[Sartinaynian-System | Bastions Mond | Last Defense | Ebene 5 | Simulatorraum II | simulierte Raumschlacht] Chett Nectu, Shazz Moam, Jeremy Mengsk, Hess'amin'noruodo, Sakura Mitsumo
Chett Nectu - mittlerweile in einer Fliegerkombi samt Helm und von den anderen äußerlich nicht mehr zu unterscheiden - saß in einem TIE-Defender-Cockpit. Natürlich nicht in einem echten, lediglich in einer Simulatorkabine, doch diese glich dem Original wie ein Ei dem Anderen. Und schon nach ein paar Sekunden war dem dunkelhäutigen Menschen klar, dass die ganze Simulation überaus realistisch war. Sie war detaillierter programmiert als das meiste, das er bisher gesehen hatte. Das hatte den (von den Veranstaltern sicherlich gewünschten) Effekt, dass es sich sehr echt anfühlte. So echt, dass Chett schon nach kurzer Zeit in Schweiß ausbrach und seine Kiefer zu mahlen begannen vor Anspannung. Dass er dieselben Stresssymptome zeigte wie während eines echten Kampfeinsatzes, lag sicherlich auch daran, dass das Szenario manchen Situationen ähnelte, die er schon in der Wirklichkeit erlebt und in denen er Kameraden verloren hatte, fast auch sein eigenes Leben.
Jede Raumschlacht hatte, wenn man in der Lage war, sie völlig objektiv und wertfrei zu betrachten, eine gewisse Schönheit, so auch diese Simulation. Doch dafür hatte der Yaga-Minoer kein Auge. In den ersten Sekunden war er nur daran interessiert, sich aus den Daten, die er empfing, und den Bewegungen vor seiner Cockpitscheibe, ein möglichst umfassendes Bild des Geschehens ringsum zu machen. Es war eine ziemlich chaotische Kampfsituation; vor allem erkannte er das daran, dass er sich die anderen Mitglieder seiner Rotte erst noch suchen musste. Und zwar auf einem Schlachtfeld, auf dem nicht nur republikanische und imperiale Sternenjäger gegeneinander antraten, sondern auch Kreuzer. Zudem wimmelte es vor Rettungskapseln und umherschwirrenden Trümmern, die einem Jäger ein jähes Ende setzen konnten. Die Sensoren zeigten zudem einen Masseschatten an, der auf einen Abfangkreuzer hindeutete, doch bisher hatte Chett keinen solchen zu Gesicht bekommen. Ah, doch, dort... hinter dem leichten Sternenkreuzer der Mon Calamari. Es handelte sich um das imperiale Immobilizer-418-Modell, allerdings trug er breite rote Streifen auf dem Rumpf, die ihn als ein Schiff der Neuen Republik markierten. Auf imperialer Seite schien es zwei kleinere Sternenzerstörer der brandneuen Enforcer-Klasse zu geben, beide pfeilförmig, sechshundert Meter lang und berüchtigt für ihre enorme Geschwindigkeit. Doch zumindest einer von ihnen schien die Jagd schon verloren zu haben. Nectu fragte sich, wie das möglich sein konnte: Selbst bei einem Überraschungsangriff konnte ein MC40 alleine keine zwei Enforcer herausfordern. War das ein ziemlich schlampiger Fehler in einer ansonsten so präzise programmierten Simulation? Oder hatte er etwas übersehen?
Ein Unterschied zwischen Simulation und Wirklichkeit waren schonmal die numerischen Bezeichnungen der einzelnen Flieger. In einer echten Staffel war die Eins immer der Staffelführer, in diesem Fall waren sie jedoch in alphabetischer Reihenfolge durchnumerierten Simulatoren zugewiesen worden, wodurch Chett in der Eins saß. Mengsk war die Zwei und Moam die Drei, doch letzterer, das verriet ihm sein Computer, war der Rottenführer. Also derjenige, der die Richtung und das Ziel vorgab, während die anderen beiden vor allem die Aufgabe hatten, ihm Deckung zu geben und ihm zu assistieren. Doch wo war er, und wo war Zwo?
Fast unbewusst manövrierte er um eine Rettungskapsel herum, die plötzlich vor seinem Sichtfenster auftauchte. Es war ein antrainierter Reflex, der die Kollision verhinderte, keine kluge Entscheidung. Er hatte nicht zwei Jahre dort draußen in einem TIE/Ln überlebt, weil er im Kampf viel dachte, sondern weil jede Faser seines Körpers überleben wollte. Und dank der überaus realistischen Darstellung halfen ihm auch jetzt seine Überlebensinstinkte dabei, ein allzu schnelles Ausscheiden zu vermeiden.
Da, endlich bekam er ein Positionssignal seiner beiden Kameraden. Nicht in gerader Linie, sondern in Deckung durch einen der Enforcer (der Computer bezeichnete ihn als ESD Strength), flog er auf Shazz Moams Position zu.
