Ich hatte mich extra zurückgehalten, weil ich nicht über viel Detailwissen zu diesen Ereignisse verfüge und dachte,
@Jedihammer könnte zu jedem einen Text schreiben, der Hintergründe und Folgen beleuchtet. Hätte ich gewusst, dass da auch nicht mehr als bei mir rauskommt, es sogar extrem vereinfacht ist und dann auch noch dazu missbraucht wird, persönliche Wertungen zu verbreiten, hätte ich's selber gemacht.
Hier wird die erzwungene Abdankung des Kaisers einfach als negativ abgestempelt wird, ohne zu erwähnen, dass sie eine Bedingung der USA war um den bereits verlorenen Krieg endlich zu beenden und man damit auch einer Revolution nach russischem Vorbild zuvorkommen wollte. Das ist eine fast schon verantwortungslos einseitige Darstellung von Geschichte.
Gleichzeitig wird die Ermordung eines für Demokratie und die Einheit Deutschlands einstehenden Politikers schlicht als positiv gewertet und den Mördern wird noch Courage dafür zugebilligt. Dabei wird auch noch so oft wie nur möglich das Wort "Verbrecher" für Blum verwendet und es wird einfach mal unterstellt, dass er irgendein Regime errichtet hätte, in dem "unzählige Menschen" gestorben wären. Belegt wird das natürlich nicht. Vor allem wird nicht belegt, dass in einem Deutschland, das 1848 geeint worden wäre und eine demokratisch erarbeitete Verfassung erhalten hätte, mehr Menschen gestorben wären als in den drei Kriegen, die später nötig waren um das Land zu einigen. Ganz zu schweigen von der Frage, ob wohl das rechte Regime von 1933 möglich gewesen wäre, hätten die Deutschen die Demokratie 1848 als Resultat eines Volksaufstandes erlebt und nicht erst 1919 als Folge eines verlorenen Krieges.
Auf der anderen Seite wird der Hitler-Ludendorff-Putsch nur als unwichtiges neutrales Ereignis abgetan. Da fällt das Wort "Verbrecher" kein einziges Mal und es kommt auch kein Verweis darauf, wie viele Menschen nicht gestorben wären, hätte man Hitler damals hingerichtet, so wie Blum. Auch hier wird ziemlich einseitig mit der Geschichte umgegangen. (*)
Jedihammer, du beklagst dich, dass man heute vom 9. November nur weiß, dass da die Reichskristallnacht stattgefunden hat. Aber gerade ein Verhalten wie deines hier trägt dazu bei, dass die Beschäftigung mit Geschichte vielen eher lästig ist. Denn jedes Mal, wenn man sieht, dass jemand, der Ahnung von Geschichte zu haben scheint, nicht einmal versucht, Ereignisse so mehrdimensional darzustellen, wie sie eben sind, sondern alles nur auf einseitige Halbwahrheiten reduziert mit denen er offenbar seine persönlichen Ansichten propagieren will, dann bekommt man natürlich ein schlechtes Bild von Geschichtskennern. Zudem trägt so eine einseitige Denk- und Darstellungsweise auch zu der Situation bei, dass vielen keine Lust mehr haben, mit Andersdenkenden zu reden. Wenn man von seinem Gegenüber nicht erwarten kann, dass es einem genug Respekt entgegenbringt um z.B. historische Ereignisse nicht auf die eigene Sichtweise zu beschneiden, dann ist es nicht verwunderlich, dass viele irgendwann keine Lust mehr haben und sich dann, wenn überhaupt, mit Geschichte, Politik, Religion usw. nur in irgendeiner Echokammer beschäftigen, wo sie von Gleichgesinnten umgeben sind und sie zwar immernoch einseitige Aussagen, Vorwürfe und Vereinfachungen hören, diese dann aber zumindest aus der eigenen Gruppe kommen, also auf das eigene Denken zugeschnitten sind. Das verhärtet die Denkweise, dass der Andersdenkende generell ein Gegner ist, den man mit allen Mitteln besiegen muss, weil der ja auch versucht, einen mit allen Mitteln zu besiegen. Dieses Misstrauen führt dann auch dazu, dass man selbst nur einseitig über die Dinge redet, wie z.B. über den 9. November, an dem es dann eben nur um die Reichskristallnacht gehen darf.
EDIT:
* Die Kritik an einseitiger Darstellung könnte vielleicht als Vorwurf aufgefasst werden, den Nationalsozialismus zu befürworten. Darum will ich nochmal ausdrücklich sagen, dass ich hier in keiner Weise derartiges Gedankengut unterstellen will.