- Lianna – Jedi-Basis – Ratssaal – Mit Eleonore –
Minutenlang sagte keine der beiden Jedi ein Wort, nachdem Kaiba so unangemeldet in den Ratssaal hinein geplatzt war, das Gespräch der beiden Rätinnen unterbrochen und erklärt hatte, er könne nicht länger Chesaras Padawan sein. Der Schock stand ihr noch deutlich ins Gesicht geschrieben, nachdem Kaiba längst wieder verschwunden war. Chesara wusste nicht wirklich wie ihr geschah. Eleonore war gerade dabei gewesen ihr von Kaiba jüngster Eskapade zu berichten, doch sie war noch nicht weit gekommen. Ihr Gespräch allerdings, so schien es Chesara, schien sich mit dieser Wendung der Ereignisse erledigt zu haben.
“Du wolltest mir nahe legen, ihn als Schüler abzugeben, nicht wahr?“
Stellte Chesara ihre Beobachtung fest. Eleonore war nicht dazu gekommen, ihr Anliegen tatsächlich auszusprechen, doch letzten Endes war dies gar nicht mehr nötig gewesen.
“Ja, das wollte ich.“
Bestätigte die Cereanerin.
“Doch nicht, weil ich der Meinung war, dass du Kaiba nicht gewachsen wärest. Versteh mich nicht falsch, Chesara. Ich glaube, er ist ein schwieriger junger Mann und ich glaube, dass die Paarung mit deinem zweiten Schüler, Zhaax, zu explosiv war. Ich habe so etwas schon einige Male erlebt. Diese beiden sind getrennt besser aufgehoben, schon alleine Kaibas Einfluss wegen.“
Noch immer wie vor den Kopf gestoßen von Kaibas Worten fiel es Chesara schwer, ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte kaum Gelegenheit gehabt, die Geschichte zu hören, die Eleonore ihr über den Zooesuch erzählt hatte, als er unaufgefordert in den Ratssaal gestürmt und ihr seine Entscheidung – wie lange mochte er darüber nachgedacht haben? – praktisch an den Kopf geworfen hatte. Er war gegangen, noch bevor Chesara etwas hatte erwidern können. Vielleicht war das besser so. Selbst jetzt war sie nicht sicher, was sie hätte erwidern wollen. Verstehen konnte sie ihn jedenfalls nicht und vielleicht war das das Problem. Vielleicht hatte sie ihn nie wirklich verstanden. Fakt war, er wollte nicht länger ihr Padawan sein. Er hatte aus freien Stücken seinen Padawanplatz bei ihr geräumt und wenn sie sich seine Worte noch einmal in Erinnerung rief, war es, weil sie nicht zusammen gepasst hatten. Kaiba, so hatte er gesagt, hatte andere Vorstellung von seiner Ausbildung gehabt. Doch was mochten das für Vorstellungen sein? Er hatte gesagt, er wäre nicht der Typ um Referate vor Jünglingen zu halten. Zweifellos sagte ihm die Theorie, die er unter Chesaras Führung zu lernen hatte, nicht zu. Aber was hatte er erwartet, dass er sich als Padawan Hals über Kopf in Abenteuer stürzen konnte? Jedi dürstete es nicht nach Abenteuern. Wenn es das war, wonach er suchte, war er hier falsch. Oder hatte sie Fehler gemacht? Chesara war immer bereit, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen, doch es fiel ihr schwer, alleine eine Antwort darauf zu finden.
“Chesara, was ist los?“
Besorgt sah Eleonore ihre Ratskollegin an.
“Du machst dir nicht etwa Vorwürfe, oder? Ich habe nicht jeden Schritt von Kaibas Ausbildung verfolgt, doch ich bin mir sehr sicher, dass du dein Bestmögliches getan hast. Dich trifft keine Schuld, Chesara. Kaiba ist ein Hitzkopf, einer der glaubt, dass Regeln gemacht wurden um gebrochen zu werden. Wenn er im Orden bleiben will, wird er noch viel zu lernen haben und ich werde ihn gut im Auge behalten müssen.“
Es war nicht leicht, einen Schüler zu verlieren. Vor Jahren, vor sehr vielen Jahren, hatte Chesara eine Padawan an die dunkle Seite verloren. Jaina hatte sie geheißen. Chesara war damals selbst noch jung gewesen und sie hatte lange gebraucht um darüber hinweg zu kommen. Wenn ein Padawan den Verlockungen der dunklen Seite verfiel, musste sich sein Mentor zwangsläufig fragen, ob man wirklich alles getan hatte, um seinen Schutzbefohlenen vor diesen Bedrohungen zu schützen. Der Fall Kaiba war natürlich nicht vergleichbar. Heute war es das erste Mal, dass ein Padawan seine Ausbildung bei Chesara, die bereits weit fortgeschritten gewesen war, freiwillig abbrach. Dass sie das Versagen bei sich suchte, erschien ihr nur natürlich. Es war kein gutes Gefühl.
“Ich weiß nicht.“
Sagte Chesara schließlich.
