Soweit die Theorie, die wir Fans uns zurechtgesponnen haben. Für mich gelingt es aber der Serie nicht, das glaubhaft und authentisch darzustellen. Ewan McGregor ist ein hervorragender Schauspieler. Und trotzdem wirkt sein Obi-Wan auf mich in der ersten Kenobi-Folge nicht großartig anders als in der letzten Folge oder in den Rückblenden. Er spielt das routiniert runter, aber das Drehbuch gibt halt nicht mehr her...
Ohne jetzt eine Grundsatzdiskussion beginnen zu wollen, aber wer sind eigentlich "wir Fans"? Ich glaube jetzt nicht, dass alle Fans es so sehen, wie ich es geschildert habe. Und als Theorie, die von wem auch immer zurechtgesponnen wurde, sehe ich das nicht. Die Wandlung Obi-Wans von der ersten bis hin zur letzten Folge ist in meinen Augen überdeutlich, Beispiele dafür habe ich ja genannt. Mir geht es dabei einfach um den Unterschied zwischen dem tristen, verbitterten, hoffnungslosen Obi-Wan aus Folge Eins und dem erstarkten, optimistischen und ins Reine gekommenen Obi-Wan aus Folge Sechs - inklusive aller Zwischenstufen, welche der Wandel durch die Serie hindurch mit sich bringt. Wenn du schauspielerisch keine Wandlung feststellst, ist das dein Eindruck, der dir zusteht. Ich habe mich aber auch nicht auf das Schauspiel McGregors bezogen, sondern auf das Inhaltliche, auf das, was in der Serie geschieht und die Momente, in denen sich Obi-Wans Wandlung und Entwicklung manifestieren.
Obi-Wans Blick auf Anakin hat sich zweifellos zwischen Ep3 und Ep4 gewandelt. Aber das war für mich niemals erklärungsbedürftig, es stand für sich und war in sich schlüssig. Wenn jemand aber in diese zeitliche Lücke hineinstößt, dann muss er selbstverständlich etwas hierzu aussagen. Und genau diese Option, die sich aufdrängt - nämlich Obi-Wans Erkenntnis, dass Anakin zur Maschine geworden und nicht mehr zu retten ist - stellt die Serie für mich nicht glaubhaft dar.
Aus dieser Begegnung dürfte - so wie sie in der Serie dargestellt wurde - meiner Auffassung nach nicht resultieren, dass Obi-Wan resigniert und Anakin aufgibt. Stattdessen müsste er "neue Hoffnung" (
) schöpfen und umso entschlossener versuchen, seinen alten Freund zu retten!
Ich denke, es ist zu hart ausgedrückt, dass Obi-Wan resigniert und Anakin aufgibt. Aus meiner Sicht war diese Begegnung in der finalen Folge der Moment, in dem Obi-Wan erkannt hat, dass er Anakin nicht mehr retten kann. Anstatt zu resignieren, lässt er los - das ist für mich ein Unterschied. Was ich dazu aber einräumen möchte, ist, dass man im Vorfeld des Finales stärker darauf eingehen hätte können, dass Obi-Wan Anakin gerne bekehren würde. Das hätte ich beispielsweise bei der Begegnung in der dritten Folge erwartet, dass Obi-Wan sofort versuchen würde, auf ihn einzuwirken.
Ich müsste mir die Szene aus der letzten Folge nochmal ansehen, aber ich glaube, es war so, dass Obi-Wan und Anakin wie gesagt diesen ruhigen Moment hatten, Anakin ihn dann aber doch wieder angegriffen hat. Da ergibt es für mich Sinn, dass Obi-Wan erkennt, dass nichts mehr zu machen ist (oder es zu erkennen glaubt, ROTJ wiederum belehrt uns dann ja eines Besseren).
Das war auch zweifellos die künstlerische Intention der Szene. Abgesehen davon, dass es ein bisschen plump und "in your face" ist, könnte ich auch damit leben. Aber dann stolpere ich über handwerkliche Fehler, die mich aus der Geschichte reißen. Du meinst doch die Szene, in der Obi-Wan nach dem Kampf im Wasser plötzlich knochentrocken hinter dem verschlossenen Luk steht, oder?
Es stimmt, dass die Serie nicht ganz frei von handwerklichen Fehlern ist. Aber die haben ja zunächst nichts mit dem Inhalt, mit der konkreten Handlung zu tun, und ich dachte, dass wir darüber diskutieren. Die von dir genannte Szene bzw. diese Einzelheit müsste ich mir auch nochmal ansehen, das habe ich jetzt nicht mehr genau im Kopf.
Dass die erste Begegnung / der erste Kampf grottig inszeniert war, gehört wahrscheinlich zu den wenigen Punkten, auf den sich die meisten einigen können.
Grottig inszeniert fand ich ihn jetzt nicht, aber es war nicht ganz das, was man erwartet hatte. Dieser Effekt war, denke ich, aber auch so gewollt, denn das lieferte dann ja die letzte Folge. In erster Linie wirkt der Kampf auf mich, sagen wir, behäbig, was aber wiederum gut passt. Darin verdeutlicht sich meiner Ansicht nach nämlich abermals Obi-Wans zu diesem Zeitpunkt noch geschwächte Verfassung. Mir ist bei dem Duell auch aufgefallen, dass er sich fast nur verteidigt und kaum angreift, was wiederum die hier noch nicht vorhandene Bereitschaft erkennen lässt, (erneut) wirklich gegen Anakin vorzugehen. Bei dem Duell in der finalen Folge ist das dann schon deutlich anders.
So könnte man sich das hinbiegen. Ich will mir aber bei Star Wars nicht immer wieder Sachen "hinbiegen" müssen. Da wacht doch eine hochbezahlte Story-Group über die Kontinuität, oder? Was machen die denn den ganzen Tag?
Ich persönlich musste mir das auch nicht "hinbiegen". Für mich ergab sich das, wie ich es geschildert habe, logisch durch Leias Charakter. Und dass bei einem so großen fiktionalen Universum wie SW Kontinuitätsfehler passieren oder zumindest wie solche aussehen, bleibt wohl oder übel nie ganz aus. Dass sich Leia und Obi-Wan zur Zeit von ANH bereits kennen, fällt für mich wie gesagt da aber nicht darunter, ebenso wenig übrigens, weil du das ja auch angesprochen hattest, dass sich Obi-Wan und Darth Vader zwischen ROTS und ANH nochmal begegnet sind. Nirgendwo in ANH wird ausdrücklich gesagt, dass sie sich seit dem Duell in ROTS nicht nochmal begegnet sind, auch nicht durch das vielfach angesprochene "Meister-Schüler"-Zitat.
Und all das führt (neben anderen Kritikpunkten) dazu, dass die Serie meiner Meinung nach nicht nötig gewesen wäre.
Ich finde, ohne dir diese Absicht unterstellen zu wollen, dass man das fast als Totschlagargument verwenden könnte. Ich meine, damit lässt sich letztendlich allem die Existenzberechtigung aberkennen. Was ist schon wirklich "nötig"? War TCW nötig? Nein. War Rogue One nötig? Nein. War bzw. ist The Mandalorian nötig? Nein. Und dennoch ist das alles SW-Inhalt, der SW zumindest für mich bereichert.