Noa Chanelle
girl in black
- Coruscant - City - Noas Wohnung -
In ihren ältesten Pyjamahosen und mit einer Frisur, die ihre Schwester Cloé wenig schmeichelhaft als Vogelnest bezeichnet hätte, hatte es sich Noa in dem einzigen Sessel ihrer Wohnung bequem gemacht. Die in bunt geringelten Socken steckenden Füße hatte sie in aller Gemütlichkeit hoch gelegt und auf ihrem Bauch war eine Schale mit Rosinen platziert, von denen sie immer wieder naschte, während vor ihr die bunten Bilder des Holo-Fernsehens flimmerten. Noa Chanelle Cortina genoss einen Abend in Einsamkeit. Sie hätte Zweisamkeit haben können, wäre sie an einem Rendezvous mit Exodus Wingston interessiert gewesen, was sie nicht war. Der Spinner hatte wohl geglaubt, er könnte sie austricksen, indem er sie zum Abendessen einlud und sie dann im letzten Moment stehen ließ und auslachte, weil sie auf ihn herein gefallen war. Doch so blöd, wie er glaubte, war Noa lange nicht. Vor einem Restaurant stehen wie bestellt und nicht abgeholt? Ha, nicht mit ihr! Sie hatte den Spieß einfach umgedreht, ihm zuerst zu- und dann wieder abgesagt. Nun, eigentlich hatte sie nicht direkt ihm, sondern nur Cloé abgesagt, aber was machte das schon für einen Unterschied? Sie hatte den Feind mit seinen eigenen Waffen geschlagen und das allein zählte. Stattdessen hatte sie getan, was sie für ihren Geschmack schon viel zu lange nicht mehr gemacht hatte: sie hatte sich einen tollen Film im Holo-TV ausgesucht, sich in bequemen Klamotten in ihren Sessel gekuschelt und sich einen Haufen leckerer Snacks besorgt, die sie auf dem Tisch neben sich ausgebreitet hatte, um am Ende doch nur Rosinen zu essen und sich gut über ihre eigene Stärke zu fühlen, weil sie der Versuchung widerstanden hatte! Dies bezog sich natürlich nur auf die Süßigkeiten. Exodus Wingston war nicht gerade eine Versuchung gewesen, jedenfalls nicht für Noa. Cloé war ja ganz hin und weg gewesen von dem Gedanken, dass Noa mit diesem Typen anbandeln könnte, aber sie wusste ja auch nichts über seinen Hintergrund und seinen früheren "Beruf". So gesehen verstand Noa die Hoffnungen ihrer Schwester sogar. Objektiv betrachtet, wenn man ihn nicht kannte und nichts über seine dunkle Vergangenheit wusste, galt Wingston als gute Partie. Um das zuzugeben war Noa sich nicht zu schade. Trotzdem wuste sie es besser.
Als sich mitten im Film und damit schon spät am Abend ihr Komlink meldete, schaltete Noa die Lautstärke des Holo-TV-Gerätes etwas herunter und streckte ihren Arm nach dem kleinen Komgerät aus, das jedoch zu weit entfernt lag, als dass sie es von ihrem Platz aus hätte erreichen können. Leicht genervt stellte sie die Rosinen bei Seite, um sich besser bewegen zu können, stand halb auf und las zu ihrer Verwunderung Pablos Namen auf dem Display. Was konnte der um die Uhrzeit von ihr wollen? Um die Defender konnte es nicht gehen. Für Noas und auch für Ramóns Begriffe, der als Pablos Arzt schließlich das Sagen hatte, war Pablo noch immer krank gemeldet.
"Hey, was gibts?"
Fragte sie und lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück.
"Hi Schwesterlein."
Hörte sie Pablos Stimme als Antwort.
"Nichts besonderes. Ich konnte nur nicht schlafen und wollte mal nachhören, wie dein Plan aufgegangen ist. Hat Cloé dir deine Story abgekauft?"
