[Keldabe • Niederlassung von MandalMotors]Yusanis
Zarte Sonnenstrahlen orangefarbener Tönung bahnten sich ihren Weg durch die gläserne Front des Arbeitszimmers. Auf dem in dunklem Holz gehaltenen Tisch, welches westlich von Keldabe aus den mächtigen Stämmen des Urwalds gewonnen wurde, bildete sich ein bizarres Farbspiel, als sich das hereinfallende Licht mit der Maserung der Oberfläche verband, was durch das dort platzierte kunstvolle Glas und der ebenso grazil gearbeiteten Karaffe noch verstärkt wurde. Die Wände, welche nicht mit Glas ausgekleidet waren, wurden von einem hellgrauen Farbton bestimmt, der durch eine Leiste in eben jenem Holz unterbrochen und von einem dunkleren Grauton letztlich bis zum Boden hin abgeschlossen wurde.
Das sonstige Mobiliar fiel recht schlicht aus: einige Schränke, in denen - für Besucher nicht erkennbar durch robuste hölzerne Abdeckungen - zahlreiche Datapads verstaut waren, zwei Stühle, auf denen eventuelle Gäste Platz finden konnten, und ein etwas üppigerer gut ausgepolsterter Bürostuhl.
Darin saß nun, in die Lektüre eines der hervor gezogenen Datapads und dem darauf enthaltenen Material vertieft Yusanis Ordo, der sich just in diesem Moment zufrieden die Wange entlang fuhr, begleitet von einem flüchtigen Lächeln.
Er blickte auf, genoss die Wärme auf seinen Wangen und griff dann nach der Karaffe, um sich das verdiente Getränk einzugießen.
Seine Aufmerksamkeit war zuvor auf die kürzlich resümierten monatlichen Absatzahlen der Vollstreckungsschiffe der Verfolger-Klasse gerichtet gewesen.
Diese waren für MandalMotors äußerst profitabel in letzter Zeit ebenso kontinuierlich wie rapide angestiegen. Die unsichere Lage der Galaxis durch den Niedergang der Republik, wenngleich dieser in gewisser Weise zu bedauern war, hatte nichtsdestotrotz den Absatz dieser schweren Patrouillenschiffe mehr als begünstigt. Das entstandene Machtvakuum gigantischen Ausmaßes hatte Halbwelt-Größen wie Cattarash-Pilze aus dem Boden schießen lassen und Piratenbanden ungekannte Möglichkeiten eröffnet.
Planetare Regierungen, die zusätzlichen Schutzes bedurft hatten, waren folglich auf den dafür prädestinierten Schiffstyp der Mandalorianer aufmerksam geworden, der sich zuvor nur in den Reihen der Mandalorianern und deren Protektoren großer Beliebtheit erfreut hatte. Die Firmenführung von MandalMotors, zu der er nun gehörte, hatten diese Tendenz rechtzeitig bemerkt, und die Produktion der Schiffe gerade erhöhen können, als die ersten Interessenten ihre Aufwartung auf Mandalore machten. Die Absatzzahlen waren nun leuchtender Beweis dafür, dass ihre zurückliegenden Bemühungen Erfolg gehabt hatten.
Gedanklich immer noch abwesend nippte er an dem Glas Cognac, während sein Blick auf den sich vor ihm ausbreitenden Urwald Mandalores glitt, der sich nach nur wenigen vereinzelten Gebäuden in seiner ganzen Pracht ausbreitete und dann bis zum Horizont weitete. Dumpf drangen Geräusche des dortigen Lebens herein, und Yusanis spielte kurz mit dem Gedanken daran, auf den Balkon zu treten, um diesem Schauspiel näher zu sein. Diesem Impuls widersprach er jedoch augenblicklich, als er an seine Frau dachte. Shalya würde bestimmt einem ruhigen Abendessen in einem der beschaulichen Restaurants Keldabe nicht abgeneigt sein, und womöglich würde sie seine Tochter Neela begleiten, sofern sie ausnahmsweise in ihrem Apartment anzutreffen wäre.
