§~ Coruscant ~ City ~ obere Ebenen ~ Süd-Boulevard ~ im "de la crema" ~ mit Akemi ~§
Mit flackerndem Blick schaute Nex in Akemis Gesicht, in das Gesicht der Frau, durch die sein Leben im letzten Jahr irgendwie aus den Fugen geraten ist. Doch traf sie keine Schuld. Wenn dann war nur er selber an allem schuld. Nie hatte sie etwas getan, um ihn zu verletzten, und doch hatte sie ihm einen Schmerz verursacht wie nur eine zuvor. Dabei waren sie sich nie wirklich ganz nahe gewesen, nie so nah, wie es sich Nex immer gewünscht hatte. Doch jetzt nicht mehr. Jetzt hatte er sie überwunden. Mehr noch, er hatte erkannt, was er zuvor übersehen hatte, weil sie ihn so blendete, mit ihren Katzenaugen. Soviel hatte sich getan seit seinem Zusammenbruch. Einer der schlimmsten Tage in seinem Leben hatte dafür gesorgt, dass er nun vielleicht so glücklich war, wie noch nie zuvor. Und doch saß er nun einer Frau gegenüber, die einmal seine Freundin gewesen war, und doch schien es, als hätten sie sich nichts mehr zu sagen.
"Ich weiß, dass du das alles nicht wolltest."
hatte sie eingeworfen, während Nex in seinen Sätzen kaum Anfang und Ende fand. Es war überhaupt nicht so gelaufen, wie er es sich vorgenommen hatte, vor dem Spiegel, als er alles geporbt hatte, was er sagen wollten, alle Entschuldigungen und Erklärungen. Doch wie immer verlief es nicht so wie in der Probe und er hatte überstürzt geredet, viel zu intensiv, und doch hatte er nur die Hälfte gesagt. Als er sich zu sammeln versuchte, sprach nun auch Akemi wieder.
"Nex, ich kann das alles nicht verstehen. Alles was du sagst ist... ziemlich konfus, zumindest für mich."
sagte sie mit einer merkwürdigen Stimme, einer Stimme, die nicht ihr gehörte. Nein, natürlich konnte sie es nicht verstehen. Wie sollte sie auch. Nie hatte sie hineingucken können in Nex´s Abgrund. Der Abgrund, den er immer schon gespürt hatte. Die hässliche Wunde die ihn Mina damals gerissen hatte, das Loch in seinem Herzen dass alles um sich herum aufgesogen hatte, ohne je satt zu werden. Das sich sosehr nach Akemi verzehrt hatte, war sie doch das einzige echte Leuchten gewesen, dass Nex seit Äonen zu sehen bekommen hatte. Und er hatte in seiner Selbstsucht und in seinem Masochismus ihr auch noch dabei wehtun müssen. Wirklich verstehen und vergeben konnte sie ihm wohl nie. Aber vielleicht ein bisschen. Er musste ihr doch noch soviel sagen. Er musste ihr doch noch erzählen, wie er begriffen hatte, dass Natalja die ganze Zeit einen kleinen Teil seines Herzens besessen hatte, er dies nur nicht vorher erkannt hatte, doch es jetzt zu wissen glaubte. Dass sie ihn auch liebte. Dass der Gedanke an sie ihm die ganze Zeit Kraft gegeben hatte in der Klinik. Dass er für sie zurückgekommen war. Dass es ihm so Leid tat, was er Nat und Akemi angetan hatte. Er musste ihr noch soviel sagen.
"Mein Flug geht in wenigen Stunden. Ich verlasse Coruscant und kehre nach Naboo zurück. Richard wird mich begleiten."
Sie nahm zum ersten Mal an diesem Tag ihre Sonnenbrille ab, und die Wahrheit in ihren Augen traf ihn noch mehr als ihre Worte. Schmerz trat in sein Gesicht, der Mund halb offen, brachte keine Worte mehr heraus. Es war kein Schmerz der Eifersucht mehr, kein Schmerz der Gier, auch kein Schmerz der Wut oder Angst. Er fühlte nur ein furchtbar leises, aber unerträgliches Bedauern. Es war das Bedauern einer Gewissenheit, die er eigentlich schon vor geraumer Zeit hatte kommen sehen. Heute würden sie sich zum letzten Mal sehen.
