Navara
die eiserne Faust der Republik
[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | nahe dem Tirahnn-System (Systemrand) || Kampfgruppe „Jela“ | [MC90] „Prometheus“ || Deck Eins | Kajüte des Commodore]
Commodore Navara Ven allein
Den Bruchteil einer Sekunde, bevor die „Prometheus“ tatsächlich wieder im schwarzen, luftleeren Realraum zwischen den Sternensystemen war, kündigte ein greller Blitz die Ankunft des tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzers der Neunziger-Klasse an. Im Gegensatz zu den beiden gestrandeten, sichtlich ramponierten Vehikeln – einer imperialen Sturmlandefähre und einem Z’ceptor – war das neurepublikanische Schlachtschiff ein echter Koloss aus massivem Durastahl. Kaum schob sich das etwas über einen Standardkilometer lange Kriegsschiff mit dem verbleibenden Schwung, den es aus dem erfolgreich absolvierten Mikrosprung mitgenommen, durch das Vakuum, blitzten auf einmal an dessen Backbordseite mehrfach flackernd das bläuliche Dämmfeld auf als zwei Rotten Sternjäger sowie mehrere Shuttles in kürzester Zeit aus dem dahinterliegenden Haupthangar starteten. In einer Entfernung von gut einem Kilometer sammelten sich all diese kleineren Maschinen und flogen dann direkt zu den beiden Wracks, um die darin befindlichen Überlebenden zu retten.
Navara Ven, der den militärischen Oberbefehl über diesen Einsatz hatte, saß zu diesem Zeitpunkt in dem Büro seiner geräumigen Kommandeurskajüte, studierte mit säuerlichem Gesichtsausdruck die Kopien der Schiffsrollen, die die Mannschaftsmitglieder der zerstörten Kriegsschiffen „Sympathy“, „Rebellion“ und „Resistance“ listeten, und verfasste nun schon seit etwa fünf Standardstunden auf der eingeschalteten, inzwischen surrenden Recheneinheit erste Entwürfe für Beileidsbekundungen für die Angehörigen der Toten. Dabei bewegten sich die ganze Zeit seine beiden tätowierten Lekku unruhig, sobald ihm eine neue Formulierung oder eine zusätzliche Erwähnung in den Sinn kam. Der muskulöse, breitschultrige Twi’lek-Krieger, der in Unterdrückung aufgewachsen war und sich seine Freiheit hatte erkämpfen müssen, war sich zwar bewusst, dass Kriege stets Opfer forderten, aber an einem Tag mehr als eintausend Seelen mit einem Mal vernichtet zu sehen, ließ auch ihn nicht kalt.
Brummend sah der grünhäutige Nichtmensch mit seinen siechgelben Augen von dem flimmernden Bildschirm auf, streckte sich kurz und griff nach der Tasse (inzwischen längst erkalteten) Cafs und trank den verbliebenen Rest in einem Schluck. Der überaus bittere Geschmack, den dieses sonst so belebende Getränk hatte, störte ihn in diesem Moment überhaupt nicht. Er musste sich nicht einmal instinktiv schütteln. Nachdem er den Blick einmal durch das Büro hatte schweifen lassen, wanderte seine Aufmerksamkeit nur sehr langsam, beinah zögerlich zu dem Bildschirm zurück. Commander Fashwantatos Portraitfoto starrte ihn. Der Blick ihrer lebendigen, flammenden hellbraunen Augen durchbohrten ihn förmlich. ‚Ihr ganzes Leben lang hat sie für die Freiheit gekämpft‘, dachte er als er das Bild der haarigen, hochgewachsenen Frozianerin eingehend betrachtete. ‚Hoffentlich ist sich diese Favreau der Last bewusst, die nun auf ihren Schultern ruht.‘ Abermals brummte der Twi’lek und war gerade im Begriff die nächsten Zeilen über die Kommandantin der zerstörten Nebulon B-Fregatte „Sympathy“ zu schreiben als plötzlich das interne Komgerät schrill piepste.
