Coruscant, Jedi-Tempel – beim Nunabrater – diverse Jedi, Bailee und Brianna
Bezeichnenderweise vermutete Bailee gleich, dass ihr Partner Nderim einen Flug mit Brianna nach Coruscant nicht lebend überstanden hätte. Machte sie denn so einen gewalttätigen Eindruck? Sicher, auf einem langen Hyperraumflug mit wem eingesperrt zu sein, die man nicht mochte, konnte anstrengend sein. Der Waschlappen Nderim gehörte sogar definitiv zu der anstrengenden Sorte, aber das bedeutete ja nicht, dass sie ihm deshalb gleich was antun würde. So leicht hatte man seinen Ruf weg. Da sagte man mal ein, zwei Dinge frei raus und verfügte als Frau über beeindruckende Körperkraft, postete vielleicht ab und zu ein Holo von ihrer noch viel beeindruckenderen Kampfkunst auf Spacebook und schon dachten alle, man wäre gewalttätig. Als ob die Fähigkeit, mit bloßen Händen eine Wand einzureißen automatisch bedeutete, dass man dasselbe auch gerne an einer Person ausprobieren wollte.
Oder meinte Bailee das alles vielleicht gar nicht ernst? Es war schwer, im fremdartigen Gesicht der Nautolanerin eindeutig etwas herauszulesen und so still wie sie gerade da saß, gab ihre Körpersprache auch nicht viel her, zumal die bei einem vom Meer geprägten Amphibium auch ein bisschen anders war. Aber anstatt herumzurätseln, was Bailee wie gemeint haben könnte, blieb sie lieber beim gemeinsamen Nenner, den sie hatten.
„Du hättest ihn zumindest nicht wiedererkannt. Höflich, zuvorkommend, immer bereit, einer Frau das gemachte Frühstück zu servieren, wenn sie vom Sport kommt…“
Ungefähr ein halbes Exoschweinsteak später begann die Nautolanerin, eine Geschichte aus ihrer Heimat zu erzählen. Anfangs wunderte sich Brianna, worauf Bailee hinaus wollte und was die Meeresfauna von Glee Anselm mit einer Seuche auf Coruscant zu tun hatte. Möglicherweise dachte ähnelten die Brisingids ja Okin, obwohl der Gedanke gemein war. Aber aus Briannas Sicht ähnelten Menschen halt schon ein bisschen ‚langsamen Bodenbewohnern‘. Doch am Ende entsprach die Geschichte sehr genau der Situation auf Coruscant. Die Jedi, die Soldaten und all die anderen Helfer waren wie der kleine Junge. Der alte Mann, das waren diejenigen die nur redeten und die Unmöglichkeit, alle zu retten als Ausrede nutzten, niemandem zu helfen. Davon gab es leider viel zu viele.
„Danke, das war ja richtig philosophisch. Du triffst den Nagel genau auf den Kopf, Bailee.“
Lächelte Brianna, deutlich aufgemuntert. Was die Heilerinnen im Tempel leisteten machte einen Unterschied, vielleicht nicht im globalen Maßstab aber für jede Person die sie retteten und jede Familie, die nicht durch das Virus auseinandergerissen wurde.
„Weißt du, du solltest morgen mit auf die Station kommen. Auch die anderen Heilerinnen könnten so eine Geschichte gut gebrauchen, die sie aufs Neue motiviert.“
Das Angebot, sich mit einer Jedi-Ritterin zu duzen kam für Bailee unerwartet, doch sie hatte es angenommen. Für Brianna war es keine so ungewöhnliche Vorstellung, immerhin war es im Orden verbreitet, dass auch höherrangige Jedi von sich aus das Du anboten. Auch die Echani duzte sich mit einer Menge Leute, die keine Jedi waren. Aber natürlich war es umgekehrt für die normale Galaxisbürgerin ungefähr so wahrscheinlich, einer Jedi zu begegnen wie einem Holostar, geschweige denn mit einer per Du zu sein.
Brianna konnte es der Nautolanerin nicht wirklich verübeln, dass sie Elliundi für einen Kamino hielt. Nicht, dass sie irgendwem irgendwas verübeln würde, für das er den quermianischen Rat hielt, dafür war er ihr zu unsympathisch. Er symbolisierte alles, was sie am Rat nicht mochte, dieses jedihafte auf eine kalte, nüchterne, gefühllose Art, der stets erhobene moralische Zeigefinger und der Eindruck, dass er sich chronisch für etwas Besseres hielt. Interessant, dass er Bailee medial im Vergleich weniger aufgefallen war als sie selbst.
„Frag' mich nicht, was er die ganze Zeit treibt. Er ist jedenfalls kein Heiler. Vielleicht ist das auch der Grund: die Medien konzentrieren sich auf diejenigen, auf die es zur Zeit ankommt. Das wäre natürlich eine gute Sache. Jedenfalls ist er auf Coruscant und hat es sich nicht nehmen lassen, meine Nichtbeförderung durchzuführen. Aber er ist Quermianer, kein Kamino. Kamino haben große schwarze Augen wie ihr Nautolaner. Außerdem habe ich eine Freundin, die Kamino ist, obwohl ich sie länger nicht gesehen habe. Ist wahrscheinlich auch schon Jediritterin,“
Vermutete Brianna, die in der Tat lange nichts mehr von Aketos gehört hatte und sich fragte, wo die Lange Dürre® steckte. Es war ein Jedi-Los, sich ständig in alle Winde zu zerstreuen, Kestrel weilte ja auch sonstwo und Sarid befand sich zwar auf derselben Terrasse, steckte aber erkennbar bis zum Hals in den Problemen anderer Leute.
