Coruscant

- Coruscant – Untere Ebenen – Baufälliges Gebäude – Wohnung 4B – Wohnraum – Mit Cloé und Pablo -

„Ich habe einen Flug für euch.“

Pablo saß zwischen seinen beiden Schwestern in dem Wohnraum der Widerstandswohnung. Drei Tage nach der Flucht vor der Coruscant Security Force hatte Rámon Noa zum ersten Mal erlaubt ihr Krankenbett zu verlassen und sich stattdessen auf dem Sofa im zentralen Wohnraum ihres aktuellen Verstecks einzurichten. Hier war sie mehr in die Aktivitäten ihrer Familie integriert als in dem isolitierten Behandlungszimmer. Nach wie vor sollte sie sich so wenig wie möglich bewegen und nahm Schmerzmittel. Je ruhiger sie hielt desto schneller würde ihre Heilung von statten gehen.

“Wie hast du den organisiert?“

Noa streckte ihre Hand aus und griff nach einem mit Wasser gefüllten Glas. Sie sollte außerdem viel trinken, was dummerweise mit der Regel kollidierte, sich nicht zu viel zu bewegen, da sie dadurch öfter aufs Klo musste. Doch da das keine kilometerlangen Strecken waren, die sie lief, ging das wohl in Ordnung. Pablo streckte die Beine aus. Er war erst vor wenigen Minuten eingetroffen und hatte vermutlich, wie immer, einen langen Tag hinter sich. Er hatte seinen Glauben an den Widerstand nicht verloren, auch nicht durch die Nachrichten des Waffenstillstands, ein Thema das noch immer die Holonet-News beherrschte. Wie konnte man über so etwas auch nicht sprechen? Noa dachte beinahe ständig daran. Sie war noch immer frustriert über die Entscheidung der Republik und fühlte sich fast persönlich von Kanzler Qúun im Stich gelassen, auch wenn das natürlich lächerlich war. Selbstverständlich verstand Noa das Bestreben der Republik, Frieden zu schließen und nach Jahrzehnten des Krieges musste man sich vielleicht auch die Frage stellen, ob es nicht besser war die Galaxis in feste Gebiete zu teilen und damit zu leben, ohne sich gegenseitig zu bekämpfen. Doch musste es ausgerechnet auf Kosten Coruscants sein? Niemand hier wollte unter imperialer Herrschaft leben, niemand.

„Ich habe ein bisschen herum gefragt.“

Pablo zuckte mit den Schultern, als wäre es keine große Sache gewesen.

„Wenn man weiß, wo man suchen muss, findet man auch jemanden.“

Das stimmte tatsächlich. In den Unteren Ebenen Corsucants gab es genug Bars und Clubs, in denen unabhängige Piloten nach Arbeit Ausschau hielten, während andere eine Mitfluggelegenheit suchten. So kam man leicht zusammen, wenn man sein Schiff voll kriegen wollte oder ein Taxi von Corsucant weg suchte.

“Wann?“

Noa leerte ihr Glas. Es würde ihr schwer fallen, Coruscant zu verlassen, wenn es wirklich so weit war. Wäre alles nach Plan verlaufen wäre sie schon längst nicht mehr hier, doch auf den bereits gebuchten öffentlichen Flug hatte sie nach den jüngsten Vorfällen verzichten müssen.

„Morgen.“

Pablo hatte sich Mühe gegeben, sie so schnell wie möglich auf ein Schiff zu verfrachten. Draußen suchte noch immer die Coruscant Security Force nach Noa. Je früher sie von hier weg kam, desto besser. Sie nickte. Ihre Brüder und ihren Vater hier zurück zu lassen war nach wie vor schwer, doch diese Entscheidung hatte sie bereits getroffen, bevor sie gewusst hatte, dass man sie wegen Mordes suchte.

“Von wo soll's los gehen?“

„Eastport Raumhafen.“

“Ah, okay..“

Diesen kleineren Raumhafen kannte Noa. Sie waren von dort vor Monaten auf Jace' Schiff, der „Prince“ nach Naboo und von dort aus nach Abregado aufgebrochen.

“Was hast du für ein Gefühl?“

Ihr Bruder wirkte nicht übermäßig nervös. Natürlich wusste man nie, an wen man geriet, wenn man sich auf einen unbekantnen Piloten einließ und auch die Kontrollen der CSF durften nicht unterschätzt werden, doch Noa erwartete, dass ihr Bruder seine Hausaufgaben gemacht hatte.

„Es sollte keine Probleme geben.“

Teilte er seine Einschätzung der Lage mit Noa.

„Wenn wir uns an den Plan halten, seid ihr morgen um diese Uhrzeit sicher im Hyperraum.“

„Keine Probleme, natürlich nicht.“

Zum ersten Mal schaltete sich auch Cloé in die Unterhaltung ein. Ihre Stimme triefte vor Ironie.

„Weil ja bisher auch alles so glatt gelaufen ist.“

Bevor sie auf sie reagierten, tauschten Noa und Pablo einen Blick aus.

“Es ist das Beste, das wir jetzt tun können.“

Sagte Noa.

“Und die sicherste Variante.“

Sie wusste, dass Cloé von Anfang an nicht begeistert gewesen war von der Idee, Coruscant zu verlassen, genau gesagt war sie sogar strikt dagegen, doch ihr blieb nicht viel anderes übrig. So sehr sie sich auch sträubte, sie wusste selbst, dass sie nur eine einzige Alternative hatte und die lautete, sich in den Unteren Ebenen zu verstecken – etwas, das für Cloé Raquelle Cortina absolut nicht in Frage kam.

„Sicher war es für Jesper und mich bevor die CSF hinter dir her war.“

Erinnerte Cloé Noa daran, wer an ihrer aktuellen Situation Schuld war.

„Nun, sicher ist immer relativ.“

Intervenierte Pablo hastig.

„So lange Coruscant imperial ist, ist es hier niemals sicher.“

„Schön gesagt.“

Patzte Cloé zurück und Noa spürte, dass ihre Schwester kurz davor war alles heraus zu lassen, das sich in den letzten Tagen in ihr aufgestaut hatte.

„Aber Jesper und ich hatten ein ordentliches Leben, Imperium hin oder her. Wir hatten anständige Jobs, zwei Einkommen, eine Wohnung und niemand hat uns je irgendetwas versucht anzulasten!“

“Noch nicht. Oder hast du vergessen, was mit den 2000 Unschuldigen passiert ist, die sie auf den Dächern des Jedi-Tempels hingerichtet haben? Da hätte auch jeder von uns dabei sein können“

Noa schüttelte den Kopf.

“Du kannst nicht ernsthaft sagen, dass du ein schönes Leben unter imperialer Herrschaft hattest.“

„Ob schön oder nicht, es war MEIN Leben!“

Rief Cloé und sprang vo ihrem Sessel auf.

„Und jetzt? Was habe ich jetzt noch?? Für dich ist das alles ganz einfach, du hast einen Job auf Lianna in Aussicht. Was solltest du auch fürchten? Du hast Glück, wie immer! Ich glaube nicht, dass Jesper und ich es so einfach haben werden.“

“ICH habe Glück?“

Noa richtete sich aus ihrer halb liegenden Positionen auf, musste jedoch feststellen wurde jedoch von einem brennenden Schmerz auf dem Sofa gehalten. Am liebsten wäre sie ebenfalls aufgesprungen. Cloé war doch nicht mehr recht bei Sinnen. Sie hatte keine Ahnung, wovon sie überhaupt sprach! Glück war, wenn man im Sabacc gewann oder man rechtzeitig vor einem Regenschauer nach Hause kam, aber bestimmt nicht wenn man hinzu kam wie eine gute Freundin von zwei imperialen Offizieren fast vergewaltigt wurde, man diese abknallte und dafür im Anschluss von den ermittelnden Behörden gesucht und angeschossen wurde! Was hatte das mit Glück zu tun?!

„Du wolltest von hier weg ehe das alles passiert ist.“

Argumentierte Cloé, blind für alles andere als ihre eigenen Probleme.

“Das heißt nicht, dass ich mir ausgesucht habe, was passiert ist!“

„Das nicht. Aber du hast das alles in Gang gesetzt, oder etwa nicht? Du hast zwei Offiziere getötet, Noa.“

Und das wollte sie ihr jetzt vorhalten?

“Was hätte ich tun sollen? Sag's mir! Wenn du mit Amata unterwegs gewesen wärst, was hättest du gemacht? Den Typen vor's Schienbein getreten und gehofft, dass sie sich nicht auch noch an dir vergreifen?“

„Ich hätte um Hilfe gerufen!“

"Es war spätabends und weit und breit niemand da!"

"Weswegen du das Gesetz in die eigenen Hände genommen hast?"

"Um Amata zu retten, ja!"

Für einen Moment herrschte Schweigen. Seit Cloé begonnen hatte Klartext zu reden, hatte Pablo sich weise aus dem Streit seiner Schwestern heraus gehalten. Jetzt räusperte er sich verhalten.

„Ihr wisst, dass gegenseitige Vorwürfe jetzt keinem von uns etwas bringen, richtig?“

Erinnerte er sie sanft, doch Cloé warf ihm nur einen scharfen Blick zu.

„Ich bin nicht diejenige, die sich irgendetwas vorzuwerfen lassen hat.“

Stellte sie klar und damit hatte sie sogar Recht. Im Grunde wusste Noa sogar, dass sie selbst tatsächlich der Grund und der Auslöser für die Misere war, in der sie sich befanden. Was Cloé sagte war nicht weit her geholt, es war lediglich.. unfair. Noas Familie war nicht durch den Widerstand in Gefahr geraten, sondern durch etwas, das sie getan hatte und das nichts mit den Defendern zu tun hatte. Das Problem war, sie sah nicht, dass sie irgendetwas hätte anders machen können.

„Dann gehe ich wohl mal packen.“

Cloé drehte sich um. Pablo seufzte.

„Clo, warte.“

Sie blieb in der Tür stehen.

„Was?“

Fragte sie ungehalten.

„Was gibt es noch zu sagen? Meine Zwillingsschwester hat die Aufmerksamkeit der Coruscant Security Force auf sich gezogen, unsere gesamte Familie ist in Gefahr. Ich kann entweder hier unten im Dreck verrotten oder mich von meinem Vater und meinen Brüdern trennen und versuchen woanders zu retten, was zu retten ist. Oder habe ich noch eine andere Wahl, von der du mir noch nicht erzählt hast?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Siehst du, habe ich mir gedacht.“

Es war lange her, dachte Noa, als sich die Tür hinter Cloé schloss, dass sie sich so ernsthaft gestritten hatten. Unter Geschwistern und inbesondere unter Schwestern war es üblich, dass man auch mal aneinander geriet, doch meistens waren es Kleinigkeiten über die sie sich uneinig waren, oder Dinge, die sie schnell als unwichtig genug einstuften, um sich kurze Zeit später schon wieder zu vertragen. Dieses Mal jedoch, das spürte Noa instinktiv, war es anders. Ein Blick auf Pablos Gesicht genügte um zu wissen, dass sie mit dieser Befürchtung nicht alleine war.

- Coruscant – Untere Ebenen – Baufälliges Gebäude – Wohnung 4B – Wohnraum – Mit Pablo -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen | allein ]

Die Wingston Corporation ließ Exodus fast fliegend hinter sich. Er hatte kaum erwarten können diesen Konferenzraum endlich zu verlassen und genauso sehnsüchtig zog es ihn nun in die Straßen der oberen Ebenen. Auf dem Weg kontaktierte Exodus schnell sein Lieblingsrestaurant um etwas für den Abend zu reservieren. Giselle hatte ihm zugesagt Essen zu gehen und Exodus wollte so viel Eindruck wie möglich schinden. In diesen Dingen musste er akribisch sein, gleichzeitig hatte er jedoch keine Zeit zu verschwenden, um möglichst bald zu ihr aufzuschließen. Giselles Aufenthalt auf seinem Heimatplaneten war begrenzt und mit jeder Minute verstrich ein Teil ihres Zeitfensters.
Ihre ungefähre Position hatte er über das kurze Gespräch abgespeichert. Es war zu Fuß noch gut zu erreichen und obwohl er kurz über die Möglichkeit eines Holo-Taxis nachdachte, entschied er sich doch dagegen. Er wollte vermeiden sich über irgendeinen inkompetenten Taxi-Piloten aufregen zu müssen, der vielleicht doch ineffektiv seine Zeit verschwendete. Das konnte ein böses Ende nehmen, jetzt wo Giselle im Spiel war. Und ein zusammengeschlagener Taxi-Pilot, dachte er mit dem Anflug eines Grinsens, machte sich gar nicht gut in den Schlagzeilen der Klatschpresse. Soweit würde es natürlich nicht kommen. Er war kein Tier. Er konnte es nur nicht erwarten, wieder ihre Nähe zu spüren.

Wie fast immer, wenn er kurzzeitig von ihr getrennt worden war, brachte ihn ihre Präsenz fast ins Wanken: Die Luft um Giselle schien zu vibrieren, als er sie endlich vor einem Schaufenster stehen sah und Exodus konnte es beinahe physisch spüren, diesen Sog der Macht, das verführerische Prickeln. Seine Machtsinne hatten sich automatisch angespannt, als auch nur der Hauch ihrer Präsenz zu spüren gewesen war, und ihn zuverlässig zu seiner ehemaligen Assistentin geführt – wieder einmal. Egal auf welchem Planeten, egal in welcher Umgebung, Giselle würde er immer finden. Er konnte sie also gar nicht verlieren, richtig?


„Hey!“

begrüßte er die Vahla knapp, aber mit einem breiten Lächeln. Giselle schien ebenso froh ihn zu sehen, gute Vorzeichen also. Wenn man um die Umstände nicht wüsste, könnte man sie so fast für ein verliebtes Pärchen halten – und Exodus freute sich auch wirklich Giselle zu sehen. Aber trotzdem war das hier etwas anderes als mit Yuna. Es verlangte ihm nach der Vahla. Und wenn er sich darum bemühte, sie glücklich zu machen, dann doch nur, um sie weiter an sich zu binden, um sie immer dann um sich herum haben zu können, wenn er es wollte. Eigentlich eine einfache Geschichte. War das verwerflich? Solange auch Giselle bekam was sie wollte: Nein. Sie gewannen beide.

