[Corellia-System | Weltraum | Anflug auf die MC90 Picon | RM-09-Shuttle] Joya No, NPCs
Sie befanden sich über der Nachtseite von Corellia, so dass von dem Planeten kaum mehr zu sehen war als eine schmale, hellblaue Sichel und ein großer schwarzer Fleck, der das Licht der dahinter liegenden Sterne schluckte. Sowohl der Großteil der orbitalen Werftanlagen als auch Schiffe und Abwehrsatelliten lagen im Schatten und waren mit bloßem Auge erst zu sehen, wenn man nah genug war, um die Positionslichter zu erkennen. Vor einigen Monaten, während die republikanische Flotte ihren Angriff zur Befreiung des Systems gestartet hatte, hatte der Planet sich noch auf der anderen Seite der Sonne befunden. Die Schiffe waren ebenfalls von der Nachtseite her an Corellia herangeflogen, also musste sich ihren Kommandanten ein ähnliches Bild geboten haben. Diese Raumschlacht hatte Joya No verpasst. Er hatte diese kritischen Stunden in Gefangenschaft verbracht und so seine eigene Hölle durchlebt. Eine völlig andere, als hier oben getobt hatte, aber so mit Gewalt, Schmerz und Demütigung durchsetzt, dass sie sicherlich nicht weniger schwerwiegend gewesen war als das, was die Krieger im Orbit erleben mussten. Die Schrecken der Schlacht hatte der Kaminoaner bereits über Denon am eigenen Leib erfahren. Sein Schiff, die Nebulon-B-Fregatte Galactc Dawn, war vollständig zerstört worden. Viele Besatzungsmitglieder waren gestorben, andere mit ihm in die Hand des Imperiums geraten, und nicht jeder hatte die Mühlen der physischen und psychischen Gewalt überlebt. Seinen Ersten Offizier, Mira Spencer, hatte er sterben sehen. Zwei seiner Offiziere, die mit ihm befreit worden waren - Nok Nolboss und Ampa Tenduun - dienten nicht mehr in der Flotte. Dem Gungan war die psychische Last zu groß geworden und die Skakoanerin war als Kriegsversehrte nach hause geflogen. Von den wenigen seiner Untergebenen, die Denon überlebt hatten, waren weitere in die Schlacht von Corellia gezogen und dort gefallen, unter ihnen Major Shimbow, der die A-Wing-Staffel Aurora angeführt hatte.
Denon und Corellia hatten sich zusammengetan, um Joya Nos erstes Kommando - Schiff wie Besatzung, Offiziere wie Mannschaften - zu verschlingen. Mit Haut und Haar, Stumpf und Stiel. Nichts war von diesem Lebensabschnitt übrig geblieben. Deshalb war es ihm völlig unmöglich, dem Planeten vor den Brückenfenstern, der wie ein schwarzer Schacht im Sternenhimmel klaffte, positive Gefühle entgegenzubringen. Corellia hatte ihm zu übel mitgespielt, als dass er jemals die Schönheit der fruchtbaren grün-blauen Welt erkennen oder sie als Sinnbild für das Freiheitsstreben einer wiedererstarkten Neuen Republik betrachten könnte. Für ihn war es nichts weiter als eine kalte, blutgierige Bestie, die ihm einen Teil seines Lebens geraubt hatte.
Nur einen einzigen positiven Gedanken empfand er bei diesem Anblick:
Er wusste aus seinen Recherchen, dass die VSD Aquila zu den Verlusten auf imperialer Seite gehörte. Das Schiff, auf dem er gefangengehalten, gefoltert und ins Corellia-System verschleppt worden war, existierte nicht mehr. Zusammen mit einigen anderen Wracks, die zu stark beschädigt worden waren um wiederhergestellt zu werden, war sie ihrer Leichen und des letzten Rests an brauchbarer Ausrüstung entledigt und dann zerlegt worden. Die Einzelteile ihres ausgeschlachteter Kadavers diente nun der CEC-Werft als Ersatzteillager für die Wiederherstellung der Basileia, eines ihrer Schwesterschiffe, das in besserem Zustand in die Hände der Republik gefallen war. Sie konnte bald wieder in Dienst gestellt werden, während von der Aquila nichts mehr geblieben war, das ihre einstige Stärke erahnen ließ. No fand, dass es ein zufriedenstellendes Ende für den Schlachtkreuzer war, den er ebenso hasste wie den Planeten. Noch größere Genugtuung hätte es ihm allerdings verschafft, mit absoluter Sicherheit zu wissen, dass Captain Mile Toral mit seinem Schiff untergegangen war. Diese Frage war bislang unbeantwortet geblieben.
