Coruscant

[Coruscant - City - CorCity Hotel - Gav Maman]

Ein ununterbrochenes Piepen riss den menschlichen Bewohner von Apartment CX 1521 aus seinem unruhigen Schlaf. Nach einem Blick auf das Nachtkästchen seufzte Gav Maman. Ihm war klar gewesen das die langersehnte Nachricht vermutlich heute Nacht eintreffen würde, doch hatte er gehofft sein Datapad auf Stumm geschaltet zu haben. Die Uhr des Pads zeigte 0530. Es hatte also keinen Sinn mehr versuchen einzuschlafen. Verstimmt wankte der - nach einer durchzechten Nacht immer noch etwas angetrunkene - Coruscanti auf die Nasszelle zu.

Als er zehn Minuten später, nur mäßig erfrischt daraus hervortrat, schoss ihm die Erinnerung an die vorangegangene Woche durch den Kopf. Imperiale Truppen hatten seine Wohung auf den Kopf gestellt. Als er zu Hause angekommen war war ihm sofort die Unordung aufgefallen die sie hinterlassen hatten. Gav Maman hasste Unordung. Doch als er dann das Zimmer seines jüngsten Sohnes betrat bot sich ihm ein Anblick der sein so streng geordnetes Leben durcheinanderwarf. Dort, an den Massivholzschrank gekettet, hingen seine Frau und ihr Jüngster. Zerschunden. Ab diesem Augenblick hatte er keine Erinnerung mehr bis er drei Tage später, völlig Blutverschmiert in einem abgelegenen Spirituosenhandel stand. Als er begriff was geschehen war ergirff er die Flucht und checkte, zuerst mit neuer Kleidung versorgt, in eines der nobleren Hotels Coruscants ein. Die Rechnung würde sicher hoch ausfallen, doch das konnte Maman egal sein. Sie würde von jenem Unternehmen übernommen werden, für das er bis vor einer Woche gearbeitetet hatte. Ja er hatte ein wirklich geordnetes Leben gehabt. Als Aufsichtsratsmitglied der Imperial Bank, einer der größten Banken innerhalb des Imperiums, hatte er immer Geld im Überschuss gehabt. In den letzten Monaten auch Glück. Im Übermaß, so sinnierte er jetzt. Doch dann hatte er sich einen Fehltritt erlaubt. Hatte einem Günstling des Imperators ein Geschäft abgeschlagen, welcher sich wohl, dank Verbindungen im Imperium an ihm gerächt hatte.

Das Chrono zeigte mittlerweile 0600. Zeit für Gav Maman hinunter, in die Frühstückslounge zu gehen. Dort würde ein reichhaltiges, aber vorallem teueres, Fürhstück auf ihn warten. Das letzte das Gav Maman vor hatte zu sich zu nehmen. Er versenkte sich wieder in seiner Trauer und vergas.

Eine Stunde später, er hatte das Hotel mittlerweile verlassen, erwachte er wieder aus seiner Trance. Er ging auf ein Gleitertaxi zu welches scheinbar frei war. Unterwegs schloss sich ihm ein elegant gewandeter Geschäftsmann an, den Gav als Kontanktmann aus der morgentlichen Nachricht erkannte. Die beiden Menschen stieg ein und der Kontaktmann sprach den Fahrer an


"Fliegen Sie uns bitte zum Imperial Bank Building."

"Natürlich, Sirs."

Der Pilot startete den Motor und schon hob das Gefährt ab. Als sie eine gewisse Höhe erreicht hatten zog der Unbekannte Geschäftsmann eine Blasterpistole.

"Steigen Sie auf den Beifahrersitz, ich übernehme das Steuer", befahl er dem Gleiterpiloten mit vorgehaltener Waffe, welcher in Todesangst sofort auf den Beifahrersitz kletterte. Darauf hatte Gav Maman gewartet, er zog seinen eigenen Blaster, welchen er auf Betäubung eingestellt hatte und feuerte auf den Piloten.

"Der wäre erledigt. Haben Sie die Mikrofoneinheit?", fragte Gav seinen unbekannten Kontaktmann.

Dieser nickte und reichte ein, nach einem normalen Komlink aussehendes Gerät nach hinten. Dieser Sender war darauf eingestellt auf den Hauptfrequenzen der Lautsprecher in den umliegenden zu senden. Maman griff in seinen Rucksack und holte zwei größere Sprengladungen hervor. Er hatte sie Tags zuvor bei einem etwas zwielichtigen, außerirdischen Geschöpf gekauft und hoffte das sie funktionierten. Er deponierte eine auf dem Beifahrersitz und eine neben sich im Fond. Die Ladungen waren auf Zeit eingestellt. Wenn Gav den Zünder seiner Ladung betätigen würde, würden beide Bomben innerhalb einer Standardminute expoldieren. Er sah zu seinem Komplizen.

"Wie weit noch?"

"Da vorne ist das Gebäude schon, ich würde sagen so zwei Minuten. Machen Sie sich bereit, Maman."

Das Gebäude der Imperial Bank kam immer näher. Als sie ungefähr eine Minute davon entfernt waren betätigte Gav den Auslöser. Er hielt den Mikrofonsender an seinen Mund und sprach, trotz der Anspannung, laut un deutlich: "WARU!"

Seine Stimme war kaum verklungen als das Gleitertaxi mit der Aufschrift "Coruscant Cab Company" in das Imperial Bank Building raste. Noch bevor irgendjemand Alarm geben konnte, detonierten die beiden Sprengsätze und rissen mehrere Stockwerke auseinander. Der Turm begann zu schwanken und fiel langsam vorneüber. Jetzt konnte man überall Sirenen heulen hören. Gav Maman hatte Rache genommen.

[Coruscant - City - Imperial Bank Building - Gav Maman und Kontaktmann (beide RIP)]
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar – Wingston II – Mit Exodus -

Millionen von Lichter erhellten für gewöhnlich den Abendhimmel, gleich von welchem Planeten aus man ihn betrachtete. Millionen von Lichter waren es, die heute ihren Kurs bedeutet hatten und auf die sie direkt zu gesteuert hatten. Giselle Givenchy war bereits auf mehreren Planeten gewesen. Mon Calamari war ein märchenhafter Planet voller wundersamer Architektur gewesen, mit Städten die auf Wasser schwammen, während Alderaan mit seinen hohen Bergen und sanften Tälern ein kulturelles Vergnügen gewesen war. Sie war auf Bothawui gewesen und hatte Fresia als das Paradies kennen gelernt, in dem ihr ihre Freiheit so grenzenlos erschienen war, wie sonst nur in den endlosen Hallen des Weltraums und seiner ewigen Schwärze. Wieder für kurze Zeit dort einzutauchen war wie eine Reise zurück in die Zeit, als sie noch Teil der republikanischen Flotte gewesen war, bevor sie realisiert hatte, dass das nicht das war, das sie in ihrem Leben anstrebte.

Exodus' Schiff, die „Wingston II“ setzte im Hangar der Wingston Corporation auf, direkt nebem dem großen Turm, der nicht nur sämtliche Büros der Firma beherbergte, wie Exodus ihr im Anflug erklärt hatte, sondern indem sich auch seine Wohnung – das Penthouse – befand: der Wingston Tower. Das Schiff, das er flog, war eine personalisierte Luxusyacht, eine Eigenproduktion seiner Firma – jene, für die Giselle weiter zu arbeiten nicht gedachte. Sie hatte ihren Job als Exodus' Assistentin gekündigt und dabei würde es bleiben. Dass sie seine Einladung, ihn nach Corusant zu begleiten, angenommen hatte, war eine Sache, doch sie würde nicht dorthin zurück kehren, seine Angestellte zu sein. Die Yacht war von mittlerer Größe, mit einer Länge von rund 55 metern, wie die technischen Daten, die sie sich von Exodus auf dem kurzen Flug hatte geben lassen, ausgesagt hatten und ausgelegt auf fünf Passagiere. Sie besaß fünf Laserkanonen zur Verteidigung, eine Ionenkanone und war augestattet mit einem Klasse 3 Hyperantrieb, der vollkommen genügte, um Giselle und Exodus innerhalb von ein paar Stunden von Fresia nach Coruscant zu bringen. Ja, Coruscant...


“Ich kann es noch nicht glauben, dass wir wirklich hier sind.“

Dachte Giselle laut, als Exodus begann, die Triebwerke hinunter zu fahren.

“Gerade noch waren wir auf Fresia und jetzt... plötzlich hier.“

Noch waren sie nicht von Bord gegangen und Giselle konnte es nur erahnen, doch sie konnte sich bereits vorstellen, dass sie kurz davor war, in eine gänzliche andere Welt einzutauchen und das nicht nur geographisch, wie es tatsächlich der Fall war, sondern vor allem was die Lebensweise und die Geschwindigkeit des Planeten anging. Giselle war neugierig, was sie erwarten würde, auch wenn sie nicht damit rechnete, dass es ihr sonderlich gefallen würde. Corsucant war schon von außen ein zu krasser Gegensatz von allem, das sie kannte und liebte. Allerdings war sie, wie sie im Stillen wusste, auch nicht in erster Linie um des fremden Planeten Willen hier, sondern für Exodus.

Nach der Wanderung durch den Dschungel Fresias, die eigentlich ihre letzte gemeinsame Zeit hätte sein sollen, war Giselle, die ihre Sachen schon zuvor gepackt hatte, alleine nach Hill City zurück gekehrt. Sie hatte sich im Camp von allen verabschiedet, insbesondere von Jak, mit dem sie während ihrer Zeit auf Fingers Mark viel Spaß gehabt hatte. Dass sie ging, hatte sicher vielen Rätsel aufgegeben, doch Giselle konnte ihnen nicht helfen, diese zu lösen. Dann hatte Jost Fleetfire sie mit einem der Wassergleiter zum Festland zurück gebracht, wo sie ihre letzte Nacht auf Fresia unter Jems Dach verbracht hatte. Sich von ihm zu verabschieden war das Schwerste gewesen. Giselle wusste, dass sie ihren Freund vemutlich niemals wieder sehen würde, doch sie hatte ihm versprochen, dass sie ihn besuchen kommen würde, sollte sie jemals nach Fresia zurück kehren. Ob dies allerdings in ihrer Zukunft lag, stand jenseits der Sterne und fern aller hell leuchtender Lichter auf Coruscant.


- Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar – Wingston II – Mit Exodus -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar – Wingston II | mit Giselle ]

„Ja. Plötzlich sind wir hier.“

Die Laderampe streckte sich zu seinen Füßen langsam dem Boden entgegen. Coruscantischem Boden. Sie waren angekommen, beim Wingston Tower und Exodus konnte es immer noch kaum glauben. Am liebsten hätte er seine Hand nach Giselle ausgestreckt, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich neben ihm stand. Stattdessen zeigte er nur ein angedeutetes Lächeln und machte dann einen Schritt hinaus aus dem Rumpf der „Wingston II“.

„Nun denn …“

setzte er an und marschierte die Rampe hinunter, während er am dumpfen Widerhall des Metalls vernahm, dass seine ehemalige Assistentin ihm folgte. Mit seinem ersten Schritt auf heimischem Boden breitete sich ein strahlendes Lächeln auf seinen Zügen aus.

„Herzlichen Willkommen.“

sagte er und drehte sich zu Giselle herum, während er die Arme ausbreitete um auf all das zu zeigen, was Coruscant ihnen bieten konnte. Schon von der Landeplattform aus konnte man einen Eindruck der Größe dieses Stadtplaneten bekommen. Überall um sie herum schwirrten Raumschiffe durch die Luft, ein konstanter Strom an Leben, Geschäftigkeit und Luxus. Es war die Mischung aus Stille und Lärm, die Exodus seit jeher gewohnt war und die er über die Jahre so zu schätzen gelernt hatte. Das konstante Summen und Brummen der Gleiter und größeren Raumschiffe hatte ihm auf Fresia tatsächlich gefehlt. Auch wenn die Tierwelt ihr bestes gegeben hatte um eine ähnliche Geräuschkulisse aufzufahren. Es war einfach nicht dasselbe – auf Coruscant schlug der Puls der ganzen Galaxis und das spürte, fühlte und hörte man. Und trotzdem gab es Türen, die man verschließen und mit denen man sich Privatsphäre und Ruhe verschaffen konnte. Mit Geld konnte man auf Coruscant alles haben, auch einen ruhigen Strand, wenn man das wollte. Er war froh wieder zu Hause zu sein. Hier gehörte er hin.

„Das ist Coruscant, das ist meine Heimat.“

Und er war froh, dass Giselle bei ihm war. Er wusste selbst noch nicht, was sein Ziel bei ihr war, was kommen würde, wenn er sie erneut in sein Bett gelockt hatte, doch er wusste, dass er sie an seiner Seite haben wollte. Er brauchte sie.