Mit einem neuerlichen Grinsen öffnete er eine Schublade des Tisches, verstaute das Datapad, und wandte sich der Türe entgegen - welche ihm beinahe ins Gesicht geschleudert worden wäre. Yusanis' Hand schnellte jedoch nach oben, und fing die Wucht der Türe damit ab, was er sogleich bereute, als sich der daran anschließende Schulterbereich schmerzend bemerkbar machte. Die Verletzung war immer noch nicht gänzlich verheilt, wenngleich die Beeinträchtigung sich inzwischen auf einem kaum mehr bedeutenden Niveau eingefunden hatte.
Der Verursacher der öffnenden Türe, ein Mann höheren Alters, wurde nun beinahe seinerseits gegen die ruckartig zum Stillstand gekommene Türe geprallt, was er durch eine schnelle Ausweichbewegung, die man diesem Mann kaum zutrauen wollte, vermied.
Als sich der Ankömmling nun Yusanis zuwandte, erkannte dieser, wenn er vor sich hatte: Tomad Zenlav, den Sekretär des Präsidenten von MandalMotors Digur Zenlav.
„Su cuy'gar, Tomad. Wie kann ich helfen?“, meinte Yusanis noch ehe sich sein bärtiger Gegenüber äußern konnte, welcher noch ein wenig mit seinem schnell gehenden Atem rang.
„Ich bitte um Verzeihung, so abrupt hier hereinzuplatzen um zu voranschreitender Stunde noch zu stören, aber...“, Tomad schnappte nach Luft, „es ist sehr dringend.“
„Dringend?“, fragte Yusanis skeptisch.
„Ja - es ist sogar äußerst dringend. Digur hat mich augenblicklich zu dir geschickt, als er die Com-Nachricht erhielt.“
„Com-Nachricht?“, meinte Yusanis nun mit weniger kritischem Ton als vielmehr Ungeduld.
„Von Marev Vasur. Er ist der...“
„Ich weiß, wer Vasur ist, Tomad.“, kommentierte Yusanis ungehaltener, als er das beabsichtigte. „Gibt es Probleme mit der Mine?“
„Probleme?“, auf der Miene Tomads zeigte sich das erste Mal eine wirkliche Emotion: Freude. „Ganz im Gegenteil: es gibt ausgesprochen gute Nachrichten von dort zu vermelden. Aber komm schnell - der Speeder steht schon bereit. Digur ist schon längst los...“
Ohne weitere Worte zu verlieren - sehr zum Missfallen Yusanis' - eilte Tomad aus dem Zimmer und den Gang entlang, dem Turbolift des schmalen Gebäudes entgegen. Yusanis folgte umgehend, und trat schnell zu Tomad in den Lift, welcher dort schon ungeduldig darauf wartete, den Knopfdruck zum Dach zu betätigen.
„Was gibt es also nun?“, versuchte Yusanis die Sekunden des Wartens gewinnbringend zu nutzen.
Der Mandalorianer an seiner Seite wandte sich ihm mit einem verschwörerischen Funkeln in den Augen zu.
„Beskar...“, presste er mit einem verlockenden Grinsen hervor, um dann sogleich wieder den zum Stillstand gekommenen Lift zu verlassen und gen Speeder zu spurten.
Eine diffuse Wut drohte allmählich Besitz von Yusanis zu ergreifen. Die Eile Tomads mochte durchaus angemessen sein, aber dennoch wäre es wahrlich von Nutzen, wenn dieser mit seinen Auskünften etwas freizügiger werden würde. Dass es um das Beskar, das mandalorianische Eisen, ging, war in Anbetracht dessen, dass die Mine nördlich von Enceri ihr Ziel war, nun wirklich nicht sonderlich aussagekräftig.
Doch er beließ es dabei, entnervt aufzuatmen und einen vagen Seufzer von sich zu geben, und schwang sich in den flachen, aber recht breiten Speeder.