"Haha, sehr witzig!"
Aus seiner Stimme war ein deutliches Grinsen heraus zu hören gewesen. Pablo hatte gut lachen. Er hatte sich geweigert, Cloé für Noa anzuflunkern und ihr zu erzählen, Noa könnte sich nicht mit Wingston treffen, weil sie etwas für den Widerstand erledigen musste. Das wäre eine wirklich gute Ausrede gewesen, doch Pablo war der Meinung gewesen, Noa sollte ehrlich zu ihrer Schwester sein und hatte es abgelehnt, Cloé einen Bantha aufzubinden. Nach dieser Abfuhr hatte Noa sich genötigt gesehen, sich etwas anderes einfallen zu lassen und Cloé schlicht durch Jesper ausrichten lassen, sie habe ihre Tage - ziemlich unoriginell, aber immerhin eine Ausrede, für die normalerweise jede Frau Verständnis haben sollte.
"Ich habe nicht direkt mit ihr gesprochen, nur mit Jesper."
Erwiderte Noa und Pablo lachte.
"Und der war vermutlich zu peinlich berührt, um irgendetwas dazu zu sagen."
Vermutete er. Noa griff sich noch eine Rosine.
"Ja, so ungefähr."
"Okay. Cloé war bestimmt ziemlich enttäuscht."
Setzte Pablo noch einen drauf. Einen kurzen Moment schwieg er.
"Was ist das eigentlich für ein Gestöhne im Hintergrund? Guckst du wieder Pornos?"
"Was? Ich? Nein!"
Eilig griff Noa nach der Fernbedienung. Der Ton war wohl noch nicht leise genug gewesen. Verdammt.
"War sonst noch irgendwas?"
Fragte sie schnippisch und brauchte Pablo gar nicht zu sehen, um zu wissen, dass er sich gerade köstlich über sie amüsierte.
"Nein, das war's."
Erwiderte er unschuldig.
"Viel Spaß noch!"
Spaß! Pffffft. Mit hochrotem Kopf trennte Noa die Verbindung. Auf den Holobildern vor ihr näherte sich der Film dem Höhepunkt. Jetzt hatte sie die Hälfte verpasst! Und außerdem war das kein Porno, sondern ein ganz normaler Actionfilm, in dem es rein zufällig auch eine Bettszene gegeben hatte... quasi.
Wenn es Pablos Absicht gewesen war, Noa mit seinem Anruf ein schlechtes Gewissen zu machen, dann war ihm das gelungen. Nachdem er angesprochen hatte, dass Cloé vermutlich recht enttäuscht war, konnte Noa sich nicht mehr recht auf etwas anderes konzentrieren. Der Holofernseher vor ihr war verstummt, nachdem sie ihn einfach ausgeschaltet hatte und die Rosinen schmeckten plötzlich auch nicht mehr so gut wie noch vor ein paar Minuten. Cloé hatte sich im Vorfeld sehr darauf gefreut, Noa für den Abend zurecht zu machen und realistisch betrachtet gab es so gut wie keine Chance, dass sie Noa ihre Ausrede abnahm. Dafür war die Lüge einfach zu schlecht gewesen. Im Prinzip war alles nur Pablos Schuld. Hätte er sich nicht so angestellt... nein, das war nicht ganz fair. Es war Wingstons Schuld! In ihre Gedanken hinein verirrte sich der regelmäßige Beat dumpfer Musik. Noa schaute nach oben. Die Decke wackelte. Na wunderbar, da oben wurde wieder mal eine Party gefeiert. Sie legte sich quer über den Sessel. Was sollte sie jetzt machen? Ihr war langweilig. Was Cloé wohl so trieb? Hoffentlich war sie nicht sauer. Wenn sie wollte konnte Cloé richtig nachtragend sein. Noa fuhr sich durch die Haare und flocht einen schiefen Zopf. Cloé war ganz aufgeregt gewesen, ihr für den Abend die Haare zu machen. Verflixt, sie konnte aber auch wirklich an nichts andere mehr denken! Natürlich könnte sie kurz hinüber fahren und sich entschuldigen. Wenn sie ihr Speederbike nahm, war sie in einer Viertelstunde da. Unschlüssig sah Noa auf die Uhr. Es war prinzipiell noch früh genug... ach, was sollte das Hin und Her, sie würde jetzt fahren. Schlafen konnte sie bei dem Lärm um sie herum sowieso nicht. Die Journalistin streifte ihr T-Shirt ab, wechselte die Pyjamahose gegen eine vernünftige Hose, steckte diese in ein Paar hübsche Stiefel, die ihre Zwillingsschwester vor ein paar Monaten ausgemustert hatte - es würde Cloés Gemüt beruhigen, wenn sie sah, dass Noa diese trug - und zog ein graues Top und ihre schwarze Lederjacke über. Im Schnelldurchgang putzte sie sich die Zähne und cremte sich flüchtig ein. Die Haare ließ sie, wie sie waren. Der Zopf war zwar schief, sah aber fast schon wieder lässig aus. Noa grinste. Herrlich unperfekt.