„Du bist hier mein Gast – und entsprechend darfst du über unseren Zeitplan bestimmen.“

Erklärte er frei heraus, während er aus den Augenwinkeln bemerkte, wie sich einige Bedienstete im Hangar am Eingang zum Tower postierten. Das war ihr Job, natürlich. Und trotzdem wünschte er sich, sie stünden in diesem Moment nicht da. Er wollte Giselle zeigen, wie er lebte, nicht wie er arbeitete. Diese Seite kannte sie schon und sie hatte sich bewusst davon verabschiedet.

„Was möchtest du tun? Wir haben noch ein wenig Zeit bis zum Empfang – willst du zuerst in die City und für den Anlass unseres Kommens shoppen? Oder möchtest du sehen, wie ich wohne? Wie ich arbeite – nun, das weißt du ja schon. Ich könnte dir trotzdem einmal unsere Zentrale zeigen. Oder willst du etwas anderes? Coruscant bietet - … alles. Alles, was du willst.“

Ihm war klar, dass sie das nicht so sehen würde. Sie hatte schon angedeutet, dass ihr die Städte nicht gefielen. Giselle war ein Kind der Natur. Aber gerade deshalb musste er versuchen es ihr hier so angenehm wie möglich zu gestalten. Nur so würde er sie halten können, auch über den Geschäftsempfang hinaus.

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar – Wingston II | mit Giselle ]
 
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- Coruscant – Obere Ebenen - Wingston Corporation – Hangar – Mit Exodus -

In dem Moment, als Giselle aus dem Raumschiff hinaus auf die Gangway trat, ließen ihre zwei wichtigsten Sinne sie bereits wissen, was sie von Coruscant hielten. Die Luft war seltsam schwer, fast stickig und es roch beinahe verbrannt. War das normal, hier auf dem Stadtplaneten, oder war das, was ihr Geruchsinn aufnahm, lediglich das Resultat von nahegelegender Industrie? Giselle Givenchy sah sich um, um mit ihrem Blick den Geräuschen zu folgen, die über sie hinweg zogen und von überall her zu dröhnen schienen. Stadtgleiter, Speederbikes, Passagierfrachter und Jäger der planetaren Sicherheitskräfte, die auf Patrouille waren, bewegten sich in klaren Linien überall um sie herum. Vor ihr ging Exodus, seine Schritte kräftig und sicher und es war das erste Mal, das sie in ihn einer anderen Umgebung als auf paradiesischen Insel erleben würde. Hier auf Coruscant lebte der Exodus, den Giselle bisher nicht kannte. Er blieb stehen, drehte sich zu ihr herum und breitete die Arme aus, um sie willkommen zu heißen. Schräg hinter ihm strömten eine Reihe von Leuten nach draußen, von denen Giselle zuerst dachte, sie würden zu ihnen kommen, um Exodus zu begrüßen, doch das taten sie nicht. Stattdessen blieben sie direkt vor dem Eingang des hohen Gebäudes – dem Wingston Tower – stehen und stellten sich in Reih' und Glied auf, ein Empfangskomitee für den Vizepräsidenten.

“Ich darf entscheiden, was wir machen?“

Giselles Blick schwenkte zwischen Exodus' Mitarbeitern und ihm selbst hin und her. Sie hatte nicht darüber nach gedacht, wie sein Verhältnis zu seinen Angestellten hier wohl sein würde. Auf Fresia hatten seine Leute ihn respektiert, seine Anweisungen ausgeführt aber ihn auch weitestgehend gemieden, während sie hinter seinem Rücken über ihn gesprochen hatten. Er war der unnahbare Chef gewesen, aber auch einer, dessen Entscheidungen oder sein Verhältnis zu seiner Assistentin im Verborgenen hinterfragt worden waren. Giselle hatte keinen Zweifel daran, dass er hier auf Corsucant genau so unnahbar sein würde, doch sie beschlich der Verdacht, dass ihn die Mitarbeiter hier nicht nur respektvoll sondern vielleicht sogar ehrfürchtig behandelten. Sie hatte jedenfalls nicht damit gerechnet, dass man ihn empfangen würde wie einen König.

“Mich würde ein Blick in die Firma interessieren.“

Antwortete sie, nach einem Moment des Überlegens. Zu sehen, wie in der Zentrale der Wingston Corporation gearbeitet wurde, war bereits an sich ene spannende Frage, doch gleichzeitig konnte Giselle dabei erleben, wie man Exodus gegenüber begegnen würde. Daran, wie andere auf eine bestimmte Person reagierten, konnte man sehr viel über sie erfahren.

“Dabei können wir uns bestimmt gut die Beine vertreten.“

Begründete sie ihre Entscheidung. Der Flug war zwar nicht sonderlich lang gewesen, doch sie hatten trotzdem drei Stunden lang fast nur gesessen und etwas Bewegung, dachte Giselle, würde ihr gut tun.

“Was ist mit unserem Gepäck? Lassen wir es so lange auf dem Schiff?“

Fragte sie, da sie ohne ihre Koffer von Bord gegangen waren. Sie hatte fast alles mit nach Corusant genommen, das sie besaß. Als sie mit Exodus nach Fingers Mark gefahren war, war sie mit leichtem Gepäck gereist und hatte den Rest ihrer Sachen bei Jem unter gebracht, doch nun hatte sie wieder alles bei sich, abgesehen von jenen Dingen, die sich noch immer, seit Jahren schon, in Mortens Besitz befanden.

“Und wann ist der Empfang eigentlich?“

Giselle fiel auf, dass sie nicht einmal wusste, ob das Fest, wegen dem Exodus zurück nach Hause gekommen war, bereits heute, erst morgen oder an dem Tag danach stattfinden würde. Exodus hatte sich bisher noch nicht sonderlich detailiert darüber geäußert.

“Erklärst du mir, was ihr dort feiert?“

Sie standen beide unterhalb der Gangway, die Wingston II auf ihrer einen, den Wingston Tower auf ihrer anderen Seite. Giselle sah sich vorsichtig um. Alles um sie herum schien grau und trist. Wo waren die hellen, fröhlichen Farben geblieben, die sie von Fresia kannte?

- Coruscant – Obere Ebenen - Wingston Corporation – Hangar – Mit Exodus -
 
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[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar | mit Giselle ]

„Der Empfang ist morgen Abend.“

erklärte Exodus als erstes, darüber schmunzelnd, wie Giselle ihn mit Fragen bombardierte. Ja, sie stellte die Fragen, er gab die Antworten. Das hier war sein Gebiet, zweifellos. Es gab kein Fingers Mark mehr, wo sie sich auskannte und er sich hilf- und orientierungslos fühlte. Auf Coruscant war sie auf ihn angewiesen und er spürte, wie sehr ihm das gefiel. Lässig krempelte er sich die Ärmel seines Hemdes hoch, während er weitersprach.

„Ein wichtiger Geschäftspartner von uns feiert sein 30-jähriges Firmenbestehen. Wir sind allerdings auch dort um einen neuen Deal mit ihnen abzuschließen. Unser Kooperationsvertrag läuft bald aus und in einer solch locker-gelösten Atmosphäre verhandelt es sich meist erfolgreicher.“

Mit selbstbewusstem Gang durchquerte er den Hangar, fast immer einen halben Schritt vor Giselle weg gehend. Mit einem weiteren Schmunzeln in den Mundwinkeln und einer wegwerfenden Handbewegung beantwortete er ihre letzte Frage.

„Achja … mach dir keine Gedanken um unser Gepäck – es kümmert sich jemand darum.“

Sie steuerten direkt auf das Empfangskomitee zu. Exodus konnte nicht behaupten, dass sich immer so viele seiner Mitarbeiter dort platzierten, wenn er nach einer Geschäftsreise wieder zurück nach Coruscant kam und war entsprechend geschmeichelt und erstaunt – aber andererseits war Fresia keine gewöhnliche Geschäftsreise gewesen, sondern ein längerfristiges Projekt. Oder zumindest war es darauf ausgelegt und eigentlich war es eine Überraschung, dass er schon so früh wieder hier auftauchte. Vielleicht war es die Neugier, die seine Mitarbeiter zu diesem Empfang trieb. Oder – naja – sie fühlten sich ihm einfach verbunden.

„Mr. Wingston.“

sagte der älteste des kleinen Empfangskomitees fast andächtig, als Exodus und Giselle zu der Gruppe aufgeschlossen hatten. Manny war schon lange im Unternehmen, derselbe Jahrgang wie sein Vater und Exodus kannte ihn entsprechend seit einer Ewigkeit. Sein Haar hatte sich in den Jahren von braun zu grau gewandelt, die Stirn war nach oben gewandert und die Furchen um seine Augen waren tiefer geworden.

„Willkommen zu Hause.“

Der ältere Mann lächelte und Exodus erwiderte das Lächeln ehrlich, blieb kurz stehen und betrachtete die Menge an Mitarbeitern. Es waren größtenteils ältere Mitarbeiter, die von denen er wusste, dass sie in ihm nicht den ehemaligen Sith-Lord sahen, sondern den Sohn von Alad Wingston, der in die Fußstapfen seines Vaters treten wollte. Nur zwei jüngere Sekretärinnen standen dabei, die noch nicht lange bei ihnen beschäftigt waren. Serah allerdings nicht, wie Exodus erleichtert feststellte. Zusammen mit Giselle … das wäre nur unangenehm geworden. Exodus machte einen Schritt auf die Gruppe zu und ergriff dann Mannys Hand.

„Danke, Manny. Vielen Dank, dass ihr alle gekommen seid. Das freut mich wirklich.“

Genauso wie die Nautolaner und Mon Calamari auf Fresia gespürt hatten, dass er dort nicht hingehörte, wussten diese Leute: Das hier war sein zu Hause, hier gehörte er hin. Mit dem Oberkörper drehte er sich zu seiner Begleiterin herum und legte ihr kurz die Hand auf die Schulter.

„Das ist Giselle Givenchy. Sie hat mit mir auf Fresia am Lumium-Projekt gearbeitet.“

Die meisten seiner Mitarbeiter nickten der Vahla freundlich zu oder machten den Schritt auf sie zu, reichten ihr die Hand und nannten ihren eigenen Namen. Giselle und er waren das Führungsduo auf Fingers Mark gewesen – was ihn wieder daran erinnerte, dass er in den nächsten Tagen einen geeigneten Nachfolger – oder besser zwei – aussuchen und zum Wasserplaneten schicken musste. Aber das hatte Zeit bis sie morgen Abend den Deal eingefädelt hatten. Und bis er Giselle dabei geholfen hatte, sich auf Coruscant zu akklimatisieren. Exodus schloss sich dem allgemeinen Hände schütteln an, bis er schließlich jeden seiner Mitarbeiter persönlich begrüßt hatte. Das war etwas, das ihm sein Vater beigebracht und immer wieder eingeprägt hatte: Die Beziehung des Chefs zu seinen Mitarbeitern war es, was das Unternehmen am Laufen hielt – und schlussendlich erfolgreich machte. Die Leute mussten sich wertgeschätzt fühlen, auch wenn das Unternehmen größer wurde. Nunja – in dem Punkt hatte er auf Fingers Mark vielleicht nicht den allerbesten Job gemacht.

„Was hältst du davon, wenn wir heute Abend essen gehen? Dann kann ich dir noch etwas mehr von Coruscant zeigen.“

fragte er Giselle, nachdem sich die Gruppe langsam zerstreut hatte. Zwei Mitarbeiter waren zur Wingston II gelaufen, einer um den aktuellen Wartungszustand zu begutachten und ein zweiter um ihr Gepäck zu holen. Die Sekretärinnen waren wieder an ihren Platz gegangen, nur einige andere – unter anderem Manny – standen noch bei ihnen.

„Aber bis dahin – hier entlang.“

Exodus machte eine auslandende Handbewegung zur Tür, die sie endlich zum Wingston Tower brachte. Manny lächelte ihm väterlich zu und Exodus fing seinen Blick auf.

„Würdest du uns begleiten? Vielleicht sind die Büros der Ingenieure ja als erstes ganz interessant. Mr. Surrel – ich nenne ihn respektloserweise immer beim Vornamen – ist der Leiter der Abteilung. Die Wingston II geht auf eines seiner Designs zurück.“

Sein Blick wanderte von ihrem Chef-Ingenieur zu seiner ehemaligen Assistentin. Jetzt war doch wieder er derjenige, der die ganzen Fragen stellte. Aber das war etwas anderes. Sie war sein Gast. Er hatte alles unter Kontrolle.