"Das funktioniert so nicht. Ich... ich habe das schon einmal mit gemacht."
Wovon sprach sie da? Mit wem hatte sie soetwas schon einmal erlebt? Er wusste, dass sie nur noch auf einen Fremden starte. Oder starte sie vielleicht auf einen leider allzu Bekannten, den sie lieber vergessen hätte, dem Nex nun ähnelte ohne je etwas geahnt zu haben? Welche Schatten auch in ihrer Vergangenheit gewütet hatte - er hatte ein paar von ihnen vielleicht zurück gebracht. Auch Andere hatten hässliche Wunden in ihrem Herzen. Und manche Wunden spürte man sein Leben lang. Nex zwang sich zu einem Lächeln, das so ehrlich war wie nie. Er wünschte sich für sie ein Schönes Leben. Denn natürlich liebte Nex sie noch. Er begehrte zwar nicht mehr, doch liebte er ihr gutes Wesen. Sie sollte mit Richard ihr Glück finden und hoffentlich irgendwann Nex nur noch um seiner guten Eigentschaften in Erinnerung behalten, das Leid das er ihr zugefügt hatte vergessen.
"Ihr werdet bestimmt glücklich werden, miteinander."
sagte Nex mit der festesten Stimme, die er zustandebringen konnte. Am liebsten hätte er die Hand nach der ihren ausgestreckt, ihr zeigen wollen, dass ihr nichts mehr antun wollte. Doch anscheinend waren bereits alle Brücken zwischen ihnen abgerissen wurden. Zumindest hatte sie sich so entschieden und er konnte es ihr nicht verübeln. Vielleicht war es besser so, vielleicht ging es nicht anders, vielleicht hatte es genauso kommen müssen.
„Mein Fahrer wartet.“
sagte sie und stand auf, nachdem sie etwas Geld auf den Tisch gelegt hatte. Nex stand beinahe im selben Moment auch auf, doch bewegte er sich nicht von seinem Platz, würde er ihr doch nicht hinausfolgen. Dabei hatte er ihr noch soviel sagen wollen.
"Mach's gut, Nex. Und pass auf dich auf."
"Mach's gut, Akemi. Ich - ich wünsch euch nur das Beste. Ich hoffe du weißt das."
antwortete Nex Akemi noch, bevor sie sich umwandte und verschwandt. Aus dem Caffeé und wahrscheinlich auch ganz aus seinem Leben. Manchmal war es eben einfach vorbei. Obwohl sie gelächelt hatte, wusste er nicht, was ihm ihr letzter Gesichtsausdruck wirklich zu sagen vermochte. Hoffentlich konnte sie auch noch auf ein paar schöne Dinge zurückblicken. Irgendwann. Hoffentlich konnte sie ihm vergeben. Er brauchte diese Vergebung. Doch noch mehr, das war ihm ganz klar, brauchte er seine eigene Vergebung. Denn die selbstvorwürfe hatten ihn erst auf diesen zerstörerischen Pfad gebracht. Er musste lernen, sie selbst zu lieben. Nur dann, konnte er auch Nat wirklich, aufrichtig lieben lernen.
