Teil 15
Revan wurde wieder auf die Beine gezerrt und ebenso wie den anderen wurden seine Hände mit schweren Ketten auf den Rücken gezwungen.
Der Exilant besah sich seine hoffnungslose Situation. Die Freude über Miras Eingreifen wich nun dem Eindruck, dass Revan und er es geschafft hätten, wenn sie nicht auf die Kopfgeldjägerin hätten Rücksicht nehmen müssen. Er war froh, dass sie noch am Leben war, aber was würde die Zukunft bringen? Sie wurde zu ihm geführt und sah ihn mit traurigen Augen an. „Deswegen wollte ich alleine gehen,“ er sah wieder in ihr Gesicht und bereute seinen Kommentar sofort kam aber nicht dazu, zu antworten, denn in diesem Moment wurde auch Revan zu ihnen geführt und griff die Bemerkung des Exilanten sofort auf: „Ja, und ich auch, Yann Kelar!“
Der Exilant sah Revan an, er hatte ihn lange nicht mehr gesehen, aber Revan hatte auf jeden Fall schon bessere Zeiten gesehen. Er war blaß und seine Wangen waren eingefallen. Unter seinen Augen hatten sich tiefe dunkle Schatten gebildet, - seine Mission hier schien ihm tatsächlich alles abzuverlangen. Das Feuer von purer Macht und Entschlossenheit loderte allerdings, wie gewöhnlich in seinen Augen.
Mira sah den Exilanten erstaunt an: „So heißt ihr also wirklich,“ dann wandte sie sich an Revan „Und ihr seid also der mächtige Revan, wir haben euch gesucht.“
Keinem der Jedi war noch nach Reden zu Mute und daher nickten sie beide nur ernst. Wäre die Lage eine andere gewesen, hätte Mira über die Synchronreaktion der beiden Jedimeister gelacht, - in gewisser Weise waren sie sich ähnlich, doch dann auch wieder nicht.
***
Großinquisitor Markus war sehr zufrieden. Der Tag war gut verlaufen. Zwar war ihre Operation verlustreich gewesen, aber der Gewinn wog dies alles wieder auf. Revan hatte sich nun viele Monate hier aufgehalten und ihm viele Schwierigkeiten gemacht. Er schlug buchstäblich aus dem Nichts zu und war praktisch nicht zu fassen. Das verwirrte die Bürger, kein Machtnutzer durfte sich auf freiem Fuß bewegen und kein Machtnutzer durfte sich dem Großinquisitor widersetzen. Die Unfähigkeit der Inquisitatoren mit dem „schwarzen Teufel“, denn so wurde er von Markus‘ Propagandamaschinerie genannt, fertig zu werden, löste Zweifel innerhalb der Bevölkerung aus. Revan war eine Bedrohung für die Interessen von Markus und auch für die Interessen seiner Gönner und er hatte deutlich gemacht, dass beides in seiner Absicht lag.
In den letzten Wochen hatte der Glauben an das Regime von Markus stark nachgelassen, nun aber würde er mit Hilfe von Revan seinen Griff um die Bevölkerung fester zuziehen können, als jemals zuvor. Wie ironisch, Revan hatte sein Regime ins Wanken gebracht und würde nun helfen es zu festigen. Das ganze mußte nur richtig inszeniert werden. Er lächelte und schaute in den Spiegel, sein mittlerweile ergrauendes blondes Haar war ordentlich zurückgekämmt. Seine Gönner hätten es ohne Frage vorgezogen, Revan so schnell wie möglich zu töten. Aber so einfach ging das nicht, der Schein mußte gewahrt bleiben. Das Volk wollte eine Riesenshow und Markus würde ihnen eine geben. Und auch seine Gönner würden dies nicht verhindern. Sie mußten sich im Hintergrund halten, das Volk durfte nichts von ihnen wissen, sonst würde alles auffliegen und alles wäre vorbei. Gewiß, sie wären sicherlich auch in der Lage gewesen, den Planeten mit Gewalt zu nehmen und zu halten, aber das war so kostspielig. Markus haßte seine Gönner, so wie er alle haßte, die die Macht verwendeten.
