[Lianna | Lola Curich | Jedibasis | Erdgeschoss | Trainingsraum] Nen-Axa, Netuu (NPC)
Nachdem Nen-Axa und die Weequay eine Weile Trockenübungen ohne echten Gegner durchgeführt hatten und der Arconier das Gefühl hatte, dass nun einerseits seine Muskeln ausreichend gelockert waren und er sich andererseits das fremde Übungslichtschwert gewöhnt hatte, ging er zum Waffenschrank zurück und nahm einen Marksman-H Kampf/Suchdroiden heraus, eine kleine silberne Kugel, die nur aus Schubdüsen, Blastern und einem Computergehirn bestand. Obwohl die Leistungsfähigkeit der Geräte hier im Jeditempel standardmäßig auf ein unschädliches Maß begrenzt war, kontrollierte er sicherheitshalber die Einstellungen. Immerhin konnten diese unscheinbaren Apparate in ihrer Standardausführung ebenso tödlich sein wie eine Blasterpistole und wurden nicht nur zu Übungs-, sondern auch zu Kampfzwecken und als gefährliche Fallen eingesetzt. Hier jedoch war ihre einzige Aufgabe die, das Training realistischer und anspruchsvoller zu gestalten, indem sie einen lebenden Gegner simulierten und ein unberechenbares Zufallsmoment mit einbrachten.
»Drohne gefällig?« fragte er den Padawan, und als Netuu bejate, nahm er einen Helm und eine zweite Kugel aus dem Regal, um sie ihr zu bringen. Für ihn selbst gab es keinen passenden Helm: Sein großer, dreieckiger Schädel wich zu weit von der Norm der Humanoiden ab, als dass passendes Trainingsgerät standardmäßig bereit stünde. Aber es gab Alternativen in Form von Binden, mit denen er nicht nur seine Augen, sondern auch die thermischen Rezeptoren auf der ›Nase‹ abschirmen konnte.
Zurück auf seiner Position, schränkte er auf diese Weise seine Sinneswahrnehmung ein, schaltete abermals das geliehene Lichtschwert ein und hob dann den Marksman-H in die Luft, um ihn zu aktivieren. Sobald die Repulsoreinheit ansprang, blieb das Gerät im Raum hängen wie an einer Schnur, als er es losließ. Nur eine Sekunde später drehte es sich um die eigene Achse um sich kurz zu orientieren, erkannte Nen-Axa als Ziel und gab einen Schuss aus einer seiner Blastermündungen ab.
Der Arconier war darauf vorbereitet. Er war bereits konzentriert genug und befand sich tief genug in Meditation, um das Gerät vor dem inneren Auge zu sehen. Auch sah er den schwachen Energieblitz kommen und wehrte ihn mit der grün gleißenden Klinge ab. Die Ladung prallte gegen eine Wand und verpuffte Wirkungslos. Die Übungsdrohne schoss erneut, und wieder reagierte Nen-Axa schnell genug, um den Schuss abzuwehren. Nun erhöhte der Apparat sein Tempo, verkürzte die Zeitabstände zwischen den einzelnen Schüssen und flitzte dabei flink im Raum herum, um aus unterschiedlichen Richtungen zu feuern.
Der Jediritter zählte nicht zu den herausragenden Kämpfern. Ganz sicher nicht. Aber er verfügte über die Gabe der Voraussicht. Dies konnte er sich in dieser Übung zunutze machen; tatsächlich diente sie vorrangig dazu, dieses Talent zu schulen. Noch bevor der Automat geschossen hatte, wusste Nen-Axa, wohin er zielen würde, und reagierte rechtzeitig, um die Ladungsblitze zu parieren. Der Marksman beschleunigte weiter.
Das zweite Gerät verhielt sich ebenso. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf Nen-Axas Lippen, als Netuu neben ihm einen halb unterdrückten Schreckensruf ausstieß. Sie war offenbar getroffen worden. Das war ziemlich unangenehm, aber völlig ungefährlich. Auf diesen Treffer folgte ein zweiter und schließlich ein dritter, was die Weequay diesmal jedoch nicht in Rufen, sondern in zunehmend verärgertem Aufstöhnen kundtat.
Seine eigene Übung fortsetzend, sagte der Jediritter:
»Konzentriere dich nicht auf die Kugel, sondern auf dich selbst. Spüre die Macht, die dich durchströmt, und lass dich von ihr leiten. Sie verbindet dich mit allem in diesem Raum, verbindet dich mit deinem Schwert und dieses mit der Drohne. Sie durchdringt die Grenzen der Zeit. Betrachte nicht das, was ist, sondern das, was sein wird, und handle so, wie dein Instinkt es dir gebietet, nicht dein Verstand.«
Abermals wurde Netuu getroffen. Nen-Axa spürte ihren Frust und es überraschte ihn nicht, dass sie ihre Waffe ausschaltete, wie er deutlich hören konnte.
