- Coruscant - City - Hotel "Vista" - Chesaras Zimmer -
Wider Erwarten schlief Chesara in dieser Nacht tief und ruhig. Sie hatte geglaubt, sie würde in der Nacht vor dem Ball wach liegen und sich um alles mögliche Gedanken machen, doch die Anstrengungen des Tages schickten sie in eine traumlose Erholung. Diesen Schlaf konnte sie gut gebrauchen und daher dehnte sie ihn so lange wie möglich aus - fast bis zum Mittag, obwohl das nicht ihre Art war. Doch sie wusste ja, dass sie am Abend ausgeruht sein musste. Vermutlich würde es eine lange Nacht werden, in der sie eine Menge Konversation machen, vielleicht sogar würde tanzen müssen. Außerdem würde sie Pierre les Gray an ihrer Seite haben und weder vor ihm noch vor den zahlreichen anderen Gästen - sie hatte keine genaue Vorstellung über die Zahl der geladenen Gäste - durfte sie sich einen Fehler erlauben. Wenn man sie erkennen würde würde das nicht nur ihr selbst schaden, das durfte sie nie vergessen.
Gegen Mittag stand sie auf und duschte, bevor sie im Speisesaal des Hotels ein kurzes Frühstück zu sich nahm. Ihr Terminplan war eng und sie musste sich beeilen, daher blieb ihr keine Zeit um nach April und Julen zu sehen. Doch sie war sicher, dass die beiden auch ohne sie zurecht kommen würden. Vor allem April hatte viele nennenswerte Fortschritte in den letzten Wochen gemacht. Ihr erster Weg führte Chesara zu Alice Boreal, um sich bei ihr nach dem Stand der Vorbereitungen für ihr gemeinsames Projekt zu informieren. Wenn sie Pierre les Gray heute Abend dazu bringen wollte eine beträchtliche Summe zu spenden, musste sie etwas zu erzählen wissen. Die Tochter von Marx Boreal freute sich sichtlich Chesara zu sehen.
"Wie gut, dass Sie vorbei schauen!"
Begrüßte sie Chesara - von der sie nicht wusste, dass sie eine Jedi war.
"Es gibt Neuigkeiten, oder besser gesagt genaue Zahlen."
Die junge Frau, die bei ihrem letzten Treffen noch eher pessimistisch und von dem ganzen Vorhaben wenig überzeugt gewirkt hatte, machte heute einen lebhaften Eindruck. Sie zeigte Chesara einige Unterlagen und informierte sie über den Stand der Dinge. Einen befreundeten Architekten hatte sie gebeten die notwendigen Verbesserungen des betreffenden Gebietes zu erfassen. Damit hatten sie einen grundlegenden Plan, mit dessen Hilfe Alice einige Angebote eingeholt hatte. Sie konnte die Beträge, um die es ging, konkret ausweisen.
Das sollte doch zu machen sein...
Murmelte Chesara vor sich hin, während sie die Unterlagen nachsah. Die Instandsetzungen verschlangen natürlich eine Menge Geld, aber nichts, was in astronomischen Höhen geendet hätte.
Wie sieht es mit Genehmigungen aus?
"Die stehen noch aus, aber ich mache mir da eigentlich keine Sorgen. Die Behörden sind immer etwas langsam und solange unser Projekt auf Eigenfinanzierung läuft gibt es eigentlich keine Gründe um das Vorhaben zu unterbinden."
Antwortete Alice. Chesara nickte.
Ja, ich verstehe.
Insgesamt hatten sie keinen Grund Trübsal zu blasen. Bisher standen die Dinge gut, sie mussten eben nur noch das Geld für die Arbeiten auftreiben. Genau das gleiche dachte in diesem Moment auch Alice, die sich leicht drucksend an Chesara wandte.
"Und wie steht es mit... mit Mr. les Gray?"
Fragte sie beinahe schüchtern, vermutlich aus Angst vor einer niederschmetternden Antwort.
Ich werde ihn heute Abend treffen und überreden uns zu helfen.
Sagte Chesara so sachlich wie möglich. Alice Boreal bekam große Augen.
"Heute Abend ist der Empfang des neuen Moffs!"