„Die Besprechung war … informativ.“

erklärte Exodus mit einem Schmunzeln und zuckte die Schultern. Er wollte ihr aus irgendeinem Grund nicht zeigen, wie sehr er sich hier her gesehnt hatte – aber gleichzeitig durfte sie durchaus wissen, dass er die verpasste Situation im Penthouse bedauerte. Der Anblick ihres grazilen Körpers unter ihm, hatte sich schon wieder in seine Netzhaus gebrannt. Aber auch unabhängig davon, dass er keine große Lust verspürte über die Konferenz zu reden, war sie auch tatsächlich kaum der Rede wert. Vermutlich hatte Giselle ohnehin nur der Höflichkeit halber gefragt. Stattdessen fiel sein Blick auf das Schaufenster, vor dem die Vahla stand und welches sie bis eben noch so intensiv studiert hatte.

„Wie gefällt dir Coruscant?“

fragte er, um das Thema auf sie und möglichst weit weg von der problematischen Situation mit seinem Vater zu bringen. Nicht, dass er per se nicht mit ihr darüber reden wollte – aber er wollte sich seine gute Laune auch nicht gleich wieder verderben lassen. Deshalb schob er lächelnd und mit einem Kopfnicken in Richtung des Schaufensters nach:

„Welche Schuhe gefallen dir?“

[ Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen | mit Giselle ]
 
- Coruscant – Untere Ebenen – Irgendwo in den Straßen -

Dort, wo die Sonne niemals schien, war es immer dunkel. Hier in den Unteren Ebenen Corsucants existierte kein Unterschied zwischen Tag und Nacht. Es gab Leute, die ihr ganzes Leben lang nichts anderes zu Gesicht bekamen als das künstliche Licht der Neonröhren in den Tunneln, in denen sie hausten. Kinder wurden ihr groß gezogen und sahen nur selten den echten Himmel. Manche von ihnen wussten nicht einmal was Wolken waren und einige kannten nichts anderes als die schadstoffbeladene, nach Abgasen und Schmutz riechende Luft der Slums. Die Unteren Ebenen waren der undankbarste Teil Coruscants, Orte die viele Menschen und Nichtmenschen froh waren zu meiden. Für Noa Chanelle Cortina gehörten sie jedoch zu ihrer Heimat dazu. Sie war nicht hier unten aufgewachsen, aber immer wieder hier her gekommen seit sie ein Teeanger war und sie würde diese Gegend vermissen, so wie alles andere auch. Der Abschied fiel ihr in vielerlei Weise schwer.

„Noa.“

Sie drehte sich um und sah Will. Er trug wieder Zivilkleidung, ganz wie sie ihn gebeten hatte. Noa drehte sich halb um, doch die Gestalt, die ihr nach draußen gefolgt war, war in den Schatten, in denen sie sich verbarg, nicht zu entdecken.

„Bin ich zu spät?“

Sie schüttelte den Kopf.

“Nein, genau richtig.“

Sie standen genau dort, wo er sie vor drei Tagen abgesetzt hatte, nachdem er ihr zur Flucht vor der Coruscant Security Force verholfen hatte. Noa hatte ihn um ein Treffen gebeten. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich von ihm verabschieden musste, bevor sie nach Lianna flog, einerseits weil er so viel für sie getan hatte, aber auch, weil es da noch etwas gab, das sie ihm gerne sagen wollte und zwar persönlich.

„Was macht deine Verletzung?“

Erkundigte er sich und Noas Hand berührte automatisch ihre derzeitige Schwachstelle.

“Geht so.“

Gab sie zu. Es war letzten Endes schlimmer gewesen als sie ursprünglich gedacht hatte, aber das änderte auch nichts.

“Aber ich lebe noch.“

Sie grinste.

“Ich habe einen guten Arzt.“

„Okay.“

Will sah sie ernst an.

„Ich hoffe, du weißt, was du tust.“

In seinen Worten schwang Besorgnis aber auch eine Warnung mit. Für letzteres war es definitiv zu spät.

“Mir bleibt nichts anderes übrig, als Corsucant zu verlassen. Ich hatte es sowieso vor, aber jetzt...“

Noa zuckte mit den Schultern. Will Echo hatte selbst mit erlebt, wie gefährlich es für sie war hier zu bleiben. Sie hatte keine andere Wahl. Ihr Flug nach Lianna ging schon morgen und sobald sie hier verschwunden war, war sie in Sicherheit.

“Bevor ich fliege, wollte ich aber mit Sicherheit wissen, dass du auch OK bist.“

Kam Noa schließlich darauf zu sprechen, weswegen sie um ein Treffen mit Will gebeten hatte. Sie standen in einer ruhigen, kaum benutzten Straße, dennoch zog sie ihn jetzt noch ein Stück weiter in eine Ecke hinein.

“Bist du sicher, dass dich niemand erkannt hat?“

Als er ihr geholfen hatte, hatte Will viel riskiert. Er hatte einer Verbrecherin gegen das Imperium, einer Mörderin, zur Flucht verholfen. Sollte das jemals ans Licht kommen würde sich sein Schicksal nicht mehr sonderlich von dem Amatas unterscheiden. Amata... den Namen ihrer Freundin zu denken fiel Noa schwer. Es war noch zu frisch und sie war weit davon entfernt, all die Dinge verarbeitet zu haben, die in den letzten Tagen passiert waren.

„Mich hat niemand erkannt.“

Will klang sehr sicher.

„Die beiden Beamten von der CSF, die dich gesucht haben, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Für die bin ich nur irgendjemand gewesen und viel mehr als meinen Hinterkopf haben sie kaum zu Gesicht bekommen.“

Mit einem Schulterzucken tat er Noas Bedenken ab.

„Zudem vermute ich nicht, dass euer Gebäude über Holokameras zu Sicherheitsaufzeichnungen verfügt.“

Fügte er an. Noa betrachtete ihn aufmerksam.

“Das hast du bereits geprüft.“

Kam sie ihm auf die Schliche. Will grinste.

„Ja, tatsächlich. Ich wollte ebenfalls sicher sein.“

“Das beruhigt mich.“

Noa verschränkte die Arme vor der Brust.

“Ich hätte nicht gewollt, dass du auch noch meinetwegen Schwierigkeiten bekommst.“

Sie stockte. Jetzt kam der schwierige Part.

“Du hast eh schon mehr als genug für mich getan.“

Sagte sie schließlich und typisch für Noa mied sie jeglichen Blickkontakt. Ihre Schuhspitzen scharrten im Dreck herum.

„Und nichts davon bereue ich. Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe.“

Erwiderte Will und seine Worte klangen lächerlich einfach. Seit sie ihm kannte war es ihm nie schwer gefallen zu sagen, was er dachte und sei es noch so gefühlsduselig. Sie musste lernen, wie er das machte. Vielleicht würde ihr das mit Cris helfen. Dem schienen solche Dinge auch leicht zu fallen. Seltsam, wo doch eigentlich Frauen gemeinhin als das gefühlvollere Geschlecht galten.

„Hmm.“

Der Boden zu ihren Füßen war plötzlich irre interessant geworden. Noa schaffte es kaum sich von seinem Anblick loszureißen und aufzusehen.

„Ich auch.“

Sie atmete einmal tief ein und aus. Na schön, sie würde es kurz machen. Kurz und schmerzhaft.

“Hör zu, ich will das du weißt, dass ich dir für alles dankbar bin. Für alles, das du getan hast: danke.“

Spätestens jetzt konnte sie nicht länger weg sehen. Noas und Wills Blicke trafen sich.

“Du hast meine Kom-Nummer, Will. Wenn irgendetwas ist oder du irgendetwas brauchst, egal was, ich helfe dir. Meld' dich einfach, okay? Bitte. Ich bin dir einen ganzen Haufen Scheísse schuldig.“

Sie umarmte ihn zum Abschied, eine Geste die sie noch vor ein paar Wochen so nicht hatte kommen sehen. Private Will Echo war ein Mann des Imperiums, einer der vielleicht niemals auf der gleichen Seite stehen würde wie Noa, doch er war auch ihr Freund geworden. Das war etwas, das sie niemals für möglich gehalten hätte.

„Es war selbstverständlich.“

Sagte Will, als sie ihn drückte. Noa schüttelte den Kopf.

“Nein,“ erwiderte sie entschieden “das war es nicht.“

Sie schaute ihm hinterher, bis er um die Ecke verschwunden war. Eigentlich mochte Noa keine Abschiede. Die machten sie bloß traurig. Ihr Gefühl sagte ihr jedoch, dass sie Private Will Echo wieder sehen würde und das war – wer hätte das gedacht? - potentiell etwas Gutes. Sie drehte sich um und bewegte sich langsam zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Das Laufen fiel ihr noch ein wenig schwer, und das obwohl ihre Beine vollkommen in Ordnung waren, doch mit jedem Schritt schien der Schmerz durch ihren ganzen Körper zu ziehen. Vor einer Reihe schäger Müllcontainer blieb Noa stehen, ihr Blick erwartungsvoll nach vorne gerichtet. Wie ein dunkler Schatten trat Leandro aus dem Hauseingang, in dem er gewartet hatte, heraus.

„War ich so auffällig?“

Wollte er wissen. Noa schüttelte den Kopf.

“Nein.“ gab sie zu “Aber ich kenne Pablo.“

Ihr war klar, dass Pablo Leandro gebeten hatte, ein Auge auf Noa zu haben, nachdem sie ihm gegenüber erwähnt hatte, dass sie sich vor dem Abflug nach Lianna noch mit jemandem würde treffen müssen. Aus diesem Grund hatte sie Will auch strengstens auferlegt, nicht in seiner Uniform zu kommen. Niemand von ihrer Familie wusste wer er war und Noa hatte nicht vor, an diesem Zustand irgendetwas zu ändern.

„Es wird komisch sein, wenn ihr weg seid.“

Sagte Leandro, als sie nebeneinander zurück zum Unterschlupf der Defender spazierten. Noa sah zu ihm hoch.

“Ist es das nicht jetzt schon?“

Fragte sie.

“Keiner von uns kann mehr in seine Wohnung. Wir sitzen hier unten fest...“

„Ja, klar. Aber es bedeutet auch, dass sich endlich etwas bewegt.“

Sie blieb stehen.

“Glaubst du wirklich, dass wir noch etwas bewegen können, so wie Pablo?“

„Ich hoffe es.“

Antwortete Leandro.

„Ich hab' jedenfalls keinen Bock jetzt einfach aufzuhören. Dann war eh alles umsonst. Nee, danke.“

Noa nickte langsam. Sie verstand, was er meinte. Sie hatten alle viel Zeit, Leidenschaft und Blut in den Widerstand investiert. Schweigend gingen sie weiter und Noa wurde noch einmal bewusst, dass dies für sehr lange Zeit ihr letzter Sparziergang auf Coruscant sein würde und auch vermutlich die letzte Gelegenheit, unter vier Augen mit Leandro zu sprechen. Sie blieb wieder stehen.

“Hey, versprich mir, dass du vorsichtig bist, ja? Keine verrückten Stunts, keine Alleingänge, klar?“

Mahnte sie ihren Bruder, der zwar älter war als sie, sich aber doch meistens benahm als wäre er jünger. Leandro stand stramm und salutierte.

„Aye, aye, Ma'am.“

Erwiderte er grinsend und Noa hoffte, dass er es ernster nahm als er durchblicken ließ.

- Coruscant – Untere Ebenen – Irgendwo in den Straßen – Mit Leandro -
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen – Mit Exodus -

Vielleicht wollte Exodus nicht mit ihr über seine Besprechung reden, weil Giselle – wie er ihr zuvor bereits klar gemacht hatte – nicht mehr für die Wingston Corporation arbeitete und keinen Anspruch darauf hatte zu erfahren, was sein Meeting ergeben hatte. Vielleicht aber wollte er auch einfach alles Geschäftliche für diesen Tag hinter sich lassen. Beides war möglich und egal welcher Grund nun tatsächlich zutraf, Giselle war bereit sowohl den einen als auch den anderen zu akzeptieren.

“Erinnerst du dich, wie du Coruscant mal für mich beschrieben hast?“

Fragte sie als Antwort darauf, wie ihr der Planet, oder das, was sie bisher davon gesehen hatte, gefiel. Es war auf Rings Island gewesen, als Exodus ihr über seine Heimat erzählt hatte und sie hatte seine Worte nicht vergessen. Er hatte Coruscant einen Großstadt-Dschungel genannt und genau das war es auch. Wo auf Fresia die verschiedensten Pflanzen und Tiere gelebt hatten, lebten hier die vielfältigsten Spezies und die Geschäfte boten eine schier unendliche Auswahl an allen Waren, die man sich vorstellen konnte.

“Du hast gesagt, es gäbe hier nichts, das es nicht gibt und ich glaube, damit hattest du Recht.“

Giselle sah sich um.

“Ich bin schon nach ein paar wenigen Stunden erschlagen von allem, das die Stadt bietet. Es ist laut hier und hektisch... zu hektisch.“

Sie dachte nach. Trotz all der Möglichkeiten, von denen Exodus' ihr erzählt hatte, fehlte ihr hier etwas. Coruscant mochte der am dichten besiedeldste Planet der Galaxis sein und doch wirkte er leer, fast tot. Wohin Giselle auch blickte, sie fand keinen einzigen Baum und selbst wenn sie die Augen schloss und sich anstrengte, vermochte sie das Singen keines einzigen Vogels zu hören. Coruscant schlief nie, hatte Exodus gesagt, aber Coruscant lebte auch nicht. Es war eine einzige tote Hülle, die künstlich beatmet wurde. Doch wie verpackte man das in höfliche Worte? Es war noch immer Exodus' Heimat und Giselle hatte den Eindruck, dass es ihm wichtig gewesen war, ihr diese zu zeigen.