“Vielleicht hast du Recht, aber vielleicht hätte ich mich auch besser auf ihn einstellen sollen. Ich verstehe nur nicht, warum es ihm so aussichtslos erschien.“
Sie seufzte leise und sah zu der Tür, durch die Kaiba verschwunden war. Ob es Sinn machte, noch einmal mit ihm zu sprechen? Es schien ihr nicht so, dass er mit ihr reden wollte, denn er war verschwunden, ohne dass er sie zu Wort hatte kommen lassen. Womöglich war es weiser, ihn nicht zu bedrängen und vielleicht hatten er und Eleonore beide Recht und es war besser, wenn er seine Ausbildung bei einem anderen Meister fortsetzte, bei einem Meister der sich ausschließlich auf ihn konzentrierte und der keinen zweiten Padawan unterwies. Als sich die Tür öffnete, erwartete Chesara halb, Kaiba habe es sich anders überlegt. Sie sah ihn bereits zurück kommen, seine Worte revidieren. Nichts davon geschah. Es war nicht Kaiba, der den Ratssaal betrat, sondern Rornan Elliundi. Der Quermianer war der Sprecher des Jedi-Rates, sehr angesehen bei den Jedi und allen, die ihm begegneten. Ein Blick auf Eleonore und Chesara genügte ihm um zu ahnen, worüber die beiden sprachen.
“Ah, Chesara. Ich sehe, Eleonore hat dir unsere Überlegungen bereits mitgeteilt.“
Sagte er. Dass er über die gesamte Situation im Bilde war, wunderte Chesara nicht im Geringsten.
“Unter anderem.“
Erwiderte Chesara.
“Aber es spielt keine Rolle mehr. Kaiba Curox hat von selbst entschieden, seine Ausbildung bei mir nicht fortzuführen.“
Ihre Stimme klang noch immer schwer und Rornans Gesicht drückte Überraschung aus.
“Hat er das? Hmmm.“
Gemächlich bewegte er sich durch den Raum.
“Es kommt nicht oft vor, dass Schüler ihre Ausbildung freiwillig abbrechen, aber wenn das seine Entscheidung ist, wird er sie tragen müssen.“
Dies so sachlich zu sehen war für Chesara freilich nicht möglich. Rornan Elliundi blieb vor seinen beiden Ratskolleginnen stehen.
“Es hätte nichts geändert, Chesara. Ob du ihn abgegeben hättest, oder er nun freiwillig geht: das Resultat ist das Selbe.“
“Ich weiß.“
Sie schüttelte den Kopf.
“Dennoch frage ich mich…“
“…warum? Er hat es kommen sehen. Kaiba ist nicht dumm. Er hat sich Fehltritte geleistet, er musste mit Konsequenzen rechnen. Dir zuvor zu kommen war sein Versuch, sein Gesicht zu wahren.“
“Er hat Recht.“
Stimmte auch Eleonore zu.
“Und Chesara, denke daran: deine Ausbildungsmethoden haben bereits viele fähige, verantwortungsbewusste Jedi hervor gebracht. Es ist gesund, das eigene Handeln zu hinterfragen, doch bewahre dich selbst vor zu großen Zweifeln. Ich werde mich darum kümmern, was mit Kaiba geschieht. Er soll eine neue Chance erhalten, aber ich muss sehen, wie schnell ich ihn bei einem neuen Mentor unterbringen kann. Überlasst das mir.“
Freundschaftlich tätschelte Eleonore Chesaras Arm und es war erst in diesem Moment, dass ihr bewusst wurde, dass die Cereanerin vor vielen, vielen Jahren selbst ähnliches erlebt hatte. Es fiel Chesara schwer, die genauen Ereignisse zu rekonstruieren, denn sie hatte dies nur aus Erzählungen gehört, doch sie konnte sich dunkel erinnern, dass auch Eleonore sich von einem Schüler getrennt hatte, weil zu viele Konflikte zwischen ihnen geschürt hatten. Der Unterschied war, dass Chesara sich bisher keiner Konflikte bewusst gewesen war und sie fragte sich, ob dies ihre Schuld war, oder sie es einfach nicht hätte sehen können.
“Du solltest dich nach einem neuen Schüler umsehen, Chesara. Das ist jedenfalls meine Empfehlung an dich.“
Sprach Rornan.
“Was geschehen ist, ist geschehen.“
Er hatte Recht. Es gab nichts rückgängig zu machen. Kaiba hatte seine Entscheidung getroffen und selbst wenn nicht… doch Chesara war nicht sicher, ob sie es über sich gebracht hätte, ihn einem anderen Meister zu übergeben. Sie dachte an Aydin. Ihre Ausbildung hatte Chesara damals übernommen, da Aydin mit ihrer Meisterin Ynee Schwierigkeiten gehabt hatte. Ynee war Chesaras beste Freundin gewesen, doch sie hatte Probleme gehabt. Probleme mit sich, mit ihrer Liebe zu Sel und mit der dunklen Seite. Bei Chesara war Aydin besser aufgehoben gewesen. Sie war zur Ritterin ernannt worden, später zur Meisterin. Dabei hatte Chesara nie wirklich darüber nach gedacht, wie sich Ynee bei dem Wechsel gefühlt hatte. Jetzt wusste sie es. In der Regel aber war es nichts persönliches. Ynee war Aydin keine schlechte Meisterin gewesen, ebenso wenig wie Chesara gegenüber Kaiba.
“Ich werde mich umsehen.“
Antwortete sie und in ihrem Kopf erschien das Bild eines wissbegierigen Jungen, der Niré verspielt unter den Füßen kitzelte.
“Ich glaube, ich habe sogar schon einen Kandidaten gefunden.“
- Lianna – Jedi-Basis – Ratssaal – Mit Eleonore und Rornan –