Schon von der Straße aus sah Noa, dass in Cloés und Jespers Wohnung noch Licht brannte - richtiges helles Licht, keine herunter gedrehte Lampe, die auf ein Schäferstündchen hinwies. Demnach war der Weg für sie frei, mit dem Lift nach oben zu fahren und zu klingeln. Drei Minuten später stand Noa im entsprechenden Stockwerk vor der Wohnungstür. Ihr Speederbike hatte sie gesichert, den Türsummer hatte sie betätigt. Von drinnen erklangen Schritte, die Tür öffnete sich und Jesper schaute sie an, als stünde ein Geist vor ihm.
"Noa... hi."
Begrüßte er sie zurückhaltend. Wenn er schon so anfing, hatte Cloé vorhin ganz sicher laut über Noa gewettert. Die Widerstandskämpferin spähte über seine Schulter hinweg in die Wohnung hinein.
"Ist Cloé noch wach?"
Wollte sie wissen und schob sich an Jesper vorbei. Bereitwillig machte er ihr Platz.
"Öhm, ja... theoretisch."
Antwortete er. Noa drehte sich zu ihm um.
"Theoretisch? Wieso, was macht sie?"
Jesper war komplett angezogen, fiel ihr auf. Es sah nicht danach aus, als hätte sie die beiden gerade gestört.
"Sie ist noch aus gegangen."
Diese Ankündigung überraschte Noa.
"Ach echt?"
Jesper nickte und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Und wie ist es bei dir? Geht es dir wieder besser?"
Ah, so ein Fiesling. Er wusste genau, dass sie geflunkert hatte. Doch die Blöße, sich von ihm auslachen oder zurechtweisen zu lassen, wollte sich Noa nicht geben. Um Normalität bemüht fummelte sie in ihren Haaren herum.
"Ja, doch, es geht wieder."
Versicherte sie ihm und fügte noch hinzu:
"Einigermaßen."
"Hm."
"Hmm."
Da standen sie. Jesper war ungewöhnlich schweigsam, heute. Ob etwas bei der Arbeit passiert war? Möglich war auch, dass Cloé ihren Ärger über Noa auf Jesper übertragen hatte. Der Ärmste, er hatte alles abbekommen und das nur wegen ihr! Noa bis sich auf die Lippe. Sie bereute nicht, Wingstons Einladung nicht angenommen zu haben, aber ihrer Schwester gegenüber hätte sie schon ehrlich bleiben müssen. Aber Cloé war eben so nervig gewesen! Tief seufzte Noa auf.
"Och man, Jesper, ich muss Cloé sprechen. War sie sehr sauer?"
Noa machte ein zerknirschtes Gesicht, schlurfte ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Jesper folgte ihr gemächlich, aber noch immer etwas neben sich stehend. Was war nur los mit ihm?