„Was denkst du?“

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Hangar | mit Giselle ]
 
- Coruscant – Obere Ebenen - Wingston Corporation – Hangar – Mit Exodus und Manny –

Sie war noch nicht einmal zehn Minuten auf Coruscant und schon hatte Giselle das Gefühl, mit neuen Eindrücken überhäuft zu werden. Da waren die Angestellten der Wingston Corporation, deren Gesichter sie sich schon jetzt einzuprägen versuchte, obwohl sie wusste, dass sie das nicht musste. Sie arbeitete nicht mehr für Exodus, war hier als sein Gast, und es gab keinen Grund, warum sie seine Mitarbeiter nach dem heutigen Empfang oder dem Rundgang durch die Firma überhaupt noch einmal wiedersehen sollte. Dann waren da der Chefingenieur, Mr. Surrel, den Exodus näher zu kennen schien als nur von der Arbeit, da er ihn vertraulich beim Vornamen ansprach. Andererseits hatten auch er und Giselle schnell zu einer vertraulichen Anrede gefunden. War das vielleicht sogar etwas, das typisch für Exodus war? Es gab so vieles, das sie hier über ihn lernen konnte. Um ihr Gepäck brauchten sie sich nicht zu kümmern. Giselle warf einen Blick hinüber zu dem Schiff, mit dem sie gekommen waren, als sie das beeindruckende Hochhaus durch eine der Türen betraten. Natürlich, Exodus Wingston brauchte sich nicht selbst um seine Koffer zu kümmern. Er hatte Leute, die es für ihn taten. Die Frage, wie es wohl war, so zu leben wie er, tauchte in Giselles Hinterkopf auf, gleichwohl wissend, das sie es schon bald erfahren würde. Und trotzdem wusste sie inzwischen, dass das längst nicht alles war, das ihn aus machte. Er hatte ihr über seine Vergangenheit erzählt, dass er einst ein Jedi gewesen war und dann dem Imperium gedient hatte. Innerhalb der Republik, überlegte sie, würde er vermutlich als Verräter bezeichnet werden. War das der Grund, warum das Lumium-Projekt auf Fresia, einem Planeten der ebenso imperial war wie Coruscant, gestartet worden war?

“Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Surrel.“

Giselle lächelte höflich, als Exodus den Chefingenieur gebeten hatte, sie auf ihrem Rundgang zu begleiten und war fast ein wenig erleichtert, als sich die Tür des Gebäudes für’s erste hinter ihnen schloss und die Geräusche des städtischen Verkehrs für den Moment ausgesperrt blieben. Es war wirklich viel, an das sie sich hier würde gewöhnen müssen. Sie folgte den beiden Männern durch einen Korridor und hatte Gelegenheit, einen mentalen Zeitplan zu erstellen. Der Empfang, hatte Exodus ihr gesagt, würde am morgigen Abend sein und dabei vorgeschlagen, heute Abend auswärts essen zu gehen.

“Ich würde gerne mit dir essen gehen.“

Erwiderte sie und fragte sich, den Hinterkopf des Chefingenieurs in ihrem Blick, was dieser wohl denken mochte, oder ob er überhaupt zugehört hatte. Jak, der auf Fingers Mark mit dem Abbau des Lumiums beschäftigt gewesen war und ursprünglich von Coruscant kam, hatte ihr anvertraut, was man so über Exodus Wingston und seinen Lebenswandel hörte. Zwar hatte sie einiges davon als Gerüchte abgetan, doch wo Rauch war, war üblicherweise auch ein Feuer und hatte sie nicht selbst erlebt, wie hartnäckig Exodus gewesen war, sie in sein Bett zu bekommen? Sie warf ihm einen Blick zu.

“Natürlich nur, wenn du überhaupt Zeit dafür hast. Es ist dein erster Tag zurück und du hast sicherlich viel zu tun.“

Sie dachte an seinen Vater und seine Kinder. Exodus hatte Familie hier, die er sicher sehen wollte, auch wenn das Verhältnis vor allem zu seinem Sohn und zu seiner Tochter nicht ganz einfach war. Giselle fragte sich, ob er je eine Antwort auf die Nachricht erhalten hatte, die er Adrian geschickt hatte, um ihm beizubringen, dass er sich von seiner Frau – Adrians Mutter – getrennt hatte... oder sie sich von ihm. Wenn Adrian ihm geantwortet hatte, hatte Exodus Giselle jedenfalls nicht davon erzählt. Vielleicht würde sie ihn danach fragen, später wenn sie alleine waren. Giselle merkte, dass sie sich bereits jetzt darauf freute, auch wenn sie es vielleicht nicht sollte.

- Coruscant – Obere Ebenen - Wingston Corporation – Hangar – Mit Exodus und Manny –
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation | mit Giselle ]

„Sehr schön. Also gehen wir heute Abend essen.“

Exodus lächelte zufrieden und notierte sich in Gedanken bereits, dass er beim „Victorias“ anrufen musste, um dort einen Tisch – oder gleich den ganzen Saal, je nachdem was noch möglich war – zu reservieren. Wenn er mit Giselle an ihrem ersten Abend auf seinem Heimatplaneten essen ging, dann sollte alles so perfekt wie möglich sein. Auf Fresia hatte er ihr nicht viel bieten können, doch hier auf Coruscant – hier waren die Möglichkeiten schier unbegrenzt. Es war sein erklärtes Ziel sie zu beeindrucken und für den Planeten zu erwärmen, natürlich in der Hoffnung sie doch noch zu einem etwas längeren Aufenthalt bewegen zu können. Ihm war bewusst, dass sie sich nicht viel aus Luxus machte. Aber wie stand es mit der Romantik? Das „Victorias“ hatte ihm in dieser Hinsicht schon einige Male gute Dienste geleistet. Zuletzt hatte er diese kleine Cortina dorthin ausgeführt … wenn auch mit einem wenig erfreulichen Ausgang des Abends. Das würde diesmal anders laufen. Ganz sicher. Es sei denn Giselle hatte ebenfalls eine Zwillingsschwester, die sich rein zufällig auf Corsucant befand, mit der sie in der Kürze der Zeit noch schnell Kontakt aufnehmen und einen geheimen Austausch planen würde. Aber selbst wenn sie diese Schwester hätte – wieso sollte sie das tun? Anders als Noa Chanelle Cortina war Giselle schließlich schon von seinen Qualitäten überzeugt. Auch wenn sie mittlerweile um die Negativseiten wusste, die bei Cortina eine solche Abneigung gegen ihn hervorgerufen hatten. Sie war mitgekommen, bereit ihn zum Geschäftsempfang zu begleiten. Ganz so abschreckend konnte das alles also nicht gewesen sein.

„Ich werde später vielleicht kurz in ein Meeting mit meinem Vater müssen, ihn auf den neuesten Stand bringen, ein paar Angelegenheiten klären – aber ansonsten bin ich nicht groß eingespannt.“

erklärte er auf ihre Frage nach seiner Zeitplanung.

„Du bist mein Gast und entsprechend werde ich versuchen, dir der bestmögliche Gastgeber zu sein.“

Seine Mundwinkel zuckten leicht, als er sich zu ihr herumdrehte, während sie den Empfangsraum durchquerten. Die Mitarbeiterinnen waren erst vor wenigen Sekunden von der kleinen Begrüßung im Hangar an ihre Plätze zurückgekehrt. Er lächelte ihnen noch einmal zu und wies Giselle dann den Weg in einen weiteren Gang, der zu den Büros der Designer führte.

„Manny, wir können doch sicher einen Blick auf die Konzepte von ‚The W‘ werfen, oder?“

„Natürlich.“

Der ergraute Chefdesigner war schweigend hinter ihnen hergelaufen. Er nahm sich ganz zurück, die Autorität seines Vorgesetzten akzeptierend. Im Büro würde Exodus ihm jedoch wieder das Ruder überlassen. Zu den Konzepten konnte er viel mehr sagen und der Vizepräsident wusste, dass man jedem Mitarbeiter gelegentlich die Chance geben musste, zu glänzen.

„The W … das ist unser geheimer Arbeitstitel.“

erklärte Exodus mysteriös, eher er sich wieder darüber bewusst wurde, dass Giselle Einblick in alle Dokumente auf Fresia gehabt hatte und dabei vermutlich schon auf den Projektnamen der neuen Luxuslinie gestoßen war, für die sie den ganzen Aufwand des Lumiumsabbaus überhaupt betrieben.

„Naja, vielleicht nicht ganz so geheim.“

Er grinste sie schief an, ehe er stehen blieb und Manny den Vortritt ließ, ihnen sein Büro zu öffnen. Die zischenden Schiebetüren gaben den Blick auf einen weitläufigen Raum frei, dessen riesige Displaywände verschiedene Konzeptzeichnungen zur Schau stellten, manche sehr fein ausgearbeitet und coloriert, andere nur mit wenigen Strichen skizziert. In der Mitte des Raumes stand ein monströser Schreibtisch, der gleichzeitig einen Holoprojektor beinhaltete, welcher ein Modell der „Wingston II“, das sich langsam um die eigene Achse drehte, in den Raum projizierte.

„Hier arbeite ich.“

Seine Wortwahl war bescheiden, doch man hörte Manny durchaus einigen Stolz an. Hier war seine Werkstatt und viele der wichtigsten Ideen in der Firmengeschichte der Wingston Corporation waren hier entstanden. Exodus blieb vor dem Holoprojektortisch stehen, während Manny sich hinter dem Schreibtisch niederließ und auf ein kleineres, in den Tisch eingelassenes, Display hinuntersah.

„The W … wo haben wir es denn?“

Für einen Moment zog er nachdenklich die grauen Augenbrauen zusammen und seine hohe Stirn erschien noch faltiger als ohnehin schon. Dann flackerte das Modell der Wingston II nervös auf, verschwand schließlich und machte Platz für die Darstellung eines anderen Schiffs: „The W“. Die Luxusyacht, die in den nächsten Jahren das Flaggschiff der Wingston Corporation im höchsten Preissegment werden sollte. Ein Spielzeug für die reichsten der Reichen.

„Das ist es.“

erklärte Manny und ließ das Modell erst etwas schneller um die eigene Achse rotieren, ehe er es zum Stehen brachte und Giselle ansah.

„Der Clou ist allerdings im Inneren des Schiffes zu finden.“

Wieder sah er auf seinen Bildschirm zurück, legte den Zeigefinger nachdenklich auf das Display, machte einige schnelle Wischbewegungen und ließ damit alle Konzeptzeichnungen, die an den Wänden zu bewundern gewesen waren, verschwinden. Die Wände zeigten für einen Augenblick tiefes Schwarz, ehe um sie herum das innere Design des Luxusschiffes sichtbar wurde. Es war, als befänden sie sich mitten in der Yacht, so lebensecht schimmerte das dunkle Holz von den Wänden wider. Jetzt war es an Exodus, etwas zu ihrem Projekt zu sagen. Nicht viel: Nur ein Wort.

„Lumium.“

hauchte er und auf Knopfdruck fuhr Manny die Beleuchtung des Büros auf ein Minimum herunter, während auf den virtuellen Wänden des Schiffinnenraums langsam blaue Linien anfingen zu leuchten, die sich wie kleine Adern durch das Holz zogen. Nach wenigen Sekunden tauchte das pulsierende Schimmern den Raum in ein tiefes Blau. Es war, als hätte man das Leuchten des Ozeans in den Wänden konserviert. Exodus konnte nicht anders als zu Grinsen. Wenn sie diesen Effekt in der Realität hinbekamen, dann … wow. Sie würden sich vor Bestellungen für „The W“ gar nicht mehr retten können, dessen war er sich sicher. Sein Blick heftete sich an Giselle. Sie war ein Kind der Natur, durch und durch, und Exodus war sich nie ganz sicher gewesen, wie sie wirklich zu dem Abbau der Bodenschätze Fresias gestanden hatte. Möglich, dass sie die Verwendung des Lumiums auf diese Art und Weise verabscheute und für Verschwendung hielt. Aber andererseits … wer konnte sich schon diesem Zauber entziehen?

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation | mit Giselle ]
 

- Coruscant – Obere Ebenen - Wingston Tower - Wingston Corporation – Büros – Mit Exodus und Manny –


Der Projektname, den Exodus erwähnte, sagte Giselle etwas, doch nicht viel. Er war in einigen Unterlagen erwähnt worden, die sie auf Fresia gelesen hatte, doch nie näher erklärt worden und obwohl sie gewusst hatte, dass sie das Lumium rund um Fingers Mark für eine neue Luxuslinie abgebaut hatten, die die Wingston Corporation erbaute, hatte sie nie eindeutig gewusst, was wirklich dahinter stand oder wie ausgereift die Pläne für dieses Projekt waren. Genau genommen wusste sie letzteres auch jetzt noch nicht, doch als die unwirklichen Wände, die plötzlich Wirklichkeit wurden, vor, neben und hinter ihr erschienen, glaubte sie zu wissen, dass zumindest die Vorstellungen der neuen Schiffe ziemlich genau sein musste. Sie stand inmitten einer Illusion, es war ein Raum in einem Raum, und Giselle fühlte, wie die Haut auf ihren Armen unterhalb ihrer langen Ärmel zu prickeln begann. Eigentlich lebte sie inzwischen lange genug innerhalb der modernen Gesellschaft um zu wissen, wozu Technik fähig und wie weit fortgeschritten sie war und dennoch verblüfftte es sie immer wieder. Früher, bei ihrem Stamm, hatte es solche Dinge nicht gegeben. Technik war sehr einfach gewesen. In der Regel hatten sie elektrisches Licht gehabt, manchmal aber auch nicht und kaum einer hatte ein Kom besessen, ein Gegenstand der für die meisten Wesen in der Galaxis ein alltäglicher Gegenstand zu sein schien, wie Giselle gelernt hatte.