Er erinnerte sich an die Nacht vor so vielen Jahren:
In jener Nacht stand er vor seinem Haus, das in Flammen stand. Seine junge Frau befand sich darin und er wollte ihr helfen. Aber SIE hielt ihn zurück, diese verdammte Jedi! Er fiel vor ihr auf die Knie und flehte sie an, sie möge seiner Frau helfen. Aber diese Hexe bestand darauf, dass es für seine Frau keine Hilfe mehr gab. Sie hatte sich dann auch hingekniet und scheinbar tröstend ihre Arme um ihn gelegt. Gleichzeitig war ihr Griff aber hart wie Stahl, ihre Worte und sein Schock hielten ihn zurück. Gemeinsam sahen sie mit an, wie das Haus und damit seine Frau verbrannte, - die Jedi ruhig und gelassen, - er schluchzend, wie ein kleines Kind, aber unfähig etwas zu tun.
Am Morgen danach, wußte er ganz sicher, dass die Jedi ihn angelogen hatte. Sie hätte seiner Frau helfen können, wenn sie gewollt hätte, er hatte ihre Macht gesehen. Aber sie wollte seiner Frau nicht helfen, sie ließ sie verbrennen, sie war schuld am Tod seiner Frau.
Er war gegenüber Machtnutzern schon immer mißtrauisch gewesen, aber seit diesem Ereignis haßte er sie und würde sie immer hassen. Diese Jedihexe wollte ihn in dieser Nacht ohne Frage bestrafen, dafür dass er in seinen Reden die Machtnutzer seiner Welt anprangerte. Aber sie hatte sich getäuscht. Er war nicht gebrochen, sondern verstärkte seine Bemühungen. Er scharrte eine kleine Gruppe um sich und überzeugte sie, dass nun die Zeit gekommen wäre auch mit Gewalt gegen die Machtnutzer vorzugehen. Markus sah sich selbst als einen Meister der Kontrolle an, es fiel ihm für gewöhnlich nicht schwer, die Leute zu kontrollieren. Noch bevor die Jedihexe damals den Planeten wieder verließ, kam sein Gegenschlag. In einer denkwürdigen Nacht gab es die ersten beiden Opfer. Nur leider entkam die verhaßte Jedi mit dem kleinen Kind des Machtnutzerpaars, das in dieser Nacht starb.
Nach dieser Nacht ging alles, wie von selbst. Die von Markus geführte Bewegung wurde rasch stärker und gewann immer mehr Einfluß. Heute gab es keine Machtnutzer mehr, die sich noch in Freiheit befanden und Markus hatte die Herrschaft. Naja, seine Gönner ließen ihn herrschen, aber so lange es funktionierte war es ihm recht und es würde immer funktionieren, das Geschäft war für beide Seiten von Vorteil.
Gerade kam einer seiner Inquisitatoren herein und meldete, dass die Gefangenen nun bereit für ihre Verhandlung seien. Markus strich seine weiß rote Robe glatt und ging zur Tür, die ihn in seinen Verhandlungssaal führte. Der Raum war groß. Es war eine Arena aus weißem Marmor. Sein eigener Pult befand sich weit über den niedrigsten Punkt der Arenea, in dem die Gefangenen standen. Gegenüber von Markus stiegen in einem Halbkreis vollständig gefüllte Sitzreihen auf. Die Menge jubelte Markus zu. Er wußte, dass nicht nur seine Verhandlung hier eine Show war. Die Bürger standen weit weniger stark hinter ihm, als es aufgrund des Jubels momentan den Anschein machte. Egal, so lange sie parierten.
In der Mitte des Raumes unter Markus stand Revan hinter einem flachen Pult. Seine Hände waren in die dafür vorgesehenen Sicherungsschellen des Pultes gelegt worden. Am Rande des Saales standen auch die anderen Gefangenen: Der Mann, der etwas jünger war als Revan, die junge Frau und der kleine Droide. Sie waren für Markus nur von geringer Bedeutung, obwohl sie auch Machtnutzer waren. Er hatte Revan haben wollen und den hatte er bekommen. Er hätte beinahe einen Luftsprung gemacht, als ihn am Nachmittag sein Informant in den Bergen berichtet hatte, dass er mit einem Freund von Revan gesprochen hätte. Revan ließ sich von niemandem fangen, aber Freunde konnten auch für den Mächtigsten zu einer Schwäche werden. Markus hatte gehofft, dass er erst Revans Freund gefangen nehmen konnte und ihn dann damit hervorlocken konnte. Das ganze war besser gelaufen, als er gedacht hatte, Revan hatte weit schneller reagiert als gedacht. Die anderen beiden Menschen hatten sich einfach den falschen Freund ausgesucht und waren zur falschen Zeit am falschen Ort. In der Show hier waren sie nur Randfiguren, aber auch sie würden schon bald brennen, - drei Machtnutzer brannten so viel schöner, als nur ein einziger.
