Nach einer Nacht des Verdauungsschlafs und einem nachdenklichen Arbeits- bzw. Unitag melde ich mich hier dann auch mal mit meiner Meinung zu Wort...
....wieder einmal sind wir unserer jährlichen Tradition nachgegangen und haben die Mitternachtspremiere im OV besucht, dabei Schlafmangel mit Freuden in Kauf nehmend. Diesmal ist es aber echt schwierig, denn dieser Film ist so durchwachsen wie (meiner Meinung nach) kein anderer Star Wars Film zuvor.
Vorab: Ich brauche echt erstaunlich lange um TLJ zu verdauen und werde ihn definitiv ein weiteres Mal sehen müssen, bevor ich mir ein endgültiges Urteil erlauben kann, aber bei derzeitgem Stand würde ich grob 7.5/10 sagen - da in dieser Umfrage aber nur ganze Zahlen verfügbar sind und der Film für mich eher in Richtung "ganz gut" als in Richtung "Meisterwerk" tendiert, würde ich dann auf eine 7 zurückgehen. Dies mag sich nach mehrmaligem Schauen noch ändern, doch derzeit ist das meine Einschätzung.
Wie in anderen Posts hier auch, folgen in diesem Post sämtliche SPOILER!:
Erst mal zum Filmtechnischen:
Die Regie und Cinematography, auch der Schnitt haben mir ausgezeichnet gefallen. Rian Johnson hat sich nicht nur im Bereich Storytelling neue Dinge getraut (Stichwort Flashbacks), sondern auch regietechnisch sehr schöne Erzählstrukturen und Innovation in das Franchise gebracht, ohne dabeig gegen bestimmte "Regeln" wie dem Opening Crawl zu verstoßen. Der Mann weiß eben wie man Bilder einfängt und das kam auch den Kämpfen sehr zugunsten, die sich durch Ganzkörperaufnahmen und dergleichen meiner Meinung nach in der Riege der Besten der Saga einordnen.
Zu meckern habe ich technisch nichts, es war auch schön und nostalgisch John Williams und seine bekannten Themen aus der Lucas-Ära UND TFA in neuen Variationen zu hören. Mir haben da nur (genau wie bei TFA, abseits von Rey Thema) die orignellen neuen Stücke gefehlt, die sich ewig in mein Gedächtnis einbrennen und für die Star Wars eigentlich auch bekannt ist - besonders gelungen war ihm dies etwa mit Duel of the Fates, Across the Stars und Battle of the Heroes in der PT, aber bisher fehlt der ST ein solches musikalisches Meisterwerk.
Visuell wurde natürlich wieder jedemenge geboten - CGI und praktische Effekte gehörten auch in dieser Episode größtenteils zum Besten, was die Filmindustrie derzeit zu bieten hat. Auch viele der Designs (insbesondere die Salzwüste mit den roten Akzenten und Snokes Thronsaal) haben mir verdammt gut gefallen. Einzig Yoda ist mir sauer aufgestoßen... Angesichts ihrer Entstehungszeit macht mir die Puppe in der OT nichts aus und sie gehört für mich zu TESB und RotJ einfach dazu (entgegen der furchtbaren TPM-Puppe, die zum Glück für die Bluray ausgetauscht wurde...), aber ich verstehe nicht, wieso dieser Yoda so UNBEDINGT der alten Puppe nachempfunden sein musste, ganz offensichtlich nur um Anti-Prequel-Manchilds zu besänftigen und zu unterstreichen, dass die ST an so vielen Stellen der OT gleichen soll? Ich, für meinen Teil, hätte nichts gegen einen RotS-CGI-Yoda mit mehr Details gehabt, das hätte sich besser in das visuelle Gesamtbild dieses Films eingefügt. An Yodas Design war irgendetwas merkwürdig, er sah einfach nicht "richtig" aus...
Darstellerisch habe ich rein garnichts zu bemängeln. Hervorgestochen sind für mich Mark Hamill, Carrie Fisher (Gott war es traurig und schwierig sie in gewissen Szenen zu sehen) und Adam Driver. Es gab durchweg tolles Schauspiel, aber die drei haben für mich die Show gestohlen.
Nun also zur Handlung...
Dies ist der wichtigste und zugleich durchwachsene Teil für mich. Hier gab es viel Gutes und einiges Schlechtes.