“Das Lumium... so wird es also aussehen.“

Giselles Stimme war leiser geworden, staunend. Das plötzlich magische Licht, das den Raum erfüllte, hatte sie automatisch veranlasst, sich Exodus' Tonfall anzupassen. Sie begann, langsam ein paar Schritte auf die virtuellen Wände zu zu machen und fühlte sich an Fresia erinnert, zurück versetzt in die Dunkelheit des Ozeans, in dem dem sie getaucht waren und dessen Meeresboden magisch geleuchtet hatte. Das hier war fast eine perfekte Imitation.

“Es sieht so echt aus.“

Sagte sie dann auch, ein deutliches Lob an Manny, und in ihrer Stimme lag noch immer Staunen. Sie richtete sich an den Chefingenieur.

“Wie viele Räumlichkeiten pro Schiff planen Sie mit Lumium einzurichten? Nur Schlaf- und Wohnräume?“

Wollte sie wissen, die Zahlen des Lumiumabbaus auf Fresia genau vor Augen. Sie runzelte die Stirn.

“Ich nehme an, es gibt Berechnungen darüber, wie viel Sie pro Schiff benötigen, inklusive eventuellem Schwund?“

An dieser Stelle wären natürlich noch die zu erwartenden Verkaufszahlen der neuen Schiffe interessant, doch Giselle bezweifelte, dass Manny Surrel über diese Art von Informationen verfügte oder sich dafür interessierte, da es nicht Teil seiner Stellenbeschreibung sein dürfte, und Giselle wollte ihn nicht mit Fragen konfrontieren, die er dann mangels Wissens nicht beantworten konnte.

“In welchem Stadium befindet sich das Projekt genau?“

Fragte sie stattdessen, da die gezeigten Konzeptzeichnungen auch darüber wenig verrieten.

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[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Büros | mit Giselle und Manny ]

Giselle zeigte sich angemessen beeindruckt von der Präsentation ihrer Vision. Genau so musste es sein, genau so musste jeder potenzielle Kunde auf das mysteriöse Schimmern des Lumiums reagieren. Es war perfekt. Exodus nickte zufrieden, mit sich, mit Manny und auch mit Giselle, da sie ihn mit ihrer Reaktion in seiner Meinung bestätigte.

„Es sieht fast aus wie am Boden des Ozeans, nicht wahr?“

murmelte Exodus, selbst immer noch verzaubert von dem Anblick, der sich ihnen bot. Langsam drehte er sich auf der Ferse um die eigene Achse, um alle Details der lebensechten Simulation aufzunehmen. Auch Manny schwieg nur andächtig und sah zufrieden auf sein Werk – bis Giselle ihn ansprach und plötzlich mit einer Fülle an Fragen bombardierte. Wie viele Räumlichkeiten pro Schiff mit dem Lumium eingerichtet werden sollten, wollte sie wissen, wie viel Lumium pro Schiff benötigt werden würde und in welchem Stadium sich das Projekt momentan befand. Argwohn schlich sich unbemerkt in Exodus‘ Blick als er seinen Chefingenieur und seine ehemalige Assistentin wieder in den Blick nahm.

„Es hängt ganz vom Kunden ab.“

erklärte Manny mit einem leichten Schulterzucken.

„Wenn er einen Raum haben will, bekommt er einen Raum – wenn er das ganze Schiff damit ausgestattet haben möchte, ist auch das möglich. Im Luxussegment gibt es da nicht mehr ganz so klare Rahmenwerte.“

Exodus nickte zur Bestätigung, während Manny über Giselles nächste Frage nachzudenken schien.

„Was die Menge an Lumium angeht. Wir konnten bisher nur wenige Tests mit echtem Lumium durchführen, also …“

„Also belassen wir es für den Moment dabei.“

fuhr Exodus bestimmt, aber betont freundlich, dazwischen. Mit wenigen Schritten schob er sich zwischen Manny und Giselle, als könne er damit verhindern, dass er ihr Fragen beantwortete oder sie weitere stellte.

„Wir sind doch nicht hier um zu arbeiten.“

Nun, streng genommen war er es schon. Der Empfang morgen Abend war Arbeit, auch wenn sich das durch Giselles Anwesenheit kaum so anfühlen würde. Selbst eine Vertragsverhandlung würde zum Kinderspiel, wenn er die Präsenz der Vahla in seiner Nähe fühlte. Sie beschwingte ihn, sie gab ihm Energie. Und er wollte sich seine gute Laune jetzt nicht dadurch verderben lassen, dass sie mit einer kritischen Analyse wieder auf die Probleme des Projekts hinwies.

„Außerdem bin ich nicht sicher, ob ich einer Außenstehenden interne Details über den Fortschritt des Projekts verraten sollte.“

Er setzte ein kleines Schmunzeln auf, das frech und gewinnend wirken sollte. Ein kleiner Spaß, nur ein Seitenhieb – doch die Botschaft war klar: Sie arbeitete nicht mehr für ihn und genau so würde er sie auch behandeln. Sie hatte es so gewollt. Das hier war eine kleine, vielleicht unbedeutende, aber dennoch genugtuende Rache. Mit einem Schritt hatte er zu ihr aufgeschlossen, legte ihr seine Hand auf die Schulter und drehte sie von Manny weg zu den leuchtenden Wänden.

„Willst du noch etwas anderes sehen?“

Sie durfte Konzeptzeichnungen und schöne Bildchen sehen, sie durfte sich beeindruckt zeigen und auch gelegentliche Nachfragen stellen. Alles kein Problem. Aber wer nicht mit Exodus Wingston arbeiten wollte, mit dem würde auch er nicht weiter zusammenarbeiten. So einfach war das.

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Als Exodus in das Gespräch einschnitt und seinen Chefingenieur daran hinderte, weitere Fragen von Giselle zu beantworten, zog die ehemalige republikanische Offizierin missmutig die Augenbrauen zusammen. Einen Moment lang kam sie sich vor wie ein Kind unter Erwachsenen, dem nicht zustand gewisse Dinge zu erfahren und obgleich es so nicht war, war die Situation doch die gleiche. Exodus hatte beschlossen, gewisse Dinge nicht mehr mit ihr zu teilen und die Erkenntis brannte in Giselles Kehle wie zu scharf gewürztes Fleisch, das sie von innen heraus reizte. Das war nicht, was sie wollte. Sie wollte, dass er ihr vertraute, gerne mit ihr sprach und das Gefühl hatte, alles mit ihr teilen zu können. War das nicht, was Freunde taten und hatte er nicht mehrmals betont, sie seien Freunde? Die Tatsache, dass er genau dann in diese Richtung argumentiert hatte, wenn er sie in sein Bett hatte locken wollen, versuchte Giselle zu ignorieren. Darum ging es nicht, nicht jetzt. Was sie ärgerte war, dass er Recht hatte. Sie war eine Außenstehende, seit sie ihre Position als seine Assistentin verbal gekündigt hatte. Doch wenn er das so streng sah wie er gerade hatte durchblicken lassen, dann verstand sie nicht, warum er sie überhaupt hierher gebracht hatte. Er wollte sie durch die Büros führen, wollte ihr zeigen wie die Wingston Corporation arbeitete aber gleichzeitig durfte sie keine Fragen stellen? Welchen Sinn machte das?

Er stand jetzt wieder hinter ihr und da war sie wieder, eine dieser scheinbar harmlosen Berührungen, die er so liebte. Er tat es immer wieder, manchmal zufällig, manchmal betont absichtlich. Ihr Blick geradeaus auf die leuchtende Wand gerichtet war es zu verführerisch, sich von dem faszinierenden Licht und Exodus' warmer Hand auf ihrer Schulter einlullen zu lassen. Obwohl sie ein Shirt mit langen Ärmeln trug, spürte Giselle die Intensität seiner Berührung durch den Stoff hindurch. Warum nur wünschte sie sich, dass er sie immer so anfassen würde, wenn sie sich gleichzeitig über ihn ärgerte? Sie versuchte den Knoten verletzter Gefühle herunter zu schlucken, der ihr bewusst gemacht hatte, dass sie sich mit ihrer Kündigung selbst ein Stück weit von Exodus entfernt hatte. Wollte er wirklich nicht, dass sie Fragen stellte, oder wollte er, dass sie es tat, damit er ihr die Antwort verweigern konnte? War es ein Spiel um Macht? Giselle Givenchy setzte eine neutrale Miene auf und gab sich mit einem freundlichen Lächeln in Richtung des Chefingenieurs alle Mühe, jedes Anzeichen von Missmut aus ihrem Gesicht zu vertreiben.


“Ich danke Ihnen für die interessante Demonstration, Mr. Surrel.“

Sie hatte sich für die ausführlichen Erklärungen bedanken wollen, doch da diese rar gewesen waren, hätte sie nicht davon sprechen können, ohne Ironie in ihren Tonfall einfließen zu lassen. Stattdessen sah sie Exodus an.

“Ich denke, ich habe genug gesehen.“

Sagte sie zu ihm, griff nach seiner Hand auf ihrer Schulter und schob sie von sich.

“Darüber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mich nicht ständig von jemandem berühren lassen sollte, der nicht mehr mein Liebhaber ist.“

Sie lächelte ihn an, eine Imitation seiner selbst, und war gleichzeitig sicher, dass ihr ihr Lächeln weitaus schwerer fiel als Exodus noch wenige Sekunden zuvor. Neben ihnen stand Mr. Surrel, der Chefingenieur, den Exodus beim Vornamen nannte und für eine Sekunde lang bereute Giselle ihre Worte, die Exodus in eine peinliche Position, unangenehme Situation brachten. Erst als sie ihm in die Augen blickte wurde ihr klar, warum sie sie gesagt hatte.

"Also, jetzt da ich gesehen habe wie du arbeitest... zeigst du mir, wie du lebst?"

Schlug sie vor, ihre Frage nach ihre eigenen schneidenden Worten noch ein wenig unsicher klingend. Dennoch hatte Giselle das Gefühl, dass sie verantwortlich war, die Stimmung nicht gefrieren zu lassen. Es stimmte, sie war nicht länger seine Angestellte und er nicht mehr ihr Vorgesetzter und genau deswegen wollte sie nicht, dass er sie behandelte wie jemanden, den er herum dirigieren konnte. Sie wollte, dass er sie behandelte wie eine Ebenbürdige und am liebsten wie jemand, der ihm etwas bedeutete.

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Giselle Givenchy war eine starke Frau, mit einer starken eigenen Meinung. Sie war sich darüber sehr bewusst – und sollte Exodus diese Tatsache für einen Moment vergessen haben, so rief die Vahla sie ihm wieder sehr wirkungsvoll ins Gedächtnis. Seine kleine Zurechtweisung ließ sie nicht auf sich sitzen: Sie schob seine Hand bestimmt von ihrer Schulter und erwähnte wenig subtil – in Anwesenheit seines Chefingenieurs, den er schon fast sein ganzes Leben lang kannte – dass sie eine Affäre gehabt hatten – und erklärte unmissverständlich, dass mit dem Ende ihrer kleinen Liaison auch jegliche Berührungen von ihm Tabu waren. Exodus war gut darin, sich in solchen Moment nicht anmerken zu lassen, wie wütend er eigentlich war. Also lächelte er nur. Entgegen seiner Bemühungen wirkte es aber doch eher wie ein Zähne fletschen.

„Also gut.“

Nichts war gut. Aber so etwas sagte man in solchen Situationen eben. Exodus drehte sich zu Manny herum und zuckte leicht entschuldigend mit den Schultern. Das war gehörig in die Hose gegangen, doch er hatte nicht vor, seinem Mitarbeiter gegenüber – so gut er ihn privat auch kennen mochte – den Eindruck zu erwecken, er fühlte sich für irgendetwas schuldig. Das hier war Giselles Schuld. Zumindest musste es das in seiner Außendarstellung sein. Mit dem Oberkörper wandte er sich wieder der Vahla zu.

„Auch wenn du streng genommen nicht gesehen hast, wie ich arbeite. Aber ich schätze, davon hast du auf Fresia schon genug mitbekommen.“

Kleine Spitzen verteilen konnte er auch.

„Und auch wie ich lebe. Aber ich zeige dir gerne ein weiteres meiner Betten.“

Mit diesen Worten trat er an ihr vorbei, betätigte den Türöffner und trat hinaus auf den Flur.

„Wir müssen nach oben.“

Geduldig verschränkte er die Arme hinter seinem Rücken und wartete bis ihm Giselle und Manny aus dem Büro gefolgt waren. Er reichte dem älteren Ingenieur die Hand und nickte ihm noch einmal zu. Die kleine wütende Falte zwischen seinen Augenbrauen ließ sich jedoch nicht verbergen.