All dieser Emotionen war Commander No sich nur vage bewusst. Er verdrängte sie, soweit er konnte, und leugnete das was noch übrig blieb. Obwohl sein Unberbewusstsein längst nicht mit diesen Erlebnissen abgeschlossen hatte, war er oberflächlich längst dazu übergegangen, sie als nebensächlich abzutun. Er redete sich ein, dass nur das zählte, was vor ihm lag. Die nächsten Stufen seiner Karriere, die er bald zu erklimmen erhoffte, denn beruflicher Erfolg war das einzige, was für ihn zählte - das einzige, das ihm die Anerkennung verschaffte, nach der ihn dürstete. Auch hierin war die Verlust seines ersten Schiffes ein Rückschlag gewesen, doch trotz all seiner Befürchtungen hatte man ihm ein zweites anvertraut. Mit seiner Leistung als Kommandant der CC9 Ax war er nicht zufrieden, weil er mit den Leistungen von Schiff und Crew nicht zufrieden war. Doch er ließ nicht nach in seinen Bemühungen, die Zustände zu verbessern und die Schwachstellen radikal auszumerzen. Seit dem Versuch des fehlgeleiteten Ensign Fox, unautorisiert auf einen imperialen Kreuzer zu schießen und damit den Waffenstillstand zu brechen, waren vier weitere Besatzungsmitglieder gefangen genommen worden, die unter Verdacht standen, mit diesem Vorfall oder dem Stunner-Anachlag auf Joya Nound seinen Ersten Offizier etwas zu tun zu haben. Wenn es gelang, dieses Nest der Insubordination vollends auszuräuchern, war er seinem Ziel, aus der Ax ein positives Beispiel statt einem negativen zu machen, ein gutes Stück näher gekommen.
Ob und wann man jedoch bereit war, ihm einen höheren Rang zu verleihen und ein bedeutenderes Kommando als eine Fregatte zu übertragen, hing nicht nur von seinem Führungsstil ab. Es bestimmte sich auch maßgeblich dadurch, ob er die Aufträge, die man ihm und der Ax erteilte, zufriedenstellend zum Abschluss bringen konnte. Der Scheinangriff auf Rendili, zu den man ihm kurz nach Antritt seines Postens beordert hatte, war nicht wie geplant abgelaufen, doch sie hatten großes Glück im Unglück gehabt und dem Feind weit herberen Schaden zugefügt, als vorgesehen gewesen war. Die Verhandlungen auf der Reliant, an denen der Kaminoaner als ein Vertreter der Neuen Republik aufgetreten war, hatten zu einem Waffenstillstand, dem Zugewinn mehrerer wichtiger Systeme und einer großen Friedenskonferenz geführt, die dem Krieg mit dem Imperium vielleicht ein Ende setzen würde. Und die Kontrolle des imperialen Abzugs aus dem Xorth-System war nicht problemlos, aber ohne ernsthafte Zwischenfälle verlaufen. Für diese Erfolge hatte er bislang keine Anerkennung bekommen. Niemand hatte ihn belobigt oder ihm gar einen Orden verliehen, abgesehen vom Corellian Laurel, der als eine Art Massenartikel für die bloße Teilnahme breitgeschmissen worden war, unabhängig von der Leistung des Einzelnen. Man hatte ihn auch nicht den Medien als einen Friedensbringer präsentiert, wie es nach den Waffenstillstandsverhandlungen durchaus gerechtfertigt gewesen wäre. Aber zumindest die Scharte, die der Verlust der Galactic Dawn seiner Karriere beigebracht hatte, musste er nun langsam ausgewetzt haben. Wenn diese Einschätzung stimmte, zählten alle kommenden Leistungen wieder zur Haben-Seite und brachten ihn einer Beförderung zum Captain näher. Dieser Gedanke erfüllte ihn mit Tatendrang und Vorfreude auf die Befehle, die er als nächste empfangen würde.
Zu diesem Grund flog er im Passagierraum eines Shuttles durch das Corellia-System. Vorbei an den Werftanlagen, an unzähligen kleinen und großen Transportern und auch so mächtigen Schiffen wie dem brandneuen bothanischen Angriffskreuzer Both Space, der erst kürzlich als Verstärkung der Fünften Flotte im System eingetroffen war. Sein Ziel war der schwere Sternenkreuzer Picon, Admiral Stazis Flaggschiff.
