Zu allererst denke ich mal, dass die Vergleichbarkeit der von Anakin "begangenen Taten" sehr diffizil ist. Im Großen und Ganzen kann man sie von außen betrachtet auf gleicher Ebene als "Gewalttaten eines Amokläufers bzw. Terroristen" betrachten. Näher im Detail betrachtet muss man jedoch die feinen und teilweise unterschwellig vorhandenen Unterschiede herausfiltern.
A. Ich stimme somit Lord Sol zu, dass die Tusken nicht auf einer Ebene mit den Jünglingen des Jedi-Tempels zu betrachten sind - weder objektiv, noch aus Sicht Anakins.
B. Nein, die Tusken mögen sich zwar "wie Tiere benehmen", aber sie tun es eigtl. nicht. Weshalb nicht? Die Landbewohner bzw. Siedler auf Tattooine mögen den Tusken und ihren Überfällen zwar wenig bis gar nichts entgegen zu setzen haben, doch selbst schon ein sehr gut ausgerüsteter und erfahrener Kopfgeldjäger wäre hier gegen die Tusken wiederum etwas vollkommen anderes.
Womit kämpfen die Tusken? -Mit Ghaffi-Lanzen, mit Gewehren und mit 'Händen und Füßen'. Das macht sie je nach Standpunkt betrachtet zwar nicht gerade zu einem ungefährlichen Gegner, aber auch wiederum zu keinem Gegner, der eine wirkliche 'Bedrohung in der Galaxis' geschweige denn '...für die Galaxis' darstellen würde.
Diese bewertende Beschreibung der Tusken, sie würden sich "wie Tiere benehmen", ist eine missgünstige Bewertung, welche sehr wahrscheinlich durch Siedler auf Tattooine in die Welt gesetzt wurde, nachdem diese durch die Tusken bzw. deren Lebens- und Vorgehensweise behindert bzw. gar geschädigt wurden. ABER: Die Tusken tun eigtl. nur das, was jedes "national-identische", souveräne Volk tun würde: Sie verteidigen ihren Lebensraum, ihre Lebensweise und versuchen dabei, weiterhin zu überleben, zu existieren und dabei wiederum die sich ihnen darbietenden Möglichkeiten zu nutzen.
C. Die Tusken rangieren auch - oder vor allem - objektiv betrachtet nicht mit den Jünglingen auf einer Ebene, weil ihr Verhältnis zum bzw. ggü. dem Jedi-Orden ein völlig anderes ist. Aus Sicht des Jedi-Ordens sind die Tusken nicht einmal objektiv mit Angehörigen der republikanischen Truppenarmee vergleichbar, geschweige denn mit den Reihen der Jedi-Ritter des Ordens.
Oder anders ausgedrückt: Wenn die Tusken schon nicht einmal eine Chance hätten, sich ausreichend effektiv gegen Truppen der Republik zu verteidigen (geschweige denn, diese anzugreifen), hätten sie den Jedi-Rittern noch weitaus weniger entgegen zu setzen.
Das ist sozusagen auch eines der Dilemma, in welches manche Jedi-Ritter (und Anakin ist hier sozusagen nicht einmal der Erste, dem das geschieht!!! -Vor ihm war es Asharad Hett [Ich hoffe, ich habe den Namen richtig geschrieben!!!]) geraten. Denn die Siedler und Farmer auf Tattooine haben ihrerseits meist den Tusken wiederum wenig entgegen zu setzen und werden so eher zu deren Opfern.
Somit lässt sich für mich feststellen, dass sowohl Anakins 'Massaker an den Tusken', als auch seine 'Henkers-Tat über Dooku' oder sein 'Massaker an den Jüglingen' drei unterschiedliche paar Schuhe sind, welche in sofern auch je unterschiedlich moralisch zu bewerten sind - was indes IMHO bei keiner der drei Taten diese moralische Bewertung in einem Skalenspektrum von positiv bis negativ sonderlich positiv ausfallen lassen würde.
1. Das 'Massaker an den Tusken' ist objektiv-moralisch betrachtet IMO ein 'Verrat an den Jedi, ihrer Philosophie und dem, wofür sie stehen', da Anakin sich dereinst selbst dazu entschloss, ein Jedi-Ritter werden zu wollen. Anakin verrät hier schlicht und ergreifend Prinzipien der Gewaltenteilung bzw. (Selbst-)Kontrolle der Macht - also einem gerechten und fairen Streben nach einem seriösen Mächteverhältnis zwischen den Machtextremen irgendwo zwischen vorstellbaren absoluten Tätern und Opfern bzw. den "Graustufen" dazwischen.
Das macht Anakins Tat deshalb subjektiv betrachtet hier deshalb nicht durchaus weniger nachvollziehbar (im Gegenteil denke ich, dass es unter uns SW-Fans bzw. den PSW-Usern sicher einige gibt, die Anakins Wut und Hass hier durchaus gut verstehen und nachfühlen können werden!!!), doch da Anakin nicht 'irgendjemand' ist, sondern wenn nicht gar der so genannte "Auserwählte" denn dann doch wenigstens ein sehr mächtiger Jedi, ist die Tat die er hier begeht, moralisch-ethisch betrachtet schlichtweg falsch.