„Danke für den kleinen Einblick in unser Projekt, Manny. Wir sehen uns später.“

Der Lift, der sie zum Penthouse bringen würde, befand sich direkt am Ende des Ganges und Exodus schritt ohne großes Aufhebens auf die verschlossenen Türen zu. Er spürte, das Giselle ihm in seinem Rücken folgte und fragte sich, was sie gerade denken mochte. Die Stimmung war merklich abgekühlt, das war klar. Sie hatten sich beide nicht von dem anderen vorführen lassen wollen. Der Unterschied zu Fresia aber war: Hier fiel es ihm leicht, die Kontrolle zu behalten. Giselle konnte nicht einfach verschwinden. Natürlich konnte sie ihm verweigern, die Nacht mit ihm zu verbringen. Aber darauf hatte er heute ohnehin noch nicht spekuliert. Für den Moment saß er jedoch schlichtweg am längeren Hebel. Die Position in der Exodus Wingston sich seit jeher am wohlsten fühlte.
Vor dem Lift blieb er stehen, rief den Aufzug per Knopfdruck und drehte sich dann knapp zu Giselle, die zu ihm aufgeschlossen hatte, herum – allerdings ohne ihr direkt in die Augen zu sehen.


„Das war unnötig.“

sagte er vage, ohne genau zu erklären, ob er ihren oder seinen eigene kleinen Ausrutscher meinte. Begleitet von einem kleinen ‚Ping‘ öffneten sich vor ihnen die Türen des Lifts und Exodus trat in die Kabine.

„Du hättest mich nicht vor meinem Mitarbeiter demütigen sollen.“

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Die Anspannung in der Luft war greifbar, als sie sich von Manny Surrel verabschiedeten und sein Büro verließen, Exodus vorneweg und Giselle hinter ihm. Er sah nicht zurück, gönnte ihr keinen einzigen Blick, doch er hörte natürlich an den Geräuschen ihrer Schritte, an dem gleichmäßigen Tappen ihrer Schuhe auf dem Gang, dass sie ihm folgte. Während der Abstand zwischen ihnen größer wurde – Exodus legte ein beachtliches Tempo voran und ließ seine Schritte immer länger werden, ohne dabei in einen Lauf zu verfallen – bohrte sich Giselles Blick in seinen Rücken. Sie hatte gemerkt, dass ihre Worte ihn genau dort getroffen hatten, wo sie ihn erwischen sollten, doch statt Triumph zu verspüren ärgerte sie sich darüber, dass er sie dazu gebracht hatte, sie zu sagen. Sie ärgerte sich über die Situation zwischen ihnen und vor allem darüber, dass sie mehr von ihm wollte als er von ihr. Als sie den Fahrstuhl erreicht hatten, drehte er sich endlich wieder zu ihr um. Fast hatte sie schon damit gerechnet, dass er ihr auch jetzt den Rücken zugewandt lassen würde. Froh, sein Gesicht zu sehen, war sie jedoch nicht. Es war wie eine Maske, jegliche Emotionen darin fehlten. Als er sprach, war sein Ton sachlich distanziert. Gisellte atmete tief aus. Sie wollte nicht mit ihm streiten, aber wie sollte sie ihm klar machen, dass sie sich gefühlt hatte, als wolle er sie auf ihren Platz verweisen? Sie hätte seine Worte respektiert, hätte sie wirklich noch für ihn gearbeitet. Authoritäten hatte Giselle gelernt zu akzeptieren. Ihr Verhältnis aber war ein anderes. Waren sie wirklich Freunde oder waren sie doch eher Fremde? Waren sie nur ein Geschäftsmann und seine ehemalige Angestellte?

“Du hast Recht.“

Giselle drängte nicht darauf, dass er ihrem Blick begegnete. Er hatte beschlossen, an ihr vorbei zu sehen, als wäre sie seiner Aufmerksamkeit nicht wert und war jetzt als erster in die Kabine des Turbolifts getreten.

“Es tut mir Leid.“

Sie folgte ihm hinein und lehnte sich gegen die Wand seitlich von ihm, sodass sie ihm nicht direkt gegenüber stand. Die Türen schlossen sich hinter ihnen und Exodus wählte das Stockwerk aus, in dem seine Wohnung lag. Giselle bemerkte, dass es die höchste Etage war. Sie glaubte, dass man so etwas Penthouse nannte.

“Ebenso hättest du mich nicht vorführen sollen.“

Jetzt suchte sie doch seinen Blick.

“Was war der Sinn dahinter, dass du anfängst über ein geheimes Projekt zu berichten, über das ich dann doch nichts erfahren darf? Du hast davon angefangen, anstatt mir wirklich nur die Büros zu zeigen. Das nächste Mal, wenn etwas geheim ist, dann behandle es auch von Anfang an genau so.“

Sagte sie, ihre Stimme darauf ausgelegt ihm verständlich zu machen, wie sein Verhalten auf sie gewirkt hatte. Der Turbolift hatte sich längst in Bewegung setzt und war dabei, sie hoch hinaus in die Wolken zu bringen und Giselle dachte an die letzten Worte, die Exodus gesagt hatte, bevor sie zu ihm in den Fahrstuhl gestiegen war. Sie schluckte schwer.

“Aber gut, dass ich jetzt weiß, dass du die Nacht mit mir als demütigend empfunden hast. Eine Affäre mit der eigenen Mitarbeiterin, mit jemandem wie mir, ja, das ist wirklich demütigend für dich, Exodus.“

Giselles Stimme war eine Spur bitter.

“Du hast vermutlich andere Standards.“

Der Turbolift drosselte die Geschwindigkeit, schien für einen Moment unschlüssig in der Schwerelosigkeit zu hängen und hielt dann an. Vor ihnen öffneten sich die Türen und Giselle blinzelte weg, was eine störende Träne hätte sein können. Sie waren Liebhaber für eine Nacht gewesen, aber würden sie jemals darüber hinaus kommen? Ihr Verstand hatte es zuvor bereits bezweifelt, doch allmählich begann auch Giselles Herz es mit Klarheit zu sehen. Hier auf Coruscant, obwohl noch keine zwei Stunden hier, begann sie zu verstehen, dass Exodus Wingston nicht nur ein gänzlich anderes Leben führte als sie, sondern dass er hier auch ein gänzlich anderer Mann war als in dem sonnigen Paradies der Inseln, auf denen sie ihn kennen gelernt hatte.

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Er hatte die Situation unter Kontrolle, hatte er sich eben noch gesagt. Giselle konnte hier, auf seinem Gebiet, nicht viel tun. Exodus glaubte an diese Tatsache oder wollte zumindest den Eindruck vermitteln, dass er das tat. Seine Körpersprache deutete darauf hin, als er zielstrebig in den Lift getreten war. Kein Blick zurück – er erwartete, dass seine ehemalige Assistentin ihm folgen würde. Aber das musste sie nicht. Vielleicht hatte er sich doch verzettelt, vielleicht brachte ihr Stolz sie dazu, eine Dummheit zu begehen. Einfach nicht in den Lift einzusteigen. Die Wingston Corporation zu verlassen. Ihn morgen alleine zu dem Empfang gehen zu lassen. Für einen Moment fragte er sich ernsthaft, ob Giselles Geduldsfaden gerissen und die Situation endgültig explodieren würde. Doch stattdessen stimmte sie ihm zu – und entschuldigte sich. Die Türen schlossen sich hinter ihnen und der Lift setzte sich in Bewegung. Situation gerettet?
Nicht ganz, wie die weiteren Worte der Vahla ihm schnell klar machten. Sie hatte sich entschuldigt, ja, aber das änderte nichts daran, dass sie sauer war. Sauer und verletzt. Zudem bestand sie darauf, dass er auch er sich falsch verhalten hatte. Was war der Sinn darin, ihr ein geheimes Projekt zu zeigen, nur um ihr im nächsten Moment doch die Informationen zu verweigern? Ja …


„Also …“

setzte er zögernd zu einer Erklärung an, von der er noch nicht wusste, wie sie lautete. Doch Giselle hatte noch mehr zu sagen. Ihrem Verständnis nach war ihre gemeinsame Nacht für ihn demütigend gewesen. Eine Affäre mit einer Mitarbeiterin, mokierte sie, war für ihn bestimmt unter seiner Würde.

„Das stimmt nicht.“

widersprach er ruhig. Als sie noch einmal betonte, vermutlich gar nicht seinen Standards zu genügen, schüttelte er energischer den Kopf. Das hier lief in die falsche Richtung.

„Die Nacht mit dir war nicht demütigend und das weißt du auch.“

Endlich drehte er sich vollends zu ihr herum, sah sie offen an und bemerkte die Verletztheit in ihren Augen. So sehr sie ihn eben auch verärgert hatte: Ihre gemeinsame Nacht war eine Sache, auf die er nichts kommen lassen wollte. Diese Erinnerung sollten ihnen beiden positiv im Gedächtnis bleiben.

„Aber das Thema hatte in diesem Raum nichts zu suchen, ob du mich nun als abgelegten Liebhaber dargestellt hast oder nicht. Ich versuche mich meinen Mitarbeitern gegenüber professionell zu verhalten.“

Erst als der Satz seinen Mund schon verlassen und er sich selbst reden hörte, wurde ihm die Ironie seiner Worte bewusst.

„Nun …“

meinte er schmunzelnd und konnte sich ein Grinsen, trotz der angespannten Stimmung, nicht verkneifen. Eine Affäre mit der eigenen Assistentin – ja, das passte natürlich sehr gut ins Bild des vorbildlich professionellen Vorgesetzten.

„Den meisten gegenüber zumindest.“

Das kleine Display über der Aufzugstür sprang gerade auf „P“: Penthouse und Exodus‘ Blick wanderte nach vorn. Die Türen öffneten sich mit einem leisen Seufzen und gaben den Blick auf die luxuriös eingerichtete Wohnung frei – sein Zuhause. Wieder war er es, der vorausging und Giselle damit erneut den Rücken zuwandte. Doch diesmal blieb er direkt vor dem Lift stehen und wartete einen Augenblick. Das Schmunzeln umspielte noch immer seine Mundwinkel, doch Exodus‘ Stimme verriet nichts davon, als er noch sagte:

„Und unsere Nacht, Giselle, … war unglaublich.“

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Zuerst dachte Giselle, Exodus wäre nicht bereit einzulenken. Sein Tonfall hatte noch immer etwas belehrendes und Giselle musste sich ernsthaft eingestehen, dass sie sich nicht korrekt verhalten hatte. Er war zurecht sauer. Kein Geschäftsführer wollte, dass seine Belegschaft über ihn und seine Liebes- oder Sexaffären tratschte, ganz gleich ob an den Gerüchten etwas dran war oder nicht. Sie hätte das respektieren und darüber nachdenken sollen bevor sie ihren Mund aufgemacht hatte. Dass sie es nicht getan hatte zeigte, dass sie sich zu sehr von ihrer eigenen Enttäuschung und Verärgerung hatte lenken lassen, Gefühle an deren Entstehung Exodus keinesfalls unbeteiligt war, auch wenn er wie ein Profi vermied, auf ihre Kritik auch nur ansatzweise einzugehen. Letzten Endes war es zwar auch schon vor Giselle Gang und Gebe gewesen, dass seine Mitarbeiter über ihn und seine Affären tuschelten – dass das so war, wusste Giselle von Jak – doch das machte die Sache auch nicht besser. Natürlich, Exodus hätte einfach früher lernen sollen, wie man Diskretion buchstabierte und trotzdem fühlte Giselle sich mies. Warum hatte es nur so schnell nach ihrer Ankunft auf Coruscant zum Streit kommen müssen? Sie wollte nicht, dass er verstimmt war, sie wollte, dass es wieder so vertraut zwischen ihnen wurde wie auf Fresia, wenn sie zu zweit auf den Felsen am Meer gesessen hatten und in der Welt um sie herum nichts existiert hatte als ihrer beider Gedanken.

In erster Linie war Giselle nach Coruscant gekommen, um noch mehr Zeit mit Exodus verbringen zu können. Er hatte sie eingeladen, hatte sie förmlich angefleht ihn zu begleiten und sie hatte zugestimmt – ihm zu Liebe, weil es keine Nachteile haben konnte, sich im Zentrum der Galaxis zu befinden, von wo aus sie bequem in alle anderen Kernwelten würde reisen können, aber auch weil sie ihn noch nicht hatte los lassen wollen und das wollte sie auch jetzt noch nicht. Zwischen ihnen war etwas Besonderes, das zumindest wollte sie glauben, mehr als vieles anderes. Einen Funken davon meinte sie sogar zu erkennen, ehe Exodus‘ sich wieder von ihr weg drehte, aus dem Fahrstuhl heraus trat und seine Stimme wieder genau so ernst klang wie zuvor… nur, dass seine Worte auf einmal eine ganz andere Stimmung verrieten. Die Wohnung, die sich hinter den Fahrstuhltüren auftat, Exodus‘ Zuhause, nahm Giselle nur am Rande wahr. Was sie sah, war neue Hoffnung. Langsam folgte sie ihm aus der Kabine heraus.