Nexus wartete noch fünfzehn Minuten, bevor er erneut von seinem Platz aufstand und bevor auch er das "de la crema" verließ. Der gleißende Sonnenschein umspülte sein Gesicht und wärmte die Haut. Der Klang seiner Schritte auf dem Gehweg war voll und matt. Der Lärm der Stadt drang wieder in seine Ohren und zeugte vom wilden Unleben des Kolosses in der Mitte des Universums. Sein Leben hatte er kürlich erst wiedergewonnen. So traurig die Trennung von Akemi auch gewesen war, sowenig wie er ihr hatte erzählen können, was zu erzählen nötig gewesen war. Sicher war es so besser für sie beide. Das konnte er nur hoffen. Nun galt es die herrliche Sonne, den kühlen Wind und die klangvollen Stimmen der Lebewesen um ihn herum zu genießen. Etwas, das er so vorher nie wirklich gekonnt hatte. Als er vor einer halben Woche die Klinik verlassen hatte, war sofort zu Nat gefahren. Und sie hatte ihn eingelassen. Zuerst war sie noch unsicher gewesen, hatte er doch auch ihr Herz beinahe gebrochen gehabt. Die Telefonate in die Klinik hatte die beiden zwar wieder einander näher gebracht. Doch noch immer war Angst zwischen ihnen gewesen. Doch von dem Moment an, als er wieder über ihre Türschwelle geschritten war, hatte sich alles verändert. Sie hatten sich alles erzählt, zum ersten Mal wirklich alles. Nat hatte von Mina zwar gewusst, auch von ihrem Selbstmord, doch nun erfuhr sie genau, was Mina für ihn bedeutet hatte, dass er damals geglaubt hatte, sie hätte ein Stück von ihm mit in den Tod genommen. Und auch Nat offenbarte sich zum ersten Mal mit Leib und Seele. Dann hatten sie sich geliebt. Drei Tage lang hatten sie nur erzählt, gegessen, geschlafen und sich geliebt. Solang bis er ihr gesagt hatte, dass er sich bei Akemi entschuldigen musste. Und sie hatte ihn verstanden. Sie hatte ihn sogar begleitet und wartete, nun da er vom "de la crema" aus zur anderen Straßenseite den Südplatz überquerte, geduldig in seinem Gleiter.
Wenn dieser Bruch mit Akemi nötig gewesen wäre, damit er mit Natalja froh werden konnte, dann hätte er es nicht anders haben wollen. Doch manchmal liefen die Dinge eben in ihren nicht vorhersehbaren Wegen. Unter anderen Umständen wäre sie vielleicht ein Leben lang Freunde geblieben. Doch sie hatten nunmal alle nur ein Leben.
Nex spielte mit dem Gedanken, Nat sofort mit dem Com anzurufen, ihr zu sagen, dass er gleich da war und sie schon vermisste. Sie hätten sich Küsschen über die Com-Verbindung zugehaucht, so Hals über Kopf waren sie im Moment ineinander verliebt. Doch trennten ihn ja nur noch 500 Meter. Noch immer spielte die Gruppe, die Nex schon auf seinem Hinweg gesehen hatte, mit ihren antiquirten Instrumenten und legten eine stimmungsvollen Sound auf das Pflaster, der zum Tanzen einlud. Die schönen Luxusgleiter zu seiner rechten reflektierten und brachten noch immer das Sonnenlicht wie Diamanten. Auch die eine schöne lange Schwarze Limousine vor dem Regierungsgebäude, auf das gerade eine mächtig wichtig aussehende Figur samt Personenschutz drauf zu ging, war noch da, wie eine schwarze Perle im Sand. Nur der Flyer-Verteiler war nicht mehr da, hatte er doch noch anscheinend alle Flyer wieder vom Boden aufklauben können. In nicht einmal einer halben Stunde würde der Platz dann ganz voll besucht sein. Die Stände ringsum waren fast voll aufgebaut. Bald würde der Platz vor Leben überquellen und Nex empfand es fast als kitschig, wie glücklich ihn der Gedanke daran machte. Doch was konnte ihn ihm Moment nicht froh machen?
Da erkannte er sie. Von weitem hatte er ihr braunes Haar im Wind flattern sehen. Die kaffeebraune Haut, die gerundeten Lippen, der geschwungene Körper. In Gedanken versunken schien Nat gerade noch auf den Bürgersteig zu schauen, da erblickte sie ihn schon. Und da war es, ihr irisierendes Lächeln, das Glitzern ihrer Augen. Er seufzte. In diesem Moment hatte er Akemi vergessen, dachte nur daran, was ihn erwarten würde. Wie schön der Tag doch war. Nur, wenn es in der Nacht zuvor geregnet hätte, wäre er noch schöner gewesen. Er streckte die Hand aus und winkte ihr zu. Stürmisch erwiderte sie die Handbewegung, wippte ungeduldig hin und her. Ein breites Lächeln, wissend und hoffnungsvoll, stahl sich auf sein Gesicht, wie seit einer halben Ewigkeit nicht mehr. Nexus war glücklich.
§~ Coruscant ~ City ~ obere Ebenen ~ Süd-Boulevard ~ im "de la crema" ~ glücklich ~§