“Ich suche noch nach der ruhigen Dachterrasse, von der du erzählt hast.“

Sagte sie schließlich.

“Die, von der aus man hinunter auf die Stadt und die vielen hellen Lichter schauen kann.“

Giselle lächelte, die Andeutung einer Aufforderung in ihren Zügen. Sie folgte seinem früheren Blick in das Schaufenster hinein, vor dem sie standen.

“Ich mag die.“

Sagte sie und zeigte auf die hochhackigen Schuhe, die sie schon zuvor bewundert hatte.

“Darin muss man sich fühlen wie eine Prinzessin.“

Sie stellte sich vor, wie sie die Schuhe anprobierte und sich ihre Haltung augenblicklich aufrichtete. Hohe Absätze sorgten automatisch dafür, dass die Haltung einer Frau eleganter wurde. Ob Coruscant der richtige Ort für eine Prinzessin war, bezweifelte sie allerdings, ausser man ging davon aus, dass Exodus' Penthouse der königliche Palast des Planeten war und er Giselle genau dorthin zurück bringen würde... dorthin und auf die hoch gelegene Dachterrasse, wo sie ganz alleine sein würden.

- Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen – Mit Exodus -
 
- Coruscant – Eastport Raumhafen – Landebucht – Mit Pablo -

Der alte YT-1200 war fast startbereit. Cloé und Jesper und auch der Pilot waren bereits an Bord. Ric Pelino war ein Rodianer, einer von der Sorte Piloten, die sich ihren Unterhalt damit vertrieben, fragwürdige Frage und flüchtige Passagiere von A nach B zu transportieren. Für Noa und ihre Familie schien er genau der richtige Mann. Er hatte einen Haufen Credits für den Flug nach Lianna gefordert und Matteo Cortina hatte ihn im Voraus bezahlt, größtenteils von seinem eigenen Geld, aber auch von Jespers Gespartem. Cloés Freund hatte darauf bestanden, dass er und Cloé für ihre eigenen Reisekosten aufkamen, so gut es eben ging. Trotz des stolzen Preises für die Reise machte der alte Frachter einen eher armseligen Eindruck. Es war das erste Mal seit Jace Chorios und Barad Selby, dass Noa nicht von einem Schiff, mit dem sie Corsucant verließ, beeindruckt war. Sie stand neben Pablo vor dem Frachter. Die Gangway war noch herunter gefahren und die letzten Vorbereitungen für den Start befanden sich in ihren Endzügen. Sie hatte die Nacht über nur schlecht geschlafen und obwohl sie nicht miteinander gesprochen hatten, glaubte Noa, dass es Cloé ähnlich gegangen war. Ihre Schwester hatte dunkle Ringe unter den Augen und gerötete Pupillen. Ohne Zweifel hatte sie viel geweint.

„Sie wird schon wieder mit dir reden.“

Wie immer fiel es Pablo leicht, Noas Gedanken zu erraten.

“Meinst du?“

Noa war sich da nicht so sicher. Seit ihrem Streit herrschte Funkstille zwischen ihr und Cloé. Ihre Zwillingsschwester nahm ihr noch immer übel, was passiert war. Wegen Noa war sie gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Es mochte Leute geben, die freiwillig von Coruscant flohen um Schutz in der Republik zu suchen, doch nicht so Cloé. Imperium hin oder her, wäre es nach ihr gegangen, wäre sie für immer hier geblieben.

“Immerhin haben wir Jesper als Puffer dazwischen.“

Noa verdrehte die Augen. Irgendwann musste Cloé natürlich wieder mit ihr sprechen, spätestens wenn sie auf Lianna ankamen, doch bis dahin konnte es eine harte Zeit werden und der Flug war nicht kurz.

„Noa, kommst du?“

Jespers blonder Schopf erschien oberhalb der Einstiegsrampe. Er winkte Pablo zu.

„Wir sind so weit!“

“Gib mir eine Minute!“

Noa drehte sich wieder zu Pablo um, der Jesper noch einmal winkte. Sie hatten sich vorhin schon voneinander verabschiedet. Es waren jetzt nur noch sie beide.

„Schreib mir, wenn ihr angekommen seid.“

Sagte er. Noa nickte. Sie hatte ihm das Komlink gegeben, das sie ursprünglich von Cris erhalten hatte. Es war ein modifiziertes Gerät, das gesendete und empfangene Nachrichten über mehrere Relaisstationen umleitete, um den ursprünglichen Absender bzw. Empfänger zu verschleiern. Dies half in der Kommunikation zwischen imperialen und republikanischen Welten. Cris besaß das zweite, zugehörige Komlink und Noa hatte vor, Pablo von diesem aus zu schreiben, sobald sie Cris auf Lianna getroffen hatte – vorausgesetzt natürlich, dieser hatte Interesse daran, überhaupt mit ihr zu sprechen.

„Und vergiss nicht, deinen Verband regelmäßig zu wechseln.“

Pablo lächelte.

„Rámon wollte unbedingt, dass ich dich daran erinnere.“

“Mach' ich.“

Noa verdrehte die Augen. Sie war ja nicht blöd. Ihr Bruder umarmte sie, vorsichtig, und der wirkliche Moment des Abschieds war gekommen. Gleichzeitig mit dieser Erkenntnis spürte Noa die vertraute Panik in sich aufsteigen, der Grund warum sie Verabschiedungen so hasste. Sie riss sich von Pablo los, brachte Abstand zwischen sich und ihn und beeilte sich, die Gangway hinauf zu laufen.

“Ich schreib', sobald ich kann!“

Rief sie ihm zu und das Lächeln ihres Bruders begleitete sie nach oben.

„Noa?“

Widerwillig blieb sie stehen.

„Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.“

Ihre Blicke trafen sich noch einmal, Seele zu Seele. Sie schüttelte den Kopf. Wie könnte sie? Sie hob eine Hand und Pablo, ihr Bruder der nur einen Arm hatte, hob die seine, so lange bis er sie nicht mehr sehen konnte.

- Coruscant – Eastport Raumhafen – YT-1200 Frachter -
 
[ Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen | mit Giselle ]

Giselle gab sich Mühe, Coruscant, Exodus' Heimatwelt, nicht direkt schlecht zu reden, das spürte er. Zwar kam sie nicht umhin, den Stadtplaneten als zu laut und zu hektisch zu beschreiben – und diese Ehrlichkeit zeichnete sie aus – doch gleichzeitig hegte sie die Hoffnung, auf einer ruhigen Dachterrasse doch noch die Schönheit der Stadt genießen zu können. Und da würde er sie hinführen. Mit ein bisschen Glück konnte er sie wirklich noch für diesen Planeten begeistern.

„Man muss sich an das Tempo hier gewöhnen.“

sagte er beschwichtigend, wie zur Verteidigung seiner Heimat. In seinen Augen passte Giselle hervorragend in die Stadt, auch wenn sie das selbst vielleicht anders sehen mochte. Sie fügte sich gut ein, in das Bild der Coruscanti.

„Nach einer Weile lernt man, diese ganzen Störgeräusche und die Hektik auszublenden. Dann kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren und auch mal für sich einen Moment inne halten.“

Wenn sie länger hierbliebe, würde sie diese Dinge bestimmt verstehen. Vielleicht fehlte wirklich nur der kleine Anstoß, der sie von der Stadt überzeugte. Der sie dazu brachte, mehr als nur ein paar Tage hier zu verweilen.

„Aber ich gebe zu: Eine gute Dachterrasse kann dabei helfen.“

Für einen Moment schmunzelte er sie an und versuchte, ihre Miene zu lesen, ehe er sich auf das Paar Schuhe im Schaufenster konzentrierte. Wie eine Prinzessin musste man sich darin fühlen, mutmaßte Giselle. Wie eine Prinzessin …
Exodus musste nicht lange darüber nachdenken, was zu tun war. Mit entschlossenen Schritten ging er auf den Eingang des Geschäfts zu, griff dabei nach Giselles Hand und zog sie mit sanfter Gewalt in Richtung des Ladens. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Zischen und ein fein gekleideter Mensch mit falschem Lächeln erwartete sie augenblicklich.


„Herzlich Willkommen die Dame und der Herr – wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

Exodus war der hochgewachsene und sehr schlanke Mann, der einen schmalen Oberlippenbart trug und die Haare mit viel Gel an den Kopf geklatscht hatte, augenblicklich unsympathisch. Aber es half nichts, für den Moment war er auf ihn angewiesen – denn er selbst konnte unmöglich Giselles Schuhgröße erraten. Das war einfach nicht sein Fachgebiet.

„Wir hätten gerne diese Paar Schuhe.“

Mit seiner freien Hand deutete er möglichst eindeutig auf die schwarz-goldenen Schuhe, die die Vahla ins Auge gefasst hatte.

„Mit Vergnügen.“

erwiderte der Verkäufer schmierig und tippelte auf den Fußballen – als trüge er selbst imaginäre High-Heels – zum Schaufenster. Im Vorbeigehen warf er einen Blick auf Giselle, genauer gesagt auf ihre Füße, und setzte einen fachkundigen Blick auf.

„Die Größe dürfte passen.“

lautete sein fachmännisches Urteil. Exodus‘ Blick folgte dem Verkäufer, er mied es seine Begleiterin anzusehen. Er wusste nicht, ob Giselle protestieren würde und aus diesem Grund wollte er ihr dazu auch keine Chance geben. Sie nach ihrer Schuhgröße zu fragen, hätte ihr genau diese Möglichkeit erlaubt. Dem Verkäufer die Einschätzung zu überlassen, half seiner Sache. Auch wenn das hier nach hinten losgehen konnte … momentan konnte sie ihm nicht so leicht die kalte Schulter zeigen, wie noch auf Fingers Mark. Wo sollte sie hin? Sie hatte nur ihn. Entweder sie nahm das Geschenk an oder eben nicht. Im schlimmsten Fall konnte sie schlechte Laune verbreiten, aber verschwinden konnte sie nicht.
Er sah zwar keinen Grund, wieso sie ein Geschenk ablehnen sollte, aber bei der Vahla wusste man ja nie. Im Gegensatz zu anderen Frauen, die er in seinem Leben kennengelernt hatte, waren ihre Reaktionen für ihn fast immer unvorhersehbar. Bei Arica zum Beispiel hatte er immer genau gewusst, welche Knöpfe er drücken musste, um ihr zu gefallen. Bei Giselle hatte er noch einiges zu lernen. Hoffentlich ging diese Lektion gut aus – es wäre der ideale Start in den Abend.
Der Verkäufer hielt Exodus nun das Paar Schuhe hin und der Geschäftsmann bedeutete seiner ehemaligen Assistentin mit leichtem Druck, sich auf einer der Sitzgelegenheiten niederzulassen. Dann öffnete er den klassischen, aber stilvoll aufgemachten Karton vorsichtig, ging langsam in die Knie, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein und hielt ihr den ersten Schuh hin.


„Wollen wir mal schauen, ob sie passen … Prinzessin?“

[ Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen | mit Giselle ]
 
- - - Verschlüsselte, persönliche Holonetnachricht von Senatorin Turima Belandri von Hapan an den Präsidenten Alad Wingston und den Vizepräsidenten Exodus Wingston der Wingston Corporation - - -


Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Name ist Turima Belandri und ich bin die republikanische Senatorin des Hapan Konsortiums. Ich wende mich mit einer dringenden Bitte um Unterstützung an Sie und Ihr Unternehmen, da Sie in den Akten des Senats als republikfreundlich verzeichnet sind.
Bestimmt ist Ihnen bekannt, dass durch die Folgen des seit vielen Jahrzehnten tobenden Krieges zwischen der Neuen Republik und dem Imperium bereits viele Welten und deren Bevölkerung schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dabei möchte ich besonders den Stadtplaneten Denon erwähnen, welcher durch Absturz eines imperialen Supersternzerstörers nach Einschätzung von Experten auf Jahrzehnte hin unter den Folgen dieses Absturzes zu leiden haben wird, unter anderem aufgrund der Verschmutzung der Atmosphäre. Natürlich ist die Solidarität innerhalb der Republik groß, aber dies gilt ebenso für die Anzahl der hilfsbedürftigen Planeten. Allein die Logistik alle Hilfslieferung dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden ist eine enorme Herausforderung. Auch trotz der zarten Hoffnung auf Frieden durch den kürzlich geschlossenen Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien ist in den nächsten Monaten und Jahren mit keiner markanten Erhöhung der Transportkapazitäten zu rechnen, da die vorhandenen Gelder zu Recht überwiegend für benötigte Güter und medizinische Ausrüstung ausgegeben wird.

Wie Sie der beigefügten Übersicht entnehmen können kann nach Berechnung der Regierung von Denon allerdings die Lieferung und Verteilung jener Hilfsgüter und Sachspenden mit mehr Transportkapazitäten erheblich beschleunigt und optimiert werden. Daher bitte ich Sie, haben Sie ein Herz und unterstützen Sie die Bemühungen diesen Planeten wieder aufzubauen und das schwere Schicksal seiner verbliebenen Bewohner zu erleichtern. Optimal wäre eine Spende von 20 der von der Wingston Corporation produzierten Frachter, aber selbst ein Einzelner würde bereits helfen. Gerne treffe ich mich mit Ihnen auch zu einem persönlichen Gespräch. In dem Fall bitte ich aber um Ihr Verständnis, dass ich als republikanische Senatorin derzeit aus Gründen der persönlichen Sicherheit nicht auf eine imperiale Welt reisen kann.

Ich bitte Sie inständig, diese Hilfsanfrage nicht abzulehnen. Die Bewohner von Denon brauchen Ihre Hilfe. Gerne auch kann eine Spende Ihres Unternehmens auch geheim gehalten werden.

Mit freundlich Grüßen,

Turima Belandri
Senatorin von Hapan

- - - Ende der Nachricht - - -
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen – Schuhgeschäft - Mit Exodus -

Giselle hatte nicht viel Gelegenheit gehabt etwas zu sagen. Exodus hatte die Dinge für sie in die Hand genommen. Ihr gefielen die Schuhe? Dann sollte sie sie bekommen. Für ihn war das so einfach. Er hatte sie an der Hand hinter sich her in den Laden gezogen, dem Verkäufer erklärt was sie wollten und sie dazu gebracht, sich auf eine der Bänke zu setzen, vor der er nun hockte, mit diesem unwahrscheinlich schönen Schuh in der Hand, der sie bereits im Schaufenster verzaubert hatte. Giselle strahlte selig.

