[Byss - Janems Palast - Gang - Vor Janems Quartier] Vincent
Als sich die Tür vor ihm öffnete wähnte er sich die ersten paar Herzschläge in einer Gruft oder einem schlechten Horrorfilm, sich festzulegen war schwierig. Der unscheinbare Raum, der die Autorität von Menari gerade dadurch zur Schau stellte, indem er es nicht tat, denn wer wahre Macht besaß musste sie nicht zur Schau stellen, war nur von schwachem Kerzenlicht erfüllt, wie er verwundert feststellte. Wann hatte er das letzte mal Kerzen gesehen? Vielleicht vor unzähligen Jahren bei seinen Eltern, als sie gemeinsam im schwülen Dunkel des Abends zusammen gegessen hatten? Er verscheute die schmerzlichen Gedanken. All das war schon so lange her, zu lange um den alten Tagen nachzutrauern oder Erinnerungen daran wachzurufen. Die schwach leuchtenden Auren der Kerzen spendeten ihr Licht mit bedacht, somit war der Raum nur teilweise erhellt und selbst die sichtbaren Teile verschwammen, wenn vom Flackern der Lichter gervorgerufene Schatten über sie tanzten.
Er rang das Gefühl völlig fehl am Platz zu sein nieder und betrat den Raum, wenn auch mit einigem Zögern. Viel war von Menari nicht zu sehen, doch die zwei markanten roten Punkte, die wie Warnlichter im Dunkel zu schweben schienen, verrieten ihn. Er war sich fast sicher, dass sein Meister solche Dinge inszinierte um seinen Gegenüber einzuschüchtern und doch riefen diese Augen einen unerklärliche Panik in ihm wach, als wolle etwas tief in ihm erwachen und herausbrechen, fliehen, ihn dazu zwingen sich umzudrehen und Hals über Kopf aus dem Zimmer zu stolpern. Nicht davon geschah, aber die Unbehaglichkeit nahm mit jedem Schritt, der ihn näher zu Menari brachte, zu. Er durfte sich bloß nicht einschüchtern lassen, Schwäche zu zeigen war keine Option, die sein Meister tolerieren würde, so viel hatte er bei ihrer letzten Unterredung gelernt.
Menari erhob seine Stimme, während er in die fremdartige Domaine eintrat. Er verschwendete ein Wort mit höflichen Begrüßungsfloskeln, doch das war auch nicht nötig und ihm nicht einmal unrecht. Er hasste das heuchlerische in den Stimmen derjenigen, die so taten als wären sie gute Freunde, die sie niemlas sein werden, sowieso. Den Worten seines Meisters lauschen, war, wie ihm fast peinlich bewusst wurde, noch immer unangenehm. Man kam sich schwach vor in der Nähe eines solchen Wesens, eines Sith seines Standes, und doch übte er eine unzubestreitende Faszination auf ihn aus. Er lauschte was ihm sein Meister zu sagen hatte, auch wenn er nur die Hälfte des Gesagten verstand, beziehungsweise nichts damit anfangen konnte. Er hoffte sein Unwissen hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit verstecken zu können und anstatt zu antworten nährte er sich Menari noch ein wieteres Stückchen.
Eigentlich sollte er für den Sith nur als schemmenhaften Schatten erkennbar sein, da das Licht des Ganges nur seinen Rücken bescheinen konnte. Er fragte sich, ob dem wirklich so sei, doch es spielte keine Rolle, da sich die Tür nur wenige Sekunden nach seinem Eintreten wieder verriegeln. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er das Geräusch der sich schliesenden Tür vernahm, doch er konnte sich gerade noch einmal daran hindern, die Blöße des Umdrehens über sich ergehen zu lassen. Waren Sensoren darin integriert? Bei einer Zimmertür? Das klang ziemlich sinnlos, aber wie sollte sie dann zuschwingen? Vielleicht war es ja aber auch nicht durch technische Aspekte zu erklären; vielleicht kannte sein Meister ja andere Wege, um Dinge nach seinem Willen zu formen.
Menari fuhr fort, doch diesmal waren seine Stimmlage anders, härter, noch unnahbarer als sonst. Er erklärte, dass andere Machtbegabte in den Geist derer eindringen konnten, die sich nicht vor solchen menatalen Angriffen zu schützen vermochten, was auch immer das bedeuten mochte. Was ihm am meisten Missfiel waren die letzten zwei Worte, denn sie implizierten eine unschöne Lektion der kurzen Lehrstunde. Er sollte nicht enttäuscht werden.
Etwas drang in seinen Kopf, schlagartig, roh und schmerzvoll. Eine menatale Barriere, falls so etwas existierte, wurde ohne Beachtung in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Er konnte es spüren, förmlich fühlen, wie sich imaginäre Finger in sein Gehirn ausstreckten und Bilder, Empfindungen, einfach alles, ungehindert seinen Intimsten Gedankengängen entrissen. Bilder drangen an die Oberfläche seines Bewusstseins, ganz besonders solche, die er erst vor kurzem in seinem Inneren weggeschlossen hatte. Es war als sähe er sie wieder vor sich, seine Eltern, wenn auch nicht seine leiblichen, ihren Tod und außerdem den unsäglichen Schmerz, der mit dieser Empfindung einherging. Er sah den Rebellen den er in Notwehr erschossen hatte, was die Tat vor seinem Gewissen keineswegs rechtfertigte, vor sich, als wären Gegenwart und Vergangenheit zu einem zeitlosen Equilibrium verschmolzen und noch unzählige andere Dinge, die eigentlich für immer vergessen werden wollten. Er wollte das es aufhörte, wollte nicht das jemand in seinem Kopf herumspukte, aber er war machtlos.
