[Orbit um Coruscant, Shuttle]- Vizegouverneur Disra, Piloten
Die Fähre der Pacifier wurde von einer leichten Turbulenz erfasst, kurz bevor sie ihr endgültiges Ziel erreichte. Unter ihnen erstreckte sich die schier endlose Stadtlandschaft Coruscants, beziehungsweise die dessen Regierungsdistrikts, Imperial City. Ein Ort, der bereits viele Namen getragen hatte, einige davon gar in mehreren Epochen innerhalb der Annalen des Planeten. Als von Coruscant aus noch Stabilität und Ordnung verbreitet wurden, hatten hier die obersten Würdenträger der machthabenden Fraktion residiert. Nun jedoch war Imperial City Sitz des Gouverneurs, der Planetenverwaltung und des Militärkommandos, bis der Plan in die Tat umgesetzt wurde, die Sektorverwaltung endgültig hierher zu verlegen. An baulichen Hürden sollte es nicht scheitern – Imperial City war vor allen anderen Distrikten wieder aufgebaut worden und erstrahlte bereits wieder in vollem Glanz. Wie falsch dieser Glanz war, ahnten nur wenige. Und noch weniger wollten es wahrhaben. Die oberen Zehntausend des Planeten klammerten sich verzweifelt an jede Illusion imperialer Stabilität um ignorieren zu können, wie marode ihre Welt bereits an den Grundfesten geworden war.
Disra runzelte die Stirn. Das alles würde sich bald ändern. Oder besser: es sollte sich ändern.
„Wir haben unser Ziel jetzt erreicht, Vizegouverneur.“
Die teilnahmslose Stimme des Piloten war nervtötend. Er wusste nichts von Disras Sorgen. Er würde wohlbehalten auf sein Schiff zurückkehren und weiter auf Coruscant herabblicken, während Disra selbst hier im Schmutz versuchen musste, das Beste aus seiner Situation zu machen.
Wortlos verließ der die Fähre. Im Hangar des Wolkenkratzers, der auch die Gouverneursresidenz im obersten Penthouse beherbergte, erwartete ihn niemand. Natürlich nicht. Man konnte es sich nicht leisten, Soldaten für bloßes Zeremoniell zu verschwenden.
Auch auf dem Weg zu den Räumlichkeiten des Gouverneurs begegneten Disra nur wenige Leute, von denen kaum jemand Notiz von ihm nahm. Sie alle hatten ihre eigenen Pflichten und Sorgen, um diesen Moloch unter imperialer Kontrolle zu halten und dafür zu sorgen, dass die Versprechungen der Propaganda nicht wie Luftblasen zerplatzten. Dennoch war er sich der Tatsache bewusst, dass handfeste Aufstände mit aller notwendigen Konsequenz bekämpft würden. Ihre Lage war wenig aussichtsreich, doch sie waren nicht hilflos. Besonders nicht, wenn Coruscant zum Zentrum des Sektors aufgebaut wurde.
Der Droide im Vorraum des Büros des Gouverneurs musterte Disra kurz aus seinen gelb schimmernden Fotorezeptoren und ließ ihn dann passieren. Automatisch öffnete sich die Tür zu dem Raum, in dem der Gouverneur Coruscants jene Personen empfing, mit denen er persönlich bereit war, zu reden. Disra wusste außer sich und den höchsten Militär- und Polizeioffizieren fast um niemanden, der diesen Raum bereits von innen gesehen hatte.
Gouverneur Lecter war ein alter Mann. Sein Haar war längst nicht mehr leicht angegraut, sondern gab nun nahezu keinerlei Aufschluss, welche Farbe es einst gehabt haben mochte. Das Gesicht des Mannes war eingefallen, seine aus den Uniformärmeln hervorragenden Hände dürr und faltig. Hinter seinem wuchtigen Schreibtisch wirkte Lecter verloren, ein Mann, der den Launen des Schicksals ausgeliefert und auf verzweifeltes Reagieren beschränkt war.
„Disra...“ Auch seiner Stimme mangelte es an Vitalität, wenngleich es Lecter gelang, die Abneigung, welche er seinem Stellvertreter gegenüber empfand, deutlich zu transportieren.
„Zurück von Bastion, nehme ich an.“
Er machte sich nicht die Umstände, Disra zum Sitzen aufzufordern.
“Ja, Gouverneur. Die Pläne nehmen nun Form an: Großmoff Kratas wird Coruscant als Verwaltungszentrum der Kernwelten aufbauen lassen. Ich erhoffe mir aus dieser Entwicklung die notwendigen Impulse für diesen Planeten.“
„Impulse...“ Lecter schnaubte angewidert. „Es gab Zeiten, da hat Coruscant Impulse gegeben... keine benötigt...“
“Nun, offenbar sind diese Zeiten vorbei“, stellte Disra sachlich fest.
„Ja... damals hätte sich der Abschaum aus dem Untergrund nie so weit nach oben gewagt...“
“Es ist schlimmer geworden?“
„Schlimmer?“ Lecter lachte freudlos, ein schauriger Laut. „Das einzige, was uns jetzt noch helfen kann, ist eine großangelegte Operation. Und ich rede hier nur von gewöhnlichen Kriminellen... nicht von Terroristen.“
“Moff Veran wird uns Unterstützung bringen, wenn er hier ankommt.“
„Veran, eh? Hätte ich mir denken können... Kratas bleibt in erster Linie Flottenoffizier, für die lästigen Details schickt er seinen Stellvertreter...“
Disra zuckte mit den Achseln. Moff Veran genoss innerhalb der imperialen Verwaltung einen ausgezeichneten Ruf. Er war ein Meister darin, krisengeschüttelte Planeten in vorbildhafte Bestandteile des Imperiums zu verwandeln. Zwar ging er dabei häufig nicht zimperlich vor, doch die Resultate sprachen für sich.
Lecter griff langsam nach einem Datenblock.
„Nun gut, Disra... zu den aktuellen Polizeiberichten...“
[Coruscant, Imperial City, Wolkenkratzer, Büro des Gouverneurs]- Gouverneur Lecter, Vizegouverneur Disra