“Du bist verrückt.“

Sagte sie, war jedoch schon dabei, ihre eigenen Schuhe auszuziehen, um ihre Füße für die Anprobe frei zu machen. Giselle grinste. Was war es an Schuhen, das sie so faszinierte? Exodus hielt ihr die Sandalen hin und sie, den Fuß vornehm gestreckt, schlüpfte hinein. Sie passten wie angegossen und ein Seufzer entfuhr ihr. Das musste der Himmel sein.

“Gib mir noch den anderen, ja?“

Bat sie ihn und wenige Sekunden später stand sie vor ihm, den Blick nach unten gerichtet. Ihre alten Schuhe, in denen sie zuvor noch Coruscant erkundet hatte, langen stiefmütterlich vergessen auf dem Boden neben der Bank. Prüfend machte Giselle ein paar Schritte und die gold lackierten Absätze klackerten über den Fußboden.

“Sie laufen sich gut.“

Urteile sie und ihr Gesicht glühte vor Aufregung. Während sie innerhalb ihres Clans aufgewachsen war, hatte Giselle immer nur ein einziges Paar Schuhe besessen: selbst gefertigte Mokassins aus weichem Leder, praktisch für lange Wanderungen auf unebenen Gebieten. Die meiste Zeit aber war sie barfuß gelaufen. Erst als sie nach Alderaan gekommen war, hatte sie die Modeerscheinungen der Moderne kennen gelernt - ihre Tanzausbildung hatte einiges damit zu tun – und begonnen, sich in die Auswahl von Kleidung, Schuhen und Assecoires zu verlieben, die das Stadtleben zu bieten hatte. Sie kaufte alles, das ihr ins Auge gefiel, so lange ihr Credit-Stick aufgeladen war. Doch er war öfter leer als voll, leider.

“Ich würde sie sofort nehmen.“

Giselle setzte sich wieder auf die Bank und zog die luxuriösen Sandalen aus. Exodus sah sie nicht an. Stattdessen griff er nach einem der Schuhe und richtete seinen Blick suchend in den Laden, wo der zuvorkommende Verkäufer jetzt gerade einer weiteren Kundin Auskunft erteilte. Wortlos, fast ungeduldig, schnippte Exodus mit den Fingern und der Kopf des Verkäufers flog zu ihnen herum. Exodus hielt den Schuh hoch.

„Wir nehmen diese.“

Verkündete er und damit war es für ihn beschlossen. Wenn man Exouds Wingston war, war es tatsächlich so einfach. Spätestens jetzt fühlte sich Giselle wirklich wie eine Prinzessin. Sie grinste.

“Du legst dich ziemlich ins Zeug, damit es mir auf Coruscant gefällt.“

Stellte sie fest.

“Ich bin gespannt, was du dir noch alles ausdenkst.“

Für Giselle Givenchy war nichts Falsches daran, ein Geschenk anzunehmen, gleich ob es von einem Mann kam oder von einer Frau. Geschenke waren Zeichen von Wertschätzung, Dankbarkeit und Gastfreundschaft. So hatte sie es gelernt. Inzwischen hatte sie ihre alten Schuhe wieder angezogen.

“Vielen Dank übrigens.“

Sagte sie und lächelte.

"Bisher machst du deinen Job ziemlich gut."

- Coruscant – Obere Ebenen – Einkaufsstraßen – Schuhgeschäft - Mit Exodus -
 
[ Coruscant – City – Obere Ebenen – vor dem Restaurant „Victorias“ | mit Giselle ]

Es gab nur wenige Momente, in denen Exodus‘ Beziehungsnetzwerk nicht den gewünschten Dienst tat. Leider hatte sich die kurzfristige Reservierung des „Victorias“ als ein solcher Moment herausgestellt. Victoria Lambert war eine alte Freundin, wenn man so wollte, und normalerweise bemühte sie sich, den Wünschen ihres gut zahlenden Stammkunden gerecht zu werden. Aber heute war nichts zu machen – auch andere alte Freunde, auf deren Konten sich die Credits nur so türmten, hatten sich für den Abend angemeldet. Und Victoria Lambert wollte beides nicht verlieren: die Freunde und deren Credits. Also war Exodus‘ üblicher Plan nicht aufgegangen. Er hatte nicht das ganze Restaurant mieten, nicht den großen Saal mit einem Meer aus Kerzen erleuchten und nur einen Platz in der Mitte des Raums decken lassen können. Die Masche zog ansonsten jedes Mal, das war quasi sein Geheimtrick. Der Saal verzauberte die Frauen todsicher und wenn er sie zum Finale auf die Terrasse führte, um gemeinsam den Sonnenuntergang zu betrachten, waren sie wie reife Früchte – er musste sie nur noch pflücken. Oder bloß die Hand aufhalten, bei den überreifen Exemplaren. Es war ein Kinderspiel.
Doch das einzige, was Victoria heute für ihn hatte arrangieren können, war die kleine Terrasse. Mit seiner Spontanität hatte sie nicht mithalten können. Oder sein Geldbeutel nicht mit der Summe der Geldbeutel aller anderen zahlenden Gäste. Es war nicht zu ändern … so kam das große Finale eben direkt zu Beginn. Vielleicht war das sogar besser so. Giselle war nicht wie die anderen Frauen, die er sonst hier her führte – eigentlich war sie wie keine Frau, der er zuvor begegnet war – und insofern konnte er kaum sicher sein, dass die üblichen Maschen bei ihr zogen. Vieles aus seinem Standard-Repertoire funktionierte bei der Vahla nicht und vielleicht wäre ihr die Nummer mit dem komplett gemieteten Restaurant auch doch zu protzig gewesen. Außerdem war ihr ausdrücklicher Wunsch schließlich, eine Dachterrasse auf Coruscant zu sehen. Und Wünsche erfüllen, darin war Exodus Wingston große Klasse. Für dieses Talent hatte er auch im Schuhladen schon ein Lob von seiner ehemaligen Assistentin bekommen.
Die Vorzeichen standen auf den zweiten Blick also doch gar nicht so schlecht, als Exodus und seine Begleiterin schließlich mit dem Holo-Taxi vor dem „Victorias“ hielten. Zumindest hoffte er, dass die Besitzerin ihr Wort gehalten und die Dachterrasse für ihn und Giselle ansprechend hergerichtet hatte.


„Da wären wir.“

kommentierte er kurz, als er das Holo-Taxi verließ und der Vahla die Hand hinhielt, um ihr einen möglichst galanten Ausstieg aus dem Raumschiff zu ermöglichen. Nicht, dass sie irgendwelche Probleme dabei gehabt hätte. Sie war eine Tänzerin und so verdammt beweglich. Oh Gott, diese Beweglichkeit … wenn er nur daran dachte, wurde ihm schon ganz warm. Ein Grinsen umspielte seine Lippen.

„Das ist das Victorias. Mein Lieblingsrestaurant.“

Oder zumindest war es das, wenn er es ganz für sich allein hatte. Auf der Dachterrasse zu essen, während drinnen alles, bis auf den letzten Platz, ausgebucht war, würde eine ganz neue Erfahrung. Aber zu neuen Erfahrungen brachte ihn diese Frau ja ohnehin regelmäßig.

„Mir nach.“

erklärte er knapp und ließ sie sich bei ihm unterhaken. Am Eingang wurde er selbstverständlich gleich erkannt, sodass es keiner großen Worte um Reservierungen und andere Arrangements mehr bedurfte. Die Mäntel ließ man ihnen: nicht aus Unhöflichkeit, sondern in der Voraussicht, dass sie auf der Terrasse eventuell benötigt würden. Exodus führte Giselle durch den vorderen Restaurantbereich, in dem jeder Tisch besetzt, oder zumindest mit einem kleinen Hinweis auf eine Reservierung versehen war. Für ihn war der Anblick der vielen Menschen in den oberen Ebenen Coruscants völlig normal, aber nach ihrem Trip nach Fresia, wurde ihm bewusst, dass die Vahla dieser Umstand vielleicht schon bei ihrer Shopping-Tour gewundert haben könnte. Spätestens hier kam man sich vor wie auf einem reinen Planeten für Menschen. Und was die Upper-Class anging, stimmte es ja auch. Im großen Saal, dessen breite Flügeltüren weit geöffnet waren, sah das Bild nicht anders aus: Voll besetzte Tische und Menschen in ausgefallener, eleganter oder zumindest teurer Kleidung, die Frauen mit großen und noch größeren Schmuckstücken behangen. Und es war laut, unheimlich laut. Der Saal warf die vielen Gespräche gnadenlos in sein Inneres zurück und Exodus hoffte inständig, dass die Terrasse ihnen in dieser Hinsicht etwas Schutz bieten konnte. Giselle hatte sich nicht bloß eine Dachterrasse gewünscht – eine ruhige Dachterrasse sollte es sein. Diese Leute und ihr ständiges Geschnatter …
Doch plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit auf eine einzelne Frau gelenkt – und das war nicht die Vahla an seiner Seite. Victoria Lambert persönlich stand an der Tür zur Terrasse und lächelte das Paar freundlich an. Damit hatte er nicht gerechnet.


„Exodus, mein Guter!”

begrüßte sie ihn, als Giselle und er in Hörweite kamen. Für ihre annähernd siebzig Jahre hatte sie sich wirklich gut gehalten, sie sah maximal aus wie Ende vierzig. Vermutlich waren die Schönheitschirurgen der oberen Ebenen nicht ganz unschuldig daran, doch das traf auf viele der Bewohner hier zu. Victoria bedachte auch Exodus‘ Begleiterin mit einem warmen Händeschütteln.

„Willkommen im Victorias. Es ist mir eine Freude Sie hier begrüßen zu dürfen.“

Und wieder an Exodus gewandt ergänzte sie:

„Es ist alles bereitet. Ich habe persönlich dafür gesorgt.“

Vermutlich wollte sie ihr schlechtes Gewissen beruhigen, ihm – aus ihrer Sicht – nichts Besseres anbieten zu können. Sei’s drum. Es war eine nette Geste und er wusste das zu schätzen. Also erwiderte er ihr Lächeln.

„Victoria, vielen Dank! Es ist sehr großzügig von dir, uns ein paar Minuten deiner wertvollen Zeit zu schenken.“

Sie nickte kurz und Exodus ahnte, dass sie dieser Darstellung tatsächlich zustimmte.

„Ich wünsche euch einen schönen Abend. Wenn irgendetwas nicht zu eurer Zufriedenheit ist, meldet euch sofort.“

„Vielen Dank.“

Auch Exodus nickte und ließ sich dann von Victoria die Tür zur Terrasse öffnen. Gemeinsam mit Giselle schritt er hinaus und betrachtete die Szenerie. Ein einzelner Tisch war in der Mitte des kleinen Plateaus aufgestellt worden, in dem kleinen Teich schwammen unzählige Kerzen und zu ihrer linken und rechten waren zwei große Fackeln aufgestellt worden, die im seichten Wind flackerten. Es dämmerte und so würden die vielen Lichtquellen ihre volle Wirkung erst innerhalb der nächsten halben Stunde entfalten. Die beiden Stühle, die an den Tisch geschoben waren, strahlten ein sanftes Glühen aus und Exodus ahnte, dass sie durch die Sitzbeheizung nicht frieren würden. Und dann war da natürlich der Ausblick. Er selbst fand ihn jedes Mal wieder phänomenal und einer der Gründe, wieso er seine Heimat so liebte. Der stete Strom an Raumschiffen wand sich fast auf Augenhöhe an den Wolkenkratzern Coruscants vorbei und zeugte von der Geschäftigkeit des Stadtplaneten. Doch darüber befand fast nichts mehr. Nur der Himmel, der jetzt in tiefes Orange getaucht war. Nur der Himmel – dieser Anblick war der Ansporn jedes Geschäftsmanns der oberen Ebenen, den eigenen Wolkenkratzer eines Tages noch weiter in die Lüfte schrauben zu können, dem Orbit entgegen. Exodus‘ Blick wanderte weiter nach oben, als das Stimmgewirr aus dem Saal hinter ihnen plötzlich fast vollständig verstummte. Victoria hatte die Tür leise geschlossen und verblüffte Exodus mit der überaus guten Isolierung zum Rest des Restaurants. Er sah zu seiner Begleiterin. Es war wirklich, als gäbe es hier oben nur sie zwei. Nur Giselle und Exodus und einen Sonnenuntergang über Coruscant. Von der Seite betrachtete er ihr Profil, versuchte zu erahnen, ob ihr der Ort ihres kleinen Abendessens gefiel.

„Sehen wir uns die Karte an?“

[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse – Mit Exodus –

Die Terrasse des „Victorias“ war dank hoher Glasfronten windgeschützt. Es war der perfekte Ort für ein romantisches Abendessen zu zweit. Fackeln brannten zu jeder Seite des einzelnen Tisches, an den Exodus und Giselle sich jetzt setzten. Es war vermutlich das Romantischste, das er hier auf Coruscant für sie hätte arrangieren können und es war zudem die Dachterrasse, die er ihr so schön gemalt und die er ihr versprochen hatte. Auf dem Weg durch den Restaurantbereich hatte Giselle zuerst befürchtet, sie würden inmitten des überfüllten großen Saales einen Tisch zugewiesen bekommen. Es wäre nicht das absolut Schlimmste gewesen, doch dort drinnen war es laut und ungemütlich gewesen. Giselle bevorzugte, mit Exodus alleine zu sein. Der einsame Tische unter freiem Himmel besaß eine viel persönlichere Note und jetzt, da die Türen zum Hauptsaal geschlossen waren, fühlte es sich tatsächlich so an, als gäbe es auf Coruscant nur sie beide, abgesehen von den hunderten Luftgleitern am Horizont, die in steter Geschwindigkeit lineare Verkehrslinien um die Wolkenkratzer der Stadt herum zogen.

