bedauern.
Mein 13jähriger Sohn, mit dem ich schaue, mag die Serie. Allerdings interessieren ihn Interviews mit Produzenten o.ä nicht. Den Begrif woke kennt er, weiß aber nicht, was das Problem sein soll, gerade in TA.
Und damit wäre ich bei Andor. Ich mag die Serie sehr gerne und freue mich auf die nächste Staffel. Aber ich hatte schon mal an anderer Stelle geschrieben: von allen Serien und Filmen im SW-Universum wäre Andor wohl eines der Schlusslichter gewesen, wenn es darum gegangen wäre, mein zwölfjähriges Ich dazu zu bringen, sich mit dem GANZEN SW-Universum beschäftigen zu wollen.
Ich finde übrigens die Handlungstruktur in TA relativ klassisch (ich erwähne das jetzt nur, weil ja auch das schlechte "Storytelling" immer wieder angeprangert wird).
Folge 1 ist eindeutige Exposition.
Folge 2 und 3 sind die steigende Handlung, der Konflikt beginnt sich zuzuspitzen, erste Hintergründe werden gezeigt, inklusive eines Rückblicks eines unsicheren Erzählers, der die "offizielle Jedi-Version" der Ereignisse zeigt.
Folge 4+5 sind im Prinzip Höhe- und Wendepunkt. Der Konflikt bringt eine erste große Auseinandersetzung hervor. Protagonist (Sol) und Antagonist (Quimir) bleiben übrig und "tauschen" ihren Schützling, was direkt in den
Folgen 6+7 zu fallenden Handlung führt. Die Loyalitäten und Zuordnungen werden nun verstärkt in Frage gestellt und man wird vermutlich in der nächsten Folge einen weiteren Rückblick sehen, der den Rest der Ereignisse zeigt. Somit spiegelt die fallende Handlung die steigende Handlung.
Folge 8 wird dann die Auflösung sein.
Nur, dass es eben kein Whodunnit, sondern wohl eher ein Whydunnit war.