“Dann beweis‘ es mir.“

Sagte sie leise, ihre Lippen plötzlich dicht an seinem Ohr, und ohne zu erklären, worauf genau sie sich bezog. Ihre Worte waren eine Herausforderung und Giselles Hand glitt Exodus‘ Arm hinauf. „Beweis mir, dass ich nicht unter deiner Würde bin.“ Ihr Gesicht näherte sich seinem, ihr Mund leicht geöffnet und nur noch Millimeter von ihm entfernt. Wo zuvor noch Distanz gewesen war, war jetzt nichts mehr. Kaum noch ein Streifen Flimsiplast hätte Platz zwischen ihnen gefunden, als Giselle ihren Unterkörper dicht an Exodus drückte, ihr rechtes Bein anhob und um seine Hüfte schlang.

“Zeig mir ein weiteres deiner Betten, Exodus.“

Sie sah ihm direkt in die Augen und ihre Hände schoben sich unter sein Hemd. Sie wollte das, wollte ihn. Die gefährlichen Wasser testend wanderte Giselles Zungenspitze langsam über seine Lippen. „Beweis mir, dass es dir gefallen hat.“ Ihr Kuss war behutsam, fast fragend. Alles was Exodus Wingston tun musste, war zu antworten.

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[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Penthouse | mit Giselle ]

Der Umgang mit Giselle war wie eine rasante Speederfahrt. Nur dass Exodus – trotz all seiner Bemühungen die Kontrolle darüber zu behalten – immer wieder das Gefühl beschlich lediglich der Beifahrer zu sein. Wann sie Fahrt aufnahmen oder tief in die Bremsen traten, das bestimmte Giselle. Und aus irgendeinem Grund hatte sie gerade entschieden das Limit ihres Speeders ausreizen zu wollen. Sie wollte ihn – hier und jetzt.
„Zeig mir ein weiteres deiner Betten“ – das war eine Aufforderung, die Exodus kein zweites Mal hören musste. Ihren behutsamen Kuss erwiderte er stürmisch, während er gleichzeitig nach ihrem Standbein griff, um ihr jede Bodenhaftung zu nehmen. Ohne sein weiteres Zutun schlang Giselle auch ihr linkes Bein um Exodus‘ Hüfte, seine Hände hatten ihren Hintern gefunden, um sie in der Luft zu halten. Das hier musste der Himmel sein!
Während er sie behutsam in die Wohnung trug, wanderten seine Küsse gierig von ihren Lippen zu ihrem Hals. Giselle öffnete die oberen Knöpfe seines Hemdes – er konnte es kaum erwarten, ihre Nacht zu wiederholen. Diese Nacht, diese unvergessliche Nacht! Für einen Moment formte sich in Exodus‘ Kopf der Gedanke, ob er sie wirklich zu seinem Schlafzimmer tragen musste oder ob es auch die Couch tun würde, ehe ihm Giselles Duft jegliche Sinne vernebelte. Irgendwie entschied sein Körper ohne ihn, dass die Couch genügen musste, denn seine Knie stießen gegen das weiche Polster der Sitzgarnitur. Exodus setzte Giselle auf der Lehne der Couch ab und ließ seine Hände von ihrem Hintern an ihren Hüften entlang wandern, um sie so langsam herunterzulassen. Die Vahla bog sich grazil herunter und bewies wieder einmal ihre enorme Beweglichkeit als sie sich mit den Schultern auf das Sitzpolster neigte. Unter normalen Umständen hätte er Schwierigkeiten gehabt, ihr bei dieser Bewegung zu folgen, doch heute machte er sich über so etwas keine Gedanken und lehnte sich, auf seine Hüfte gestützt, ebenfalls über die Lehne – seine Augen starr Giselle gerichtet.
Plötzlich vernahm er ein Räuspern. Schlagartig schoss sein Blick nach oben.


„Oh.“

machte er nur, spürte, wie er das Gleichgewicht zu verlieren und auf Giselle herunter zu rutschen drohte. Er fühlte sich plötzlich wie ein Teenager, der beim ersten Fummeln mit seiner Freundin erwischt wurde.

„Hallo Vater.“

sagte er, nachdem er mit beiden Händen die Lehne zu fassen bekommen hatte und langsam auf der Lehne zurück wippte um sich aufzurichten. Giselle lag mit dem Rücken auf dem Sitzpolster der Couch und sah nach oben. Um sie so galant wie möglich aus der Situation zu befreien, beugte er sich, mit jetzt sicherem Stand, wieder über die Lehne und zog sie hoch. In einer fließenden Bewegung rutschte die Vahla von der Couch herunter, doch Exodus fürchtete für die Rettung des ersten Eindrucks war es schon zu spät. Alad Wingston betrachtete die Szenerie fast regungslos, nur ein kleines Blitzen in seinen Augen verriet, dass er eher belustigt denn verärgert war. Der Präsident der Wingston Corporation hielt ein Glas Wasser in der Hand und trug eine Stoffhose und ein weißes Hemd, genau wie sein Sohn: Arbeitskleidung. Er war wohl nur kurz nach oben gekommen, um eine kleine Pause zu machen. Der Zeitpunkt … hätte besser sein können. Exodus fuhr sich unsicher mit der Hand durch die Haare.

„Darf ich vorstellen? Giselle Givenchy.“

Alad Wingston nickte und lächelte die Vahla an, während Exodus sich darum bemühte die Knöpfe seines Hemdes wieder in Reih und Glied zu bekommen. Zum Glück war er bei Giselle noch nicht so weit gekommen. Lediglich ihre Frisur war einigermaßen zerzaust.

„Freut mich Sie kennenzulernen, Miss Givenchy.“

Natürlich wusste Alad Wingston, wer sie war: Sie hatte auf seiner Gehaltsliste gestanden. Aber er war Gentleman genug, um auf diesen Umstand nicht hinzuweisen. Exodus sah unschlüssig zu seiner ehemaligen Assistentin und fragte sich, was ärgerlicher war: Dass sie sich in eine so peinliche Situation befördert hatten – oder dass jeglichem Liebesspiel für den Moment der Riegel vorgeschoben war. Er war so nah dran gewesen! So nah. Verdammt!

[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Penthouse | mit Giselle und Alad ]
 
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Es ging nur noch um Instinkte, als Exodus Giselles Kuss erwiderte, sie hoch hob und quer durch den Wohnraum des Penthouses trug, dessen Besichtigungstour in eben diesem Moment auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben wurde, oder zumindest so lange, bis Exodus mit Giselle fertig war, oder sie mit ihm. Sie hatte ihre Beine um seine Hüften geschlungen und ihre Arme um seinen Nacken gelegt, hatte sein Hemd mit ungeduldigen Fingern und rabiaten Griffen geöffnet - und dabei dummerweise einen der Knöpfe abspringen hören – und ihren Kopf zurück gebogen, damit er ihren Hals küssen konnte. Ihre Haut prickelte, ihr Herz raste und alle ihre Sinne waren nur noch auf den Mann konzentriert, von dessen Berührungen sie nicht genug bekommen konnte. In diesem Moment hatte Giselle jede Fähigkeit, die Situation rational zu beurteilen, verloren. Sie wollte Exodus und sie hatte ihn, zumindest in diesem einen Augenblick.

Die Polster der Couch waren weich, als Giselle ihren Rücken hinein drückte, die Beine noch immer um Exodus geschlungen. Wenn er sie so ansah wie jetzt, dachte sie, konnte er alles von ihr haben. Sie griff nach dem Saum ihres Shirts, im Begriff sich dieses – trotz der relativ unbequemen Position, in der sie sich befand – über den Kopf zu ziehen, als sie von einem jähen Geräusch unterbrochen wurden und Exodus aufsah. Nein, nicht irgendein Geräusch, sondern ein Räuspern. Giselle hielt inne und schon hörte sie, wie Exodus im nächsten Moment seinen Vater begrüßte. Sie konnte Alad Wingston nicht sehen, lag fast wie ausgeliefert und mehr oder minder Kopf über auf dem wahrscheinlich sündhaft teuren Möbelstück, doch eine Ahnung, dass sie in Schwierigkeiten waren, überkam sie. Sie waren ertappt worden. Giselles Hände ließen den Saum ihrer Oberbekleidung los und plötzlich spürte sie nur noch, wie die Zeit sich zu drehen begann. Man hatte sie erwischt. Die Luft war feucht und schwül. Schwere, dunkle Wolken hingen über ihnen. Die Männer packten Kaneshi von hinten unter den Armen und zogen ihn von ihr fort. Er kämpfte gegen sie an, versuchte sich zu wehren. Giselle schrie. Leer, sie fühlte sich so leer. Schuld und Verrat zerfraßen sie von innen. Es war der Anfang vom Ende. Exodus' fester Griff schloss sich um ihre Hand, mit Leichtigkeit zog er sie zu sich nach oben und ihre Beine fanden, zu ihrer eigenen Überraschung, festen Stand. Es war, als sie Alad Wingston in die Augen blickte, dass Giselle begriff, dass sie für einen Moment Gegenwart und Vergangenheit miteinander verwechselt hatte. Kaschyyyk war weit entfernt, sie war hier, auf Coruscant, mit Exodus und sie war frei. Verstoßen von ihrer Familie, verbannt von ihrem Clan, aber frei. Niemand würde hier über sie richten. Eingefangen von diesem Gedanken wagte Giselle einen Blick zu Exodus. Sein Vater hatte sie dabei überrascht, als sie übereinander her gefallen waren, sein Vater! Was tat er überhaupt hier? Besaß er uneingeschränkten Zugang zu Exodus' Wohnung? Wäre er nur eine einzige Minute später herein gekommen... der Wille, zu lachen, stieg in Giselle auf. Sie sah es fast bildlich vor sich. Mühsam unterdrückte sie das unkontrollierte Zucken ihrer Mundwinkel.


“Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Sir.“

Trotz aller Schwierigkeiten gelang es ihr Haltung anzunehmen. Auf den ersten Blick wirkte Alad Wingston streng und es gab keinen Grund für sie anzunehmen, dass er es nicht war. Er war ein Mann um die sechzig, mit noch einigermaßen vollem Haar, leicht ergraut an den Schläfen und obwohl er Exodus nicht offensichtlich ähnelte, glaubte sie, ihn in seinem Blick wieder zu erkennen. Aus alter Gewohnheit hätte Giselle fast stramm gestanden und salutiert. Was wäre wohl passiert, hätte er sie wirklich erst dann überrascht, wenn sie bereits eine Stufe weiter gewesen wären? Trotz ernsthafter Bemühungen, sich eine solche Szenerie nicht vorzustellen, schlich sich das Bild eines halb bekleideten Exodus' in ihren Kopf, der vor den Augen seines Vaters sein Hemd und seine Hose vom Boden aufsammelte.

“Wir, ähm, sind gerade eben erst angekommen.“

Versuchte sie sich an einer Erklärung, ihre Hände züchtig vor ihrem Bauch gefaltet. Sie machte sich keine Illusionen, Alad Wingston musste genau wissen, wer sie war und wo sie seinen Sohn kennen gelernt hatte, auch wenn Exodus dieses Detail nicht in die Vorstellung hatte mit einfließen lassen. Ihr Name hatte in einigen Unterlagen gestanden, die sie auf Fresia erstellt hatte.

“Ihr Sohn war so freundlich, mir eine Reisegelegenheit an Bord seines Schiffes anzubieten.“

Ganz so war es nicht gewesen, doch die Formulierung erschien Giselle passend und es war zumindest nicht die Unwahrheit. In ihrem Kopf betrat Alad Wingston erneut den Raum und Giselle und Exodus, splitterfasernackt und gefangen in einer leidenschaftlichen Umarmung, fielen gemeinsam vor Schreck von der Couch. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen.

“Es ist mein erster Besuch auf Corsucant.“

Schob sie hinterher und hatte plötzlich das Gefühl, etwas positives über die Firma oder zumindest das Gebäude, in dem sie sich befanden, sagen zu müssen, irgendetwas, ein Lob, eine Bewunderung...

“Es ist schön hier.“

Sagte sie reichlich lahm und erneut fiel es ihr sichtlich schwer, ernst zu bleiben.

“Nicht, dass ich bisher viel gesehen hätte...“

Weit waren sie noch nicht gekommen und das traf sowohl auf die Besichtigung der Wohnung, als auch auf ihre sexuellen Aktivitäten zu. Die Erinnerung, wie sich Exodus' Hände um ihren Hintern herum angefühlt hatten, jagte Giselle die Röte ins Gesicht. Alad Wingston hatte ja keine Ahnung, wobei er sie hätte überraschen können, hätte er sich nur ein wenig mehr Zeit gelassen.