Bemerkte sie ehrfürchtig. Chesara runzelte die Stirn. Wusste eigentlich jeder über dieses "Ereignis" Bescheid? Immerhin blieb ihr nun nichts anderes mehr übrig als Alice mehr oder weniger reinen Wein einzuschenken.
Ja... ich werde Mr. les Gray dorthin begleiten.
Wie nicht anders zu erwarten machte die junge Miss Boreal große Augen.
"Sie..."
Ja.
Ungeduldig winkte Chesara ab.
Belassen wir es dabei. Ich werde Sie gleich morgen informieren, wie es gelaufen ist.
Und dann konnten sie hoffentlich bald einen Geldeingang zugunsten ihres Vorhabens verbuchen.
Nach ihrem Besuch bei Alice Boreal besorgte Chesara Medikamente für den kleinen Jungen, den sie am Tag zuvor in den Slums untersucht hatte. Sie hatte der jungen Mutter versprochen ihr zu helfen und somit beeilte sie sich diesen Versprechen zu erfüllen. Ihre finanzielle Situation machte ihr jedoch Sorgen. Ihren Aufenthalt auf Coruscant - Hotel, Lebensmittel sowie die Hilfsmittel für die Bewohner in den Slums - hatte Chesara bisher von einem Konto der Jedi bezahlt, das für Reisen und nötige Ausgaben in dieser Richtung zur Verfügung stand. Diese Stütze konnte sie jedoch nicht ewig in Anspruch nehmen, schon gar nicht, wenn sie davon auch noch die Versorgung von zahlreichen armen Lebewesen in den Slums finanzierte. Sie musste sich also etwas einfallen lassen und sich überlegen, wie lange sie überhaupt noch auf Coruscant bleiben wollten. Der Grund für ihre Anwesenheit hier war Aprils Ausbildung gewesen, doch alleine darum ging es schon längst nicht mehr. Ohne ihr Zutun, so meinte Chesara, war sie Situationen geraten, die ihre vollständige Aufmerksamkeit forderten. Plötzlich fühlte sie sich verantwortlich für das Elend in den unteren Ebenen Coruscants. Auch schon vor ihrer Ankunft hier hatte sie gewusst, dass es üble Gegenden gab, in denen sehr viel Armut herrschte, doch sie war noch nie zuvor so nah am direkten Geschehen gewesen. Erst in den letzten Tagen hatte sie erkannt, wie wichtig es war, dass sie als Jedi sich auch um jene Probleme kümmerte, die auf den ersten Blick nicht als Bedrohung für die Galaxis galten. Es ging nicht immer nur darum gegen Sith zu kämpfen und große Kriege abzuwenden - hier, vor Ort tobte selbst ein Sturm, den es zu bändigen galt: ein Krieg gegen Hunger, Leid und Not. Wieder, ohne dass Chesara es darauf angelegt hätte, tauchte das Bild von Pierre les Gray vor ihren Augen auf. Es zeigte ihn so, wie sie ihn kannte, in seiner eleganten Kleidung, mit der etwas hochmütigen Haltung und dem fremden Blick. Und dann, als schlüge plötzlich das Wetter um, sah sie ihn so, wie sie ihn schon einmal in einer Vision gesehen hatte. Der Anblick traf sie erneut unvorbereitet, so wie vor dem Manaraii. Doch diesmal konnte sie ihr Gleichgewicht halten. Mit aller Gewalt vertrieb Chesara das Bild aus ihren Gedanken. Sie wollte ihn so nicht sehen, sie wollte nicht diese Dinge denken, die ihr unweigerlich durch den Kopf gingen...