Er fiel auf die Knie, schlug die Hände an den Kopf, versuchte sich das wiederwertige Etwas mit bloßen Händen aus seinem Kopf ziehen, doch ohne Erfolg. Sein Atem ging schnell, sein Herz raste förmlich vor Angst und nackter Panik. Er stemmt sich mit aller Macht gegen das Gefühl, gegen die tastenden Fühler in seinem Inneren, und wäre fast so weit gewesen zu schreien, als Menari endlich von ihm ablies. Ein erleichterter Seufzer entfleuchte ihm, als er zusammenbrach.
Er brauchte nicht lange um sich wieder auf die Beine hochzustämmen, doch schon diese einfache Geste kostete ihn unglaublich viel Kraft. Während er noch versuchte seine Gedanken wieder zu ordnen und sich zu fangen, redete sein Meister weiter, als hätte es keine Unterbrechung in dem vorangegangenen Gespräch gegeben. In diesem Moment realisierte er, dass er ihn hasste, für die Unbekümmertheit mit der er Schmerzen zufügte, das selbstgefällige Lächeln, das er manchmal zur Schau trug, und all die anderen Dinge, die er tat. Doch jetzt fühlte er sich einfach nur erschöpft und wollte weg von diesem Ort des Grauens. Sein Wunsch wurde erfüllt, als Menari ihm mit einer wegwerfenden Handbewegung, welche erneut Wut in ihm aufbrodeln lies, zu verstehen gab, dass er gehen könnte, sie jedoch in einer Stunde nach Dosuun aufbrechen würden.
Stumm und ohne sich noch einmal umzudrehen humpelte er aus dem Raum und schlurfte den Gang entlang zu seinem Zimmer, welches er auf wundersame Weise ohne langes Suchen fand. Er war so unglaublich müde und hätte sich so gerne Schlafen gelegt, doch dafür war keine Zeit und etwas hinderte ihn sowieso daran. Es war ein Gefühl, wie wenn man sich stundenlang in einem verrauchten, dreckigen Raum aufgehalten hatte, wonach man sich selbst schmutzig fühlte, als absorbierte man den Unrat um sich herum. Er stürmte ins Bad und enkleidete sich nur schon zum zweiten mal an diesem Tag und verlies die Dusche nicht bevor ungefähr eine halbe Stunde vergangen war. Danach fühlte er sich noch immer geschändet, denn das Wasser konnte das den inneren Makel nicht hinfortschwemmen, aber wenigstens die Illusion der Reinheit blieb ihm.
Mit seinem Leid allein gelassen kroch er auf sein Bett, legte sich auf den Rücken und stierte an die Decke. Alles in seinem Kopf fühlte sich wirr an und sich zu sammeln schien ihm eine Pein. Er hätte nicht angenommen, dass ihn eine solche Erfahrung derart mitnehmen könnte, doch sein Zustand sprach für sich. Erschrocken erkannte er wie gefährlich seine gegenwärtige Situation wirklich war. Was wenn Menari herausfand, wer oder was er wirklich war? Würde er ihn verstoßen oder gar töten lassen? Wenn dem so wäre, konnte er sich wenigstens sicher sein, dass der Chiss nichts von seiner wahren Identität wusste, sonst hätte dieser es ihm wohl kaum freigestellt zu gehen. Ein anderer Gedanke, der ihm noch weniger gefiel, als die vorhergehenden, schien noch viel unerträglicher. Wie konnte er sich jemals sicher sein wie viel Menari wirklich über ihn in Erfahrung gebracht hatte? Hatte der Chiss nur die Bilder und Empfindungen, die er selbst gesehen beziehungswiese gespürt hatte aufnehmen können oder wusste er alles über seine wahre Herkunft, seine wahren Eltern, sein wahres Leben?
Nach längerem Nachdenken fasste er einen Entschluss. Seine Gedanken gehörten ihm, er würde stark genug werden müssen, sie zu schützen. Niemand sollte sich je wieder auf diese Art an ihm vergreifen können, niemand. Noch während er sich dieses Versprechen gab, lies ihn ein Surren zusammenzucken. Es war die Klingel seiner Tür und obwohl er jetzt niemanden sehen, noch von jemandem gesehen werden wollte, öffnete er dem noch unbekannten Gast. Niemals hätte er geglaubt, dass sich sein Meister harablassen würde ihn selbst abzuholen, und im Stillen sogar gehofft ihn so schnell nicht wieder sehen zu müssen, ein naiver Wunschtraum wie sich herausstellte.
Es war keine Eskorte in Begleitung des Chiss und so liefen sie zu zweit zum Hangar um von dort aus nach Dorsuun aufzubrechen. Sie betraten ein Shuttle, welches von der Abnutzung schon etwas älter aussah, und auf dessen Seite in großen Buchstaben der Name Kron brangte. Am liebsten hätte er sich einen Platz weitab von dem seines Meisters gesucht, doch sein neuer Stand gebot es ihm, seine Missgunst zu überwinden und sich nahe seinem Meister niederzulassen. Sein Blick glitt zu der Hand seines Meisters, die fast liebkosend über dessen Lichtschwert streichelte, als stünde ihnen ein Kampf bevor, was sich möglicherweise auch so verhalten mochte. Angewiedert von der Mordlust des Chiss wandte er den Blick wieder ab und versuchte sich auf die weit unter ihnen liegenden Wolkendecken des Planeten zu konzentrieren, bevor sie in den Hyperraum sprangen.
[Hyperraum nach Dosuun - Shuttle "Kron"] Menari, Vincent