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[ Coruscant – Obere Ebenen – Wingston Corporation – Penthouse | mit Giselle und Alad ]

Das gemeinsame Penthouse der Wingstons hatte seine Vor- und seine Nachteile. Sie hatten diese Wohnform auch nach Exodus‘ Volljährigkeit beibehalten, damit sich Vater und Sohn nicht nur auf der Arbeit sahen, sondern auch privat problemlos Zeit miteinander verbringen konnten. Mit Yuna, den Kindern, Miku und Aramân waren über die Jahre weitere Familienmitglieder ins Penthouse gezogen und es war eine schöne Sache gewesen über das gemeinsame Wohnen Zeit mit den anderen verbringen zu können. Um doch etwas Privatsphäre genießen zu können, waren die Räumlichkeiten immer wieder ausgebaut worden: Jeder Bewohner des Penthouses besaß nicht nur ein eigenes Bad und Schlafzimmer, sondern auch einen kleinen Wohnbereich, der individuell genutzt werden konnte. An dem großen Wohnzimmer für die ganze Familie hatten sie trotzdem festgehalten. Es war ein schöner Ort um zusammen zu kommen. Nun – zumindest normalerweise. Natürlich konnte es, wie heute, passieren, dass man in gewisse Konflikte geriet, was die Nutzung dieses Raums anging.
Exodus war sich unsicher, ob Giselle die Situation mit ihrer Reaktion besser oder schlechter machte – doch charmant war sie in jedem Fall. Genau wie er schien auch sie sich plötzlich wieder in die Teenager-Jahre zurückversetzt zu fühlen, denn ihre zögerlichen und wenig kreativen Antworten zeugten von einer gewissen Unsicherheit. Eine Unsicherheit, die man nicht sehr häufig zu sehen bekam, die ihr aber gut stand und die von dem kleinen Lächeln auf ihren Zügen nur noch positiv unterstrichen wurde. Sicher würde sein Vater das auch so sehen.


„Danke.“

erwiderte Alad höflich, aber nicht übermäßig freundlich, auf das Kompliment, das Giselle dem Planeten, der Wingston Corporation oder ihrem Penthouse eben gemacht hatte. Was genau sie meinte, blieb etwas unklar und angesichts der Tatsache, dass sie noch kaum etwas von alledem gesehen haben konnte, war verständlich, dass Alad Wingston sich nicht allzu überschwänglich bedankte. Exodus wartete ab, was sein Vater weiter zu ihrem Gast sagen wollte – etwas über Coruscant vielleicht, über ihren weiteren Aufenthalt, eine Frage nach ihrer Reise oder ähnliches. Die typischen Floskeln und kleinen Höflichkeiten, mit denen er ansonsten so geschickt umgehen konnte. Doch zu Exodus‘ Überraschung sagte er nichts weiter, sondern wandte sich an seinen Sohn.

„Du bist sicher gleich soweit für unser Meeting?“

Das war ein … überraschender Themenwechsel.

„Gleich?“

Exodus hob verdutzt die Augenbrauen, unfähig mehr als eine einsilbige Antwort zu formulieren. Was sollte das denn jetzt? Sicher war Giselles Vorstellung verbesserungswürdig gewesen, aber das war doch kein Grund, sie komplett zu übergehen!

„Ja.“

Der Vizepräsident sah seinen Vater fragend an und schielte zu Giselle herüber. Er musste doch erkennen, dass Exodus einen Gast hatte und es sehr unhöflich wäre, sie nun direkt wegzuschicken. Vor allem nach dem was gerade passiert – oder beinahe passiert – war. Es gehörte sich einfach nicht. Das wäre ja wie ein One Night Stand ohne Frühstück! Außerdem wollte er Giselle noch nicht wegschicken, nicht jetzt, nicht so schnell. Vielleicht ergab sich ja doch noch eine Gelegenheit …

„Nein. Ich wollte Giselle noch ihr Zimmer zeigen – und sie ein bisschen herumführen.“

Die Selbstverständlichkeit, mit der sein Sohn ihm widersprach, schien Alad tatsächlich für einen Moment zu überraschen. Der Blick des Unternehmers ruhte für einen sehr langen Herzschlag auf seinem Sohn und nur für den Bruchteil einer Sekunde huschten seine Augen zu der Vahla hinüber. Als wäre sie nicht anwesend oder nicht wert, sich länger mit ihr zu beschäftigen.

„Nun, sie wird den Weg zum Gästebereich sicher finden.“

Ungläubig kniff Exodus die Augen zusammen. Er wusste nicht, was ihn mehr verwundern sollte: Die Art und der Inhalt dieser Aussage. Was sollte dieses Gerede in der dritten Person? Und wieso sollte in den Gästebereich? Die wenigen Zimmer, die sie Besuchern dort zur Verfügung stellten, besaßen zwar einen gewissen Standard, aber befanden sich auf derselben Ebene wie die Büros. Dort sollte Giselle nicht übernachten, dieser Bereich war für geschäftliche Gäste gedacht. Er hatte sie fest für das Gästezimmer in seinem Wohnbereich eingeplant. Exodus öffnete den Mund, dazu ansetzend seinem Vater all das zu erklären, doch Alad Wingston kam ihm zuvor indem er sich unverhofft doch noch an ihren Gast wandte. Seine Stimme hatte eine kühle und humorlose Tonlage angenommen, die merkwürdig unvertraut an ihm wirkte.

„Einfach wieder mit dem Lift nach unten – zurück dorthin, wo sie hergekommen sind.“

Exodus klappte beinahe der Mund auf vor Empörung und er spürte, wie sich sein ganzer Körper unwillkürlich anspannte. Was war bloß in seinen Vater gefahren?! Hatte er nicht eben noch amüsiert gewirkt oder hatte er sich das nur eingebildet? Was sollte diese Feindseligkeit, die er Giselle gegenüber an den Tag legte?! Das war doch sonst nicht sein Stil. Alad Wingston war ein Gentleman, freundlich und höflich. Im Geschäft knallhart, natürlich, aber Giselle hatte mit dem Geschäfts nichts zu tun. Nicht mehr zumindest. Und auch da war sie nie negativ aufgefallen.

„Giselle wird im Penthouse übernachten.“

erklärte Exodus bestimmt und widerstand der Versuchung der Vahla die Hand auf den Rücken zu legen. Um überhaupt etwas Sinnvolles mit seinen Armen zu machen, verschränkte er sie demonstrativ vor der Brust. Sein Vater, der bisher regungslos am anderen Ende der Couch gestanden hatte, machte jetzt einen Schritt nach vorne. Die Empörung, die er scheinbar bisher zurückgehalten hatte, war nun deutlich in seiner Stimme zu hören und seine rechte Hand bohrte sich wie eine Klaue in die Couchlehne.

„Hier oben? Aber sie nächtigt doch wohl nicht etwa in eurem Schlafzi-“

„Sie schläft im Gästezimmer.“

fiel Exodus seinem Vater ins Wort und erwiderte dabei dessen strengen Ton. Daher wehte also der Wind. Es ging gar nicht um Giselle. Es ging um Yuna. Das Penthouse war auch ein Stück weit ihre Wohnung gewesen und in Alads Augen war es das vermutlich immer noch. Eine fremde Frau hierin einzuladen … das war für ihn offensichtlich nicht tolerierbar.

„Giselle ist mein Gast und ich werde sie nicht anders behandeln als wir jeden anderen Gast der Familie behandeln würden.“

Alad brach den Blickkontakt der beiden Männer als erstes, indem er grummelnd zu Boden sah.

„Also gut.“

Exodus spürte, wie eine kleine Last von seinen Schultern fiel. Der alte Mann gab nicht häufig nach, aber wenn er es tat, dann gegenüber seinem Sohn. Vielleicht, dachte Exodus, hätte sein Vater in jüngeren Jahren in dieser Sache nicht nachgegeben. Vielleicht hätte auch er selbst locker gelassen. Es war nicht immer leicht gewesen, früher, als sie nur zu zweit gewesen waren. Ohne Mutter, ohne Ehefrau. Exodus konnte seinen Vater sogar fast verstehen. Es musste ihn sehr schmerzen, mitansehen zu müssen wie eine weitere Familie zerbrach. Doch es war nicht nur sein Schmerz, der hier zählte.

„Ich finde eine Entschuldigung wäre angebracht.“

Gegenüber Giselle, nicht gegenüber ihm. Er hatte sie behandelt wie eine Aussätzige und sein Vater wusste das. Vermutlich hätte er es auch ohne den Hinweis seines Sohnes gewusst. Doch Exodus Wingston war kein Teenager mehr und er verdiente es respektiert zu werden. Auch von seinem Vater. Es war nicht üblich, dass Exodus und Alad stritten, doch es gab Dinge, bei denen er nicht bereit war Kompromisse einzugehen. Giselle gehörte dazu.

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Wie ein Eindringling fühlte sich Giselle, als sie mit einem Mal zum Streitthema zwischen Exodus und Alad Wingston geworden war. Vater und Sohn standen sich gegenüber, jeder von ihnen mit der gleichen unnachgiebigen Strenge in den Augen. Was wie ein harmloses Gespräch begonnen hatte, hatte sich zu einem Machtkampf entwickelt. Wer gab nach, wer behielt die Oberhand? Zuerst hatte Alad Wingston, der Präsident der Firma, für die sie gearbeitet hatte, Giselle nur ignoriert. Dann hatte er begonnen, sie subtil zu beleidigen, auch wenn er sie nur ein einziges Mal direkt angesprochen hatte und seine Worte geschickt genug gewesen waren, um jeden Vorwurf gegen ihn als falsche Interpretation abzutun. Sie sollte zurück nach unten gehen, dorthin, wo sie her gekommen war und bei seinen Worten war Giselle klar geworden, dass sie – was auch immer Exodus sagen mochte – hier nicht willkommen war. Sie wusste nicht, wie aufrichtig er gewesen war, als er beteuert hatte, der Gedanke, mit ihr geschlafen zu haben, sei nicht demütigend für ihn. Vielleicht war er das aber doch. Giselles Blick glitt zwischen Vater und Sohn hin und her. Vielleicht sah man die Dinge hier einfach anders. Die Wingstons waren eine Familie, die über vielen anderen stand. Reichtum und Wohlstand gehörten zu ihrem täglichen Leben. Wie passte jemand wie Giselle Givenchy dort hinein? Sie gehörte zur Arbeiterklasse, zur Unterschicht. Alles was sie besaß waren die paar Credits, die sie noch in ihrer Tasche bei sich trug und ein bunter Haufen an Kleidung. In Alad Wingstons Augen war sie ein Niemand, gut genug um für ihn zu arbeiten, aber nicht wert, am gleichen Tisch zu sitzen wie sein Sohn, geschweige denn in dem gleichen Bett zu schlafen wie er. Und dann war da noch die Tatsache, dass sie kein Mensch war. Man sah es ihr äußerlich nicht direkt an, doch Giselle war sicher, dass Exodus‘ Vater bestens informiert war. Sie war kein Mensch, sie war eine Vahla und in seinen Augen war das vermutlich gleichbedeutend mit einer Wilden.

Giselles Stolz verhinderte, dass sie sich den direkten Treffer in ihr Herz anmerken ließ. Schwäche zu zeigen war keine Option. Am liebsten hätte sie Alad Wingston Einhalt geboten, ihm freundlich aber bestimmt gesagt, er brauche sich keine Sorgen zu machen. Wo sie nicht erwünscht war, würde sie nicht bleiben. Doch sie kam nicht dazu, für sich selbst zu sprechen. In dem Wortwechsel mit seinem Vater warf sich Exodus vor sie wie ein wütender Rancor, bereit, sie mit allem zu verteidigen, das er hatte. Sprachlos stand Giselle neben ihm und der Gedanke, vernünftig zu sein und Alad Wingston das zu geben, was er wollte, verflüchtigte sich. Jetzt, wo Exodus so entschieden für sie Partei ergriffen hatte, war es zu spät. Jede Bereitschaft von Giselle, einzulenken, hätte ihm nur signalisiert, dass sie seinen Einsatz für sie nicht zu würdigen wusste und dem war absolut nicht so. Wenn überhaupt, dann war Giselles Bedürfnis, ihm so nahe zu sein wie möglich, nur noch größer geworden. Hilflos fühlte sie sich dennoch ein wenig, als sie schweigend zuhörte, wie Exodus mit seinem Vater stritt. Sie war nicht nur ein Eindringling in Alad Wingstons Augen, weil er Vorurteile gegen sie hatte, sondern auch in ihren eigenen. Sie war es, weil sie der Grund war, warum sich Exodus mit seinem Vater überwarf und das war etwas, das sie niemals hatte herauf beschwören wollen. Hatte Exodus nicht schon genug Schwierigkeiten mit seiner Familie? Giselle wusste von der Trennung seiner Frau, sie wusste, dass das Verhältnis zu seinen Kindern kaum vorhanden war. Er verdiente es nicht, dass jetzt auch noch Probleme mit seinem Vater hinzu kamen, nicht wegen ihr. Mit einem Gefühl von Schuld hörte sie zu, wie Exodus seinem Vater unmissverständlich klar machte, dass er seinen Willen durchsetzen würde, bis letzterer dies zähneknirschend einzusehen schien. Fast hätte Giselle erleichtert die Augen geschlossen, doch nur fast. Stattdessen glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen, als Exodus abschließend eine Entschuldigung von seinem Vater forderte. Angespannte Stille hatte sich über das Penthouse gelegt und lange, gedehnte Sekunden verstrichen, ohne dass auch nur eine der drei Personen etwas sagte. Er war zu weit gegangen, dachte Giselle. Diese letzte Forderung hätte Exodus nicht stellen sollen. Sie öffnete ihren Mund, bereit irgendetwas zu sagen, ohne zu wissen was genau, als Alad Wingston seine Hände hinter dem Rücken verschränkte.