„Offensichtlich halten sie mich für geeignet. Deshalb ist es ja auch so scheinheilig, dass sie mich an einem Tag für mein angebliches Geltungsbedürfnis rügen und an einem anderen mich ohne mein Wissen oder gar mein Einverständnis für ihre PR-Kampagne benutzen!“
Erregte sich die Silberhaarige, die die Aufmerksamkeit zwar genoss, aber die Art und Weise einfach zum Kotzen fand. Wenn man sie denn als kleines Zuckerl als Ausgleich wenigstens zur Meisterin befördert hätte, aber nein, dafür war sie ja nicht gut genug – um das Gesicht des Jedi-Ordens für die Presse darzustellen dagegen sehr wohl. Abgesehen davon war es natürlich eine weitere Zusatzbelastung, die eine von der Arbeit abhielt oder an der ohnehin schon knappen Freizeit nagte. Obendrein gab es dann ja noch Leute wie Ruam, die sich an den Rummel um ihre Person störten.
Holos von Sehenswürdigkeiten waren natürlich nicht dasselbe, wie diese selbst zu erleben. Oft hatten diese aber ihren ganz eigenen Charme und – wenn Brianna realistisch blieb – würde das ihre einzige Chance sein, die schönsten Plätze von Coruscant überhaupt kennenzulernen. Wenn sie als Jedi überhaupt welche außerhalb des Tempels zu sehen bekommen sollte, würden es sicherlich die übelsten Löcher des ganzen Planeten sein – wo eine Jedi am dringendsten gebraut wurde, eben. Überhaupt war das Angebot sehr freundlich.
„Oh ja, sehr gerne. Wir treffen uns wieder hier oder beim Ortolaner auf eine schöne Tasse Tee, oder auch zwei und sehen uns die Bilder an. So kann ich Kestrel wenigstens erzählen, auch was von ihrer Heimatstadt gesehen zu haben. Aber sag' mal… wenn du so eine gute Holographin bist, würde es dir dann was ausmachen, ein, zwei gute Bilder für mein Spacebook-Profil zu machen? Die schlechten Bilder der Selfie-Droiden hab ich mittlerweile so was von satt, glaub mir.“
Im Vergleich zu der Bitte erschien Brianna die Frage, schnell zu der unbekannten Nautolanerin als ‚Flügelfrau‘ mitzugehen geradezu harmlos, aber sie machte Bailee offenbar stutzig. Zumindest konnte die Echani durchaus von behaupten, mit Raychill und Phyn schon ein Bewerberpärchen abgelehnt zu haben, auch wenn man dadurch noch nicht davon sprechen konnte, dass sich die Leute um ihren Padawanplatz rissen. Die Nautolanerin vermutete gar, dass sie durch die potentielle Padawan wusste, dass Nautolanerinnenknochen durchaus zu brechen waren.
„Nein, nein, das ist ewig her und war zu einer völlig anderen Zeit,“
Lachte Brianna und suchte nebenbei in ihrem dPad in den Ordensdatenbanken nach der Betreffenden.
„Der Grund ist vielmehr, dass ich mit Okin heute schon einmal ziemlich daneben gegriffen habe und Talery ihn jetzt meinetwegen am Hals hat. So leicht wird man die Leute ja nicht mehr los, wenn man sie mal hat, du weißt ja… Mein Vertrauen in meine Menschinnenkenntnis ist also gerade etwas angeknackst und von Nautolanerinnenkenntnis gar nicht erst zu reden… Hinterher finde ich raus, dass sie schwer einen an der Waffel hat, einen psychologischen Knacks oder ein Kindheitstrauma, oder sie steckt gern spitze Nadeln in kleine Stoffpuppen, oder was auch immer. Ich denke, als Nautolanerin könntest du sie besser einschätzen als ich und mir sagen, was sie für einen Eindruck auf dich macht,“
Erklärte Brianna, während sie die Auswahl der Recherche immer weiter eingrenzte. Nauolanerin, noch keine Ritterin, auf Coruscant weilend und blaue Hautfarbe, was so ziemlich das einzige körperliche Merkmal war, an das sie sich eindeutig erinnerte. Auf der Basis war die Betreffende trotzdem nicht schwer zu identifiziere, so dass die Jediritterin ihrem Gegenüber das Bild zeigte.
„Mira Laaqua, das ist sie!“
Während sie ihr dPad hochhielt, druckste die Silberhaarige ein wenig herum, bevor sie sich nach reiflicher Überlegung dazu durchrang, auch mit den dritten und letzten Grund noch herauszurücken. Im schlimmsten Fall würde Bailee ihr deswegen die Freundschaft aufkündigen, aber es war trotzdem besser, der Nautolanerin gleich reinen Wein einzuschenken.
„Ehrlich gesagt, gibts da… noch was.“
Sie seufzte.
„Es sind, nun ja, eure Lekku, oder … Tentakel, oder wie immer sie bei euch heißen. Sie erinnern mich an die von Twi'lek und da läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Es ist absolut nichts gegen euch Nautolaner, aber mit Twi'lek habe ich mein Leben lang nur schlechte Erfahrungen gemacht. Bei Togruta sind die Fortsätze der Montrals hinter dem Rücken, da kann ich so tun als wären sie nicht da. Bei euch aber sind die vorderen Wie-auch-immer-sie-heißen wie bei Twi'lek. Sollte sich im Gespräch dann noch herausstellen, dass Mira gerne typische Twi'lekdinge tut, wie im Sklavinnenbikini an Stangen zu tanzen, weiß ich nicht, was dann passiert. In dem Fall wäre es wirklich gut, wenn jemand bei mir ist, die mich notfalls einbremsen kann,“
Gestand Brianna Bailee zerknirscht ein.
Coruscant, Jedi-Tempel – beim Nunabrater – diverse Jedi, Bailee und Brianna