Sobald er den Kontaktversuch per Tastendruck angenommen hatte, begann sogleich eine näselnde Stimme zu sprechen: [Commodore Ven, hier Brücke; unsere ausgesandten Bergungsshuttles haben an der Sturmlandefähre und der Bastardmaschine festmachen können. Die Ingenieure rechen mit mindestens einer vollen Standardstunde bis die beiden Wracks soweit gesichert sind, dass man sie in den Haupthangar ziehen kann…]
Der uniformierte Twi’lek brummte bei dieser Zwischenmeldung erneut. Denn gleich nachdem man auf der „Prometheus“ über angezapfte Satelliten, die sich am Rande des Tirahnn-System befanden, mitbekommen hatte, dass die imperiale Sturmlandefähre beim Sprung in den Hyperraum irgendeine technische Unstimmigkeit gehabt haben musste – immerhin hatten die Sensoren in dem System eine schreckliche, grelle Explosion registriert –, hatten Captain Dar Rosh und er die Ressortsoffiziere der Navigations-, der Feuerleit- und der Flugleitstation sowie den Leitenden Ingenieur des tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzers der Neunziger-Klasse und die gegenwärtige Kommandeurin der an Bord stationierten Sternjäger, Colonel Dara Oki, auf der Stelle zu einer kurzen Krisenbesprechung zusammengetrommelt, um eine Rettungsmission zu initiieren – sofern jemand diesen „Fehlsprung“ überhaupt überlebt hatte.
Schon in einer sehr frühen Phase dieses kurzfristig einberaumten Krisengesprächs zeichnete sich ab, dass man alle Kapazitäten würde ausnutzen müssen, die der Rest der Kampfgruppe momentan noch zur Verfügung hatte, zog der nichtmenschliche Commodore per Holo-Verbindung kurzerhand auch noch die jeweiligen Experten der beiden auf dieser Mission die „Prometheus“ begleitenden Mark-I-Angriffsfregatten „Thunder“ und „Bolt“ hinzu. Obwohl die Datengrundlage, die sie alle in jenem Moment zur Hand hatten, als im besten Fall „spärlich“ zu bezeichnen war, gelang es ihnen in der Tat mit vereinten Kräften den möglichen Sprungvektor einzugrenzen, den die Sturmlandefähre bei ihrem Sprungversuch hatte nehmen wollen, und daraufhin im nächsten Schritt ein potenzielles Areal zwischen den Sternen abzustecken. Da nach dem Verlust der Nebulon B-Fregatte „Sympathy“ aber bloß noch der Mon Calamari-Sternenkreuzer über Sternjäger – immerhin zweiundsiebzig Stück! – in seinen Hangars hatte, musste Colonel Okis Piloten allein die Suche in Rastern vornehmen.
Es waren am Ende zehn Standardstunden – fünf Stunden nach Beendigung der Krisenbesprechung – vergangen als ein Paar A-Wings plötzlich meldeten, dass sie nach etlichen Mikrosprüngen ohne irgendein Ergebnis endlich die gesuchte Sturmlandefähre sowie deren Begleiter gefunden und sogar mit den Sensoren (schwache) Lebenszeichen registriert hatten. Durch die zahlreichen, teils äußerst schweren Schäden, die sich die beiden Vehikel auf der Flucht aus dem Tirahnn-System zugezogen hatten, fiel den beiden Piloten die Kommunikation mit den Gesuchten zwar schwer, aber irgendwie hatten sie nach etlichen rauschenden Funkwelchseln ein vages Lagebild erhalten und letztlich an die mehrere Lichtjahre entfernte „Prometheus“ weiterleiten können. Daraufhin hatte sich dann das neurepublikanische Schlachtschiff sowie dessen Begleiter, die beiden Mark-I-Angriffsfregatten, per einzelnen Hyperraumsprung auf den Weg gemacht. Dass Vorbereiten einer Bergung hatte Captain Rosh zu diesem Zeitpunkt aber schon längst angeordnet gehabt, um keine weitere wertvolle Zeit zu verschwenden.
Die näselnde Stimme sprach nach kurzer Pause weiter: [Das medizinische Personal hält sich schon im Hangar bereit, um sich gleich nach dem erfolgreichen Bergen schnellstmöglich Zugang zu den gemeldeten Verletzten verschaffen zu können.]