“Ich hätte nicht gedacht, dass wir bei diesem Wetter draußen sitzen können.“

Wunderte sich Giselle. Die Terrasse war durch ein Dach vor Regen geschützt und die Stühle auf denen sie saßen waren angenehm beheizt.

“Aber das hier ist einfach perfekt. Du musst ein guter Kunde hier sein, dass man dir den besten Tisch überlassen hat und die Chefin dich persönlich begrüßt hat.“

Schmunzelte sie und tat es Exodus gleich, die Holo-Speisekarte per Knopfdruck vor sich erscheinen zu lassen. Das „Victorias“ bot, das konnte sie allein an den Preisen erkennen, eine exklusive Auswahl von Gerichten an, die vermutlich mit Zutaten zubereitet wurden, die sich längst nicht jeder Bürger auf Coruscant leisten konnte. Import war teuer und der Stadtplanet verfügte nicht über eigene Landwirtschaft. Die Namen er erlesenen Gerichte sagten Giselle indes nichts und es fiel ihr schwer, etwas auszuwählen, das sie so gar nicht zuordnen konnte. Hieß es nicht immer, je luxuriöser ein Restaurant war, desto ausgefallener die angebotenen Speisen? Giselle fackelte nicht lange, deaktivierte ihre Speisekarte und lehnte sich zurück.

“Ich nehme, was du nimmst.“

Kündigte sie an.

“Wähl du für mich mit.“

Ihr Blick verließ den Tisch und wanderte in Richtung des Horizonts, wo der Sonnenuntergang die Welt um sie herum in einen warmen, gelblichen Farbton getaucht hatte. Die Szenerie erinnerte sie, trotz der Unterschiede, an Fresia und den Sonnenuntergang, den sie gemeinsam mit Exodus erlebt hatte, kurz vor der Phase der Dunkelheit. Es war einer der schöneren Momente gewesen, die sie mit ihm geteilt hatte und sie fragte sich, ob sie sich nach ein paar steinigeren Pfaden wieder auf dem Weg zu eben jener Unbefangenheit im Umgang miteinander befanden. Giselle wünschte es sich sehr.

- Coruscant – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse – Mit Exodus –
 
[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]

„Schön, dass es dir gefällt.“

bekundete Exodus mit einem zufriedenen Lächeln und lehnte sich in seinem beheizten Stuhl zurück. Na wenn das nicht ein guter Start in den Abend war – sie fand die Location perfekt und glaubte, sie hätten den besten Tisch des ganzen Ladens bekommen. Dabei war es eigentlich nur ein Provisorium. Grinsend legte er den Kopf schief und beschloss, ihr dieses kleine Geheimnis anzuvertrauen, auch auf die Gefahr hin, dann die Illusion zu zerstören. Meistens mochte sie diese Art der augenzwinkernden Ehrlichkeit. Oder zumindest hatte er den Eindruck, dass sie das tat.

„Aber wenn ich ehrlich bin, war von Victoria gar nicht vorgesehen, dass hier draußen heute Abend Gäste speisen. Ich habe ihr gesagt, ich brauche etwas Besonderes und – naja – dann hat sie dieses Plätzchen für uns gezaubert.“

Sein Blick wanderte einmal über die Terrasse und die liebevollen Details, mit denen sie gestaltet war, ehe er wieder Giselle in den Fokus nahm.

„Ich glaube es war ihr sogar etwas unangenehm uns nichts anderes anbieten zu können. Aber ich bin auch sehr zufrieden. Sie hat gute Arbeit geleistet. Wie immer eigentlich – deshalb komme ich auch schon seit Jahren hier her. Vermutlich macht mich das also tatsächlich zu einem guten Kunden.“

Vergnügt zuckten seine Mundwinkel nach oben. Es schien ihm hier auf Coruscant alles so viel entspannter, ohne den Stress mit Nautolanern, Mon Calamari oder anderen Querulanten, wie dem Piloten Jost Fleetfire. Sie alle ließen ihn hier in Ruhe. Es lief einfach gut. Trotz – oder vielleicht gerade wegen - der Menschenmengen von Coruscant gab es hier nur sie zwei. Und das war tatsächlich perfekt. Eigentlich hatte Giselle also vollkommen Recht, Provisorium hin oder her.

„Ich soll für dich auswählen?“

fragte er noch einmal zur Sicherheit, ehe er zielstrebig verschiedene Gerichte auf der Karte antippte, um die Bestellung gleich zur Küche durchgeben zu können.

„Also gut. Als Hauptgericht nehmen wir mein Lieblingsgericht – das Bha’lir-Steak. Dazu eine Auswahl Beilagen verschiedener Planeten nach Zusammenstellung der Küche und einen, wenn man so will, heimischen Salat aus den Treibhäusern Coruscants. Das klingt im ersten Moment vielleicht nicht besonders appetitlich, ist aber eine deutlich bessere Wahl als importierter Salat, denn dieser hier ist frisch.“

Mit einem prüfenden Blick besah er Giselle über die Karte hinweg. Weiterhin keine Einwände.

„Als Vorspeise nehmen wir etwas Einfaches – eine Suppe und frisch gebackenes Baguette. Vermutlich sollte man hier in den oberen Ebenen etwas Extravaganteres bestellen, aber … manchmal mag ich auch die simplen Dinge.“

Wie zur Entschuldigung zuckte er mit den Schultern.

„Beim Dessert lasse ich mich gerne überraschen, was die Küche vorschlägt. Das schmeckt eigentlich immer. Und dazu trinken wir einen roten Alderaaner. Ein schön klassischer Wein, ideal zum Steak.“

Jetzt huschte sein Blick wieder hoch zu der Vahla. Vielleicht kannte sie den alderaanischen Rotwein ja von ihrer Zeit auf dem Planeten und möglicherweise brachte das Erinnerung daran zum Vorschein, die sie ihm bisher noch vorenthalten hatte. Ob das gut war? Eventuell holte es auch negative Erlebnisse hervor, die der Stimmung schaden und all seine Bemühungen zerstören konnten. Kaum merklich wog er den Kopf hin und her. Nein, beschloss er, ein paar schlechte Erinnerungen konnten wohl kaum gegen die Terrasse des Victorias ankommen. Außerdem war er ja noch hier. Und im Idealfall würde der Wein sowieso seine Wirkung tun und Giselle in lockere Stimmung versetzen. Hatte er sie überhaupt jemals angetrunken erlebt? Das war etwas, das es definitiv nachzuholen galt.

„Ist bestellt.“

verkündete Exodus feierlich, nachdem er alle Gerichte in zweifacher Form zur Bestellung aufgegeben hatte. Es dauerte keine zwanzig Sekunden, ehe die Tür zur Terrasse wieder geöffnet wurde und ein Kellner eintrat.

„Eine Flasche roten Alderaaner.“

erklärte er trocken, schenkte seinen beiden Gästen ein, ließ dann die Flasche auf einem kleinen Beistelltisch stehen und verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war. Exodus blinzelte ungläubig auf sein Glas. Victoria Lambert war wirklich für Überraschungen gut! Natürlich hatte sie erwarten können, dass Exodus einen Alderaaner bestellte – denn das tat er meistens, wenn er hier war – aber den Kellner schon mit einem Flasche vor der Tür warten zu lassen, das war einfach auf eine sehr positive Art gerissen. Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Überaus zufrieden sah Exodus seine ehemalige Assistentin an und hob das Glas.

„Auf uns, würde ich mal sagen.“

[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]
 
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- Coruscant – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse – Mit Exodus –

So schnell, wie einer der Kellner den Wein an ihren Tisch brachte, nachdem Exodus gerade erst bestellt hatte, konnte Giselle gar nicht gucken. Sie schaffte es auch nicht, ihren vor Staunen offenen Mund zuzuklappen. Das gelang ihr erst, als der Kellner wieder durch die Türen ins Restaurant zurück verschwunden war und Exodus sein Glas zum Toast erhoben hatte. Ihr Lächeln kehrte zurück.

“Auf uns.“

Wiederholte sie seine Worte.

“Und auf deine Victoria, die uns dieses wunderschöne Plätzchen organisiert hat.“

Manchmal waren es glückliche Zufälle, die etwas besonders machten. Was sonst hätte die Inhaberin des Restaurants ihnen bieten können, das so schön war wie das hier? Giselle hätte den Tisch unter freiem Himmel gegen keine gemütliche Ecke im Inneren des Gebäudes eintauschen wollen. Im ersten Moment war sie zwar eine Spur weit enttäuscht gewesen, als Exodus gestanden hatte, die Idee nicht selbst gehabt sondern sich auf die Organisation des Restaurants verlassen zu haben, doch diese Enttäuschung war schnell verflogen, als Giselle rational darüber nachgedacht hatte. In Exodus' Kreisen war es normal, solche Dinge anderen Leute regeln zu lassen. Dafür gab es Angestellte und Servicekräfte. Er war der Mann, der die Befehle gab und für das, was er haben wollte, bezahlte. Er war nicht der, der die Arbeiten ausführte. Seine Arbeit bestand in der Organisation der Wingston Corporation, einem Unternehmen mit XXX Mitarbeitern, für die ihm die Verantwortung überlag. Das war sicher kein leichter Job. Erst am Nachmittag war Exodus in einer langen Besprechung gewesen. Wann hätte er die Zeit haben sollen, eigenhändig den Abend mit Giselle zu organisieren?

“Ich bin gespannt, ob sie das Essen auch so schnell bringen.“

Giselle nippte an ihrem Wein. Es war ein roter Alderaaner, einer weit verbreiteten Sorte, auch über die Grenzen des Planeten hinaus, von dem er stammte. Giselle kannte diesen Wein, nicht nur weil er einer der Bekanntesten überhaupt war, sondern weil sie ihn früher oft mit Morten getrunken hatte. Nach ihren Shows hatten sie oft zusammen gesessen und gefeiert, nicht nur zu zweit, sondern auch mit den anderen Artisten des Zirkus. Niemand von ihnen hatte viel Geld besessen und der rote Alderaaner war – wenn man ihn auf Alderaan selbst erstand – eine von jenen Weinsorten gewesen, die gut genug war, um nicht als billiger Fusel durchzugehen und trotzdem günstig genug, um ihn sich leisten zu können.

“Was hast du eigentlich noch alles für heute geplant, um mir meinen ersten Tag auf Coruscant so toll wie nur möglich zu gestalten?“

Giselle stellte ihr Weinglas wieder ab.

“Du schenkst mir ein Paar teurer Schuhe, entführst mich auf eine verlassene Dachterrasse im Kerzenmeer, orderst ein Drei-Gänge-Menü für mich...“

Giselle lächelte und ihr Blick schwenkte hinunter zu der Tüte, die auf dem Boden zu ihren Füßen stand. Sie zögerte eine Sekunde, bevor sie sich hinunter bückte und den Karton heraus holte.

“Ich muss sie mir noch mal ansehen!“

Aus ihrer Stimme war Aufregung zu hören. Fasziniert hielt sie eine der Sandalen in der Hand und drehte sie im wenigen noch verbliebenen Licht der Abendsonne, bevor sich diese ganz vom Horizont verabschiedet hatte. Es würde nur noch wenige Minuten dauern, bis die Dämmerung richtig einsetzte und die Fackeln und die Kerzen um sie herum ihre voll Wirkung entfalten würden.

“Meinst du, die kann ich morgen auf dem Fest anziehen?“

Wollte Giselle wissen und schaute Exodus fragend an. Er hatte ihr noch nicht ausführlich erzählt, wie es dort zugehen würde, was sie zu erwarten oder wie man sich dort zu kleiden hatte. Überall gab es zu solchen Anlässen andere Regeln und Giselle, die nicht in der Kultur aufgewachsen war, aus der Exodus stammte, war sich unsicher, was die Etikette diesmal verlangte. Ihr Blick führte sie zurück zu dem Schuh in ihrer Hand und eine plötzlich auftauchende Erinnerung brachte sie zum Lachen.

“Weißt du, dass ich mich genau daran erinnere, wie ich zum ersten Mal solche Schuhe getragen habe?“

Sie lehnte sich zurück, stellte den Schuh auf dem Tisch ab und sah durch das gläserne Dach zum Himmel, als könnte sie dort in den Wolken die Bilder aus ihrer Erinnerung zum Leben erwecken.

“Es war auf Alderaan.“

Sagte sie.

“Ich war gearde frisch in Belleau-a-Lir eingetroffen.“

Giselle machte ein nachdenkliches Gesicht.

“Vielleicht nicht mehr ganz so frisch.“

Gut gelaunt sah sie Exodus an.

“Ich hatte mich neben meiner Ballettausbildung für ein Nebenfach eingeschrieben, um dort die klasschicher Tänze zu lernen, die man in der Galaxis so tanzt, doch als ich in der ersten Stunde im Unterrichtszimmer ankam, sollten wir diese furchtbar hochhackigen Schuhe anziehen. Ich wäre fast gestorben. Ich konnte nicht mal stehen in diesen Dingern!“

Giselle lachte. Sie war in einem Clan aufgewachsen, der praktisch und einfach veranlagt gewesen war. Sie waren Nomaden gewesen, durch Wäder und Wüsten gereist. In diesem Leben hatte es keinen Platz für so unnötige Dinge wie Schuhe mit Absätzen gegeben. Es war eine ganz neue Erfahrung für sie gewesen, zu lernen, darin zu laufen.

“Mein Lehrer hat mich vollkommen fertig gemacht.“

Erinnerte sich Giselle.

“Er hatte kein Verständnis. Aber ich wollte auch nicht aufgeben. Madame Eloise, meine Mentorin, war eigentlich dagegen, dass ich diesen Kurs überhaupt belegte. Sie wollte, dass ich mich ausschließlich auf das Ballett konzentriere, aber sie hat mir schließlich doch geholfen: sie scheuchte mich stundenlang auf hohen Absätzen hin und her. Ich musste in ihnen laufen, rennen, durch Wasser und über Kiesbetten gehen...sogar durch Sand. Abends taten meine Füße so weh, ich glaubte, sie würden abfallen. Erst als ich richtig sicher geworden und mein Gang aufrecht genug war, bin ich in den Kurs zurück gekehrt. Das war ein richtig innerer Erfolg für mich.“

Giselles Zeigefinger fuhr über den goldglänzend polierten Absatz der einzelnen Sandale, die vor ihr auf der Tischplatte stand.