In erster Linie bin ich unglaublich froh, dass man sich etwas getraut und absolut garkein TESB-Remake produziert hat, ähnlich wie sich TFA stark an der Handlung von ANH orientiert hat. Vollkommen gleich welche Schwächen die Handlung von TLJ aufweist, ich rechne Lucasfilm hoch an, dass man gewagte Schritte geht und sehe immerhin in diesem Bereich eine rosige Zukunft für das Franchise, sollte dieser Kurs beibehalten werden. Selbstverständlich waren Twists wie Lukes Machtprojektion am Ende vorhersehbar, aber die Leia-Szene kam überraschend, ebenso wie Snokes urplötzlicher und antiklimaktischer Tod, der für mich schon fast so random und schockierend kam wie ein plötzlicher Tod in Game of Thrones.
In der Hinsicht war ich also sehr angenehm von einer unerwarteten Handlung überrascht. Gleich zu Beginn des Films machte sich aber schon eins der für mich größten Probleme erkennbar: Der Humor. Ich fand zwar dass TFA stellenweise "zu lustig" und "nicht ernst genug" war, aber der Humor in dem Film hat immerhin durchgehend funktioniert. Sogar der Jar Jar Slapstick in TPM (so albern wie er auch war), wurde nie an falschen Stellen platziert - man erinnere sich an die Szene mit Jar Jar und Padmé, die aufgrund der Bürokratie des korrupten Senats verzweifeln und die Zerstörung Naboos befürchten: Jar Jar spricht zwar immer noch seinen bescheuerten Dialekt, aber der Gungan wird in solchen Szenen, in denen es vom Ton her völlig unangemessen wäre, nicht für billige Gags genutzt.
Der Humor in TLJ funktioniert teilweise recht gut (ähnlich wie in TFA) und teilweise jedoch überhaupt nicht, insbesondere aufgrund mir unverständlicher Fehlplatzierungen. Wir haben einen explosiven, brutalen, spannenden und genial in Szene gesetzten Anfang mit der Raumschlacht über D'Qar (insbesondere die Sequenz mit dem Bomber), aber jeglicher Spannungsaufbau im Vorfeld des Konflikts wird mit dem albernen Dialog zwischen Poe und Hux gleich aufgehalten und behindert. Wie bereits jemand an anderer Stelle schrieb, handelt es sich dabei um typischen Marvel-Humor und der gehört meiner Meinung nach absolut nicht in die ersten Sekunden eines vermeintlich düsteren Mittelteils einer Trilogie, in dem die verzweifelten Protagonisten auf die Probe gestellt werden.
Der Humor, so lustig er hier und da auch mal war, stellt für mich mit das größte Problem dar und ich wünsche mir wirklich, dass dieser in IX rasant zurückgefahren wird. Zwar muss es kein Ace Ventura-Ripoff sein, aber etwas Humor kann im Han Solo Film nicht schaden - in diesem Film hat solcher Humor in einem solchen Ausmaß nichts verloren!
Mein allergrößtes Problem mit der Handlung war aber der große Mittelfinger, der so vielen Fans gezeigt wurde. Die wichtigsten Fragen nach TFA waren "Wer sind Reys Eltern?", "Wer ist Snoke und wieso führt er die First Order an?" und "Wie wird Luke auf die Begegnung mit Rey und Anakins altem Lichtschwert reagieren?".
Die Antworten?
Luke wirft das Lichtschwert respektlos weg und verzieht sich - Hauptsache das Publikum hat seinen kleinen Marvel-Lacher - Rey ist die Tochter Unbekannter und damit absolut niemand - und solange Ben nicht gelogen hat und es in IX nicht doch eine Offenbarung á la "from a certain point of view" gibt, ist sie also tatsächlich eine Mary Sue - und Snoke, der geheimnisvolle dunkle Machtnutzer, Manipulator Ben Solos, Supreme Leader der First Order ist weder Darth Plagueis, noch ein antiker Sith-Vampir oder sonst irgendetwas Besonderes, sondern einfach ein dummer CGI-Opa der genauso hochmütig ist wie Sidious und ohne jegliche Hintergründe komplett antiklimaktisch niedergestreckt wird.
Snoke ist tatsächlich mit größtes Problem mit diesem gesamten Film: Andy Serkis war super in der Rolle, Snokes Design interessant, es hätte so viel daraus gemacht werden können. Es stört mich nicht, dass Snoke bereits so früh gestorben ist, denn das spielt in mein anfängliches Lob an Lucasfilm und Disney hinein, dass man sich eben etwas gewagt und etwas Neues gemacht hat. Es geht mir eher darum, WIE das Ganze passiert ist.
Ich verstehe dass der ganze Film auf das Konzept hinaus möchte, dass das Alte vergessen werden muss, um dem besseren und stärkeren Neuen zu weichen (wie Ben es auch grob erklärt) und dementsprechend setzt Ben sich als Kylo Ren gegen seinen Meister durch und beansprucht diese Macht für sich - etwas, das Vader niemals gelungen ist und somit hat er sein Vorbild in der Hinsicht sogar übertroffen.