"Ach, es ging eigentlich. Sie hat sich dann ziemlich schnell entschieden noch auszugehen, um sich abzulenken."
"Hmm. Und du wolltest nicht mit?"
Jesper schüttelte den Kopf.
"Nee, nee."
"Aha. Und was hat sie sonst noch gesagt?"
"Och, nicht viel mehr eigentlich."
Was? Das wäre aber ganz was Neues. So richtig konnte Noa sich das nicht vorstellen. Der verheimlichte ihr doch etwas! Mistrauisch schaute sie Jesper an, der auch prompt den Blick abwandte. Er verhielt sich wirklich auffällig. Sie war selbst eine hundsmiserable Lügnerin, aber Jesper war fast noch schlechter als sie.
"Wann ist sie denn los?"
Hakte sie weiter nach. Jesper sah auf die Uhr.
"So vor einer Stunde... oder eineinhalb."
"Und mit wem?"
Allmählich wurde er unruhig.
"Das ist ja fast wie im Verhör hier."
Bemerkte er unsicher lachend. Noa verzog keine Miene.
"Mit einer Freundin."
Sagte er schließlich. Noa nickte.
"Aha... wie schön - und wohin?"
"Mensch, Noa!"
"Ich frag' doch bloß! Du könntest mir auch einfach sagen..."
"Nein, tu ich aber nicht."
"Und warum nicht?"
"Du musst ja nicht alles wissen."
"Pah, wieso?"
"Weil.... weil... aaaach man, weil sie zu deinem Rendezvous gegangen ist und so tut als wäre sie du!"
Platze es aus ihm heraus. Als wäre er völlig außer Atem sah Jesper sie an. Noa blieb die Spucke weg. Fassungslos begegnete sie seinem Blick. Von der kompletten Unterhaltung, die sie gerade geführt hatten, waren in ihrem Kopf nur einige wenige Worte hängen geblieben: Cloé, Rendezvous und Exodus Wingston.
- Coruscant - City - Cloés und Jespers Wohnung - Mit Jesper -
In ihren ältesten Pyjamahosen und mit einer Frisur, die ihre Schwester Cloé wenig schmeichelhaft als Vogelnest bezeichnet hätte, hatte es sich Noa in dem einzigen Sessel ihrer Wohnung bequem gemacht. Die in bunt geringelten Socken steckenden Füße hatte sie in aller Gemütlichkeit hoch gelegt und auf ihrem Bauch war eine Schale mit Rosinen platziert, von denen sie immer wieder naschte, während vor ihr die bunten Bilder des Holo-Fernsehens flimmerten. Noa Chanelle Cortina genoss einen Abend in Einsamkeit. Sie hätte Zweisamkeit haben können, wäre sie an einem Rendezvous mit Exodus Wingston interessiert gewesen, was sie nicht war. Der Spinner hatte wohl geglaubt, er könnte sie austricksen, indem er sie zum Abendessen einlud und sie dann im letzten Moment stehen ließ und auslachte, weil sie auf ihn herein gefallen war. Doch so blöd, wie er glaubte, war Noa lange nicht. Vor einem Restaurant stehen wie bestellt und nicht abgeholt? Ha, nicht mit ihr! Sie hatte den Spieß einfach umgedreht, ihm zuerst zu- und dann wieder abgesagt. Nun, eigentlich hatte sie nicht direkt ihm, sondern nur Cloé abgesagt, aber was machte das schon für einen Unterschied? Sie hatte den Feind mit seinen eigenen Waffen geschlagen und das allein zählte. Stattdessen hatte sie getan, was sie für ihren Geschmack schon viel zu lange nicht mehr gemacht hatte: sie hatte sich einen tollen Film im Holo-TV ausgesucht, sich in bequemen Klamotten in ihren Sessel gekuschelt und sich einen Haufen leckerer Snacks besorgt, die sie auf dem Tisch neben sich ausgebreitet hatte, um am Ende doch nur Rosinen zu essen und sich gut über ihre eigene Stärke zu fühlen, weil sie der Versuchung widerstanden hatte! Dies bezog sich natürlich nur auf die Süßigkeiten. Exodus Wingston war nicht gerade eine Versuchung gewesen, jedenfalls nicht für Noa. Cloé war ja ganz hin und weg gewesen von dem Gedanken, dass Noa mit diesem Typen anbandeln könnte, aber sie wusste ja auch nichts über seinen Hintergrund und seinen früheren "Beruf". So gesehen verstand Noa die Hoffnungen ihrer Schwester sogar. Objektiv betrachtet, wenn man ihn nicht kannte und nichts über seine dunkle Vergangenheit wusste, galt Wingston als gute Partie. Um das zuzugeben war Noa sich nicht zu schade. Trotzdem wuste sie es besser.