“Und dann hatte ich einiges aufzuholen.“

Erinnerte sie sich, doch es war eine gute Erinnerung.

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[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]

„Du meinst, danach hast du massenhaft Schuhe gekauft?“

schloss Exodus an Giselles Bemerkung an, sie hätte einiges nachzuholen gehabt, nachdem sie erst einmal auf hochhackigen Schuhen hatte laufen können.

„Na dann hätte ich dir ja vielleicht gar keine Schuhe schenken sollen –wenn du ohnehin schon so viele davon hast.“

Mit hochgezogenen Augenbrauen prüfte er sie gespielt misstrauisch. Insgeheim fragte er sich allerdings, wo sie solche Dinge lagerte – Schuhe, andere Erinnerungsstücke, Dinge von Wert. Sie hatte keine feste Bleibe, so viel wusste er. Aber gab es einen Ort in der Galaxis, an den sie doch gelegentlich zurückkehrte, wo sie Freunde hatte, die manches für sie aufbewahrten?

„Du hast eben gefragt, was ich noch so geplant habe.“

Dass sie zusammen im Bett landeten natürlich. Aber das konnte er so offen kaum sagen. Mit ausgebreiteten Armen versuchte er all das zu umfassen, was sie eben aufgezählt hatte – die Terrasse, das Essen, die Schuhe …

„Reicht das hier denn noch nicht?“

Mit einem neckischen Grinsen beugte er sich nach vorne und griff nach dem Schuh, den Giselle auf den Tisch gestellt hatte. Langsam hob er ihn hoch und betrachtete ihn mit fachmännischem Blick. Dann sah er darüber hinweg wieder zu seiner Begleiterin.

„Hm … wie wäre es mit einem kleinen Tanz? Direkt hier auf der Dachterrasse – so als kleiner Bonus.“

Abwartend lehnte Exodus sich wieder in seinem beheizten Stuhl zurück und musterte Giselle. Wenn er sie ansah, war da gar nicht mehr diese Angst, sie gleich wieder zu verlieren. Er hatte seine Sache gut gemacht – das gab ihm Sicherheit. Sie würde bleiben, das wusste er, und mit ein bisschen Glück teilte sie heute Nacht auch noch das Bett mit ihm. Die Vorarbeit war auf jeden Fall gelungen, die Frage war nur, ob er es gut zu Ende spielte.

„Zufällig bin ich in klassischem Gesellschaftstanz auch bewandert. Nicht auf professioneller Ebene natürlich. Aber ich wurde in meiner Jugend sorgfältig auf das Leben der High Society mit Bällen und anderen Empfängen vorbereitet.“

Das neckische Grinsen kehrte auf seine Miene zurück.

„Ich habe also auch noch mehr drauf, als ich am Strand von Palm Island gezeigt habe.“

Und selbst das musste ihr schon gut gefallen haben, wenn er so an die engen Berührungen im heißen Sand von Fresia zurückdachte. Er wollte gerade noch ein herausforderndes „Also?“ hinterherschieben, als sich die Tür hinter ihnen wieder öffnete und ihr Kellner die Vorspeise brachte. Das durchkreuzte seinen Vorschlag auf eine ungünstige Art. Dann würden sie also nicht tanzen – nicht jetzt zumindest. Exodus unterdrückte einen Seufzer. An seinem und Giselles Platz wurde jeweils ein Teller heiß dampfender Suppe serviert, dazu stellte der Kellner noch eine Platte mit knusprigem Baguette und einer Menge verschiedener Aufstriche in die Mitte des Tisches. Er wünschte den beiden einen guten Appetit und erkundigte sich höflich, ob sie noch etwas zu trinken wollten und ansonsten alles in Ordnung sei. Exodus verneinte die Frage nach Getränken und bestätigte seine Zufriedenheit. Dass der Kellner besser noch zehn Minuten länger gebraucht hätte, war wohl kaum ein Kritikpunkt, den er hier nachvollziehbar anbringen konnte.

„Na gut – dann muss der Tanz erst einmal warten. Aber das Angebot steht!“

Exodus langte zu dem Baguette und brach unkompliziert eine der schon angeschnittenen Scheiben ab. Allein von der Vorspeise konnte man satt werden, wenn man wollte. Bei diesem Gedanken umspielte nun doch wieder ein Grinsen seine Mundwinkel. Noch war nicht alles verloren – er war gut im Spiel, er durfte jetzt bloß keine schlechte Laune zeigen, denn das würde sich ganz schnell auf Giselle übertragen. Sie hatte eben immerhin noch gesagt, es sei alles perfekt.

„Das heißt, wenn du mich nach diesem Abendessen nicht aus dem Restaurant rollen musst.“

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- Coruscant – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse – Mit Exodus –

Giselle merkte schnell, dass Exodussie missverstanden hatte. Sie hatte gar nicht gemeint, dass sie den Kauf dutzender Paare von Schuhen hatte nachholen müssen, nachdem sie ihre Liebe zu diesen erst einmal entdeckt hatte, denn auch wenn das durchaus der Wahrheit entsprach, hatte sie viel mehr sagen wollen, wie hart sie in der nachfolgenden Zeit hatte üben müssen, um den Fortschritt ihrer Mitschüler aufzuholen, den diesen erzielt hatten, während Giselle damit beschäftigt gewesen war, überhaupt erst „laufe zu lernen“. Dennoch stimmte es, sie besaß tatsächlich viele Schuhe. Sie hatte allein auf Alderaan tonnenweise gekauft, wann immer sie Geld entweder dafür, oder für Schmuck und Kosmetikartikel übrig gehabt hatte. Die meisten Paare befanden sich noch immer in Mortens Besitz, wo Giselle den Großteil ihrer Sachen gelassen hatte. Nachdem sie sich getrennt hatten, hatte sie nicht gewusst, wohin es sie verschlagen würde und wie man sah, war sie tatsächlich genau das geblieben, was sie schon immer gewesen war: eine Nomadin, für den Rest ihres Lebens auf der Suche nicht nur nach einer Heimat, sondern auch nach sich selbst.

Sie korrigierte Exodus nicht, als er spielerisch bemerkte, ihr gar keine Schuhe hätte schenken zu müssen, wenn sie doch schon so viele besaß. Giselle lächelte nur. Ihr gefiel, dass er ihr überhaupt ein Geschenk gemacht hatte. Der ganze Abend war ein Geschenk von ihm an sie – ein Paar Schuhe, dass sie sich gewünscht hatte, ein romantisches Dinner unter freiem Himmel und nun forderte er sie sogar zum Tanzen auf. Neue Hoffnung wuchs in Giselle, als sie ihn über den Tisch hinweg ansah. Es sah nicht so aus, als wäre sie ihm völlig egal.


“Mir genügt, was du mir bereits geboten hast.“

Erwiderte Giselle lächelnd.

“Aber ich bin neugierig. Der Exodus Wingston, den ich kennen gelernt habe, gibt sich erst zufrieden, wenn er seine Ziele erreicht hat und wenn ich mich recht erinnere, war dein Ziel heute, mir Coruscant ganz besonders schmackhaft zu machen.“

Sie zuckte mit den Schultern, genau in dem Moment als die Vorspeisen heran getragen wurden. Exodus hatte Suppe und warmes, hell gebackenes Baguette für sie bestellt und die Teller dampften heiß, als sie vor ihnen aufgetischt wurden.

“Mhh, das riecht gut.“

Lobte Giselle, als der Kellner sich wieder unsichtbar gemacht hatte, als hätte Exodus persönlich in der Küche gestanden. Er hatte die Speisen zwar nur ausgesucht, doch manchmal war es genau so wichtig, für seinen Geschmack bestätigt zu werden, als für etwas, das man tatsächlich geleistet hatte. Giselle nahm den ersten Löffel, wartete ein wenig bis die Suppe ein klein wenig abgekühlt war und probierte davon.

“Und es schmeckt auch gut.“

Sie hatte zuvor nicht wirklich Gelegenheit gehabt auf Exodus' Aufforderung zum Tanz zu reagieren, da der Kellner ihr mit seinem Erscheinen zuvor gekommen war. Ganz unrecht war ihr die Unterbrechung allerdings auch nicht gewesen. Giselle empfand sich selbst nicht unbedingt als eitel. Sie liebte schöne Kleidung und bunten Haarschmuck, aber mehr als Ausdruck ihrer Gefühle und zur Unterstreichung ihrer Identität, als als Hilfsmittel, sich schön zu fühlen. Dennoch konnte sie nicht bestreiten, dass sie sich gewünscht hätte, anders gekleidet zu sein, wenn sie die Gelegenheit hatte mit Exodus zu tanzen. Sie trug noch immer die praktische Kleidung, in der sie sich die Stadt angesehen hatte: eine schlichte Hose, einen dicken Pullover und eine Jacke darüber. Sie fühlte sich darin nicht unwohl, doch nichts davon vermittelte ihr das Gefühl, sich der Gelegenheit passend hergerichtet zu haben. Sie wollte sich frei fühlen, wenn sie tanzte, ein Kleid oder einen weiten Rock tragen, mit dem der Wind spielen konnte, und sich vorstellen, dass Exodus und sie einem Gemälde entsprungen waren, eingefangen von einem Künstler in einem Moment, dem er nicht hatte widerstehen können.

“Was ist mit morgen, auf diesem Empfang?“

Fragte Giselle zwischen zwei Löffeln Suppe.

“Wird es dort Musik und Tanz geben?“

Sie liebte Suppe. Während ihrer Ausbildung zur Ballerina hatte es fast jeden Tag welche gegeben. Suppe war nahrhaft, hatte wenig Kalorien und kam in unzähligen geschmacklichen Variationen. Zu Giselles großem Glück hatte sie sich nie viel aus Essen gemacht. Nach Süßigkeiten hatte sie sich nie verzehrt. Für eine Tänzerin war das wichtig und sie hatte es da einfacher gehabt als viele ihrer Freundinnen. Gehungert hatten sie trotzdem alle gemeinsam, sich jeden Tag gewogen, jedes Gramm gezählt. An Gewicht zuzulegen wäre für jede von ihnen eine Katastrophe gewesen und so ganz hatte Giselle diese Mentalität nicht wieder abgelegt. Es machte ihr jedoch nichts aus. Sie hatte schlicht weniger Hunger als andere Leute.

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[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]

Es genügte ihr, was er ihr bot, sagte Giselle. Einerseits. Andererseits war sie neugierig, was Exodus Wingston – der Mann, der erst zufrieden war, wenn er bekam, was er sich vornahm – tun würde, um eine Vahla von Coruscant zu begeistern. Das klang, als wäre es ihm noch nicht gelungen, trotz ihrer Bekundungen, es wäre hier oben perfekt. Oder wollte sie einfach noch etwas mehr aus ihm herauskitzeln?

„Ich habe mein Ziel also noch nicht erreicht?“

Genüsslich biss er in das Stück Baguette, das er zuvor auf den Rand seines Suppentellers gelegt hatte, kaute einen Moment lang und grinste sie an, nachdem er das Brot hinunter geschluckt hatte.

„Ich finde allein die Vorspeise schon sehr … schmackhaft.“

Hm. Technisch gesehen war das hier natürlich die Vorspeise und danach würde das Hauptgericht kommen. Aber irgendwie klang das selbst in seinen Ohren so, als habe er noch einen ganz anderen Hauptgang in Petto. Ein Feuerwerk, einen Besuch an einen ganz besonderen Ort oder etwas dergleichen. Aber so etwas hatte er nicht vorbereitet. Der einzige besondere Ort, an den er sie noch führen wollte, war sein Schlafzimmer. Würde das ein Problem werden? Hatte er die Messlatte zu hoch gesetzt? In Gedanken fing er an die Namen von Leuten durchzugehen, die er in seiner Adressliste noch für etwas ganz Besonderes kontaktieren konnte.

„Was den Empfang angeht …“

Da war ja noch die offene Frage nach dem Tanz. Giselle hatte keine klare Antwort gegeben, sondern sich stattdessen nach dem Empfang erkundigt – ob es dort Tanz und Musik geben würde.

„Ja, vermutlich wird es Musik und die Möglichkeit zu Tanzen geben. Aber …“

Genau: Es gab ein aber! Tanz und Musik würde es auf dem Empfang geben, aber sie sollten dennoch heute Abend tanzen, denn genau das wäre eine Sache, die ihr heute gefallen und das Erlebnis Coruscant noch besser machen würde. Oder nicht? Dann brauchte er nicht noch ein weiteres Highlight aus dem Hut zaubern.

„Meist ist das nur vordergründige Kulisse. Diese Empfänge sind dazu da, in etwas lockerer Atmosphäre, das heißt bei einem Glas Whiskey zum Beispiel, Geschäftsdeals einfädeln zu können.“

Exodus nahm einen Löffel seiner Suppe und studierte Giselles Gesichtsausdruck und ihre Aura eindringlich. Wieso waren da Zweifel? Die Situation war perfekt – was könnte besser sein, als hier oben unter nahezu freiem Himmel und dem bald aufgehenden Sternenhimmel zu tanzen? Ja … was?

„Die wenigsten Gäste tanzen dort. Ich komme auf diesen Empfängen auch nahezu nie dazu.“

Sie verunsicherte ihn, denn er verstand ihre Motive nicht. Und die Absichten seines Gegenübers nicht zu verstehen, war ein Zustand, in dem er sich sehr ungern befand. Gerade bei Giselle. Gerade bei ihr war wichtig, was sie dachte. Was sie fühlte. Vielleicht musste er es einfach mit einer offenen Erklärung versuchen.