Dieses ganze Konzept ist meiner Meinung nach sehr interessant und als Twist völlig in Ordnung, ABER 1-2 Dialogzeilen allein hätten für mich schon Welten bewegen können, etwa im Sinne von Kylo Ren, der erklärt: "Unbekannte, alte Machtnutzer gibt es über die gesamte Galaxis verstreut. Dieser alte Narr hat ein paar kleine Blitze heraufbeschworen und schon glaubt die First Order ihren neuen Imperator entdeckt zu haben. Snoke war schwach, aber er hat mir ein Imperium gegeben - ein Werkzeug, mit dem ich der Galaxis endlich ihre Ordnung geben kann." - nur ein solcher Dialog hätte dem Charakter ausreichend "Tiefe" verliehen, um seinen Abgang nicht komplett billig wirken zu lassen! Noch viel lieber hätte ich das gesehen, samt einem kleinen Kampf zwischen Snoke, Ben und Rey. Vielleicht besiegt die noch herzensgute Rey den alten Machtnutzer und Ben, der der dunklen Seite verfallen ist, wittert seine Chance und gibt ihm den Rest, ähnlich wie Anakin es bei Count Dooku tat.
Wie gesagt: es ist nicht der plötzliche Tod der mich stört, immerhin wird der dritte Akt dieser Trilogie dadurch weniger vorhersehbar und definitiv kein Remake von RotJ, aber die Umsetzung war meiner Meinung nach unter aller Sau, obgleich der Kampf gegen die Prätorianer ziemlich episch und genial war! Ich vermute übrigens, dass es sich bei denen vielleicht um die Knights of Ren handeln könnte, jedoch lediglich in zeremoniellen roten Rüstungen...
Diese Twists machen auf mich den Eindruck dass es sie nur gibt, um Fans zu zeigen dass niemand mit seiner Spekulation Recht hatte und alles anders kommt als erwartet, aber die Handlung muss eben trotzdem irgendwo klimaktisch und logisch sein, Überraschungen allein machen eine Geschichte noch lange nicht gut!
Übrigens noch eine kleine Anmerkung zur Sache mit Reys Eltern: Ich habe von Anfang an vermutet und gehofft, dass ihre Eltern keine uns bereits bekannten Charaktere sind. Ich bin froh, dass sie weder eine Skywalker, noch eine Kenobi, Versio oder Palpatine ist. Aber ich hoffe trotzdem, dass Ben gelogen hat, beziehungsweise wir noch nicht die wahre Hintergrundgeschichte kennen und Reys Eltern für IX noch irgendwie relevant sind, einfach mehr hinter ihrer Macht steckt. Da würde ich mich sogar mit der Theorie einer neuen Auserwählten zufrieden geben...
Was Finn und Rose betrifft, muss ich den Meisten Recht geben: Ihr Handlungsstrang wirkte zum Teil nutzlos und hätte zumindest enorm gekürzt werden können. Am Casino habe ich mich nicht so sehr gestört wie Einige, aber dieser Plot war viel zu lang und die Zeit hätte besser in Reys und Lukes Training investiert werden können, das aufgrund der tollen Darstellerchemie meiner Meinung nach mit das Beste am ganzen Film war.
Superman-Jesus-Leia hat mich nicht großartig gestört, ich finde es sogar sehr interessant, dass ihre Machtfähigkeiten endlich gezeigt und genutzt werden, aber gleichzeitig macht es mich umso trauriger, dass Carrie Fisher ein so großer Part bevorgestanden hätte und sie nun entweder neu besetzt werden, oder Leia zwischen den Episoden oder zu Beginn von IX sterben muss...
Das klang nun alles sehr negativ und obwohl dies meiner Meinung nach zum Teil echt schwerwiegende Probleme sind, gab es auch viel Gutes, etwa die Action und viele dialoglastige Szenen, die ganz selten sogar mal auf erzwungenen Humor verzichteten. Star Wars muss für mich nicht aus permanenter Action bestehen und abseits langweiliger Senatssitzungen darf es gern mal zwischenmenschliches, dialoglastiges Drama geben.
Chewie hatte zwar etwas wenig zu tun, aber mir hat auch jede seiner Szenen gefallen. Und ja, diese Drecksviecher sind nur ein Gimmick und eine PR-Kommerz-Spielzeugkreation, aber meine Fresse, Disney wissen genau was sie tun, denn ich LIEBE Porgs und will nun unbedingt einen haben! Nach monatelangem Augenrollen hat das Porgfieber nun auch mich erwischt...