„Danke, Ensign“, entgegnete Navara im nüchternen Tonfall. „Halten Sie mich bitte weiterhin auf dem Laufenden.“
Der schlaksige Rodianer, der eine dampfende Tasse Caf – versetzt mit einem klitzekleinen Schluck corellianischen Whisky – in der Hand hielt und nach all diesen nervenaufreibenden Stunden in etwa genauso abgekämpft wie der Twi’lek aussah, seufzte ausgelaugt, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete mit seinen riesigen Facettenaugen ausdruckslos die in die Luft projizierte Karte des Inneren Randes. „Als ich vorhin die Krankenstation besuchte, nahm mich kurzerhand Doktor Habat zur Seite. Sie meinte, dass das wohl eine Rettung in letzter Sekunde war. Hätten unsere Piloten die Fähre bloß eine oder zwei Stunden später gefunden, wäre Favreau nicht mehr unter den Lebenden gewesen.“ Er nippte nach kurzem Pusten an seiner vollen Tasse Caf. „Bei den schweren Verletzungen, die sie sich zugezogen hat, ist es zwar fraglich, ob da noch viel Lebenswille vorhanden ist … aber das sollte wohl nicht unsere Sorge sein, was?“
„Kommt darauf an“, brummte der Twi’lek, während er mit seinem Lichtstift nebenbei mögliche Kurse in die mit einem leichten Blaustich versehene Projektion einzeichnete. „Diese Frau scheint mächtige Freunde auf Mon Calamari haben. Sollte sie womöglich rachsüchtig sein, kann sie uns das weitere Leben bestimmt ziemlich schwer machen. Und da sie in den letzten Jahren dem Imperium die Stirn geboten hat, gehe ich erst einmal nicht von allzu viel Sanftmütigkeit bei ihr aus.“
Dar Rosh seufzte abermals. Man merkte ihm an, dass ihm dieser lange Tag allerhand Kraft gekostet hatte. „Und was sollen wir nun tun? Im Vergleich zu dem meisten Material, das unserer Flotte noch immer zur Verfügung steht, mag die Neunziger-Klasse zwar herausstechen, aber ein Hospitalschiff kann unsere Krankenstation trotzdem nicht ersetzen.“ Er schüttelte den Kopf. „Habat hat gar nicht die Möglichkeit diese Patientin auf Dauer adäquat versorgen zu können. Das Bacta, was wir haben, mag zwar hochklassig sein, aber chirurgische Wunder darf man da wahrscheinlich trotzdem nicht erwarten.“
„Darum werden wir weiter unseren Plan B verfolgen müssen“, entgegnete Navara. „Statt also auf dem selben Weg nach Coruscant zurückzukehren, was Plan A gewesen wäre, werden wir nun alternativ die nächst gelegene Flottenstation anpeilen.“ Mit seinem Lichtstift kreiste er eine nahe Region ein. „Die Hapaner sind in diesem Fall unsere einzige Option.“
Besonders viele Möglichkeiten hatte seine verbliebene Kampfgruppe nicht zur Auswahl. Tirahnn, das sich in direkter Nachbarschaft zur imperialen Festungswelt Tanaab befand, lag im Hinblick auf Bandormeer, den Heimathafen der Vierten Gefechtsflotte, oder Columex nahe Lianna viel zu tief im imperialen Raum. Wollte man weiterhin unentdeckt bleiben, würde man sich bloß mit sehr kleinen Sprüngen – gewissermaßen von System zu System – vorwärts bewegen können. Fraglich war dann aber, ob der schwer verletzten Tirahnnerin noch so viel Zeit vergönnt war. Selbst die ithorianische Leiterin der Krankenstation an Bord der „Prometheus“, Doktor Habat, hatte bloß begrenzte Mittel zum Behandeln von Verletzungen zur Verfügung. In der Regel wurde auf Kriegsschiffen nur die Erstversorgung garantiert. Für weiterführende Behandlungen waren hingegen speziell für diesen Einsatz vorgesehene Lazarett- oder gar Hospitalschiffe zuständig.