Dann jedoch empfing er eine andere Emotion von ihr, und bevor ihm bewusst wurde, dass es sich um einen kurzen Anflug von boshaftem Humor handelte, registrierte er bereits die Gefahr hinter ihm. Er fuhr herum und riss die Klinge nach oben, um den Schuss aus der zweiten Übungsdrohne abzuwehren, die ihn von hinten angriff. Es gelang ihm mit Müh und Not, den Lichtblitz abzulenken. Doch nun schoss wieder der andere Automat, abermals von der gegenüberliegenden Seite. Nen-Axa kämpfte nun gegen zwei simulierte Gegner, deren Angriffe in immer größerem Tempo auf in einprasselten. Der Shii-Cho-Stil war für diese Art von (Trainings-)Kampf nicht geeignet und der Arconier wechselte ins Soresu, jenen Stil, der allein auf der Kunst der Parade basierte. Eine kurze Weile konnte er so gegen beide Droiden bestehen. Dann jedoch fielen durch Zufall zwei Schüsse gleizeitig. Er konnte sie unmöglich beide abwehren. Eine rasche Ausweichbewegung hätte ihn retten können, doch reagierte er nicht schnell genug. Während er eine Ladung ablenkte, traf die andere ihn an der Hüfte. Von diesem ersten Treffer aus der Konzentration gerissen, wurden seine Bewegungen hektischer. Dem nächsten Schuss entging er nur mit knapper Not. Und als Netuu sich nun einen Spaß daraus machte, die von ihm abgelenkten Schüsse mit ihrem eigenen Lichtschwert aufzufangen und zu ihm zurückzulenken, war es gänzlich vorbei.
»Genug!« rief Nen-Axa keuchend. Mit der Macht griff er nach den beiden Drohnen und deaktivierte sie, woraufhin sie zu Boden sanken. Er nahm die Augenbinde ab und starrte die Weequay an. In ihr herrschte ein emotionaler Widerstreit: Sie hatte sich in der letzten Minute köstlich amüsiert und musste sich jetzt noch das Lachen verkneifen, aber andererseits rechnete sie damit, nun eine Standpauke zu hören zu bekommen oder sogar bestraft zu werden. Auch Nen-Axa war sich seiner Gefühle nicht ganz im klaren. Sollte er der frechen Teenagerin deswegen böse sein? Ihr Verhalten zeugte nicht von großem Respekt ihm, einem fremden Jediritter, gegenüber. Aber andererseits war der Streich absolut harmlos gewesen und die Übung hatte dadurch sogar an Wirklichkeitsnähe und Effektivität gewonnen. Er entschloss sich, seinem Stolz nicht nachzugeben, der aufgrund dieser kleinen Kränkung ein wenig rebellierte, und lächelte.
»Das sollten wir beide uns eine Lehre sein lassen«, sagte er. »Niemand ist unbezwingbar, und zu viele Jäger sind stets der Beute Tod. Man kann lernen, sich einem, zweien oder auch vielen Gegnern gleichzeitig zu stellen; doch irgendwann stößt jeder an seine Grenze, und egal wie geschickt und wie stark in der Macht man ist, gibt es immer Situationen, in denen man nicht bestehen kann. Ich danke dir für diese Übung und die damit verbundene Lektion, Netuu. Wir sollten bald wieder gemeinsam trainieren.«
»Gerne, Meister Nen-Axa«, sagte die junge Weequay grinsend. »Es wäre mir ein Vergnügen. Und danke!«
Der Arconier wusste, was sie mit dem letzten Wort meinte, und erwiderte:
»Ich nehme dir diesen Streich nicht übel, aber sei vorsichtig mit solchen Dingen. Seinen Gefühlen zu vertrauen, heißt nicht, dass man jedem spontanen Impuls nachgeben soll. Pass auf, dass du mit solchem Schabernack nicht an die falschen gerätst, sonst kannst du dir viel Ärger einhandeln.«
Netuu nickte, um zu bestätigen, dass sie ihn verstanden hatte, sagte aber nichts, und auch das Grinsen wich nicht ganz von ihrem Gesicht. Als er den Trainingsraum verließ, war Nen-Axa ziemlich sicher, dass die Weequay sich mit dieser Seite ihres Wesens noch in Schwierigkeiten bringen würde. Aber ein solches Verhalten war normal für junge Padawane während der Pubertät, die noch nicht gereift und gefestigt genug waren, um dem Drang ihrer in Unordnung geratenen Hormone zu widerstehen; sie benötigten solche impulsiven Momente einfach zur Kompensation des Erwartungsdrucks, der häufig auf ihnen lastete.
Er fragte sich, ob das auch für Lerameé galt.
[Lianna | Lola Curich | Jedibasis | Erdgeschoss | Gänge] Nen-Axa