Als sie die unteren Ebenen erreicht hatte, sah Chesara nach dem kleinen Jungen und untersuchte ihn erneut. Sein Zustand schien unverändert, immerhin war er nicht schlechter geworden. Sie gab ihm von der Medizin, zeigte seiner Mutter, was sie sonst noch für ihn tun könnte und verabschiedete sich dann wieder mit dem Versprechen, morgen erneut nach dem Rechten zu sehen. Sie hatte den Eindruck, dass die Mutter des Kleinen mit ihrer Situation vollkommen überfordert war. Im wievielten Monat mochte sie schwanger sein? Dem Umfang ihres Bauches nach zu urteilen sicherlich im achten, wenn nicht sogar schon im neunten. In der kleinen Hütte, die mehr ein Unterschlupf als ein wirkliches Zuhause war, hatte Chesara noch keine Spuren gefunden, die auf die Anwesenheit eines Mannes hinwiesen. Ob die junge Frau ganz auf sich selbst gestellt war und versuchen musste für ihre Kinder zu sorgen? Viel Zeit sich darüber Gedanken zu machen blieb Chesara vorerst nicht. Sie musste ihren Besuch kurz halten und sich auf den Weg zurück in die Stadt machen, um ihren Termin bei "Vernisse" einzuhalten.
In dem Modehaus wartete man bereits auf sie. Inés und ihr Stab an fleißigen Mitarbeiterinnen hatte den Laden erneut früher am Tag geschlossen um ganz für Chesara da zu sein und sie auf den Empfang am Abend vorzubereiten. Außerdem waren zwei Kosmetikerinnen, ein Friseur und zwei weitere Leute anwesend, deren Bedeutung Chesara nicht ganz bewusst war. War die Auswahl des Kleides und der richtigen Accessoires gestern noch das reinste Chaos gewesen, so verlief der heutige Tag ruhig und koordiniert. Die Kosmetikerinnen unterzogen ihre Haut einer gründlichen Reinigung, verwöhnten sie mit einem Peeling, einer erfrischenden Gesichtsmaske und einer wohltuenden Fußmassage, ehe sie zur Pediküre und zur Maniküre ansetzten. Es dauerte Stunden, bis sie fertig waren, doch für Chesara verging die Zeit wie im Fluge. Je näher der Abend heran rückte, desto mehr wünschte sie noch eine Weile in dem bequemen Sessel sitzen bleiben und die Fürsorge der Angestellten genießen zu können. Inés hatte energisch darauf bestanden, dass Chesara erst einen Blick in den Spiegel werfen durfte, wenn sie komplett fertig hergerichtet war. Dies erforderte von Chesaras Seite zwar eine enorme Portion an Vertrauen in die Fähigkeiten dieser ihr so fremden Leute, doch ihr blieb nichts anderes übrig als sich in ihr Schicksal zu fügen. Mit der Zeit lernte sie das Nichtstun sogar zu genießen. Die Fußmassage war ungemein entspannend und als sie schließlich fertig waren, fühlte sie sich keinesfalls müde oder erschöpft, sondern viel eher belebt. Als sie schlussendlich in den Spiegel sehen durfte, brauchte Chesara ein paar Sekunden, um sich an das Bild zu gewöhnen, das sie sich selbst bot. Noch nie zuvor war sie sich so fremd gewesen. Die Verwandlung war perfekt. Ihr Gesicht schien das einer anderen zu sein und in der eleganten, sündhaft teuren Robe, deren Preis sie hart schlucken ließ, bewegte sie sich automatisch anders als sonst ? damenhafter, geschmeidiger. Alleine die Schuhe mit dem schmalen Absatz ? auf denen sie noch recht wackelig stand ? zwangen sie zu einer aufrechten und stolzen Körperhaltung. Sanft und fließend schmiegte sich das Kleid, in einem dunklen Smaragdgrün gehalten, um ihren Körper. Das Bustierkleid gab ihre schmalen Schultern und ihren Rücken frei, der noch mehr dadurch betont wurde, dass ihre Haare zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt worden waren. Winzige Diamanten zierten das Oberteil des Kleid, vor allem den oberen Rand des Saums und setzten somit gekonnt Chesaras Dekolleté in Szene, ohne dass ein tiefer Ausschnitt notwendig gewesen wäre. Der lange Rock ? vorne leicht