„Daher meine Idee, das Ganze etwas vorzuziehen. Aber wir können es uns auch für den Empfang vornehmen.“

Er lächelte, um ihr zu zeigen, dass auch diese Variante für ihn okay wäre. Es war nicht mal gelogen – wenn sie auf dem Empfang mit ihm tanzen wollte, dann würden sie tanzen.

„Dann müsse meine Geschäftspartner eben warten.“

Blieb nur noch die Frage, was sie wirklich begeistern würde, was sie davon überzeugen könnte, weiterhin auf Coruscant zu bleiben. Exodus‘ Blick blieb an ihren Gesichtszügen hängen, ihren ausgeprägten Wangenknochen und ihren intensiven Augen. Etwas Pompöses, Großes, Beeindruckendes war nicht, was sie wollte, das hatte schon ihre positive Reaktion auf die vergleichsweise kleine Terrasse gezeigt. Aber was war es dann?

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Sie hatte das Gefühl, dass Exodus ihr unbedingt etwas bieten wollte. Im Grunde war es offensichtlich. Was Giselle nicht mit Bestimmtheit sagen konnte war, ob es ihm noch immer nur darum ging, ihr Coruscant von seiner besten Seite vorzustellen, oder ob mehr dahinter steckte. Wollte er sie persönlich beeindrucken? Wollte er, dass sie Wachs in seinen Händen war? Wenn es ihm darum ging, sie zu verführen, musste er sich nicht mehr anstrengen. Giselle war ihm längst verfallen.

"Also ist die Feier, auf die wir gehen, eigentlich eine Tarnung für ein Geschäftstreffen?"

Fasste sie zusammen.

"Das ist sehr geschickt."

Rein aus Interesse war Giselle versucht zu fragen, ob Exodus besondere Pläne für den Empfang hatte, was das Geschäft betraf. Wusste er schon, mit welchen Geschäftspartnern er sich gut stellen wollte? Hatte er ein bestimmtes Ziel vorAugen? Sie hätte ihn gefragt, hätte er ihr nicht bereits früher an diesem Tag schon klar gemacht, dass er sie ab sofort nicht mehr in geschäftliche Dinge einweihen würde, jetzt da sie nicht mehr für ihn arbeitete. Giselle löffelte ihre Suppe aus. Sie war bereits so gut wir satt.

"Lass uns einfach abwarten, was sich entwickelt."

Sagte sie und lächelte. Vielleicht würden sie heute noch tanzen, vielleicht morgen. Vielleicht würde dieser Abend noch mit einer Überraschung enden, oder auch nicht. Sie betrachtete Exodus nachdenklich. Sein Gesicht lag halb im Schatten. Über ihnen hatte sich der Himmel verdunkelt und das warme Licht der Fackeln erfüllte nun seinen Zweck, indem die im Wind tanzenden Flammen ihnen gerade genug Licht spendeten, um eine romantische Atmosphäre zu verbreiten. Giselle legte ihr Besteck in den leeren Teller.

"Weisst du, in der Regel ist es doch gerade spannend, keine Pläne zu haben."

Sie dachte an ihr bisheriges Leben. Wann hatte sie wirklich einmal dauerhafte Pläne geschmiedet? Die einzige Zeit, in der sie einem geregelten Ablauf gefolgt war, war während ihrer Karriere bei der Flotte gewesen. Sie hatte eine Grundausbildung absolviert und danach die Posten ausgeführt auf die man sie beordert hatte. Doch das waren alles nicht ihre Pläne gewesen, sondern die ihrer Vorgesetzten, und Giselle war ausgebrochen, als sie gemerkt hatte, dass sie nicht mehr sie selbst war und dass sie mehr wollte von ihrem Leben, sofern sie noch einmal die Chance dazu erhielt. Sie fragte sich heute, ob Exodus ihre Chance dazu war. Dass sie ausgerechnet ihn kennen gelernt hatte konnte kein Zufall sein. Doch warum sah er das nicht? Auch er war doch auf der Suche nach einer neuen Chance, wollte noch einmal anfangen. Sie hatten sogar darüber gesprochen, auf Fresia.

"Und wer weiss, wo das hin führt?"

Sie zuckte leichthin mit den Schultern.

"Mich hat genau das hierher geführt."

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[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]

Aus irgendeinem Grund schien sich Giselle nicht auf seine Idee des Tanzes einlassen zu wollen. Denn statt darauf einzugehen, dass es möglicherweise schwer würde, beim Empfang Zeit zum Tanzen zu finden und es sich daher heute Abend anbieten würde – obwohl er ja ebenfalls betont hatte, sich für sie diese Zeit zu nehmen – stellte sie stattdessen nur eine allgemeine Frage und wollte wissen, ob die Empfänge im Grunde nur getarnte Geschäftstreffen waren.

„Ja, so in etwa kann man das sagen.“

bestätigte er und legte den Kopf leicht schief, ehe er – wie zu sich selbst – mit den Schulter zuckte und ein leichtes Grinsen den Weg zurück auf sein Gesicht fand.

„Obwohl die Tarnung ehrlich gesagt ziemlich miserabel ist. Jeder dort weiß, dass es um die Geschäfte geht. Aber durch den feierlichen Rahmen ist es erlaubt zu trinken und etwas informeller miteinander zu sprechen – manchmal hilft das.“

Als hätten ihn seine eigenen Worte an den Wein auf dem Tisch erinnert, griff Exodus nach seinem Glas und nahm einen Schluck des Alderaaners.

„Vielleicht hast du Recht. Es kann spannend sein, keine Pläne zu haben.“

Und doch lag sie nicht ganz richtig mit ihrer Feststellung, sie wäre gerade durch diese positive Planlosigkeit nach Coruscant gekommen.

„Aber so ganz ohne Pläne bist du nicht hier gelandet. Immerhin war es mein Plan, dir meine Heimat zu zeigen.“

Exodus lächelte schelmisch und gönnte sich einen weiteren Schluck des Weins. Seine Suppe war ausgelöffelt und auch Giselle hatte ihr Besteck bereits aus der Hand gelegt. Erneut ließ ihr Kellner sie nicht lange warten und servierte den Hauptgang – das Bha’lir-Steak mit einer bunten Auswahl exotischer Beilagen und Salat. Exodus bediente sich reichlich, während er das Gespräch mit Giselle wieder aufgriff und begann ihr von der grundlegenden Geschichte Coruscants zu erzählen. Die Vahla wirkte dabei interessiert und wissbegierig, wenngleich das Steak ihr nicht so richtig zu schmecken schien, jedenfalls aß sie nicht viel davon. Sie beteuerte zwar, einfach nur satt zu sein, doch Exodus beschlich trotzdem der Eindruck, nicht das optimale Abendessen ausgesucht zu haben. Um Giselle, die Messer und Gabel längst bei Seite gelegt hatte, nicht lange warten zu lassen, aß auch er selbst weniger als geplant, bestellte nach kurzer Rückfrage das Dessert ab und führte seine Begleiterin stattdessen zum Rand des Plateaus: Unter ihnen funkelte Coruscant in tausend Lichtern, während über ihnen langsam die Sterne sichtbar wurden. An seine Erzählung der Geschichte von Coruscant anknüpfend, zeigte er Giselle die verschiedenen berühmten Orte des Stadtplaneten, die sie von ihrem Standpunkt aus sehen konnten, sowie einige wichtige Geschäftspartner. Zum Schluss wies er mit ausgestrecktem Arm auf ein großes Bauwerk, das – anders als die vielen Wolkenkratzer um sie herum – in völliger Dunkelheit lag.

„Und das, dort drüben im Schatten, ist der alte Jedi-Tempel.“

Er gab ihr einen Moment Zeit, den Tempel zwischen all den grellen Lichtern auszumachen.

„Dass ich dorthin gehen würde, war auch nie geplant. Mein Vater hatte mich schon mit achtzehn zum Junior-Präsidenten der Wingston Corporation gemacht und gehofft, ich würde diesen Pfad weiter verfolgen.“

Mit einem Schulterzucken sah er vom Tempel zu Giselle.

„Es hat fast zwei Jahrzehnte gedauert, bis ich ihm seinen Wunsch erfüllt habe. Ich frage mich, ob ich ohne diesen Umweg heute auch hier stehen würde.“

Ohne die Jedi wäre einiges in seinem Leben nicht passiert. Vermutlich wäre er niemals seinem Bruder begegnet, hätte vielleicht nie die Geschichte seiner Familie kennengelernt und auch Miku wäre auf Randalori geblieben. Er hätte Yuna niemals kennengelernt – und die Trennung von ihr war überhaupt erst der Grund gewesen, sich für das Projekt auf Fresia zu melden. Was ihn wiederum zu Giselle geführt hatte. Aber ob Giselle ohne die Macht überhaupt diese Anziehungskraft auf ihn ausüben würde? Wäre sie ohne ihren dunklen Kern nicht einfach nur eine Frau, wie er schon so viele gehabt hatte? Und hätte er dennoch Interesse an ihr gefunden oder sich mit einer der Twi’leks auf Fresia vergnügt? Nein – das wiederum war abwegig: Das Kapitel Twi’lek-Frauen wollte er nicht wieder aufschlagen. Und trotzdem … hätte sein Leben ohne die Jedi tatsächlich niemals das der ehemaligen republikanischen Kommandantin gekreuzt?

„Also … was machen wir jetzt?“

fragte er die Vahla an seiner Seite und schüttelte die Gedanken an seine Vergangenheit wieder ab.

„Erlaubst du mir noch einen Tanz oder wollen wir zurück zum Penthouse fahren? Eventuell mit einem kleinen Spaziergang auf dem Weg?“

[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse – Mit Exodus –

Sie standen am Geländer des Balkons, hoch über so vielen Dächern und Häusern, dass es schwer fiel, sich in jedem von ihnen Leben vorzustellen. Unter ihnen ging es tief hinab und irgendwo, an einem Punkt den Giselle nicht bestimmen konnte, hörten die Lichter auf oder wurden von der Dunkelheit verschluckt. Coruscant teilte sich in verschiedene Ebenen und das Konzept, wer wo lebte, war denkbar einfach: hier oben wohnten die Reichen, die Industriellen, darunter folgte die Mittelschicht und ganz unten, dort wo sich nicht einmal bei strahlendem Sonnenschein Tageslicht hin verirrte, hausten jene, die gar nichts hatten und jeden Tag um ihr Überleben rangen. Natürlich sprachen sie nicht darüber, als Exodus ihr von der Stadt erzählte, in der er geboren und aufgewachsen war. Er erzählte ihr einige geschichtliche Hintergründe, berichtete von der Vertreibung der Jedi, klärte sie über die verschiedenen Wahrzeichen und Touristenattraktionen auf und erinnerte sich daran, wie sich die Dinge verändert hatten, seit er ein Kind gewesen war.

"Ich schätze, eine Stadt, in der - oder ein Planet, auf dem - das Leben so schnell und rastlos ist, verändert sich auch schnell."

Sagte sie nachdenklich.

"Auch wenn du wohl eher langsam warst, wenn du so lange gebraucht hast um in die Fußstapfen deines Vaters zu treten."

Giselle sah ihn an und fragte sich, was wohl der größte Beweggrund für ihn gewesen war, seinem Vater schlussendlich doch nachzueifern. Hatte er es getan, weil es genau das gewesen war was er wollte? Hatte er es aus Pflichtgefühl getan oder hatte er einfach nur irgendeine Veränderung gewollt, nachdem er das Imperium verlassen hatte?

"Die Hauptsache ist, du bist zufrieden mit dem, was du tust."

Fügte sie an, überlegte genauer nachzufragen, unterließ es dann jedoch. Exodus war gut in dem was er tat. Wenn er einen Raum betrat, wurde sofort klar, dass er die perfekte Wahl war um andere zu führen. Was immer seine ursprünglichen Beweggründe gewesen waren, seine Entscheidung war die richtige gewesen.

"Ich hätte nichts dagegen, wenn wir direkt zurück in dein Appartement gehen."

Beantworte Giselle schließlich Exodus' Frage nach den weiteren Plänen für den Abend.

"Coruscant zu Fuß habe ich mir schon angesehen."

Sie grinste.

"Und ehrlich gesagt wird mir langsam kalt."

In der Tat hatte Giselle angefangen zu frösteln. Die beheizten Stühle waren gemütlich gewesen und hatten sie für die Dauer des Essens von unten mit angenehmer Wärme versorgt, doch die kühle Luft konnten sie nicht vertreiben und besonders jetzt, da sie am Balkongeländer standen, merkte man doch deutlich, dass die aktuelle Witterung im Grunde nicht optimal war für lange Aufenthalte im Freien. Sie wandte sich ab von der Szenerie unten ihnen und schlenderte zurück zu ihrem Tisch. Exodus' Angebot zu einem Tanz stand noch immer zwischen ihnen und Giselle hatte es bisher nicht angenommen. Sie war inzwischen sicher, dass Exodus den perfekten Abend für sie hatte planen wollen und sie schätzte seine Bemühungen, doch sie meinte auch was sie sagte: sich treiben zu lassen war manchmal das Allerschönste. Zudem war sie nicht sicher, wie sie seine Bemerkung verstehen sollte, dass es sein Plan gewesen war, sie nach Coruscant zu bringen. Sicher, es war ein Scherz gewesen, oder konnte es sein, dass sogar doch ein wenig Kalkül in seiner Bitte gesteckt hatte, ihn hierher zu begleiten? Worum könnte es Exodus gehen? Versuchte er etwa, sie zu überreden, doch wieder für ihn zu arbeiten?

"Lass uns den Tanz lieber für morgen aufheben."

Bat sie und griff nach der Tüte, in der sich ihre neuen Sandalen befanden.

"Dann kann ich auch meine neuen Schuhe eintanzen."

Wenn sie etwas nicht wollte, dessen war Giselle sich sicher, dann war es, eine Schachfigur zu sein. Sie hatte vielleicht nicht immer ihre eigenen Ziele, aber sie hatte immer ihren eigenen Kopf.