Als sich mitten im Film und damit schon spät am Abend ihr Komlink meldete, schaltete Noa die Lautstärke des Holo-TV-Gerätes etwas herunter und streckte ihren Arm nach dem kleinen Komgerät aus, das jedoch zu weit entfernt lag, als dass sie es von ihrem Platz aus hätte erreichen können. Leicht genervt stellte sie die Rosinen bei Seite, um sich besser bewegen zu können, stand halb auf und las zu ihrer Verwunderung Pablos Namen auf dem Display. Was konnte der um die Uhrzeit von ihr wollen? Um die Defender konnte es nicht gehen. Für Noas und auch für Ramóns Begriffe, der als Pablos Arzt schließlich das Sagen hatte, war Pablo noch immer krank gemeldet.
"Hey, was gibts?"
Fragte sie und lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück.
"Hi Schwesterlein."
Hörte sie Pablos Stimme als Antwort.
"Nichts besonderes. Ich konnte nur nicht schlafen und wollte mal nachhören, wie dein Plan aufgegangen ist. Hat Cloé dir deine Story abgekauft?"
"Haha, sehr witzig!"
Aus seiner Stimme war ein deutliches Grinsen heraus zu hören gewesen. Pablo hatte gut lachen. Er hatte sich geweigert, Cloé für Noa anzuflunkern und ihr zu erzählen, Noa könnte sich nicht mit Wingston treffen, weil sie etwas für den Widerstand erledigen musste. Das wäre eine wirklich gute Ausrede gewesen, doch Pablo war der Meinung gewesen, Noa sollte ehrlich zu ihrer Schwester sein und hatte es abgelehnt, Cloé einen Bantha aufzubinden. Nach dieser Abfuhr hatte Noa sich genötigt gesehen, sich etwas anderes einfallen zu lassen und Cloé schlicht durch Jesper ausrichten lassen, sie habe ihre Tage - ziemlich unoriginell, aber immerhin eine Ausrede, für die normalerweise jede Frau Verständnis haben sollte.
"Ich habe nicht direkt mit ihr gesprochen, nur mit Jesper."
Erwiderte Noa und Pablo lachte.
"Und der war vermutlich zu peinlich berührt, um irgendetwas dazu zu sagen."
Vermutete er. Noa griff sich noch eine Rosine.
"Ja, so ungefähr."
"Okay. Cloé war bestimmt ziemlich enttäuscht."
Setzte Pablo noch einen drauf. Einen kurzen Moment schwieg er.
"Was ist das eigentlich für ein Gestöhne im Hintergrund? Guckst du wieder Pornos?"
"Was? Ich? Nein!"
Eilig griff Noa nach der Fernbedienung. Der Ton war wohl noch nicht leise genug gewesen. Verdammt.
"War sonst noch irgendwas?"
Fragte sie schnippisch und brauchte Pablo gar nicht zu sehen, um zu wissen, dass er sich gerade köstlich über sie amüsierte.
"Nein, das war's."
Erwiderte er unschuldig.
"Viel Spaß noch!"