Und aber auch psychologisch ist IMO diese Tat hier nicht unkritisch zu betrachten. Mag Anakins Seele hier vlt. eine Berechtigung für diese Tat finden, so tut es eigtl. seine Psyche nicht. Zwar sieht bzw. erfährt man als Zuschauer nicht, ob oder in wieweit Anakin sich tatsächlich noch detaillierte Informationen zu dem Überfallsgeschehen der Tusken auf die Farm der Larsses verschafft, doch so wie es im Film IMO rüberkommt, interessiert das Anakin Skywalker auch nicht sonderlich. Im Gegenteil wirkt es eher so, dass er Cliegg Lars marginalen Schilderungen des Vorgangs eher mit Desinteresse und Ignoranz begegnet. Auf mich wirkt es eher so, dass Anakin hier einen Schreck bzw. Schock zu bewältigen hat, den er nicht bewältigen kann. Schuldgefühle beeinträchtigen ihn hier und er lässt sich von diesen einnehmen bzw. übermannen.
Doch die Schuldfrage in dieser Sache ist eigtl. objektiv betrachtet nicht wirklich oder gar unmöglich klärbar. Wenn dann tragen hier alle Beteiligten ihr Schärflein an Schuld für das Eintreten dieser Situation in sich:
-Cliegg Lars, weil er Shmi Skywalker ehelichte und so zu sich auf die Farm holte?
-Shmi Skywalker, weil sie ihrem Halbwüchsigen Sohn seinerzeit die Entscheidung ein Jedi zu werden alleine überlies?
-Die Tusken, dass sie die Farm der Lars überfallen und eine Frau, Shmi Skywalker geraubt haben?
-Die Jedi, weil sie Anakin von der Seite seiner Mutter rissen und ihm ermöglichten, zum Jedi ausgebildet zu werden?
-Anakin, weil er sich dazu entschloss, ein Jedi zu werden und weder er alleine, noch durch Drängen seines Meisters Kenobi frühzeitiger nach Tattooine zurückkehrte, um ein unglückliches, weil aus kindlicher Torheit getroffenes Versprechen einzulösen bzw. einzuhalten?
Anakin hätte hier rational erkennen sollen bzw. müssen, dass man hier nicht einfach irgendjemanden die alleine Schuld für Shmi Skywalkers Schicksal bis einschließlich ihrem Tod geben kann. Ja, auch die Tusken sind hierbei nur teilweise im Gesamtbild betrachtet verantwortlich. Sie tun das, was sie seit Jahrhunderten taten und sich für sie als die richtige Lebensweise heraus kristallisiert hatte (Ihre Vorgeschichte wird entsprechend im ersten KotOR-Game aufgearbeitet erklärt!). Die Landfarmer bzw. Landnahme-Siedler auf Tattooine wie z. B. die Larses stellen die 'natürlich-unatürlichen' Eindringlinge in das Territorium der Tusken dar, woraus sich eine jahrhunderte- bzw. jahrtausendealter Konflikt entwickelt hat.
2. Anakins 'Henkerschaft über Dooku' steht auch objektiv betrachtet auf einem ganz anderem Blatt Papier, als z. B. die Sache mit den 'Tusken' oder den 'Jünglingen', macht diese moralisch betrachtet jedoch nicht weniger fragwürdig. UNd der Hinweis, das Windu Dooku ja letztlich wahrscheinlich auch exekutiert hätte, zählt für mich hierbei nicht. Im Wesentlichen WISSEN wir nicht wirklich, was Jedi-Meister wie Mace Windu - oder auch Yoda - hier getan hätten. Weshalb lässt sich das nicht vergleichen? -Weil Dooku nicht Palpatine/Sidious ist - und weil Anakin kein Jedi-Meister ist bzw. IMO hier auch nicht über den Weitblick bzw. die Erfahrung verfügt, darüber eine Entscheidung treffen zu können oder zu dürfen! (Zwar ist es fraglich, ob selbst die damaligen Meister des Jedi-Ordens bzw. -Rates über diesen entsprechenden Weitblick bzw. die Erfahrung verfügten, aber Anakin besaß ihn IMO wenn dann noch weniger.
)
Für mich heißt das in dieser Szenerie zu Beginn von ROTS, dass Anakin - egal, wie man nun hier Palpatines Einflüsterungen über Anakin oder Anakins Reaktionen auf ihn bzw, diese Situation bewerten mag - hier sich zu einer Entscheidung verleiten lässt - bzw. besser gesagt ebenfalls zu einer Handlung bzw. Tat - die ihm eigtl. simpel nicht zusteht und die er ergo nicht hätte alleine treffen dürfen! (Und Palpatine/Sidious zählt hierbei nicht, weil dieser sowohl als Kanzler der Republik, als auch als Sith-Lord ganz andere Ambitionen hatte bzw. verfolgte, als der Jedi-Orden, dessen Angehöriger Anakin Skywalker zu diesem Zeitpunkt war! Das wiederum hat nichts damit zu tun, was bereits umfangreich in einem anderen Thread zu diesem Thema diskutiert wurde und was hier 'das Richtige' bzw. die 'richtige Verhaltensentscheidung' gewesen wäre. Heißt: Es geht hier nicht darum, ob Dooku/Tyranus nicht tatsächlich dennoch als der Sith-Lord, der er inzwischen geworden war, viel zu gefährlich bzw. mächtig war, um vom Standpunkt der 'Mächtigen' wie der Jedi oder Sith aus betrachtet am Leben gelassen zu werden. Sondern vielmehr ging es darum, dass Anakin hier eigene Kompetenzen überschreitet bzw. sich durch äußere Einflussnahme dazu hinreißen lies, obgleich er wusste, dass ihm das nicht zustand. Moralisch-ethisch bzw. in diesem Zusammenhang objektiv betrachtet ist diese Tat Anakins allerdings auch IMO ein 'sehr zweischneidiges Schwert'!)