Der rodianische Uniformierte studierte einen Moment lang die Karte. „Dann werden wir uns wohl an Tanaab vorbei schleichen müssen, um auf den Hapan Spine zu gelangen.“ Er nahm noch einen Schluck Caf zu sich. „In Anbetracht all der Geschehnissen, die sich gerade eben erst im Tirahnn-System abgespielt haben, dürfte das schwer werden. Sehr schwer.“
„Richtig, richtig“, stimmte der Commodore seinem Captain zu. „Um nicht etwa zufällig einer Patrouille der Imperialen in die Arme zu springen, gedenke ich daher, dass wir einen Umweg über Ktil nehmen sollten. Das kostet uns zwar etliche Stunden im Vergleich zu einem direkten Kurs entlang der Perlimian Trade Route, aber ich möchte trotzdem nicht als derjenige in die Geschichtsbücher künftiger Generationen eingehen, der alleiniger Auslöser für einen erneuten Ausbruch des Krieges ist.“
Dar Rosh lachte rau. „Verständlich, verständlich, Sir. Geht mir – als potenziellen Helfer – wirklich nicht anders.“ Durch das Betätigen mehrerer Tasten ließ er kurz darauf jenen Ausschnitt vergrößern, der den Hapanischen Sternhaufen zeigte. „Könnte das Roqoo Depot über ein Militärkrankenhaus verfügen? Was meinen Sie, Sir?“
Einen Moment lang überlegte der Twi’lek. Als die „Prometheus“, als Teil der Fünfte Gefechtsflotte, bei Corellia die imperialen Besatzer vertrieben hatte, hatte man am Ende zwar Unterstützung durch hapanische Schlachtdrachen und Nova-Kreuzer erhalten, aber irgendeinen näheren Umgang hatte er – weder davor, noch danach – nicht mit ihnen gepflegt. Inwiefern deren Sternhaufen also militärisch aufgestellt war, konnte er in diesem Moment daher gar nicht sagen. Da die Hapaner sogar erst im Zuge der Militärkampagne „Republic Dawn“ (wieder) ein Teil der Neuen Republik wurden, konnte Navara nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob nicht unter Umständen die Schiffsdatenbank des Mon Calamari-Sternenkreuzers noch immer „veraltet“ war. Möglicherweise nahm er Kurs auf das Roqoo Depot – und am Ende schickte man ihn tiefer in den Cluster hinein. Vielleicht hatten die Hapaner auch nur auf ihrer gleichnamigen Hauptwelt die medizinische Ausrüstung, die eine schwer verletzte Patientin wie Simone Camille Favreau benötigte.
„Wir können es bloß ausprobieren, Dar“, entschied der Twi’lek und lehnte sich erschöpft zurück. „Lassen Sie die verbliebenen Schiffe Kurs auf Ktil setzen … und sobald wir im Hyperraum sind, sollten Sie sich eine Mütze voller Schlaf gönnen.“ Er lächelte matt. „Die nächsten Tage werden nämlich mit Sicherheit nicht weniger anstrengend...“
Commodore Navara Ven allein
Den Bruchteil einer Sekunde, bevor die „Prometheus“ tatsächlich wieder im schwarzen, luftleeren Realraum zwischen den Sternensystemen war, kündigte ein greller Blitz die Ankunft des tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzers der Neunziger-Klasse an. Im Gegensatz zu den beiden gestrandeten, sichtlich ramponierten Vehikeln – einer imperialen Sturmlandefähre und einem Z’ceptor – war das neurepublikanische Schlachtschiff ein echter Koloss aus massivem Durastahl. Kaum schob sich das etwas über einen Standardkilometer lange Kriegsschiff mit dem verbleibenden Schwung, den es aus dem erfolgreich absolvierten Mikrosprung mitgenommen, durch das Vakuum, blitzten auf einmal an dessen Backbordseite mehrfach flackernd das bläuliche Dämmfeld auf als zwei Rotten Sternjäger sowie mehrere Shuttles in kürzester Zeit aus dem dahinterliegenden Haupthangar starteten. In einer Entfernung von gut einem Kilometer sammelten sich all diese kleineren Maschinen und flogen dann direkt zu den beiden Wracks, um die darin befindlichen Überlebenden zu retten.
Navara Ven, der den militärischen Oberbefehl über diesen Einsatz hatte, saß zu diesem Zeitpunkt in dem Büro seiner geräumigen Kommandeurskajüte, studierte mit säuerlichem Gesichtsausdruck die Kopien der Schiffsrollen, die die Mannschaftsmitglieder der zerstörten Kriegsschiffen „Sympathy“, „Rebellion“ und „Resistance“ listeten, und verfasste nun schon seit etwa fünf Standardstunden auf der eingeschalteten, inzwischen surrenden Recheneinheit erste Entwürfe für Beileidsbekundungen für die Angehörigen der Toten. Dabei bewegten sich die ganze Zeit seine beiden tätowierten Lekku unruhig, sobald ihm eine neue Formulierung oder eine zusätzliche Erwähnung in den Sinn kam. Der muskulöse, breitschultrige Twi’lek-Krieger, der in Unterdrückung aufgewachsen war und sich seine Freiheit hatte erkämpfen müssen, war sich zwar bewusst, dass Kriege stets Opfer forderten, aber an einem Tag mehr als eintausend Seelen mit einem Mal vernichtet zu sehen, ließ auch ihn nicht kalt.