Spaß! Pffffft. Mit hochrotem Kopf trennte Noa die Verbindung. Auf den Holobildern vor ihr näherte sich der Film dem Höhepunkt. Jetzt hatte sie die Hälfte verpasst! Und außerdem war das kein Porno, sondern ein ganz normaler Actionfilm, in dem es rein zufällig auch eine Bettszene gegeben hatte... quasi.
Wenn es Pablos Absicht gewesen war, Noa mit seinem Anruf ein schlechtes Gewissen zu machen, dann war ihm das gelungen. Nachdem er angesprochen hatte, dass Cloé vermutlich recht enttäuscht war, konnte Noa sich nicht mehr recht auf etwas anderes konzentrieren. Der Holofernseher vor ihr war verstummt, nachdem sie ihn einfach ausgeschaltet hatte und die Rosinen schmeckten plötzlich auch nicht mehr so gut wie noch vor ein paar Minuten. Cloé hatte sich im Vorfeld sehr darauf gefreut, Noa für den Abend zurecht zu machen und realistisch betrachtet gab es so gut wie keine Chance, dass sie Noa ihre Ausrede abnahm. Dafür war die Lüge einfach zu schlecht gewesen. Im Prinzip war alles nur Pablos Schuld. Hätte er sich nicht so angestellt... nein, das war nicht ganz fair. Es war Wingstons Schuld! In ihre Gedanken hinein verirrte sich der regelmäßige Beat dumpfer Musik. Noa schaute nach oben. Die Decke wackelte. Na wunderbar, da oben wurde wieder mal eine Party gefeiert. Sie legte sich quer über den Sessel. Was sollte sie jetzt machen? Ihr war langweilig. Was Cloé wohl so trieb? Hoffentlich war sie nicht sauer. Wenn sie wollte konnte Cloé richtig nachtragend sein. Noa fuhr sich durch die Haare und flocht einen schiefen Zopf. Cloé war ganz aufgeregt gewesen, ihr für den Abend die Haare zu machen. Verflixt, sie konnte aber auch wirklich an nichts andere mehr denken! Natürlich könnte sie kurz hinüber fahren und sich entschuldigen. Wenn sie ihr Speederbike nahm, war sie in einer Viertelstunde da. Unschlüssig sah Noa auf die Uhr. Es war prinzipiell noch früh genug... ach, was sollte das Hin und Her, sie würde jetzt fahren. Schlafen konnte sie bei dem Lärm um sie herum sowieso nicht. Die Journalistin streifte ihr T-Shirt ab, wechselte die Pyjamahose gegen eine vernünftige Hose, steckte diese in ein Paar hübsche Stiefel, die ihre Zwillingsschwester vor ein paar Monaten ausgemustert hatte - es würde Cloés Gemüt beruhigen, wenn sie sah, dass Noa diese trug - und zog ein graues Top und ihre schwarze Lederjacke über. Im Schnelldurchgang putzte sie sich die Zähne und cremte sich flüchtig ein. Die Haare ließ sie, wie sie waren. Der Zopf war zwar schief, sah aber fast schon wieder lässig aus. Noa grinste. Herrlich unperfekt.
Schon von der Straße aus sah Noa, dass in Cloés und Jespers Wohnung noch Licht brannte - richtiges helles Licht, keine herunter gedrehte Lampe, die auf ein Schäferstündchen hinwies. Demnach war der Weg für sie frei, mit dem Lift nach oben zu fahren und zu klingeln. Drei Minuten später stand Noa im entsprechenden Stockwerk vor der Wohnungstür. Ihr Speederbike hatte sie gesichert, den Türsummer hatte sie betätigt. Von drinnen erklangen Schritte, die Tür öffnete sich und Jesper schaute sie an, als stünde ein Geist vor ihm.
"Noa... hi."
Begrüßte er sie zurückhaltend. Wenn er schon so anfing, hatte Cloé vorhin ganz sicher laut über Noa gewettert. Die Widerstandskämpferin spähte über seine Schulter hinweg in die Wohnung hinein.