Das kleine Raumfahrzeug erhielt die Landeerlaubnis im Hangar. No stieg aus und ein Ordonnanzoffizier eskortierte ihn durch das riesige Schiff zu einer Mischung aus Konferenzraum und Büro. Hinter einem Schreibtisch mit schwarz glänzender Arbeitsplatte saß der alternde Duros, die beigefarbene Flottenuniform behängt mit unzähligen Orden - darunter ebenfalls die rote Ausfürung des Corellian Cross, das auch Nos ansonsten leere Brust zierte. Vorschriftsmäßig nahm der Kaminoaner Haltung vor dem Admiral an, wobei er den schlanken Hals weit nach oben reckte und sein kahler Schädel fast die Decke berührte. Erst auf den Befehl Stazis hin nahm er eine lockerere Haltung ein und setzte sich schließlich auf den Stuhl, den der Duros ihm wies.
»Sie fragen sich vielleicht, warum ich Sie herbestelle, Commander«, fragte der Admiral. No antwortete auf die offensichtlich rhetorische Frage nicht. »Es liegt daran, dass Ihr neuer Auftrag eine gewisse Brisanz aufweist und ich ihn deshalb persönlich mit Ihnen besprechen möchte anstatt über eine Holoverbindung. Sie haben Ihre letzten Aufgaben zur Zufriedenheit Ihrer Vorgesetzten erfüllt, trotz einiger Hinweise, die Ihnen vom Feind, dem Zufall und leider auch Ihrer eigenen Besatzung in den Weg gelegt wurden. Das ist einer der Gründe, warum Sie für eine weitere außergewöhnliche Mission auserwählt wurden. Sie werden nun erstmals die Gelegenheit erhalten, auf eigene Verantwortung und ohne einen direkten Vorgesetzten zu operieren.«
Joya No saß weiter schweigend da und verzog keine Miene, doch sein Inneres war in Aufruhr versetzt. Schon lange hoffte er auf eine Gelegenheit, sich als Einsatzleiter zu beweisen. Er konnte damit zeigen, dass er zu mehr in der Lage war, als nur seine Fregatte gemäß den Vorgaben eines Höhergestellten zu kommandieren und einen Platz in einer Schlachtordnung einzunehmen, deren Form und Aufgaben andere bestimmten. Natürlich waren dies wichtige Fähigkeiten, die jeder Befehlshaber brauchte. Aber der Commander sehnte sich nach größerer Verantwortung. Und die Gelegenheit, sich dieser würdig zu erweisen, bot sich vielleicht jetzt.
»Haben Sie jemals von der Subjugator gehört?«
»Aye, Admiral, das habe ich.«
»Und wie ist Ihre Meinung dazu?«
»Sir, offensichtlich eine Raumfahrerlegende wie die vom Schatzschiff Dragon's Hoard oder den Geisterschiffen im Mieru'kar-Sektor. Eine in verschiedenen Variationen immer wiederkehrende Geschichte von Säufern und Spinnern, die auf Ängsten und Geltungsdrang beruht statt auf Tatsachen.«
»Ja, das glauben die meisten gebildeten Personen. Aber im Recht sind die Säufer und Spinner, zumindest teilweise. Der Flottennachrichtendienst und sein Nachfolger, der MAD, verfügen seit langem über Aufzeichnungen, die belegen, dass die Subjugator tatsächlich gebaut wurde, noch vor dem Untergang der Alten Republik. Auch wenn sie keinen Aufschluss darüber geben, ob sie tatsächlich eine kriegsentscheidende Superwaffe war, wie viele behaupten, wird die Länge des Schiffs mit fast fünftausend Metern angegeben und sie soll weit über hundert Geschütze tragen.«
Stazi schwieg für einen Moment, so als wolle er No eine Zwischenfrage ermöglichen, doch diese kam nicht. Der Kaminoaner wartete ab, was der Admiral noch zu sagen hatte.
»Da wir wissen, dass dieses Schiff einmal existiert hat, aber aus unbekannten Gründen scheinbar spurlos aus der Geschichte verschwunden ist, bewerten wir Gerüchte über sein Auftauchen anders als zum Beispiel Sie, Commander. Die Streitkräfte und der Geheimdienst prüfen solche Berichte auf ihre Glaubwürdigkeit. Leider sind alle durchgefallen. Bis jetzt.
Wofür halten Sie das hier, Commander?«
Ein kleiner Projektor auf dem Schreibtisch zeigte eine Reihe von Messdaten an sowie die Karte eines Systems, das No nicht bekannt war. Ein Punkt war rot markiert.
»Admiral, der Beschriftung nach ist dies das Shinbone-System, allerdings kann ich nicht behaupten, diesen Namen schon einmal gehört zu haben. Die Messdaten weisen auf eine metallische Masse vom Gewicht eines Sternenzerstörers hin.«
»Weit mehr als ein Sternenzerstörer«, korrigierte Stazi. »Sehen Sie sich das an.«
Das Bild wechselte und zeigte nun die verschwommene Silhouette eines Schiffes. Einen solchen Entwurf hatte No bisher noch nicht gesehen. Er glaubte aber, Ähnlichkeiten mit anderen Konstruktionen wie der Providence-Klasse zu erkennen.