gerafft und in einer zweiten Lage in einem etwas helleren Ton gehalten ? fiel weit auf den Boden hinab, wo er in einer kunstvoll arrangierten Schleppe endete, auf der sich wiederum zahlreiche gliternde Diamantensplitter wieder fanden. Passend zu dem Kleid strahlten Chesaras Augen ? mit Hilfe farbiger Kontaktlinsen ? in einem intensiven Grün. Die Idee dazu war von Zera gekommen und Chesara hatte sie bereitwillig aufgegriffen, denn diese vergrößerte ihre Chance nicht erkannt zu werden. Es war für Chesara das erste Mal, dass sie Lippenstift trug oder überhaupt geschminkt war. Erstaunt betrachtete sie das Resultat sorgfältiger Arbeit seitens der Kosmetikerinnen. Ihr Teint schien zu strahlen, wirkte rosig und jugendlich. Ihre dunkel umrandeten Augen verliehen ihr etwas Geheimnisvolles, so als umgäbe sie eine mysteriöse Aura und die sonst ewig naturbelassenen Lippen schimmerten in einem sanften Rosé. Mehr als nur ungewohnt waren die langen weißen Handschuhe, die Chesara bis zu den Ellbogen reichten. Sie waren eng und unbequem, doch Inés hatte ihr versicherte, sie würde sich im Laufe des Abends noch daran gewöhnen. Das Sahnehäubchen bildete jedoch der filigrane Goldschmuck, die zierlichen Ohrringe, die schmale, in mehreren Reihen ausgelegte Kette und das etwas kräftigere Armband, das an Chesaras rechtem Handgelenk, über den Handschuhen lag.
?Sind Sie zufrieden??
Als Chesara sich herum wandte, sah sie in die gespannten Gesichter von Inés und ihren Helfern und Helferinnen. Peinlich berührt nickte sie.
Ja, ich bin sehr zufrieden. Sie haben ganze Arbeit geleistet. Vielen, vielen Dank.
Bescheiden winkte Inés ab.
?Das ist unser Job! Und Sie werden heute die Königin des Abends sein!?
Das bezweifelte Chesara dann doch, aber sie hielt sich taktvoll zurück. Zera überreichte ihr eine winzige Abendtasche, wo ihrer Erklärung nach alles drin war, was Chesara benötigte. Ein kleiner Tiegel mit Puder, Lipgloss und ein paar weitere wichtige Utensilien in Miniaturgröße. Diese Frauen hatten einfach an alles gedacht, das musste man ihnen lassen. Eine weitere Überraschung folgte, als auf einmal ein junger Mann den Raum betrat.
?Inés! Die Limousine ist da!?
Informierte er seine Chefin. Diese nickte eifrig.
?Sehr gut, danke. Miss Gareel, es ist Zeit aufzubrechen. Die Limousine wartet!?
Limou??
?Natürlich. Mr. les Gray lässt Sie abholen.?
Verwirrt schüttelte Chesara den Kopf, bis ihr selbst der Groschen fiel. Natürlich wusste Pierre les Gray, wo sie sich befand und wo sie ein Kleid gekauft hatte. Alleine durch den Zugriff auf die Vollmacht hatte er diese Informationen bekommen. Das durfte ein leichtes für ihn gewesen sein. Vielleicht hatte er sie zusätzlich sogar beobachten lassen, wobei sie dies für weniger wahrscheinlich hielt. Sie hatte keine unerwünschten Verfolger spüren können, weder heute noch gestern ? und sie bewegte sich auf Coruscant mit jedem Schritt sehr vorsichtig. Ihr war überaus bewusst, wie gefährlich es hier für sie war. Er hatte also eine Limousine geschickt, um sie abzuholen. Chesara gönnte sich ein Lächeln ? möglicherweise das letzte entspannte für die nächsten Stunden. Die kritische Phase hatte begonnen. Ehrlich dankbar für ihre Bemühungen dankte sie Inés, Zera und den anderen Mitarbeitern von Vernisse, verabschiedete sich, nahm ein paar letzte Tipps für den Abend entgegen und stieg in den luxuriösen Gleiter, dessen dunkel getönte Scheiben sie vor neugierigen Blicken verbargen. Sie wusste nicht, ob man sie direkt zu dem Empfang oder erst zum Imperial Residence Tower bringen würde. Eines war jedenfalls klar, von dieser Sekunde an durfte sie sich keinen Fehler mehr erlauben.
- Coruscant - City ? Limosuine ? (Mit Chauffeur natürlich!) -