Brummend sah der grünhäutige Nichtmensch mit seinen siechgelben Augen von dem flimmernden Bildschirm auf, streckte sich kurz und griff nach der Tasse (inzwischen längst erkalteten) Cafs und trank den verbliebenen Rest in einem Schluck. Der überaus bittere Geschmack, den dieses sonst so belebende Getränk hatte, störte ihn in diesem Moment überhaupt nicht. Er musste sich nicht einmal instinktiv schütteln. Nachdem er den Blick einmal durch das Büro hatte schweifen lassen, wanderte seine Aufmerksamkeit nur sehr langsam, beinah zögerlich zu dem Bildschirm zurück. Commander Fashwantatos Portraitfoto starrte ihn. Der Blick ihrer lebendigen, flammenden hellbraunen Augen durchbohrten ihn förmlich. ‚Ihr ganzes Leben lang hat sie für die Freiheit gekämpft‘, dachte er als er das Bild der haarigen, hochgewachsenen Frozianerin eingehend betrachtete. ‚Hoffentlich ist sich diese Favreau der Last bewusst, die nun auf ihren Schultern ruht.‘ Abermals brummte der Twi’lek und war gerade im Begriff die nächsten Zeilen über die Kommandantin der zerstörten Nebulon B-Fregatte „Sympathy“ zu schreiben als plötzlich das interne Komgerät schrill piepste.
Sobald er den Kontaktversuch per Tastendruck angenommen hatte, begann sogleich eine näselnde Stimme zu sprechen: [Commodore Ven, hier Brücke; unsere ausgesandten Bergungsshuttles haben an der Sturmlandefähre und der Bastardmaschine festmachen können. Die Ingenieure rechen mit mindestens einer vollen Standardstunde bis die beiden Wracks soweit gesichert sind, dass man sie in den Haupthangar ziehen kann…]
Der uniformierte Twi’lek brummte bei dieser Zwischenmeldung erneut. Denn gleich nachdem man auf der „Prometheus“ über angezapfte Satelliten, die sich am Rande des Tirahnn-System befanden, mitbekommen hatte, dass die imperiale Sturmlandefähre beim Sprung in den Hyperraum irgendeine technische Unstimmigkeit gehabt haben musste – immerhin hatten die Sensoren in dem System eine schreckliche, grelle Explosion registriert –, hatten Captain Dar Rosh und er die Ressortsoffiziere der Navigations-, der Feuerleit- und der Flugleitstation sowie den Leitenden Ingenieur des tiefblauen Mon Calamari-Sternenkreuzers der Neunziger-Klasse und die gegenwärtige Kommandeurin der an Bord stationierten Sternjäger, Colonel Dara Oki, auf der Stelle zu einer kurzen Krisenbesprechung zusammengetrommelt, um eine Rettungsmission zu initiieren – sofern jemand diesen „Fehlsprung“ überhaupt überlebt hatte.
Schon in einer sehr frühen Phase dieses kurzfristig einberaumten Krisengesprächs zeichnete sich ab, dass man alle Kapazitäten würde ausnutzen müssen, die der Rest der Kampfgruppe momentan noch zur Verfügung hatte, zog der nichtmenschliche Commodore per Holo-Verbindung kurzerhand auch noch die jeweiligen Experten der beiden auf dieser Mission die „Prometheus“ begleitenden Mark-I-Angriffsfregatten „Thunder“ und „Bolt“ hinzu. Obwohl die Datengrundlage, die sie alle in jenem Moment zur Hand hatten, als im besten Fall „spärlich“ zu bezeichnen war, gelang es ihnen in der Tat mit vereinten Kräften den möglichen Sprungvektor einzugrenzen, den die Sturmlandefähre bei ihrem Sprungversuch hatte nehmen wollen, und daraufhin im nächsten Schritt ein potenzielles Areal zwischen den Sternen abzustecken. Da nach dem Verlust der Nebulon B-Fregatte „Sympathy“ aber bloß noch der Mon Calamari-Sternenkreuzer über Sternjäger – immerhin zweiundsiebzig Stück! – in seinen Hangars hatte, musste Colonel Okis Piloten allein die Suche in Rastern vornehmen.