Es war absolut genial Yoda wiederzusehen, insbesondere gepaart mit Frank Oz' Stimme, der wir ja auch bereits in Rebels wiederbegegnet sind. Zwar war der CGI-Puppenlook eher schlecht als recht, aber die Szene an für sich war sehr schön und mehr als nur dummer Fanservice. Auch Lukes Abschied von Leia hat mich fast zu Tränen gerührt - für lebenslange Star Wars Fans gab es wirklich sehr viel Emotionales zu sehen.
Luke in Aktion zu sehen (ungeachtet der Machtprojektion) war ein Traum der in Erfüllung ging und ein würdiger Abschied von einem der größten und wichtigsten Jedi-Meisters des gesamten Lores und einem meiner absoluten Kindsheitshelden, auch wenn ich lieber sein grünes Lichtschwert gesehen hätte, das immerhin in den Flashbacks genutzt wurde.
Ich glaube übrigens nicht, dass er aufgrund bloßer Erschöpfung im traditionellen Sinne gestorben ist. Ich glaube vielmehr dass Luke ganz einfach eins mit der Macht geworden ist, seinen inneren Frieden gefunden hat. Er hat seine Aufgabe erfüllt und der Galaxis Hoffnung gebracht - die physische Welt benötigt ihn nicht mehr und er steigt zu etwas Größerem und Mächtigerem auf, ähnlich wie Yoda seinerzeit. Garantiert haben wir von Luke noch nicht das Letzte gesehen, ich rechne fest mit einem Machtgeist, der Rey in IX erscheint.
Die ganze Hintergrundgeschichte mit Luke und Ben hat Kylo Rens Charakterentwicklung sehr geholfen und ihn zu einem weitaus interessanteren Charakter gemacht.
Ich mochte es wie Leia Poe zum Anführer der Resistance erzogen hat, auch wenn Holdo dabei doch nicht mehr als ein Wegwerfcharakter geblieben ist.
DJ war interessant, aber man hätte viel mehr mit ihm machen können und auch sollen!
Reys "Höhlensequenz" war angenehm unerwartet, aber auch da hatte ich auf etwas Besonderes gehofft.
Kleine Anmerkung am Rande, die aber nicht wirklich als großer Kritikpunkt gelten kann: Angesichts der Tatsache dass Hayden Christensen zur letzten Celebration erschienen ist und von vielen Fans mit großem Jubel herzlich empfangen wurde, hatte ich die klitzekleine Hoffnung, dass uns vielleicht ein Machtgeist von Anakin Skywalker erscheint, immerhin würde das mit Ben Solos Charakter-Arc zusammenpassen, denn er versucht in Vaders Fußstapfen zu treten und hat offensichtlich keine Ahnung von Vaders innerem Konflikt und könnte vom wahren Anakin eines Besseren belehrt werden. Außerdem könnte es diese Rey/Anakin-Parallele mit dem Auserwählten geben, es gibt also genug Möglichkeiten wie dieser in die Handlung eingebaut werden könnte.
Ich weiß, diesen ganzen kategorischen Prequel-Ablehnern zucken jetzt schon die Finger vor lauter Rants die sie zu diesem Thema nun abtippen könnten und aufgrund dieses Geheules ist es auch unwahrscheinlich, dass wir ihn in IX sehen werden, aber es ist immerhin möglich. Für TLJ war es während der Celebration schon zu spät, aber möglicherweise sollte die Reaktion des Publikums getestet werden, während man überlegt ihn in IX einzubauen? Er kam dort jedenfalls gut an und ich denke mit einem guten Drehbuch und passender Regieanweisung könnte J.J. Abrams so Einiges aus Christensen rausholen, denn ganz untalentiert ist der Mann auch nicht. Grundsätzlich freue ich mich über jede Erwähnung von PT- und OT-Inhalten, die die Saga wie ein großes Ding mit einer gemeinsamen Kontinuität aussehen lassen. Dementsprechend habe ich mich gefreut als Luke "Darth Sidious" beim Namen erwähnt - ein Name, der in der OT niemals fällt.
Wie ich bereits schrieb, hat dieser Film für mich viel Gutes und einiges Schlechtes. Immer wieder sehe ich eine Szene, bei der ich mir denke "Wow, war das genial!", nur um dann wieder von einem hirnrissigen und antiklimaktischen Twist oder unpassendem bzw. nicht funktionierenden Humor enttäuscht zu werden.
Nach langer Überlegung bleibt es für mich aber vorerst (nach erstem Schauen, das kann sich natürlich noch ändern) bei 7 von 10.
In meine Rangliste aller Star Wars Filme reiht er sich derzeit wie folgt ein:
1. TESB
2. RotS
3. RO
4. RotJ
5. TLJ
6. TFA
7. ANH
8. AotC
9. TPM