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[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ – Terrasse | mit Giselle ]

Heute Abend würde es keinen Tanz mehr geben. Giselle hatte es einmal verneint, Exodus nun ein zweites Mal gefragt und eine erneute Abfuhr bekommen. Wobei Abfuhr vielleicht nicht das richtige Wort war – denn statt des Tanzes ergab sich eine ganz neue Perspektive: Sie wollte möglichst schnell ins Penthouse, kein Spaziergang, kein Nachtisch, kein Tanz. Zurück in das heimelige Apartment, denn ihr war, nachdem sie nun schon eine ganze Weile am Rand der Terrasse standen, kalt. Es fiel Exodus nicht schwer, darauf zu kommen, wer sie an diesem Abend am besten wieder aufwärmen konnte. Und wenn er nicht völlig daneben lag, verfolgte sie diesen Plan sogar auch. Wieso sonst sollte sie alle seine Vorschläge ablehnen? Ihre Bereitschaft für mehr als nur einen Tanz hatte sie schon am Nachmittag gezeigt, nur sein Vater hatte einen stürmischen Liebesakt auf der Couch verhindert. In seinen privaten Bereich würde Alad Wingston heute Abend aber sicher nicht hereinplatzen. Vermutlich wusste das auch seine ehemalige Assistentin und wollte beenden, was sie beide angefangen hatten. Exodus erlaubte sich ein kleines Lächeln. Das wollte er auch!

„In Ordnung. Wir tanzen morgen – und du kannst mir zeigen, wie eine Prinzessin sich auf dem Parkett bewegt.“

Langsam drehte er sich von dem coruscantischen Lichtermeer vor und unter ihnen ab und blickte zurück in Richtung ihres Tisches. Die Fackeln waren fast heruntergebrannt und die Flammen schienen sich in einem letzten Kraftakt gegen ihr Ende aufzubäumen. Sie zuckten und zappelten und doch war es zum Schluss unvermeidlich. Das erste Licht erlosch mit einem leisen Zischen und hinterließ eine feine Rauchfahne. Nur Sekunden später folgte ihr die zweite Flamme und löste sich ebenfalls in einen Rauchfaden auf, der gen Himmel stieg. Exodus sah wieder zu Giselle hinüber, als hätte dieses kleine Schauspiel endgültig das Ende ihres Restaurantbesuchs eingeläutet.

„Also dann – wollen wir?“

Die Vahla nickte zustimmend und Exodus spazierte von vager Vorfreude erfasst hinüber zur Tür der Terrasse. Die Kosten des Abendessens würde sich Victoria wie üblich von seinem Konto holen, also konnten sie tatsächlich, so wie von Giselle vorgeschlagen, direkt zum Penthouse. Ganz der Gentlemen überließ er seiner Begleiterin den Vortritt zurück in den normalen Restaurant-Bereich und folgte ihr dann durch das Labyrinth an Tischen, die noch immer fast alle besetzt waren, was allerdings auch wenig überraschend war – sie waren früh gekommen und nun nicht so lange geblieben wie gedacht. Aber das kümmerte Exodus kaum. In Gedanken war er längst wieder zu Hause – wo allerdings nicht nur die schönen Dinge auf ihn warteten. Irgendwie musste er das mit seinem Vater noch ins Reine bringen. Dass Exodus Giselle mit in seinen privaten Bereich gebracht hatte, war Alad deutlich gegen den Strich gegangen. Sein Vater lebte scheinbar noch immer in der Vergangenheit und mit der Vorstellung, Dinge, die einmal zerbrochen waren, könnten problemlos wieder zusammengesetzt werden. Aber so war das nicht, so einfach war das nicht. Und Exodus selbst machte das sowieso nichts aus – Giselles schlanker Rücken bewegte sich in einem so grazilen Rhythmus vor ihm durch das Nobelrestaurant, dass er seinen Blick kaum von ihr lösen konnte. Wenn er diese Frau heute Abend in sein Bett entführen konnte – wer dachte dabei schon an andere, möglicherweise irgendwann einmal wichtig gewesene, Frauen? Eben. Es gab nur Giselle, nur –

„Exodus?!“

Urplötzlich verkrampfte sich sein ganzer Körper und Exodus stolperte ungeschickt gegen einen unbesetzten Stuhl am Tisch nebenan. Die Stimme, die seinen Namen gesagt hatte, wirkte wie ein Nervengift, das sich von seinen Ohren in Sekundenschnelle mit verheerend lähmender Wirkung bis in seine Zehen ausbreitete. Aber nicht nur seine Gliedmaßen schienen plötzlich völlig willenlos – auch sein Herzschlag setzte aus, als er sich langsam zu der Frau umdrehte, deren Lippen seinen Namen geformt hatten. Er kannte den Klang dieser Stimme in- und auswendig, er war ihm in Fleisch und Blut übergegangen – und trotzdem glaubte er ihn fast vergessen zu haben.

„Yuna.“

All die Selbstsicherheit, die Exodus Wingston ansonsten auszeichnete, war mit einem Mal fort gewischt. Ein kleines Wort von dieser Frau reichte aus, um einen mächtigen ehemaligen Sith-Lord seiner Kräfte zu berauben. Exodus spürte, wie ihm schwindelig wurde. Es saß ein Mann bei seiner Frau – seiner Ex-Frau – und ein kleines Mädchen. Sie waren eine Familie. Yuna hatte eine Familie.

„Na, das ist ja eine Überraschung!“

„Hallo.“

brachte er noch heraus, weiter um seine Standfestigkeit ringend. Wie konnte Yuna so locker klingen und so fröhlich, wie konnte ihre Welt nicht aus den Fugen geraten, wenn sie ihn sah? Wie konnte sie sich einfach so verdammt normal verhalten, als hätten sie sich nicht eine halbe Ewigkeit gesehen und nie über ihre Trennung gesprochen? Wie konnte sie nur …?!
Ein Teil von ihm suchte instinktiv nach der Aura seiner Begleiterin. Giselles dunkler Kern würde Trost bringen und ihm das Gefühl der Selbstsicherheit zurückgeben. Unstet tastete seine Aura nach dem rettenden Anker den die Vahla ihm unbewusst bot. Sein Blick blieb an dem Mann an Yunas Seite hängen, ehe es ihm endlich gelang einen Schritt auf Giselle zu zumachen. Dann ergriff er ihre Hand.


„Schön dich zu sehen.“

Wie hohl seine Worte klangen. Sie zu sehen, war ein Schlag in die Magengegend, dessen Heftigkeit er so niemals vorhergesehen hatte. Er war fest davon überzeugt gewesen, über sie hinweg zu sein. Doch die Trockenheit in seinem Mund und die Steife seiner Glieder sprachen dagegen. Aber wieso? Wieso verdammt?! Wieso jetzt? Wieso überhaupt? Yuna reagierte so verdammt lässig, dass er ihr am liebsten wüste Schimpfworte an den Kopf geworfen hätte. Ganz entspannt saß sie dort, mit ihrem neuen Mann, ihrem neuen Kind, ihrem neuen Leben! Ganz ruhig und teilnahmslos, als hätte sie gar nichts mit alldem zu tun. Als hätte sie ihn nicht monatelang leiden lassen, als wäre sie nicht einfach gegangen, ohne ein weiteres Wort, ohne eine Aussprache.

„Das ist Giselle.“

erklärte er mit einem aufgesetzten Lächeln und drückte die Hand der Vahla noch etwas fester. Wenn Yuna ihm ein Messer ins Herz bohren und ihn ausbluten lassen konnte, dann konnte er das auch.

[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ | mit Giselle, Yuna, Maciek und Florena ]
 
[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ | Exodus, Giselle, Yuna, Maciek und Florena ]

Es fühlte sich an, als wäre ihr gerade ein Geist erschienen. Eine Illusion, nur eine optische Täuschung. Nicht der echte Exodus. Nicht ihr Exodus. Doch er war es, Exodus Wingston, wie sie ihn kennen und lieben gelernt hatte. Die Frisur war noch dieselbe, das Hemd ebenfalls und von dem glattrasierten Kinn wusste sie noch ganz genau, wie es sich angefühlt hatte, wenn er sich zum Kuss an ihre Wange geschmiegt hatte. Nur eines war neu: Die Frau an seiner Seite.
Es hatte Yuna wenig Überwindung ihn anzusprechen, sein Name war ihr fließend und ohne viele Gedanken über die Lippen gegangen, als er an ihrem Tisch vorbei marschiert war. Doch danach wurde es schwierig. Ihr Puls war augenblicklich in die Höhe gestiegen, als er sich umgedreht hatte, und das flaue Gefühl in ihrem Magen ließ sie die Versuchung verspüren seinem Blick einfach auszuweichen. Aber das wäre nur ein Sieg für ihn – sie wollte souverän bleiben. Oder zumindest souveräner als er. Unwillkürlich griff sie nach Macieks Hand, drückte sie leicht und strich sich mit der anderen eine Haarsträhne aus dem Gesicht.


„Freut mich.“

erklärte sie höflich zur Vorstellung seiner neuen Freundin. Doch selbst in ihren eigenen Ohren klang das hohl und unecht. Giselle. Sie war schön. Schlank. Schlanker als Yuna. Und Giselles Haut war deutlich gebräunt, im Gegensatz zu ihrem eigenen blassen Teint. Ob diese fremde Frau schon wusste, was für einen Mann sie sich da geangelt hatte?

„Das ist Maciek. Und seine Tochter Florena.“

Yuna lächelte dem neuen Mann an ihrer Seite freundlich zu und sah dann zu Macieks kleiner Tochter. Maciek wusste natürlich genau, wen sie da in ein Gespräch verwickelt hatte – Florena hingegen würde nicht viel davon verstehen. Sie musste es dem Mädchen später noch erklären. Nur worauf würde das hier hinauslaufen? Präsentierten sie sich jetzt ihre neuen Partner und das war‘s? Yuna war in Gedanken schon tausend Mal das Gespräch durchgegangen, das sie mit Exodus führen wollte, wenn sie sich wieder trafen. Jetzt war alles weg, die ganzen Vorwürfe und Erklärungen, seine hypothetischen Antworten und ihre Erwiderungen. Jetzt stand er nur da, in voller Größe und mit diesen Augen, in denen sie früher so häufig versunken war. Es war komisch: Sie war nicht zum ersten Mal mit Maciek im „Victorias“ – es war Exodus‘ und ihr Lieblingsrestaurant gewesen und die Vorliebe für Victorias Küche war auch nach der Trennung geblieben. Eine ganze Zeit lang hatte sie nur auf diesen Moment gewartet, war stets umsichtig durch das Restaurant gelaufen und hatte in jedem Gesicht ihren Ex-Mann gesehen, bereit ihm bei der erstbesten Gelegenheit all die Dinge zu sagen, die noch ungesagt waren. Sie war sich sicher gewesen, ihm hier irgendwann über den Weg laufen zu müssen, ganz zwangsläufig. Aber er war nie hier gewesen, kein einziges Mal waren sie sich begegnet. Irgendwann hatte sie den Gedanken aufgegeben und sich mit dem unerklärten Verschwinden ihres Ex-Manns abgefunden. Nicht, dass sie ihn vermisst hätte. Ein bisschen hatte es sie sogar gefreut, dass er diesen Ort, an dem sie zu zweit so viel Zeit verbracht hatten, scheinbar absichtlich mied – wegen der Erinnerungen, weil das Victorias ganz unweigerlich mit ihr, Yuna, verknüpft war. Doch diese Annahme stellte sich jetzt als eindeutig falsch heraus. Ein Schlag, der Yuna nicht unberührt ließ. Und trotzdem … die so häufig zurechtgelegten Worte für Exodus waren plötzlich weg.

„Giselle.“

sprach sie stattdessen seine Begleiterin an. Sie wollte nicht mit Exodus nicht reden, nicht hier, nicht in dieser Situation. Es gab Dinge zu besprechen, sie hatten immer noch zwei gemeinsame Kinder. Aber das war kein Thema für ein nobles Restaurant. Sie wollte vor Florena und in der Öffentlichkeit nicht über Jedi und Sith reden, über Töchter, die sich nie meldeten und Söhne, die es ebenfalls nur sporadisch taten. Sie wollte nicht über Leid und Trauer reden. Auch wenn das Thema mit Exodus‘ Präsenz ganz unweigerlich aufkam.

„Sind Sie auch von Coruscant?“

Eine harmlose Frage, belangloser Smalltalk. Und trotzdem eine kleine Möglichkeit etwas mehr über die Blondine herauszufinden. Es verletzte Yuna mehr als sie sich eingestehen wollte, Exodus mit einer anderen Frau zu sehen, einer jüngeren Frau. Es war so typisch, denn es war das, was schon immer passiert war und was Exodus auch immer wieder passieren würde, wenn er nicht irgendwann verstand, dass es im Leben um andere Dinge ging. Seine langen Geschäftsreisen, größere Aufträge oder andere Dinge, die ihn von zu Hause fern gehalten hatten, waren am Ende doch immer nur vorgeschoben. Er war einfach nicht fähig, sich an eine einzige Frau zu binden! Die junge Blondine an seiner Seite war nur ein weiterer Beweis dafür. Eine ganze Zeit lange hatte Yuna ihm geglaubt, war sich so sicher gewesen, dass er sich geändert hatte. Aber wann hatte er sie jemals um sie gekämpft? Exodus war immer nur dann aufgetaucht, wenn es ihm gepasst hatte und dann war sie es gewesen, die sich um seine Zuneigung hatte bemühen müssen. Und auch nach dieser finalen Trennung hatte er es nicht versucht. So wenig war ihm diese Beziehung wert gewesen. Stattdessen hatte er sich eine neue gesucht. Natürlich eine jüngere. Natürlich eine Blondine. Er brauchte diese Abwechslung. Yuna erlaubte sich nur einen kurzen Blick zu Maciek, dem neuen Mann an ihrer Seite, der in jeder Hinsicht so anders war als Exodus. Er war treu und lieb und machte sich Sorgen um sie. Maciek verließ sie nicht einfach. Ja, sie hatte die richtige Entscheidung getroffen.

[ Coruscant – City – Obere Ebenen – Restaurant „Victorias“ | Exodus, Giselle, Yuna, Maciek und Florena ]
 
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