Es waren am Ende zehn Standardstunden – fünf Stunden nach Beendigung der Krisenbesprechung – vergangen als ein Paar A-Wings plötzlich meldeten, dass sie nach etlichen Mikrosprüngen ohne irgendein Ergebnis endlich die gesuchte Sturmlandefähre sowie deren Begleiter gefunden und sogar mit den Sensoren (schwache) Lebenszeichen registriert hatten. Durch die zahlreichen, teils äußerst schweren Schäden, die sich die beiden Vehikel auf der Flucht aus dem Tirahnn-System zugezogen hatten, fiel den beiden Piloten die Kommunikation mit den Gesuchten zwar schwer, aber irgendwie hatten sie nach etlichen rauschenden Funkwelchseln ein vages Lagebild erhalten und letztlich an die mehrere Lichtjahre entfernte „Prometheus“ weiterleiten können. Daraufhin hatte sich dann das neurepublikanische Schlachtschiff sowie dessen Begleiter, die beiden Mark-I-Angriffsfregatten, per einzelnen Hyperraumsprung auf den Weg gemacht. Dass Vorbereiten einer Bergung hatte Captain Rosh zu diesem Zeitpunkt aber schon längst angeordnet gehabt, um keine weitere wertvolle Zeit zu verschwenden.
Die näselnde Stimme sprach nach kurzer Pause weiter: [Das medizinische Personal hält sich schon im Hangar bereit, um sich gleich nach dem erfolgreichen Bergen schnellstmöglich Zugang zu den gemeldeten Verletzten verschaffen zu können.]
„Danke, Ensign“, entgegnete Navara im nüchternen Tonfall. „Halten Sie mich bitte weiterhin auf dem Laufenden.“
***
Der schlaksige Rodianer, der eine dampfende Tasse Caf – versetzt mit einem klitzekleinen Schluck corellianischen Whisky – in der Hand hielt und nach all diesen nervenaufreibenden Stunden in etwa genauso abgekämpft wie der Twi’lek aussah, seufzte ausgelaugt, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete mit seinen riesigen Facettenaugen ausdruckslos die in die Luft projizierte Karte des Inneren Randes. „Als ich vorhin die Krankenstation besuchte, nahm mich kurzerhand Doktor Habat zur Seite. Sie meinte, dass das wohl eine Rettung in letzter Sekunde war. Hätten unsere Piloten die Fähre bloß eine oder zwei Stunden später gefunden, wäre Favreau nicht mehr unter den Lebenden gewesen.“ Er nippte nach kurzem Pusten an seiner vollen Tasse Caf. „Bei den schweren Verletzungen, die sie sich zugezogen hat, ist es zwar fraglich, ob da noch viel Lebenswille vorhanden ist … aber das sollte wohl nicht unsere Sorge sein, was?“
„Kommt darauf an“, brummte der Twi’lek, während er mit seinem Lichtstift nebenbei mögliche Kurse in die mit einem leichten Blaustich versehene Projektion einzeichnete. „Diese Frau scheint mächtige Freunde auf Mon Calamari haben. Sollte sie womöglich rachsüchtig sein, kann sie uns das weitere Leben bestimmt ziemlich schwer machen. Und da sie in den letzten Jahren dem Imperium die Stirn geboten hat, gehe ich erst einmal nicht von allzu viel Sanftmütigkeit bei ihr aus.“
Dar Rosh seufzte abermals. Man merkte ihm an, dass ihm dieser lange Tag allerhand Kraft gekostet hatte. „Und was sollen wir nun tun? Im Vergleich zu dem meisten Material, das unserer Flotte noch immer zur Verfügung steht, mag die Neunziger-Klasse zwar herausstechen, aber ein Hospitalschiff kann unsere Krankenstation trotzdem nicht ersetzen.“ Er schüttelte den Kopf. „Habat hat gar nicht die Möglichkeit diese Patientin auf Dauer adäquat versorgen zu können. Das Bacta, was wir haben, mag zwar hochklassig sein, aber chirurgische Wunder darf man da wahrscheinlich trotzdem nicht erwarten.“
„Darum werden wir weiter unseren Plan B verfolgen müssen“, entgegnete Navara. „Statt also auf dem selben Weg nach Coruscant zurückzukehren, was Plan A gewesen wäre, werden wir nun alternativ die nächst gelegene Flottenstation anpeilen.“ Mit seinem Lichtstift kreiste er eine nahe Region ein. „Die Hapaner sind in diesem Fall unsere einzige Option.“
Besonders viele Möglichkeiten hatte seine verbliebene Kampfgruppe nicht zur Auswahl. Tirahnn, das sich in direkter Nachbarschaft zur imperialen Festungswelt Tanaab befand, lag im Hinblick auf Bandormeer, den Heimathafen der Vierten Gefechtsflotte, oder Columex nahe Lianna viel zu tief im imperialen Raum. Wollte man weiterhin unentdeckt bleiben, würde man sich bloß mit sehr kleinen Sprüngen – gewissermaßen von System zu System – vorwärts bewegen können. Fraglich war dann aber, ob der schwer verletzten Tirahnnerin noch so viel Zeit vergönnt war. Selbst die ithorianische Leiterin der Krankenstation an Bord der „Prometheus“, Doktor Habat, hatte bloß begrenzte Mittel zum Behandeln von Verletzungen zur Verfügung. In der Regel wurde auf Kriegsschiffen nur die Erstversorgung garantiert. Für weiterführende Behandlungen waren hingegen speziell für diesen Einsatz vorgesehene Lazarett- oder gar Hospitalschiffe zuständig.