Das Fabrikat von MandalMotors war ein robustes Exemplar, dass es aber dennoch an Geschwindigkeit nicht missen ließ, wie Yusanis feststellte, als Tomad die Repulsorenaggregate startete und das Gefährt in einem abrupten Boden über den Urwald brachte. Der Mandalorianer am Lenkrad gab kurz eine Route ein, bevor er dem Autopiloten den Rest der Fahrt überließ, und sich nun endlich Yusanis zuwandte.
„Vasur hat vor etwa einer halben Stunde Digur kontaktiert...“
„Das weiß ich bereits!“, unterbrach ihn Yusanis barsch.
„... in jedem Fall ließ er verlauten, dass man wohl auf eine neue Ader Beskar gestoßen sei, als noch einige Messungen in einem alten Stollen durchgeführt wurden, der eigentlich schon der Auffüllung durch Schutt bestimmt war.“
Nun wurde Yusanis doch langsam hellhörig. Eine neue Ader würde die zuletzt zur Neige gehenden Vorräte womöglich wieder beträchtlich aufstocken können, um die Produktion weiterhin auf dem derzeitigen Niveau zu halten und auch ansonsten für einen wirtschaftlichen Aufschwung Mandalores sorgen können. Doch noch war es eine reine Spekulation, denn das bloße Sichten einer neuen Ader war kaum mehr als eine einzelne Schulterpanzerungsplatte - zu nichts zu gebrauchen.
Es gab etwas weit Bedeutenderes, und Yusanis hoffte, dass in Anbetracht dessen, dass die Eile derart groß und die Euphorie Tomads entsprechend ausgeprägt war, dieser entscheidende Faktor ebenfalls zutreffen würde.
„Sie ist groß?“
„Das wissen wir leider noch nicht...“, gestand Tomad ein, während Yusanis' kurzfristige Hochstimmung schon wieder resignierend abklang.
„Aber Marev geht davon aus, dass sie exakt das ist. Zumindest wenn man das derzeit verfügbare Datenmaterial konsultiert.“
Die Resignation schwand umgehend wieder langsam dahin - Yusanis war mehr als gewillt, dem altgedienten Marev Glauben zu schenken. Doch eine gewisse skeptische Grundhaltung blieb.
„Digur hielt dies für ausreichend, um sowohl Kanzler Gistang als auch sie als einziges Vorstandsmitglied, welches derzeit auf Mandalore verweilt, zu kontaktieren.“, fuhr Tomad fort.
Yusanis nickte nun verständnisvoll. Er würde sich keinen falschen Hoffnungen hingeben, aber sollte wirklich der Fall eintreten, und dort unten neue, große Reserven Beskar schlummern, so wäre es die Hektik und den Aufwand gewiss wert.
Der Speeder änderte dann ruckartig seinen Kurs, was Yusanis' Blick wieder aus dem Speeder gleiten ließ. Dieser fiel auf den zurückgehenden Urwald, der einer großen Lichtung wich, auf der einige wenige Gebäude und diverse Fahrzeuge - einfache Speeder, aber auch große und schwere Lastbarken - zu erkennen waren.
Tomad übernahm nun wieder die Steuerung, und brachte sie in die Nähe des zentral gelegenen Gebäudes, welche den großen Lift beinhaltete, der in die Tiefen Mandalores hinabführte. In unmittelbarer Nähe dessen ragten immense Förderbänder in steil abfallenden Schächten aus dem Boden, die auch um diese Tageszeit immer noch wertvolle, aber zunächst noch stark verunreinigte Bodenschätze förderten, die dann in den nähe gelegenen Anlagen weiter bearbeitet wurden.
Der Speeder kam kaum zum stehen, als Yusanis nun selbst von großem Tatendrang erfasst, diesen schon verließ, und auf den Lift zuschritt. Dort harrten einige Gestalten aus, die im immer spärlicheren Licht nicht mehr derart gut zu erkennen waren. Als Yusanis jedoch auf einige Meter heran wahr, erkannte er Solmeer Gistang, den Regierungschef Mandalores.