„Mein Sohn hat Recht. Es tut mir Leid.“

Seine Worte kamen nüchtern, doch unverkennbar widerwillig.

„Der Tonfall war einem Gast gegenüber unangebracht.“

Sein Blick hatte einen Punkt an der Wand über Giselle fixiert. Er sah ihr nicht in die Augen und Giselle wusste, dass er nicht wirklich um Verzeihung bat. Seine Worte waren eben nur genau das. Sie waren eine leere Hülle ohne Bedeutung, etwas das man vergessen konnte, sobald es ausgesprochen war. Im nächsten Moment drehte er sich um, ging, und Giselle hörte, wie sich die Türen des Turbolifts zischend öffneten und hinter ihm wieder schlossen. Langsam wandte sie ihren Blick zu Exodus.

“Danke.“

Sagte sie. Es war das Erste und das Wichtigste, das ihr in den Sinn kam.

“Ich weiß, dass du das nicht hättest tun müssen, für mich Partei ergreifen. Hätte ich gewusst, dass du meinetwegen solchen Ärger hast…“

Sie brach ab. Hätte sie das gewusst, wäre sie nie mit ihm nach Coruscant gekommen.

“Das wollte ich nicht.“

Erinnerungsschleier trugen sie zurück zu Exodus‘ Küssen nur Minuten zuvor und Bedauern darüber, dass ihnen ein kostbarer Augenblick genommen worden war, zeigte sich in ihren Augen. Giselle atmete tief ein, sah ihn an und rang sich zu einem Lächeln durch, das sie so zwar nicht fühlte, aber ihm dennoch geben wollte.

“Ich will dich nicht weiter aufhalten. Du solltest ihn besser nicht warten lassen.“

Erklärte sie tapfer. Sie rückte sie den Kragen seines Hemds zurecht und ihr Blick entdeckte die Stelle, an der einer der Knöpfe fehlte. Sofort wurde ihr Lächeln eine Spur heller.

“Aber vielleicht solltest du vorher noch dein Hemd wechseln.“

Schlug sie halb amüsiert vor. Dann zögerte sie plötzlich.

“Danke.“

Wiederholte sie leise, während eine ihrer Hände auf seiner Brust ruhte, beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn zärtlich auf die Wange. Es war ein unschuldiger Kuss, keiner nach dem sich einer von ihnen verzehrt hätte, und doch war Giselle mit deutlicher Klarheit bewusst, dass er sehr viel mehr bedeutete, als all die leidenschaftlichen Küsse, die sie zuvor geteilt hatten.

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Alad Wingston entschied ohne großen Knall und ohne weitere Streitereien zu gehen. Er entschuldigte sich – so wie von seinem Sohn verlangt – bei Giselle und erklärte, sein Tonfall sei einem Gast gegenüber unangebracht gewesen. Bis auf den widerwilligen Unterton seiner Stimme klang das doch schon wieder viel mehr nach seinem Vater, dem Menschen, der so viel Wert auf die richtigen Umgangsformen legte. Ansonsten wortlos verließ Alad das Penthouse mit dem Turbolift. Wo genau er jetzt hinging, wusste Exodus nicht. Vermutlich würde er einen der Konferenzräume vorbereiten lassen, damit sie sich dort gleich besprechen konnten. Und so wie er seinen Vater kannte, erwartete er dennoch, dass sie dieses Meeting relativ zügig angehen würden. Es war also nur ein kleines Zeitfenster, das Giselle und ihm blieb. Exodus wollte nicht, dass die kleine Szene noch einen größeren Streit nach sich zog, also würde er in dieser Hinsicht nicht ein zweites Mal rebellieren. Er stritt nicht gern mit seinem Vater, auch wenn es manchmal unvermeidlich war.
Sein Blick fiel auf Giselle. Er wusste nicht, womit er gerechnet hatte, aber er hätte es nicht unrealistisch gefunden, von ihr noch eine Schelte dafür zu kassieren. Schließlich hatte er ihr auch die Gelegenheit genommen sich selbst zu verteidigen. Und streng genommen waren sie erst durch seine Unachtsamkeit in diese Situation geraten. Dass sie sich jetzt aber bedankte, zauberte ein Lächeln auf Exodus‘ Gesicht.


„Ich wusste auch nicht, dass ich deinetwegen Ärger bekomme.“

erwiderte er mit einer hörbaren Spur Belustigung. Seine gute Laune war schlagartig wieder da. Irgendwie hatten sie die Situation überstanden und aus irgendeinem Grund schien Giselle auch ihren kleinen Streit in Mannys Büro wieder vergessen zu haben.

„Ich schätze mein Vater wird einfach alt. Es gibt Dinge – Veränderungen – die für ihn zu schnell gehen.“

Zugegebenermaßen machten es ihm seine Sprösslinge auch nicht gerade leicht: Mal verschwanden sie für eine Ewigkeit, dann brachten sie Kinder oder Geschwister mit zurück, trennten sich von ihren Partnern oder verschrieben sich den Orden der Macht. Alad Wingston hatte mit einer merkwürdigen Welt zu kämpfen, das war Exodus bewusst. Und dafür machte er seinen Job die meiste Zeit über eigentlich nicht schlecht.

„Ein Hemdwechsel scheint angebracht, ja.“

sagte er schmunzelnd, als Giselle auf den fehlenden Knopf in seinem Hemd deutete. Exodus sah an sich herunter und fuhr mit dem Finger über die Stelle des Stoffes, an dem der Knopf befestigt gewesen war. Plötzlich legten sich auch Giselles Hände auf seine Brust, begleitet von einem leisen „Danke“ und einem feinen Kuss, der seine Wange prickeln ließ. Der Geschäftsmann sah überrascht hoch und blickte ihr für einige Sekunden schweigend in die Augen. Es gab nur wenige Momente in denen er Giselle bisher verletzlich gesehen hatte. Sie schien immerzu stark und unabhängig, auf niemanden angewiesen. Aber vielleicht stimmte das nicht. Vielleicht brauchte auch sie manchmal eine Schulter, an die sie sich anlehnen konnte.

„Das war doch selbstverständlich.“

erwiderte er ebenso leise, ehe er nach einer kurzen Pause räusperte und in normalem Tonfall fortfuhr:

„Aber ich werde nicht sofort zu diesem Meeting gehen. Ich habe gesagt, dass ich dir dein Zimmer zeigen und dich ein bisschen herumführen will – und das werde ich auch tun. Mein Vater und seine Assistenten können auch warten. Es ist nicht der Weltuntergang.“

Unschlüssig hob er die Schultern. Ob es dabei bleiben sollte, ihr das Zimmer zu zeigen oder ob sie beide gleich dort weitermachen würden, wo sie ebenso jäh unterbrochen worden waren, konnte er nicht abschätzen. Es hing auch – und in großem Maße – von ihr ab. Trotzdem: Der Gedanke, dass es möglich war, dass das Universum ihm die Chance gewährte eine weitere Nacht mit dieser Frau zu verbringen, brachte ihn unweigerlich zum Grinsen.

„Außerdem habe ich ihn ja vorgewarnt, was meine Pläne betrifft.“

Mit einer ausladenden Handbewegung wies er Giselle den Weg durch das Wohnzimmer und verbeugte sich knapp.

„Wenn Sie mir bitte folgen würden.“

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Das Penthouse war größer, als Giselle zuerst geglaubt hatte und als sie Exodus und sich von ihm die wichtigsten Räumlichkeiten zeigen ließ, verstand sie auch endlich, wie und vor allem warum Alad Wingston so plötzlich mitten in ihr kleines Tête-a-Tête geplatzt war. Exodus bewohnte die luxuriöse Wohnung nicht alleine. Das Penthouse war eine Art Familienpalast, in dem jeder seine eigenen privaten Räumlichkeiten besaß, in dem es jedoch auch die zentralen Gemeinschaftsräume gab, in denen man sich zwangsläufig immer wieder begegnete. Dazu gehörte sowohl das Wohnzimmer, mit dessen bequemer Couch Giselle bereits Bekanntschaft gemacht hatte, als auch die modern eingerichtete, vollautomatische Küche. Dort machten die auf Hochglanz polierten Schränke, ein Boden in dem man sich nahezu spiegeln konnte und die sich mitten im Raum befindliche Theke, an der einige hohe Barhocker standen, ein weiteres Mal deutlich, dass die Familie Wingston zur oberen Schicht Coruscants gehörte. Schließlich führte Exodus Giselle durch eine Tür, die zu seinem eigenen privaten Flur zu seinen Räumen führte. Hier wohnte Exodus wirklich, das war sein Reich. Er zeigte ihr den Wohnraum, in dem ihn garantiert niemand einfach so stören würde, wenn er sich dazu entschloss, dort eine Geliebte zu verführen. Er zeigte ihr das großzügige Bad, das sie sich während ihres Aufenthaltes bei ihm mit ihm teilen würde, ließ sie einen kurzen Blick in sein Schlafzimmer werden und endete die Tour schließlich in dem Gästeraum, in dem er sie gegen den Willen seines Vaters würde übernachten lassen.

“Ihr habt es schön.“

Sagte Giselle und dieses Mal war ihr Lob ehrlich. Sie hatte genug gesehen um zumindest zu diesem ersten Eindruck stehen zu können.

“Alles ist sehr groß und… modern. Aber schön.“

Sie stellte ihre Handtasche auf dem Bett ab und betrachtete das stimmungsvolle Bild an der gegenüber liegenden Wand. Sie fragte sich, ob Exodus das Stück selbst ausgesucht hatte, oder ob er einen Experten für die gesamte Einrichtung der Wohnung beauftragt hatte. Manche Leute taten so etwas, hatte Giselle gehört. Mit genügend Geld war scheinbar alles möglich. Vielleicht aber trug das Bild auch noch die Handschrift einer Frau – Exodus‘ Frau, von der er sich erst kürzlich getrennt hatte. Giselle hatte, zumindest nach dem ersten kurzen Blick, in seinen Räumen keine Spuren von Yuna Wingston finden können, die darauf hindeuteten, dass sie vor kurzem noch hier gelebt hatte. Das einzige, das ihr aufgefallen war, war ein gerahmtes Holo-Bild auf einer hüfthohen Kommode in Exodus‘ Schlafzimmer gewesen. Sie hatte das Gesicht einer Frau erkannt, doch Exodus hatte sie zu schnell wieder aus seinem Heiligtum heraus gelotst, als dass sie näheres hätte sehen können. Ob er dies mit Absicht getan hatte? Ihr Gepäck war jedenfalls bereits von einem Angestellten der Wingston Corporation in das Gästezimmer getragen worden. Giselle vermutete, dass man es bereits hierher gebracht hatte noch während sie in Mr. Surrels Büro gewesen waren. Die beiden Koffer und ihre größere Tasche standen jetzt auf dem Boden neben dem breiten Bett. Es würde das erste Mal seit Wochen sein, dass sie in einem richtigen Bett schlafen würde… abgesehen von der kurzen Episode, die sie in Exodus‘ Bett in seiner Hütte auf Fingers Mark verbracht hatte. Aber das zählte nicht wirklich. Sie sah zu ihm herüber. Seit sein Vater sie dabei erwischt hatte, wie sie beinahe den Familienwohnraum entweiht hatten, war wieder eine gewisse Distanz zwischen ihnen entstanden und Giselle war nicht sicher, ob ihr das gefiel. Sie hätte am liebsten dort weiter gemacht, wo sie aufgehört hatten, auch wenn sie insgeheim wusste, dass es besser war, dass sie es nicht getan hatten. Andererseits, aufgeschoben war nicht aufgehoben...

“Danke für die Tour.“

Sagte sie höflich.

“Ich hoffe wirklich, es beschert dir nicht weiteren Ärger, dass ich hier schlafe.“

Vorsichtig sah sie Exodus an. Sie wusste, er würde nicht auf ihr Angebot eingehen, aber…

“Falls doch könnte ich noch immer nach unten in den Gästebereich ziehen.“

Sie hob sacht die Schultern, um ihm zu bedeuten, dass ihr weder das eine noch das andere wirklich etwas ausmachte.

"Aber du kannst das auch später noch entscheiden und abwarten, wie deine Besprechung läuft. Jetzt halte ich dich erst mal nicht länger auf.“

Er wollte noch sein Hemd wechseln und sein Vater wartete ohnehin schon auf ihn. Giselle hob ein Bein, stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und zog erst den linken und dann den rechten Schuh aus. Sie wollte sich umziehen, sobald Exodus weg war.

“Vielleicht gehe ich ein wenig sparzieren und sehe mir Coruscant an.“

Überlegte sie laut. Die Stadt war riesig groß, laut und kaum an einem Tag zu bewältigen. Sie grinste.

“Oder zumindest einen Teil davon.“

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