»Drei, hier Eins«, meldete er sich mit leicht gehetzt klingender Stimme über den Staffelkanal. »Ich nähere mich von links, Rottenführer.«
Noch mehrere andere Defender näherten sich ihrer Position. Und fast zu spät informierte die Freund-Feind-Kennung Chett darüber, dass es sich bei dreien von ihnen nicht um Mitglieder ihres Teams und überhaupt nicht um verbündete Einheiten handelte. Das war ja fies - die Simulation ließ sie bei ihrem ersten Flug in einem Defender gegen andere Defenders antreten, wodurch sie alle Vorteile des hochmodernen Fliegers verloren! Aber immerhin waren sie ihrem Gegner waffentechnisch ebenbürtig. Eine Erfahrung, die Nectu in seinen echten Kampfeinsätzen noch selten gemacht hatte.
»Achtung, Drei: Die TIE/Ds hinter Ihnen sind Gegner«, teilte er Moam mit, da er nicht wusste, ob dieser die Gefahr bereits gemerkt hatte. Doch offenbar war dem so: Noch während der Yaga-Minoer sprach, begann der Rottenführer mit einem Ausweichmanöver. Dieses führte dazu, dass die Jäger zugleich zu Gejagten wurden, indem Chett und Jeremy sich an ihre Fersen hefteten.
Doch dann ging es ziemlich schnell. Einer der beiden Jäger vor ihm (Samin) brach mit einer Geschwindigkeit aus der Formation aus, die er sich nicht hatte vorstellen können. Theoretische Kenntnisse darüber zu haben, wozu ein TIE/D in der Lage war, und es zum ersten Mal in einer halbwegs realitätsnahen Situation zu beobachten, waren zwei Paar Schuhe. Bevor er angemessen reagieren konnte, hing der Flieger schon hinter ihm und Laserblitze leckten dicht an seinem Schild vorbei. Auch Mengsk hatte nun Ärger (Sakura) am Hals, denn auf ihn kam eine ganze Rotte feindlicher Maschinen zu, allesamt Defenders. Chett begann die Kommentare der Piloten zu verstehen, die vor ihnen dieses Szenario erprobt hatten.
Viele TIE-Piloten starben, weil sie stur drauf zu hielten. Das war nur in geringem Maße ihre Schuld: Man brachte es ihnen so bei. Streng die vorbestimmte Position einhalten, den Feind durch reine Masse und enge Formationen ersticken. Das funktionierte, global betrachtet, oft ziemlich gut, aber es berücksichtigte nicht die Chancen des Einzelnen. Wer geradeaus flog, war ein leichtes Ziel. Spätestens, wenn aus der dichten Formation aus einer oder gar mehreren ganzen Staffeln irgendwann ein wildes Gewirr von Einzelkämpfen geworden war. Chett flog nicht auf diese Weise, sondern war es gewohnt, beim Anzeichen von Gefahr an seinem Steuer zu rütteln, so dass die Maschine immer wieder aus der Geraden rollte oder schwankte. Das war nicht elegant (sein Defender sah aus wie ein bockiger Esel), aber es erschwerte seinem Verfolger, ihn anzuvisieren. Vorausgesetzt, die Simulation war so fair, dem vermeintlichen KI-Piloten hinter ihm nur eine begrenzte Wahrnehmung zuzugestehen und ihn nicht direkt mit allen Daten über Chetts Manöver zu füttern.
Der Pilot ergoss einen gefühlten Hektoliter Schweiß in seine Fliegermontur, während er tat was er konnte, um den Defender vor ihm sauber ins Fadenkreuz zu bekommen und zugleich dem Feind hinter ihm (Samin) zu entgehen. Beides zusammen ging natürlich kaum. Die Salve, die er aus allen Rohren abfeuerte, ging großzügig fehl und verschwand im All. Die grünen Lichtblitze, die von hinten kamen, waren weitaus besser gezielt und eine Warnmeldung zeigte einen ersten Treffer auf seinen Schilden an. Zum Glück noch nichts Ernstes. Dennoch weit mehr, als er selbst bisher zustande gebracht hatte, aber immerhin hatte er seine ›Beute‹ gezwungen, von Shazz Moam abzulassen, der dadurch mehr Möglichkeiten bekam. Hoffentlich nutzte er sie sinnvoll. Denn solange sie alle auf sich allein gestellt waren und nicht zu einer irgendwie gearteten Einheit fanden, waren sie verloren.
Da plötzlich tauchte etwas am Rand von Chetts Sichtfeld auf. Die kurze Verfolgungsjagd hatte sie nach ›oben‹ geführt, so dass er nun über den Enforcer zur Rechten hinweg blicken konnte. Dahinter lag ein weiteres Schiff. Und das war groß. Sehr groß. Bisher war es auf seinen Schirmen nicht aufgetaucht, also vermutlich auch nicht auf denen seiner Kameraden.
»Achtung, Rotte: Hinter der Braveness« - so hieß der zweite Enforcer - »liegt ein Bothan-Angriffskreuzer!«
Damit war auch klar, wie die Strength zerstört worden war. Von wegen, nur ein MC40...
Ein weiterer Schildtreffer erinnerte ihn daran, dass dies noch immer eine Dogfight-Simulation war. Er riss sich vom Anblick des eindrucksvollen Bothanerschiffes los und konzentrierte sich auf seine Ausweichmanöver.
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