„Su cuy'gar, Solmeer.“
„Su cuy'gar, Yusanis, alter Freund.“, meinte der Kanzler mit einem verschmitzten Lächeln, dessen ausgeprägter und teils geflochtener Bart den Ausdruck nicht verbergen konnte. „Auch der “Schatzsuche“ wegen hier?“
„Selbstredend...“, antwortete Yusanis, während der Solmeer die Hand reichte.
Tomad war inzwischen ebenfalls aufgeschlossen, und man betrat den imposanten Lift, der in rapidem Tempo abwärts schoss.
Yusanis bemerkte unterdessen, dass Gistang angespannt zu sein schien. Ihm war wohl ebenfalls bewusst, welche Konsequenzen die Entdeckung einer mächtigen Ader für ganz Mandalore - und wohl alle Mandalorianer auf jeglichen Planeten - haben würde.
Unten angekommen griff jeder nach einem Helm um dann in einem größeren Speeder, der für ein Dutzend Personen bestimmt war, Platz zu nehmen. Durch die Stollen ging es dann die mächtigen Förderbändern entlang, die ratternd ihre Fracht der Oberfläche entgegen strebten. Der Lärm erlaubte Kommunikation nur mit einer stark erhobenen Stimme, doch jeder der Anwesenden begutachtete gebannt die Umgebung.
Gänge zogen an ihnen vorbei, beleuchtet von in regelmäßigen Abständen platzierten Strahlern, ehe sie plötzlich von relativer Dunkelheit umschlossen wurden, was Yusanis als Zeichen wertete, dass sie nun den alten Stollen erreicht hatten. Die Scheinwerfer des Speeders schnitten sich in die Dunkelheit, und fielen wenige Minuten nur auf kahles Gestein, bis dann nach einer leichten Biegung in größerer Entfernung Licht zu sehen war, und die kurzfristige Stille wieder monotonem Dröhnen wich.
An der Lichtquelle weilten fünf Personen: drei Arbeiter, welche die Arbeit des gigantischen Bohrdroiden überwachten und scheinbar Proben untersuchten, welche ein keinerer Droide bereits entnommen hatte, der Leiter der Mine Marev Vasur und der Präsident von MandalMotors, Digur Zenlav. Der Droide grub sich kreisrund durch das robuste Gestein, und entließ Schutt direkt in einen angeschlossenen langen Kasten, dessen Repulsoren und Steuerkonsolen vermuten ließen, dass er unabhängig manövriert werden konnte, um das Gestein fort zu schaffen.
Nach einer kurzen Begrüßung war es Gistang, der sich an Digur und Marev wandte.
„Ist nun schon Näheres bekannt?“
„In der Tat haben die inzwischen entnommenen Proben Rückschlüsse auf die Größe des Vorkommens erlaubt...“, erklärte Digur. „Es scheint immens zu sein...“
Alle Mienen der neu Angekommenen hellten sich bedeutend auf. Die gehegten Hoffnungen schienen sich zu erfüllen.
„Ich denke, wir können nun einen ersten Blick auf das Vorkommen werfen...“, mischte sich Marev ein, der gerade mit einem der Arbeiter gesprochen hatte. Dieser hantierte nun an dem immer noch arbeitenden Droiden herum, welcher zurück wich und zur Seite manövrierte, um den Blick auf das vor ihm liegende Gestein frei zu geben.
Ein fulminanter Anblick bot sich: riesige matt glitzernde Brocken durchsetzen fast farblosen Untergrund, und jedem der Anwesenden schien für einen kurzen Moment der Atem zu stocken.
„Beeindruckend...“, unterbrach Digur schließlich die eingekehrte Stille.
„Sehr beeindruckend...“, stimmte Yusanis mit ein.
„Ausgesprochen imposant.“, schloss auch Gistang sich an.
„Mandalore steht Großes bevor.“
[Nördlich von Enceri • Mine von MandalMotors]Yusanis, Solmeer, Digur, Marev, Tomad, Arbeiter