Everything Everywhere All At Once (2022)
Bei 'Amazon Prime' gibt es aktuell eine Rabatt-Phase, wo man Filme für teilweise schlappe 0,99€ leihen kann. Im Zuge dessen habe ich mir heute den Film Everything Everywhere All At Once von Daniel Kwan und Daniel Scheinert angesehen. Ich wusste lediglich, dass es um Paralleluniversen geht und dass der Film de facto eine US-amerikanisch/chinesische Co-Produktion ist, welche insgesamt äußerst gute Kritiken bei Publikum und professionellen Kritikern erhalten hat. Dementsprechend neugierig war ich. Nach dem Film muss ich sagen: Ich fühle mich nicht als Teil der Zielgruppe und sehe persönlich, ähnlich wie zuletzt vielleicht bei Die letzten Jedi (2017), einigermaßen viel verschwendetes Potential bei diesem Streifen. Die Kameraarbeit, die Tonarbeit, die Musik, die Schauspieler, die Effekte - das alles verdient ganz großen Respekt und war wirklich Hollywood-Schwerstarbeit für die größten Leinwände. Also "top notch", wie der Amerikaner sagt. 1a, da gibt es nichts zu meckern. Aber ein Film gewinnt mich nicht allein durch Budget und damit in der Regel einhergehendes technisches Niveau, sondern durch Story, Atmosphäre und Charaktere. Und hier muss ich sagen, dass ich auf ganzer Linie enttäuscht wurde. Ich finde den Film viel, viel zu albern im Verhältnis zu seiner regelmäßig aufflammenden Selbstdarstellung in Sachen Dramatik, Epik und Emotionalität. Der Film nimmt sich nicht ernst - anstatt dass er dann aber "full comedy" geht oder alternativ nihilistisch-nüchtern bleibt, kommen immer und immer wieder diese „So, DAS müsst ihr jetzt aber emotional finden. Bitte an dieser Stelle ergriffen sein!“-Momente, welche mich total gestört haben. Interessanterweise wurde aber der filmeigene Humor und Absurditäten, melodramatisch-pompös präsentierter Ernst und eine "Alles egal"-Haltung in einer so hohen Frequenz abgewechselt, dass ich am Ende gar nicht groß auf das Gesehene reagiert habe: Weder gelacht, noch mitgefiebert, noch irgendeine Bindung zum Film aufgebaut. Es war fast so, als hätte der Film mir immer wieder die Lektion erteilen wollen „Du schaust immer noch zu? Selbst schuld! Was darf es noch sein? Eine weitere Tierquäl-Szene? Einen Kungfu-Kämpfer mit Dildo im Hintern? Oder doch lieber ein Plädoyer für Minderheiten? Du bleibst wirklich noch dran? Wie gesagt, selbst schuld. Ich bestimme, ob gelacht oder geweint wird. Ich bin ein total moderner, intelligenter Film, der ganz toll alles spiegelt. Ich unterhalte nicht, ich provoziere und misshandle zur Not den Zuschauer.“ Und ich weiß, dass manche Leute genau diese Art von Film total abfeiern. Hab auch schon Kommentare im Netz gelesen wie „10/10! Wenn ich in meinem Freundeskreis jemanden erwische, der den Film nicht mag, werde ich an dessen Verstand zweifeln.“ Und das war nicht nur dieser Kommentar, sondern da war eine ganze Reihe in diesem erhabenen Stil. So eine elitäre (dabei aber natürlich heterogene und unorganisierte) Zuschauer-Gruppierung habe ich zuletzt bei Rick and Morty sowie Die letzten Jedi im Netz wahrgenommen. Allerdings ist das nicht mal mein Problem; es geht mir nicht darum, dass ich in diesem Fall eine Außenseiter-Meinung habe. Mich hatte bloß interessiert, warum die Leute so oft die Bestpunktzahl vergeben und so weiter. Nun, die Story und die Botschaft sowie die gesamte Machart des Filmes (Pacing, Editing, Kamera, Humor, usw.) kommen wohl bei sehr vielen Zuschauern an. Ich konnte damit wenig anfangen. Die zu mutmaßende Botschaft „Seid netter und gelassener zueinander, denn es ist unter dem Strich ohnehin alles relativ sinnlos“ unterstütze ich und auch aufkeimende philosophische Fragen nach Multiversen, existenziellem Gewicht und 'Was-wäre-wenn?'-Szenarien waren nett und teils originell umgesetzt, aber so sehr ich es versucht habe: Mir konnte der Film Everything Everywhere All At Once nicht gefallen und er ließ mich mit verschiedenen, überwiegend eher negativen Gefühlen und Gemütszuständen zurück. Enttäuschung, Fremdscham, Anwiderung, Langeweile, Verblüffung ob des Hypes. Aber auch Begeisterung für so penible Kamera- und Schnittarbeit auf höchstem Niveau. Insbesondere mein Respekt vor der grandiosen handwerklichen Arbeit verhelfen dem Film dann noch zu ordentlichen
4,5 von 10 Witzen, die meinen Humor leider mal so gar nicht getroffen haben