Er setzte sich in seinen Thron und schaute auf Revan herab: „Hiermit eröffne ich die Verhandlung. Revan, ich klage euch des gefährlichen und unbefugten Gebrauches eurer Magie an. Desweiteren seid ihr ein Feind dieses Planeten und der Ordnung. Was habt ihr dazu zu sagen?“
Revan antwortete mit unglaublicher Gelassenheit: „Das ist alles, was ihr zu sagen habt?“
Ein Raunen ging durch den Saal und Markus brachte die Menge wieder zum Schweigen, dann setzte er seine Rede fort: „Erst heute habt ihr und eure Verbündeten 56 unserer Inquisitatoren getötet oder verstümmelt.“
Revan zuckte mit den Schultern, soweit die Schellen dies zuließen: „Sie haben uns angegriffen.“
Markus schnaubte und setzte seinen Vortrag fort. Aber es blieb alles wie es war, Revan reagierte praktisch überhaupt nicht auf ihn und Markus spürte die Wut in sich aufsteigen. Natürlich hatte Markus schon ein Urteil gefällt, bevor er den Raum betreten hatte und natürlich war daher jede Verteidigung sinnlos, aber konnte es der Jedi nicht wenigstens versuchen? Dem Jedi mußte doch klar sein, dass hier über sein Leben entschieden würde, aber es schien ihm völlig gleichgültig zu sein. Konnte er nicht irgendwie reagieren? Sich verteidigen? Sich entlasten? Wütend werden? Möglicherweise sogar um Gnade bitten? – Aber nichts davon passierte und Markus haßte den Jedi jetzt noch mehr. Er hatte sich so sehr auf diesen Moment gefreut und nun fühlte er sich von dem Jedi verhöhnt und um den guten Geschmack des Sieges gebracht. Er haßte diese unerschütterliche Gelassenheit, die ein Jedi zu Schau stellen konnte, nun ja er würde seine Freude haben, wenn Revan brennen würde.
Er wollte es nun zu Ende bringen, denn auch im Saal war keine gute Atmosphäre mehr, das Publikum hatte gespürt, dass Revan dem Großinquisitor bei weitem überlegen war.
„Somit steht zweifelsfrei fest, dass die Strafe nur der Tod sein kann. Ihr und eure Verbündeten werden beim nächsten Vollmond den Tod in den Flammen sterben. Bis dahin werdet ihr im Gefängnis auf das Ende warten.“
Er stand auf und erhob beide Hände zum feierlichen Abschlußwort: „Der Gerechtigkeit wurde genüge getan.“
Revan wurde nun losgekettet um abgeführt zu werden und plötzlich hallte seine Stimme durch den Raum. Unbändige Kraft und eine drohende Kälte lag in der Stimme, die Worte selbst jedoch waren freundlich gesprochen: „Noch nicht, Großinquisitor. Aber der Gerechtigkeit wird noch genüge getan werden, das verspreche ich euch.“
Markus zuckte bei diesen Worten merklich zusammen im Saal war es ruhig geworden, dann winkte Markus und gab den Wachen ein Zeichen. Revan und seine Begleiter wurden herausgeführt, aber Revan lächelte Markus nochmal kühl an. Auch die Zuschauer verließen den Saal, nur Markus ließ sich in seinen Thron zurücksinken und blieb Minuten, wie betäubt sitzen.
Die Worte Revans hatten ihm einen Schauer über den Rücken gejagt. Der Jedi hatte die ganze Verhandlung gelassen abgewartet und nun am Ende hatte er seinen Schlag gesetzt. Mehr war nicht nötig, er hatte gut gezielt und Markus heftig getroffen. Schon früh wurde ihm das Siegesgefühl genommen, aber nun fühlte er sogar etwas Furcht in sich aufsteigen. Revan hatte ihn zweimal innerhalb kürzester Zeit besiegt und die Drohung in seinen letzten Worten war unmißverständlich. Er hatte so sicher geklungen und Markus war sich nun alles andere als sicher, ob es schlau war bis zum nächsten Vollmond zu warten. Im nächsten Moment wischte er diese Gedanken bei Seite, dass war nur ein letzter übler Jeditrick, Revan war am Ende und würde beim nächsten Vollmond sterben, alles würde seinen ordentlichen Gang gehen. Er beschloß sich keine Sorgen zu machen und bis zur Exekution nicht mehr an Revan zu denken. Doch die zittrigen Knie, die er beim Aufstehen deutlich spürte, entlarvten seinen Entschluß als Lüge.