Der rodianische Uniformierte studierte einen Moment lang die Karte. „Dann werden wir uns wohl an Tanaab vorbei schleichen müssen, um auf den Hapan Spine zu gelangen.“ Er nahm noch einen Schluck Caf zu sich. „In Anbetracht all der Geschehnissen, die sich gerade eben erst im Tirahnn-System abgespielt haben, dürfte das schwer werden. Sehr schwer.“
„Richtig, richtig“, stimmte der Commodore seinem Captain zu. „Um nicht etwa zufällig einer Patrouille der Imperialen in die Arme zu springen, gedenke ich daher, dass wir einen Umweg über Ktil nehmen sollten. Das kostet uns zwar etliche Stunden im Vergleich zu einem direkten Kurs entlang der Perlimian Trade Route, aber ich möchte trotzdem nicht als derjenige in die Geschichtsbücher künftiger Generationen eingehen, der alleiniger Auslöser für einen erneuten Ausbruch des Krieges ist.“
Dar Rosh lachte rau. „Verständlich, verständlich, Sir. Geht mir – als potenziellen Helfer – wirklich nicht anders.“ Durch das Betätigen mehrerer Tasten ließ er kurz darauf jenen Ausschnitt vergrößern, der den Hapanischen Sternhaufen zeigte. „Könnte das Roqoo Depot über ein Militärkrankenhaus verfügen? Was meinen Sie, Sir?“
Einen Moment lang überlegte der Twi’lek. Als die „Prometheus“, als Teil der Fünfte Gefechtsflotte, bei Corellia die imperialen Besatzer vertrieben hatte, hatte man am Ende zwar Unterstützung durch hapanische Schlachtdrachen und Nova-Kreuzer erhalten, aber irgendeinen näheren Umgang hatte er – weder davor, noch danach – nicht mit ihnen gepflegt. Inwiefern deren Sternhaufen also militärisch aufgestellt war, konnte er in diesem Moment daher gar nicht sagen. Da die Hapaner sogar erst im Zuge der Militärkampagne „Republic Dawn“ (wieder) ein Teil der Neuen Republik wurden, konnte Navara nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob nicht unter Umständen die Schiffsdatenbank des Mon Calamari-Sternenkreuzers noch immer „veraltet“ war. Möglicherweise nahm er Kurs auf das Roqoo Depot – und am Ende schickte man ihn tiefer in den Cluster hinein. Vielleicht hatten die Hapaner auch nur auf ihrer gleichnamigen Hauptwelt die medizinische Ausrüstung, die eine schwer verletzte Patientin wie Simone Camille Favreau benötigte.
„Wir können es bloß ausprobieren, Dar“, entschied der Twi’lek und lehnte sich erschöpft zurück. „Lassen Sie die verbliebenen Schiffe Kurs auf Ktil setzen … und sobald wir im Hyperraum sind, sollten Sie sich eine Mütze voller Schlaf gönnen.“ Er lächelte matt. „Die nächsten Tage werden nämlich mit Sicherheit nicht weniger anstrengend...“
[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | nahe dem Tirahnn-System (Systemrand) || Kampfgruppe „Jela“ | [MC90] „Prometheus“ || Deck Eins | Kajüte des Commodore]
Commodore Navara Ven und Captain Rosh
Commodore Navara Ven und Captain Rosh