"Ist Cloé noch wach?"
Wollte sie wissen und schob sich an Jesper vorbei. Bereitwillig machte er ihr Platz.
"Öhm, ja... theoretisch."
Antwortete er. Noa drehte sich zu ihm um.
"Theoretisch? Wieso, was macht sie?"
Jesper war komplett angezogen, fiel ihr auf. Es sah nicht danach aus, als hätte sie die beiden gerade gestört.
"Sie ist noch aus gegangen."
Diese Ankündigung überraschte Noa.
"Ach echt?"
Jesper nickte und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Und wie ist es bei dir? Geht es dir wieder besser?"
Ah, so ein Fiesling. Er wusste genau, dass sie geflunkert hatte. Doch die Blöße, sich von ihm auslachen oder zurechtweisen zu lassen, wollte sich Noa nicht geben. Um Normalität bemüht fummelte sie in ihren Haaren herum.
"Ja, doch, es geht wieder."
Versicherte sie ihm und fügte noch hinzu:
"Einigermaßen."
"Hm."
"Hmm."
Da standen sie. Jesper war ungewöhnlich schweigsam, heute. Ob etwas bei der Arbeit passiert war? Möglich war auch, dass Cloé ihren Ärger über Noa auf Jesper übertragen hatte. Der Ärmste, er hatte alles abbekommen und das nur wegen ihr! Noa bis sich auf die Lippe. Sie bereute nicht, Wingstons Einladung nicht angenommen zu haben, aber ihrer Schwester gegenüber hätte sie schon ehrlich bleiben müssen. Aber Cloé war eben so nervig gewesen! Tief seufzte Noa auf.
"Och man, Jesper, ich muss Cloé sprechen. War sie sehr sauer?"
Noa machte ein zerknirschtes Gesicht, schlurfte ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Jesper folgte ihr gemächlich, aber noch immer etwas neben sich stehend. Was war nur los mit ihm?
"Ach, es ging eigentlich. Sie hat sich dann ziemlich schnell entschieden noch auszugehen, um sich abzulenken."
"Hmm. Und du wolltest nicht mit?"
Jesper schüttelte den Kopf.
"Nee, nee."
"Aha. Und was hat sie sonst noch gesagt?"
"Och, nicht viel mehr eigentlich."
Was? Das wäre aber ganz was Neues. So richtig konnte Noa sich das nicht vorstellen. Der verheimlichte ihr doch etwas! Mistrauisch schaute sie Jesper an, der auch prompt den Blick abwandte. Er verhielt sich wirklich auffällig. Sie war selbst eine hundsmiserable Lügnerin, aber Jesper war fast noch schlechter als sie.
"Wann ist sie denn los?"
Hakte sie weiter nach. Jesper sah auf die Uhr.
"So vor einer Stunde... oder eineinhalb."
"Und mit wem?"
Allmählich wurde er unruhig.
"Das ist ja fast wie im Verhör hier."
Bemerkte er unsicher lachend. Noa verzog keine Miene.
"Mit einer Freundin."
Sagte er schließlich. Noa nickte.
"Aha... wie schön - und wohin?"
"Mensch, Noa!"
"Ich frag' doch bloß! Du könntest mir auch einfach sagen..."
"Nein, tu ich aber nicht."
"Und warum nicht?"
"Du musst ja nicht alles wissen."
"Pah, wieso?"
"Weil.... weil... aaaach man, weil sie zu deinem Rendezvous gegangen ist und so tut als wäre sie du!"
Platze es aus ihm heraus. Als wäre er völlig außer Atem sah Jesper sie an. Noa blieb die Spucke weg. Fassungslos begegnete sie seinem Blick. Von der kompletten Unterhaltung, die sie gerade geführt hatten, waren in ihrem Kopf nur einige wenige Worte hängen geblieben: Cloé, Rendezvous und Exodus Wingston.
- Coruscant - City - Cloés und Jespers Wohnung - Mit Jesper -