»Form und Größe entsprechen dem, was wir über die Subjugator wissen. Aber die Aufnahme ist zu ungenau. Jedenfalls ist dies womöglich der erste echte Hinweis auf den Verbleib eines Schiffes, das unser Oberkommando nur zu gerne bergen würde.
Man könnte nun einen Aufklärer oder ein Vermessungsschiff schicken, um der Sache auf den Grund zu gehen. Aber da wir nicht wissen, was dort gefunden wird, sende ich ein Kriegsschiff. Die Wahl ist auf Sie und die Ax gefallen, Commander No.«
»Admiral, ich fühle mich geehrt. Wie lauten meine genauen Anweisungen?«
Über drei Stunden lang besprachen sie die Details der Mission. Joya No erhielt Einblick in die lückenhaften Daten, die über die mysteriöse Subjugator existierten. Stazi machte auch Andeutungen darüber, woher die Republik die alten und neuen Erkenntnisse hatte. Auch über die Bedingungen und Risiken, die er und sein Schiff im Shinbone-Systems am Rand des Wilden Raums antreffen würden, wurde gesprochen. Im Vordergrund stand aber der Auftrag. Er sollte das rätselhafte Objekt finden und identifizieren. In dem Fall, dass es sich tatsächlich um das vermisste Schlachtschiff handelte, sollte er dessen Zustand überprüfen und den wertvollen Fund sichern, bis Verstärkung und Bergungsmannschaften eintrafen.
Auch wenn man stellenweise den Eindruck haben konnte, befand sich Admiral Gar Stazi offenbar nicht in einer Art Schatzfieber. Er versuchte, die Angelegenheit möglichst nüchtern zu betrachten, was ihm aufgrund seiner von Natur aus ernsten Art auch gut gelang. Er machte keinen Hehl daraus, dass er persönlich nicht von einem Erfolg der Mission ausging. Die Informationen konnten gefälscht oder fehlinterpretiert worden sein. Das rätselhafte Metallobjekt konnte sich als ungewöhnlich geformter Eisenasteroid herausstellen. Es konnte mittlerweile auf einen Planeten gestürzt oder, falls es sich tatsächlich um ein Schiff handelte, weitergesprungen sein, so dass die Suche vergebens war. Und wenn es sich tatsächlich um die Subjugator handeln sollte, dann war sie vermutlich in desolatem Zustand und eine Bergung unmöglich. Joya No ließ sich von dieser pessimistischen Haltung überzeugen und übernahm sie. Doch er sah für sich persönlich dennoch eine große Chance in der Mission. Admiral Stazi persönlich würde ihn im Blick behalten und anschließend ein Urteil über seinen Führungsstil fällen. Noch immer hatte die Neue Republik zu wenige erfahrene Kommandanten in den oberen Rängen und musste darauf setzen, dass von unten geeignete Offiziere nachrückten. Die Bereitschaft, einen Commander zum Captain zu befördern, sobald irgendwo ein neuer Schlachtkreuzer oder Sternenzerstörer vom Stapel lief, war sehr hoch. Und No hatte sich in den Kopf gesetzt, ganz oben auf die Auswahlliste zu kommen. Als das Gespräch endete, freute er sich auf den bevorstehenden Einsatz als eine Chance, sich zu beweisen und weiter emprozuarbeiten. Doch eine Frage war letzten Endes noch offen, die er sich für den Schluss aufbewahrt hatte:
»Admiral, wissen auch andere von der Sichtung?«
»Unmöglich, das mit Gewissheit zu sagen. Es ist zumindest nicht ausgeschlossen. Das ist der Grund, warum ich ein Kriegsschiff sende und nicht einen unbewaffneten Kurier. Sie müssen mit allem rechnen. Auch mit unangenehmen Begegnungen. Denken Sie daran, Commander: Diese Angelegenheit ist von großer Wichtigkeit und wenn es sich tatsächlich um ein funktionstüchtiges Schlachtschiff oder eine unbekannte Superwaffe handeln solle, sind alle Mittel recht, um sie in den Besitz der Neuen Republik zu bringen. Sie haben, was das angeht, freie Hand. Stellen Sie sich auf alle Eventualitäten ein und tun Sie was nötig ist!«
[Corellia-System | Weltraum | MC90 Picon | Besprechungsraum] Joya No, Admiral Stazi